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Ist das Umfeld erhellt, aus dessen Rahmen heraus das Grabdenkmal errichtet wurde,<br />

so ist abschließend nach den Memorialfunktionen des Monuments zu fragen. Memoria<br />

als bewußt vollzogene Vergegenwärtigung des Abwesenden oder des Vergangenen,<br />

also der Vorgang des Gedenkens, ist in ihren unterschiedlichen Formen zu<br />

untersuchen. Diese definiert Otto Gerhard Oexle wie folgt: 10 1.) die liturgische Memoria<br />

als das kirchlich institutionalisierte Totengedenken, welches in Form der<br />

Gebetsleistungen zum Seelenheil des Bedachten beiträgt; 2.) die historische Memoria<br />

als die Vergegenwärtigung vergangener Taten und Ereignisse, die für das Wissen um<br />

die Geschichte einer Person oder Gemeinschaft steht; 3.) die soziale Memoria als die<br />

persönliche, kognitive und emotionale Vergegenwärtigung physisch abwesender<br />

Personen. Grundlegend für das Verständnis der mittelalterlichen Memoria ist eine von<br />

der heutigen Auffassung abweichende Vorstellung vom Status des Toten, nach welcher<br />

die Persönlichkeit des Verstorbenen in allen zu Lebzeiten eingegangenen rechtlichen<br />

und sozialen Beziehungen weiterexistiert. Diesen Status bezeichnet Oexle prägnant als<br />

die „Gegenwart der Toten“. 11<br />

Ein gesonderter Aspekt wird die liturgische Form der Memoria sein, d.h. das<br />

Eingebundensein der Grabdenkmäler in das Gebetsdenken der jeweiligen<br />

Gemeinschaft. Typische Leistungen der liturgischen Memoria umfassten das feierliche<br />

Begehen des Anniversartages, die Feier von Seelenmessen wie auch karitative<br />

Armenspeisungen. Erst der regelmäßige Vollzug des liturgischen Totengedenkens<br />

komplettierte die Jenseitsfürsorge, trug zum Seelenheil des Bedachten bei und führte<br />

zum Eingang ins Paradies. Das Bestreben, liturgische Memoria zu „erkaufen“ und<br />

dauerhaft institutionell zu verankern, stellt sich im Hinblick auf die desperaten<br />

Möglichkeiten, das Schicksal im Jenseits zu beeinflussen, als folgerichtiges Handeln<br />

dar. In Form von Seelgerätstiftungen und Memorieneinrichtungen tradierte<br />

Vorsorgemaßnahmen liegen auch für unsere „Grabinhaber“ und ihre Familien vor. Die<br />

insgesamt aussagekräftige Quellenbasis gibt uns einen Einblick in den ortsspezifischen<br />

Vollzug des liturgischen Totengedenkens und vereinzelt ein sehr konkretes Bild über<br />

die an den Grabmälern vollzogenen Handlungen.<br />

Neben der liturgischen Memoria, die in Quantität und Qualität durch entsprechende<br />

Seelgerätstiftungen fixierbar war, kam dem individuellen und spontanen Gebetsdenken<br />

der Hinterbliebenen und Glä<strong>ub</strong>igen ein ebenso zentraler Stellenwert zu. Die Relevanz<br />

des mittelalterlichen Totengedenkens basiert auf der Auffassung, daß die Lebenden als<br />

letzte Instanz auf das Schicksal der Seelen Einfluß nehmen. Jedes einzelne<br />

Fürbittgebet galt als wirkungsvolle Beihilfe, die für den Verstorbenen zu seinem<br />

Seelenheil geleistet werden konnte. Aus der Sicht des Seelenheilspenders war das<br />

stellvertretene Fürbittgebet keineswegs ein einseitiger Gefälligkeitsdienst. Das Gebet<br />

pro animabus defunctorum wurde als Werk der Barmherzigkeit und als rückwirkender<br />

Beitrag zur eigenen Jenseitsfürsorge gepriesen. 12 Solange eine solche<br />

solidaritätsstiftende und nicht ganz uneigennütze Auffassung das Totengedenken<br />

begleitete und heilsorientierte Gla<strong>ub</strong>ensinhalte das Umfeld eines Grabmals prägten,<br />

10 O.G. Oexle 1983, 19-77 und 1985, 74-85.<br />

11 O.G. Oexle 1983, 22.<br />

12 Zur Entwicklung des sog. ‚Arme-Seelen-Kultus‘: C. Sauer 1993, 178 ff.<br />

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