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I. Einführung<br />

Aus der Vielfalt der deutschen Grabskulptur des 14. Jahrhunderts tritt eine homogene<br />

Gruppe figürlicher Grabmäler hervor, die in ihrer Einzigartigkeit ohne Nachfolge<br />

geblieben ist. Die Memorien befinden sich in Marburg, Cappenberg, Bielefeld und<br />

Münstereifel. Sie nehmen eine markante und aufschlussreiche Sonderstellung in der<br />

mittelalterlichen Sepulkralkunst ein: Markant deshalb, weil sie mit ihrem komplexen,<br />

jenseitsorientierten Motivschatz aus dem Rahmen der zeitgenössischen Grabmal-<br />

tradition fallen und eine Gattungspremiere im Reich konstituieren, aufschlussreich, weil<br />

sie in ihrem künstlerischen und soziokulturellen Beziehungsreichtum von wegweisender<br />

Bedeutung sind. Die Grabmäler bilden einen prominenten, vielfach gewürdigten<br />

Werkkomplex der Kunstgeschichte des deutschen Mittelalters. Sie sind Gegenstand der<br />

vorliegenden Untersuchung.<br />

Der Titel Hamanns Rittergrabmäler. Rezeption und Transformation eines französischen<br />

Typus bedarf einer Erläuterung. Richard Hamann, der nicht nur aufgrund seiner<br />

Marburger und Berliner Gründungen eine Institution der deutschen Kunstgeschichts-<br />

wissenschaft ist, legte mit seiner Monographie Die Elisabethkirche in Marburg und ihre<br />

künstlerische Nachfolge 1929 der Kunstgeschichtsforschung das Standardwerk zu<br />

dieser Grabmalgruppe vor. Er unterzog die Denkmäler als Werkgruppe erstmalig einer<br />

methodisch vielseitig angelegten Untersuchung und schlug eine in eine<br />

wissenschaftliche Zukunft weisende Brücke von der stilgeschichtlichen Forschung<br />

seiner Zeit hin zur künftigen Grabmaldisziplin. Dieser Verdienst soll durch den Titel<br />

explizit hervorgehoben werden.<br />

Der auf die gesamte Gruppe projizierte Terminus „Rittergrabmal“ ist - berücksichtigt<br />

man die von der Grabmalforschung aufgestellten Klassifikationsversuche, nach denen<br />

Grabmäler typologisch gegeneinander abgegrenzt werden - im Einzelfall nicht immer<br />

der treffenste. Er meint hier das assoziative Erscheinungsbild der Memorien und damit<br />

einhergehend die soziokulturellen Wurzeln dieses Grabmaltypus. Sie liegen in der<br />

französischen Hofkunst des frühen 14. Jahrhunderts, die als genuine Grabmal-<br />

schöpfung das höfisch hochgotische Rittergrabmal in nahezu typologischer Uniformität<br />

hervorgebracht hatte.<br />

Richard Hamann deckte dieses Abhängigkeitsverhältnis auf. Er bewertete die<br />

nordrhein-westfälischen und hessischen Grabmäler als bedeutende Ableger<br />

französischer Sepulkralkunst. Von diesem Ansatz aus offerierte er eine Theorie, die von<br />

größerer Tragweite für die Stilgeschichte sein sollte. Er vertrat die These, daß das<br />

Schulgut einer aus Paris emigrierten Gräberwerkstatt - ausgehend von diesen<br />

Grabmälern in Hessen, Westfalen und im Rheinland - stilprägend wirkte und eine der<br />

großen Kunstströmungen des 14. Jahrhunderts konstituierte. Hamanns kühne These<br />

konnte sich in ihren weitreichenden Grundgedanken zu Recht nicht durchsetzen. Seine<br />

typologischen und ikonographischen Untersuchungen zur Sepulkralplastik waren jedoch<br />

mehr als tragfähig. Der einzigartige Stellenwert der Grabmalgruppe war<br />

festgeschrieben, und der Blick nach Westen war unabwendbar. Dieser Ansatz soll unter<br />

dem Blickwinkel der Rezeption und Transformation eines französischen Typus erneut<br />

aufgegriffen und weitergeführt werden.<br />

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