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<strong>CREATIX</strong> 1 / 13<br />
Ja, nun steht die Verbindung zum eigentlichen Thema, denn Ich hatte doch<br />
versprochen, das Geheimnis des Kompromiss-Blechkuchens zu lüften. Also nehme<br />
ich Dich nun mit auf eine erneute kleine Reise in die Vergangenheit.<br />
Wenn in der Früh die letzten Samstagmorgenbackwaren zum Abkühlen aus der<br />
Gluthitze gezogen waren, hatten die Bäcker sich in der heißen Arbeitsstube bereits<br />
einen großen Teil der Nacht um die Ohren geschlagen. Im Dorfe gingen jetzt immer<br />
mehr Lichter an. Meister Bäcker sowie Gesellen und Lehrlinge strebten allmählich<br />
dem Bette zu. Während der Rest der Welt nach und nach seine Augen öffnete,<br />
nahmen die Handwerker noch vor der eigentlichen Ruhe das traditionell<br />
gemeinsame Landbäckerfrühstück zu sich.<br />
Die Metzgerfrau von der anderen Straßenseite hatte für alle Hungrigen das nötige<br />
„Drunter und Drüber“ herübergebracht und im Gegenzug ganz backfrisches<br />
Rustikalbrot mit heim genommen, selbstverständlich nebst der Brötchen, die auch<br />
bei Familie Metzger morgens niemals fehlen durften.<br />
Frau Bäckerin war ebenfalls schon lange auf den Beinen, hatte die Gänse, die<br />
beiden eigenen Kühe, die Ziegen und die Hauhner, sprich Hühner, für den Tag mit<br />
Futter sowie Wasser versorgt, anschließend in der Küche eingedeckt und<br />
aufgetischt. In dem geräumigen, liebevoll schwarz/weiß gekachelten, urigen Raum<br />
bullerte der Holzküchenherd vor sich hin mit zwei dicken Pfeifkesseln obenauf. Der<br />
eine enthielt bereits aufgegossenen Kaffee, der hier für den Meister heiß gehalten<br />
wurde, der andere Früchtetee für die Gesellen und Lehrlinge. Letztere vertrugen<br />
vor dem Bette keinen Kaffee, der Meister hingegen schon, ganz im Gegenteil<br />
brauchte er ihn geradezu, um überhaupt in den Schlaf zu kommen.<br />
Auf dem großen dunklen Buchenholztisch, an dem spielend bis zu 14 Leute haben<br />
Platz finden können, stand die große vasenförmige Henkel-Glaskanne mit jener<br />
erhitzten Milch, die Frau Bäckerin schon um viere in der Früh den Eutern ihrer<br />
"schwarzbunten" holstein-friesischen Damen Emma & Gerda entlockt hatte.<br />
Daneben der kunstvoll geflochtene Korb mit gekochten Eiern, die heute früh erst<br />
aus dem Stall geholt waren. Ein frisches, dickes Ziertuch lag oben über, um zu<br />
schnelles Auskühlen zu verhindern. Der Meister hatte den Lehrsöhnen damals<br />
schon an ihren ersten Arbeitstagen die künftigen Stammplätze der Lehrlinge<br />
zugewiesenen. Diese waren so ausgerichtet, dass die Jungen unweigerlich zum<br />
alten gußeisernen Herd mit umlaufender Metallreling hinüber schauten, wo sich ihr<br />
Blicke zumeist beim Wechselspiel der orange bis hellrot blinkenden Bröckchen im<br />
offenen Glutkasten und in den Flammen verfingen. Durch das soeben von der<br />
Bäckerin frisch aufgelegte Holz loderten die feurigen Irrwische etwas länger auf, um<br />
dann sanft züngelnd durch die noch teils geöffnete Oberklappe nach außen zu<br />
streichen. Aus dieser Klappe entwichen zu gleicher Zeit immer wieder dünne,<br />
weißbläuliche Rauchfahnen, die inzwischen als Bestandteil des Duftgemisches aus<br />
frischem Kaffee, knackigen Brötchen und heißer Milch die ganze Küche mit einer<br />
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