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<strong>CREATIX</strong> 1 / 13<br />
Eine halbe Stunde später bullerte in jeder heimischen Küche der Holz- und Kohleherd.<br />
Wenn nach einer Weile der Wassserkessel pflichtschuldig zu pfeifen begann, folgte das<br />
Aufgießenn des Kaffee's durch den guten alten Porzellanfilterhalter in die Kanne, die<br />
alsbald mit einem Wärmeisolierungsmäntelchen versehen, ihren Platz erst dann auf dem<br />
Tisch einnnahm, wenn alle versammelten Erwachsenen ihre Tasse des heißen<br />
Muntermachers in Händen hielten. Für durch den Kaffeeduft neugierig gewordene Kinder,<br />
die ab und an ebenfalls danach verlangten, gab es nur ein seelig-machendes Liedchen<br />
von Carl Gottlieb Hering zur Antwort, welches wohl die meisten älteren LeserInnen noch<br />
kennen werden:<br />
"C-a-f-f-e-e, trink nicht so viel Kaffee! Nichts für Kinder ist der Türkentrank, schwächt die<br />
Nerven, macht dich blass und krank. Sei doch kein Muselman, der ihn nicht lassen kann!"<br />
Schon hatten die lieben Kleinen wieder etwas anderes im Kopfe als den<br />
Muselmanentrank, denn nun durften sie ausnahmsweise bei Tisch, wenn auch nur einmal,<br />
etwas singen. Gereicht wurde an solchen Morgenden frische Brötchen, eine ländliche<br />
Auswahl vieler Aufschnitte, Aufstriche und Beläge, Quark sowie frische Milch vom Bauern<br />
nebenan oder gar von den eigenen Kühen. Der soeben erst leicht angekühlte Hefekuchen<br />
stapelte sich ebenfalls schon auf einem Teller in der Tischmitte.<br />
Jeder der mochte, durfte sich bereits schon zum Frühstück mit den Fingern (welch<br />
unglaubliches Ding) ein Stück des Kuchens greifen. Dieser war zu solchem Zwecke in<br />
schmale, etwa eineinhalb Tassenhöhen lange Streifen geschnitten, damit man ihn in<br />
Milch, Kakao, Kaffee tunken konnte, wodurch sich des Streifens geschmackliche<br />
Qualitäten gerade für Kinder enorm wandeln ließen, ja geradezu zum Experimentieren<br />
einluden und damit - im kleinen Rahmen - auch zum Herumsau-Igeln, was aus gutem<br />
Grunde die Kinder enorm herausforderte.<br />
- ☼ -<br />
Die Blechkuchen waren von den Dorffrauen im Morgengrauen zubereitet, mehrfach<br />
geknetet und "gehen gelassen". Was, wenn man's richtig macht, eigentlich einen recht<br />
lockeren, beim Backen gut aufgehenden Teig beschert.<br />
Da diese armen, von CO2 aufgeblasenen Kameraden aber eher zur empfindliche Garde<br />
gehören, nutzte es nur bedingt, die Teige mit Küchentüchern für den Transport durch's<br />
Dorf zum Bäcker zu schützen. Eher konnte dieses nur eine Art Schutz vor<br />
heranfliegendem Schmutz sein. Dank der ihm transportbedingt bescherten kühlen<br />
Luftzüge, der Bollerwagenrumpelei sowie der schnell voranschreitenden Abkühlung, gab<br />
Freund Hefeteig stets das Schauspielstück „Die schreckhafte Mimose“ und verzog sich<br />
wieder dahin woher er gekommen war, nämlich in sich zusammen. Wenn er dann in<br />
Bäckers Backofen bei etwa 180 Grad Restwärme ausgebacken wurde, erreichte er<br />
insgesamt eine recht dichte Konsistenz und damit eine nur geringe Höhe.<br />
Dies, wie ich nun anmerken darf, sehr zur Freude einers jeden, der gerne etwas zum<br />
Stippen haben wollte, denn ein verdichteter Teig saugt sich nicht so sehr mit Flüssigkeit<br />
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