AKADEMIE -REPORT - Akademie für Politische Bildung Tutzing
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Der Unternehmensberater Roland Berger<br />
referierte über die Verlagerung von<br />
Arbeitsplätzen ins Ausland, die man als<br />
„Offshoring“ bezeichne, während es<br />
sich beim „Outsourcing“ generell um<br />
das Auslagern von Unternehmensprozessen<br />
an externe Unternehmen handele.<br />
Vorangetrieben werde der Prozess,<br />
weil die Arbeitskosten und die<br />
Steuerbelastung speziell in den osteuropäischen<br />
Nachbarländern deutlich<br />
niedriger lägen, während gleichzeitig<br />
die Rechtssicherheit mit der EU-Integration<br />
angewachsen sei. Offshoring<br />
erlaube es daher, die Vorteile internationaler<br />
Arbeitsteilung zu nutzen und<br />
auf diese Weise Wettbewerbsfähigkeit,<br />
Wachstum und Erträge zu steigern. Im<br />
internationalen Vergleich sei das Engagement<br />
deutscher Unternehmen im<br />
Ausland eher noch unterdurchschnittlich.<br />
Der Trend zum Offshoring werde<br />
und müsse auch weitergehen.<br />
Nicht wettbewerbsfähig<br />
Der Aufbau von Arbeitsplätzen im<br />
Ausland führe aber keineswegs zu entsprechenden<br />
Arbeitsplatzverlusten in<br />
Deutschland. In 60 Prozent der Fälle<br />
haben deutsche Auslandsinvestitionen<br />
– so der Deutsche Industrie- und<br />
Handelstag (DIHT) – zu einer Sicherung<br />
oder zu einer Zunahme deutscher<br />
Arbeitsplätze geführt. Trotzdem zeige<br />
die Entwicklung, dass Deutschland im<br />
14<br />
Flucht aus Deutschland?<br />
Unternehmen zwischen wirtschaftlicher Logik und sozialer Verantwortung<br />
Die einen nennen es „Outsourcing“, die anderen „Offshoring“<br />
und wieder andere haben im „Vaterlandsverrat“ den passenden<br />
Ausdruck gefunden. Kontrovers verläuft die Debatte um<br />
die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland und die daraus resultierende<br />
Verantwortung der Unternehmer. Verschärft durch die<br />
Kapitalismusdebatte erreichte sie einen emotionalen Höhepunkt.<br />
Fallen die „Heuschrecken“ gleichsam einer biblischen Plage über<br />
das Land her? Ist die Verlagerung ein unpatriotischer Akt oder nützt<br />
sie sogar der deutschen Volkswirtschaft, indem sie inländische<br />
Arbeitsplätze sichert? Die <strong>Akademie</strong> befasste sich unter der Leitung<br />
von Peter Hampe mit dieser Frage. Namhafte Referenten aus Wirtschaft,<br />
Politik und Verbänden versuchten, dem Phänomen auf die<br />
Spur zu kommen, Folgen zu bewerten und Lösungsansätze zu finden.<br />
Bereich einfacher Produkte und<br />
Dienstleistungen, die mit niedrig qualifizierten<br />
Arbeitskräften hergestellt<br />
werden, nicht mehr wettbewerbsfähig<br />
sei.<br />
Unternehmensberater Roland Berger:<br />
„Ein schneller Wandel von der<br />
Industrie- zur Wissensgesellschaft<br />
ist unabdingbar.“<br />
Foto: privat<br />
Deutschland könne daher seinen Wohlstand<br />
nur durch Innovationen, durch<br />
überlegene Produkte und Leistungen<br />
sichern. „Ein schneller Wandel von der<br />
Industrie- zur Wissensgesellschaft ist<br />
unabdingbar.“ Um dies zu erreichen,<br />
müsse die Wirtschaftspolitik auf vielen<br />
Gebieten umsteuern: Weniger Geld<br />
<strong>für</strong> Subventionen und Sozialstaat,<br />
mehr <strong>für</strong> die Bereiche <strong>Bildung</strong>, Forschung<br />
und Familienpolitik, wo wir<br />
auch international hinterherhinken.<br />
„Wir müssen unsere Wirtschaft in Ordnung<br />
bringen, bevor wir anfangen, von<br />
Patriotismus zu reden.“ Auch die politischen<br />
Entscheidungsprozesse sollten<br />
verändert werden. Roland Berger plädierte<br />
<strong>für</strong> ein gemildertes Mehrheitswahlrecht,<br />
da durch das Verhältniswahlrecht<br />
im Bundestag immer nur<br />
kleine, kaum wirklich handlungsfähige<br />
Mehrheiten entstünden. Schließlich<br />
sollte es einen Wettbewerbsföderalismus<br />
geben, der „die Gleichwertigkeit<br />
des Lebens nicht mit der Gleichheit<br />
verwechselt“. Deutschland müsse sich<br />
jedenfalls im globalen Wettbewerb<br />
behaupten, alles andere wäre „Protektionismus,<br />
der zur Verarmung führt.“<br />
Vor- und Nachteile<br />
Peter Bauer, Vorstandsmitglied bei Infineon,<br />
berichtete über die Erfahrungen<br />
seines Unternehmens bezüglich<br />
Outsourcing und Offshoring – die Tagung<br />
fand statt vor den großen Streiks<br />
im Oktober. Halbleiterunternehmen<br />
sind aufgrund industriespezifischer<br />
Besonderheiten diesbezügliche Spitzenreiter.<br />
Aufgrund des intensiven<br />
Wettbewerbs mit den großen Chipherstellern<br />
in USA und Asien sei es unerlässlich,<br />
Teile der Wertschöpfung in<br />
Regionen mit Kostenvorteilen zu verlagern.<br />
Outsourcing sei auch deshalb<br />
ein Schlüssel zum Erfolg, da man Aufgaben,<br />
die nicht zum Kerngeschäft<br />
gehören, an spezialisierte Unternehmen<br />
auslagern und somit mehr Freiraum<br />
<strong>für</strong> seine Kerngeschäfte schaffen<br />
kann. Die Nutzung der Kompetenz eines<br />
Drittunternehmens macht flexibler<br />
und sichert die eigene Wettbewerbsfähigkeit.<br />
Die Frage, ob Outsourcing Arbeitsplätze<br />
vernichte, könne man im Falle Infineons<br />
im Kern verneinen. „Noch immer<br />
sind über 16.000 Mitarbeiter, d.h.<br />
�<br />
<strong>Akademie</strong>-Report 4/2005