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Einige Bemerkungen zur poststrukturalistischen ... - Roger Behrens

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Seite 17<br />

(dagegen zum Beispiel auch Sartres ›Kritik der dialektischen Vernunft‹).<br />

Was aber von der Marxschen Theorie gewiss nicht zu trennen ist, ist ihr<br />

Materialismus. Und zwar ihr spezifischer Materialismus, der die<br />

»sinnliche Anschauung« (Theorie) in der materiellen Praxis, in der<br />

Tätigkeit des Menschen fundiert: Weil der Mensch ein praktisches<br />

Wesen ist. Die Praxis ist in ihrer dynamischen Gestalt das, was im<br />

emphatischen Sinne »Wirklichkeit« (i.e. das Wirkende, das Durchwirkte,<br />

Erwirkte etc.) heißt, das ist die Dialektik von Allgemeinen und<br />

Besonderen: die Realität. Ein Reich neben der Realität ist ein Reich ohne<br />

Realität. Zum Beispiel das Reich der mathematischen Ideen. Ereignisse, die<br />

in der »n-ten Potenz« auftreten. Deleuze behauptet die Potenz, kann<br />

aber »n« nicht bestimmen, außer in der Unendlichkeit der<br />

Wiederholung. Jedes Ereignis ist in seiner Potenz, seiner Wiederholung<br />

mit sich selbst das singuläre Ereignis (das bedeutet ja Potenz: 2 2 = 2 x 2,<br />

und 2 n = 2 x 2 x 2 …); die Potenz gibt dem Ereignis nichts zu, ist eben<br />

keine Addition. Macht oder Kraft erlangt das Ereignis in seiner<br />

Potenzierung, nicht in seiner Potenzialität (bei Deleuze sind diese beiden<br />

Worte auch unterschieden: Potenz = puissance, potenzieren = élever à<br />

une puissance, aber Potenzialität = potentialité). Aber das Ereignis selbst<br />

hat keine Macht oder Kraft (0 n = 0). Das Ereignis Einkaufen n ist, zynisch<br />

gesagt, von keiner anderen unendlichen Potenz als das Ereignis<br />

Auschwitz n . Wenn es einen wesentlichen Unterschied zwischen den<br />

Ereignissen gibt, dann eben in ihrem Verhältnis als Besonderheiten zum<br />

Allgemeinen. Hegel führt das übrigens alles in der Logik aus. Deleuze hat<br />

aber mit diesem Zynismus kein Problem, weil genau das die Ironie<br />

bestimmt: die Ironie gegenüber einer Welt, die als Realität verneint wird<br />

(also: es ist logisch für Deleuze gar nicht möglich, an dieser Stelle sich<br />

doch auf das Reale als das Allgemeine zu beziehen). Deleuze’ Theorie ist<br />

mit dem Materialismus, mit einer kritischen Theorie der Praxis nicht<br />

vereinbar. Deleuze’ Anschauung ist insofern auch mit der Kritik der<br />

Geschichte nichtvereinbar. (Marx, ›Der achtzehnte Brumaire des Louis<br />

Bonaparte‹ – wird mit Hinblick auf »Wiederholung und Geschichte«<br />

zitiert. 31 Marx wird »philosophisch kahlrasiert« 32 ; so bekommt der<br />

31 Vgl. Gilles Deleuze, ›Differenz und Wiederholung‹, München 1997, S. 389.

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