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Einige Bemerkungen zur poststrukturalistischen ... - Roger Behrens

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Seite 20<br />

Oberfläche) ist die Frage von ›Differenz und Wiederholung‹ offen,<br />

nämlich un<strong>zur</strong>eichend geklärt.<br />

Was es bei Deleuze nicht gibt: das Absolute. Das Absolute kann es nicht<br />

geben, weil System, Totalität, Einheit und Widerspruch ausgeschlossen<br />

werden. Ohne Allgemeinheit kein Absolutes. Dennoch: Deleuze setzt die<br />

Differenz absolut. Das heißt, weil es ja nicht im Hegelschen Sinne das<br />

Absolute sein kann, ontologisiert er sie. Damit setzt er die Differenz aber<br />

aus der Geschichte heraus. Als ontologisierte Differenz ist sie zeitlos,<br />

ewig, universal und singulär (gleichzeitig, zeitgleich, das heißt: für das<br />

Singuläre ist die Zeit immer gleich). Auch hier ist der Zeitbegriff von<br />

Bergson: heterogene Zeit – im Gegensatz zum homogenen Raum. 35 Es ist<br />

immer eine Innenwelt, eine monadische Welt (siehe oben <strong>zur</strong> Frage, was<br />

barock ist). Zu Deleuze’ Zeitbegriff gehört das Ereignis, das das<br />

Kontinuum unterbricht. Es ist aber keine Dialektik im Stillstand, wie bei<br />

Benjamin. Die Probleme der Erinnerung und der Verdrängung bleiben<br />

ausgespart. Gerade am Zeitbegriff kann die prekäre Notwendigkeit von<br />

Allgemeinheit und Besonderheit dargestellt werden: zum Beispiel in der<br />

Reihentechnik der Musik, der Fuge ebenso wie der Zwölftonmusik: Hier<br />

geht es ganz explizit nicht um Singuläres. Selbst die indische Râga-<br />

Technik setzt den singulären Ton ins Verhältnis zu anderen Tönen, auch<br />

wenn sie sich auf das Singuläre konzentriert. – Die musikalische Figur,<br />

die sich ästhetisch im Barock findet und im Pop <strong>zur</strong> ökonomischen<br />

Signatur wurde, ist offenbar für eine utopie- und praxislose Kulturlinke<br />

höchst attraktiv. Die Philosophie von ›Differenz und Wiederholung‹<br />

entspricht einem spätbürgerlichen Bewusstsein, welches vor der<br />

Wirklichkeit in einen Konservatismus flüchtet, ohne reaktionär<br />

erscheinen zu wollen. Deshalb wählt man einen Weg des Fortschritts, der<br />

nicht den Prozess der Geschichte vorantreibt, sondern der aus der<br />

Geschichte geradewegs herausführt.<br />

35 Es wäre zu diskutieren, ob die Vermutung stimmt, dass man derart die<br />

Singularität des zeitlichen Ereignisses behaupten kann, weil es das Allgemeine des<br />

umgebenden Raums gibt; und weil es umgekehrt genauso geht. Heidegger hatte mit<br />

›Sein und Zeit‹ ein ähnliches Problem; Deleuze schreibt vielleicht deshalb auch zwei<br />

Kino-Bücher …

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