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Einige Bemerkungen zur poststrukturalistischen ... - Roger Behrens

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Seite 3<br />

philosophiegeschichtlichen Kanon von Autoren verwarf: Er ging vor<br />

allem <strong>zur</strong>ück <strong>zur</strong> Barockphilosophie und ignorierte den philosophischen<br />

Fortschritt der Linie Kant, Hegel, Marx: Dialektik und eine Theorie des<br />

historischen Materialismus lehnte er entschieden ab und verteidigte ein<br />

unsystematisches, bewusst inkonsistentes Denken, welches eine<br />

Weltphilosophie verwarf und statt dessen auf ein ›theatrum<br />

philosophicum‹, ein philosophisches Theater hinauslief. Die von Deleuze<br />

bevorzugten Philosophen sind neben Spinoza vor allem Henri Bergson<br />

und Friedrich Nietzsche – also Denker, die eigentlich gegen die<br />

Philosophie oder nach der Philosophie philosophieren. In diesem Sinne<br />

vertritt auch Deleuze eine postphilosophische Position, ohne sich aber<br />

aus dem akademischen Rahmen der Philosophie zu lösen. Damit läuft<br />

seine Kritik der Philosophie auf etwas diametral anderes hinaus als Marx’<br />

Kritik der Philosophie, die in einer revolutionären Theorie der Praxis<br />

mündet: Deleuze unternimmt den Versuch, mit der Philosophie den<br />

philosophischen Essentialismus, mit dem Denken den Idealismus<br />

aufzulösen. Was bei ihm »Begriff« heißt, ist das Gegenteil von dem<br />

Hegelschen Konzept der Begriffslogik: Deleuze geht es um Neuschöpfung<br />

von Begriffen, die sich jeder Idee oder idealen Prägung, jeder<br />

essentialistischen Struktur widersetzen – das in diesem Sinne<br />

antihierarchische Denken vollzöge sich in Fluchtlinien und fände sich in<br />

Rhizomen ausgebreitet.<br />

Zusammen mit dem Psychoanalytiker Félix Guattari – er lebte von 1930<br />

bis 1992 – verfasste er einige Schriften, wobei ›Anti-Ödipus‹ von 1972,<br />

Untertitel ›Kapitalismus und Schizophrenie I‹, und ›Tausend Plateaus‹<br />

von 1980, Obertitel ›Kapitalismus und Schizophrenie II‹, heute als<br />

Schlüsselwerke des Poststrukturalismus gelten. In ›Tausend Plateaus‹<br />

wird der Begriff des Rhizoms beziehungsweise der Ansatz der<br />

Rhizomatik eingeführt: Das Rhizom ist ein Pilzgeflecht, welches der nach<br />

Ansicht von Deleuze und Guattari ansonsten in der abendländischen<br />

Geschichte üblichen Baumstruktur entgegengestellt wird. Zumindest<br />

ihrem Selbstanspruch nach beabsichtigten Deleuze und Guattari mit den<br />

›Tausend Plateaus‹ eine Fortsetzung des ›Kapitals‹ von Marx zu liefern –<br />

ein Plateau ist nicht nur eine Ebene, sondern auch ein Kapitel; die Zahl<br />

Tausend ist dürfte allerdings wohl nur metaphorisch für »Viele« gemeint

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