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2.3. Schlußbemerkung und „stilgeschichtlicher Ausblick“<br />
Mit Oskar Karpa kann ein Schlußstrich unter die grundlegende Phase der<br />
Forschungsgeschichte gezogen werden. In seiner wissenschafts-theoretischen Kritik an<br />
seine Kollegen, die als Résumée betrachtet werden kann, klingt das durch, was in dem<br />
Methodenstreit zwischen den Kriegen so nachhaltig diskutiert wurde: 116<br />
Kunstgeschichte sei ein Kollektivunternehmen, keine Privatsache und deshalb müßten<br />
klar definierte Grenzen des wissenschaftlichen Diskurs gezogen werden. In der<br />
kunsthistorisch-methodischen Literatur zwischen 1920 und 1945 wird immer wieder<br />
geäußert, die Kunstgeschichte befände sich in einer Krise und habe ihre führende<br />
Position unter den Geisteswissenschaften verloren. 117 In der Methodendiskussion<br />
versuchten die Fachvertreter, eine eigene wissenschaftliche Identität der Disziplin<br />
Kunstgeschichte wiederaufz<strong>ub</strong>auen. Terminologische Probleme wurden erörtert, nach<br />
methodischen Richtlinien wurde gesucht, um das Fach auf einen mit den anderen<br />
geisteswissenschaftlichen Disziplinen vergleichbaren Standard zu heben. Mit der<br />
fachinternen Weiterentwicklung und den methodisch-wissenschaftlichen<br />
Normierungsbestrebungen verlagerte sich nach dem zweiten Weltkrieg die<br />
Forschungsgeschichte in eine neue Richtung, die nun gattungsspezifisch die<br />
Entwicklung, Ikonographie und Typologie der Grabskulptur untersucht. Die<br />
stilgeschichtlichen Fragestellungen der älteren Forschung lagen und blieben außerhalb<br />
der Zielsetzung dieser neuen Richtung.<br />
In Form eines Ausblicks soll dennoch auf die Tendenzen der Art von Kunst-<br />
geschichtsschreibung eingegangen werden, die sich weiterhin darauf spezialisierte, die<br />
koexistierenden Stilströmungen der Rheinlandschaften und Lothringens zu erfassen;<br />
ein noch immer nicht vollends abgeschlossenes Unterfangen, das, um J.A. Schmolls<br />
Worte zu gebrauchen, Stilpluralismus statt Einheitszwang 118 zutage brachte. War die<br />
Grabmalgruppe immer Bestandteil dieser stilgeschichtlichen Fragestellungen gewesen,<br />
so rückte sie jetzt zusehend ins wissenschaftliche Abseits. Die Stilgeschichte<br />
Lothringens und der Rheinlandschaften erfuhr schrittweise Aufhellung durch nun örtlich<br />
116 Eine repräsentative Übersicht des Methodenstreits, der in vielen P<strong>ub</strong>likationen unterschiedlichster Art<br />
und in Vorlesungen geführt wurde, gibt Marlite Halbertsma (1985) 1992, 84-103. Sie sieht die Ursache<br />
des Methodenstreites darin, daß die Trennlinie zwischen Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft zu<br />
schmal war. Die Fragestellungen der geisteswissenschaftlich orientierten Kunstwissenschaft, d.h. die<br />
Erforschung des Wesens der Kunst und ihrer Gesetzmäßigkeiten, bedeuteten für die Kunstgeschichte,<br />
die sich der Unzulänglichkeit ihrer positivistisch und inventarisierenden Forschungsgeschichte bewußt<br />
war, einerseits eine Herausforderung. Andererseits aber war der begriffliche Ballast der<br />
Kunstwissenschaft, die von ihr erstellten Systeme und Idealtypen, für die am Objekt arbeitende<br />
Kunstgeschichte nur schwer anwendbar. Siehe weiterhin: L. Dittmann (Hg.) 1985. - J. Hermand 1971. -<br />
M. Podro 1982.<br />
117 So zum Beispiel R. Hamann Die Methode der Kunstgeschichte und die allgemeine Kunstwissenschaft<br />
1919. - J. Strzygowski Die Krisis der Geisteswissenschaften, vorgeführt am Beispiele der Forschung über<br />
bildende Kunst 1923.- H. Tietze Lebendige Kunstwissenschaft. Zur Krise der Kunst und der<br />
Kunstgeschichte 1925. Vor allem auch die Beiträge in der durch M. Dessoir im Jahre 1906 gegründeten<br />
Zeitschrift für Aesthetik und allgemeine Kunstwissenschaft oder die Jahrgänge der von R. Kautzsch, W.<br />
Pinder, G. Swarzenski und K. M. Swoboda seit 1927 herausgegebenen Kritischen Berichte zur<br />
kunstgeschichtlichen Literatur bezeugen die kritische Auseinandersetzung mit dem Fach<br />
Kunstgeschichte.<br />
118 J.A. Schmoll gen. Eisenwerth 1977, 9-19.<br />
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