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Einige Bemerkungen zur poststrukturalistischen ... - Roger Behrens

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Seite 4<br />

sein, denn tatsächlich finden sich in dem 645 Seiten umfassenden Buch<br />

»nur« fünfzehn Kapitel …<br />

Mithin hatte und hat Deleuze, ebenso wie Guattari und vor allem<br />

Foucault, Einfluss auf die Theoriedebatten der linken Bewegung.<br />

Insbesondere die verschiedenen Fraktionen der postpolitischen und<br />

liberaldemokratischen Kulturlinken orientierten sich in den neunziger<br />

Jahren maßgeblich an Deleuze, Foucault und Guattari, beziehungsweise<br />

deren Denkfiguren: mit den Schlagworten »Macht«, »Kontrolle«,<br />

»Rhizomatik«, »Nomadologie« und dergleichen wurden so nach und<br />

nach die kritische Theorie der Gesellschaft und damit die materialistische<br />

Kritik der politischen Ökonomie, die dialektische Kritik der Kultur und<br />

die historische Kritik der gesellschaftlichen Lebensverhältnisse im Sinne<br />

einer konkreten Totalität abgedrängt und schließlich als veraltet oder gar<br />

widerlegt <strong>zur</strong>ückgewiesen. – Gerade die suggestive Sprache und die<br />

gedanklichen Assoziationen von Deleuze scheinen für die modische<br />

Attraktivität des Poststrukturalismus nicht unwesentlich zu sein. Der<br />

nachfolgende Text versucht, diese Attraktivität kritisch zu hinterfragen.<br />

* * *<br />

Der Komponist Hanns Eisler antwortet 1958 in einem Rundfunkgespräch<br />

während einer Probe auf die Frage, wie sich die Dummheit in der Musik<br />

äußert: »Dummheit in der Musik kann sich in Tönen ausdrücken,<br />

Tonverbindungen können als dumm bezeichnet werden. Aber auch die<br />

allgemeine menschliche Dummheit kann in der Musik verbreitet sein. Bei<br />

Vokalwerken ist es das Verhältnis der Musik zum Text. Ein Beispiel: Ein<br />

Komponist komponierte das Gedicht Goethes ›Ich ging im Walde so für<br />

mich hin‹ polyphon, motettenartig. Er hat nicht begriffen, dass die<br />

volkstümliche Lyrik Goethes ein Fortschritt war in ihrer Subjektivität.<br />

Das war kein Schäfergedicht mehr, kein höfisches Liebesgedicht,<br />

sondern hier hat Goethe subjektive Innerlichkeit ausgebildet. Diese nun<br />

durch die Methode der Komposition ins Barock <strong>zur</strong>ückzuzerren, halte<br />

ich für dumm. Solche Gedichte sollte man heute nicht komponieren. Es<br />

gibt herrliche Vertonungen von Schubert, Schumann und kleineren<br />

Meistern, und das genügt. Aber gewisse Komponisten versuchen,

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