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Architektonischen Ausdruck fand der Aufstieg der Landgrafschaft zum Fürstentum und<br />
damit zur weltlichen hessischen Führungsmacht in dem von Heinrich I. schon bald nach<br />
seinem Regierungsantritt begonnenen Ausbau der Marburger Burg zum<br />
Fürstenschloß. 53 Wenig später setzte Heinrich I. jedoch die Auflösung des Fürstentums<br />
selbst in Gang. Ab 1294 wird sein Vorhaben deutlich, Hessen unter seinen Söhnen aus<br />
erster und zweiter Ehe aufzuteilen. Heinrich und Otto, aus erster Ehe, bekamen<br />
Oberhessen mit Marburg zugewiesen, während den Söhnen aus zweiter Ehe, Johann<br />
und Ludwig, laut Teilungsurkunde Niederhessen mit Kassel zufiel. In den folgenden<br />
Jahren kam es zu Auseinandersetzungen unter seinen Söhnen. 54 Die endgültige<br />
Teilung erfolgte mit Heinrichs I. Tod im Jahr 1308. Aufgrund des frühzeitigen Todes des<br />
Erstgeborenen, Heinrich des Jüngeren (+1298), erbte Landgraf Otto Oberhessen,<br />
während Landgraf Johann vertragsgemäß Niederhessen erhielt. Als Johann 1311 starb,<br />
fiel sein Herrschaftsbereich an Landgraf Otto, der nun wieder ein vereintes Hessen<br />
regierte. Johanns jüngerer Bruder Ludwig, Bischof von Münster, erhielt als<br />
Entschädigung für seinen Verzicht auf Niederhessen Stadt und Amt Marburg auf<br />
Lebenszeit. Die hessische Dynastie mußte sich in dem folgenden Jahrzehnt erneut dem<br />
größten Gegner der Landgrafschaft, dem Erzbistum Mainz, stellen, das nun, da Johann<br />
ohne männliche Nachkommen gestorben war, seine alten Ansprüche erneut zur<br />
Geltung brachte und Niederhessen forderte. Der Streit um die Mainzer Lehen zog sich<br />
in jahrelangen, entscheidungslosen Fehden hin. Landgraf Otto gelang es, in zwei<br />
erfolgreichen Perioden seine Interessen gegen Mainz zu verteidigen. Der<br />
entscheidende Sieg durch seinen Erben Heinrich II. im Jahr 1328 und der plötzliche Tod<br />
des Mainzer Erzbischofs bildeten den Anfang einer bis in die vierziger Jahre<br />
andauernden Friedensperiode. 55<br />
Überblickt man die Ereignisse, die in der erforderlichen Komprimierung skizziert<br />
wurden, so zeigen sich folgende Etappen: 1.) Die Entstehung der „terra Hassie“ und der<br />
Dynastie im thüringisch-hessischen Erbfolgekrieg; 2.) Der Ausbau der hessischen<br />
Landgrafschaft von 1265 bis zum Reichsfürstentum 1292; 3.) Der Teilungsstreit unter<br />
Heinrichs I. Söhnen und die Wiedereinrichtung der Primogenitur unter Otto I. im Jahr<br />
1311; 4.) Die existenzielle Gefährdung der Landeshoheit durch das Mainzer Erzbistum;<br />
5.) Friedensperiode von ca. 1228-1344. Erst mit der Konsolidierung der hessischen<br />
Landgrafschaft, die mit der Erlangung der Reichsfürstenwürde 1292 ihren<br />
legitimierenden Abschluß fand, ist mit dem Interesse nach einer dynastischen Grablege<br />
zu rechnen.<br />
Einer der Hauptanlässe für das Streben nach Grablegen in Konventskirchen bestand in<br />
der Heiligenverehrung und der damit verbundenen Vorstellung von der stellvertretenen<br />
Fürbitte des Heiligen bei Christus als dem künftigen Richter des Jüngsten Gerichts. 56<br />
Die Präsenz der Reliquien suggerierte die Idee einer aktiven Gegenwart des Heiligen,<br />
einschließlich der „Fähigkeit, hier und jetzt zu helfen und zu strafen.“ 57 Das Interesse<br />
der hessischen Landgrafen, mit der Heiligen im Tod visuell verbunden zu sein, muß als<br />
ein dem Seelenheil besonders förderlicher Aspekt angesehen werden. Kam ihr als<br />
53<br />
Zum Schloß: K. Justi 1942. - W. Görich 1980, 117-119. - D. Großmann 1980/2, 782-786.<br />
54<br />
Siehe im folgenden zum Teilungsstreit G. Landau 1837, 33-42. - K.E. Demandt 1972/2, 187-189.<br />
55<br />
Vgl. Anm. 51.<br />
56<br />
R. Kroos 1985, Kat. Bd. 3, 25-49. - B. Schwinekörper 1988, 491-541, 496 ff.<br />
57<br />
R. Kroos 1985, Kat. Bd. 3, 25-49, hier 38.<br />
48