AKADEMIE -REPORT - Akademie für Politische Bildung Tutzing
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Birgit Kruse zum Vortrag von Nikolaus Piper beim <strong>Akademie</strong>gespräch im<br />
Bayerischen Landtag im Juni 2005<br />
in: BAYERISCHE STAATSZEITUNG vom 24. Juni 2005:<br />
Effizienz ist eine Frage der Würde<br />
Ist Hartz IV das Ergebnis einer Wirtschaftspolitik,<br />
die die Würde des Menschen<br />
missachtet? Die meisten würden<br />
darauf sicherlich spontan mit „Ja“ antworten.<br />
Nicht so jedoch Nikolaus Piper,<br />
Leiter des Wirtschaftsressorts der<br />
Süddeutschen Zeitung.<br />
So drastisch die Einschnitte <strong>für</strong> den<br />
Einzelnen auch sein mögen – Hartz IV<br />
zwinge die Menschen dazu, ihre Belange<br />
selber in die Hand zu nehmen,<br />
sagte Piper. Und das verleihe den Bürgern<br />
wieder die Autonomie und Freiheit,<br />
die <strong>für</strong> ein Menschenwürdiges<br />
Dasein in einer sozialen Marktwirtschaft<br />
nötig sind. Denn nur, wer in<br />
Würde leben kann, ist in der Lage, effizient<br />
zu sein. „Denn Effizienz und<br />
Würde gehen Hand in Hand.“ Viele<br />
Menschen, so Piper, glaubten, der Staat<br />
müsse <strong>für</strong> alle Bürger die gleichen<br />
Chancen bereitstellen. Doch das sei<br />
nicht die Aufgabe des Staates. „Das<br />
Niveau der sozialen Absicherung kann<br />
nicht unbegrenzt wachsen.“ Dazu müsse<br />
man sich erst wieder bewusst machen,<br />
„dass wir sehr hohe Ansprüche<br />
an unser System stellen“, betonte Piper.<br />
Vielmehr gehe es darum, den Menschen<br />
das zu geben, was sie brauchen,<br />
um aus eigener Kraft weiterzukommen.<br />
Der Passauer Politikwissenschaftler<br />
und Direktor der <strong>Tutzing</strong>er <strong>Akademie</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Politische</strong> <strong>Bildung</strong>, Heinrich Oberreuter,<br />
formulierte es so: „Was sozial<br />
gerecht ist, bleibt der politischen Interpretation<br />
ausgeliefert.“ Sicherlich<br />
brauche der Sozialstaat rechtliche Rahmenbedingungen,<br />
um den Schwachen<br />
zu helfen. Doch bei der Frage nach einer<br />
menschenwürdigen Wirtschaftspolitik<br />
gehe es um mehr, als nur um die<br />
gerechte Verteilung von Gütern. Es<br />
gehe auch darum, dass die Menschen<br />
der Eigenkraft und die Dynamik der<br />
Wirtschaft vertrauen können. Und sobald<br />
es um die Frage des Vertrauens<br />
38<br />
<strong>Akademie</strong>-Arbeit und Veranstaltungen im Spiegel der Medien<br />
gehe, sei die Politik gefragt. „Der Staat<br />
versucht, uns zu steuern“, sagte Piper.<br />
„Und wir wissen nicht mehr, was <strong>für</strong><br />
einen Sinn das hat.“ Erst, wenn der<br />
Bürger Prozesse wie etwa Hartz IV<br />
auch wirklich verstehen könne, sei er<br />
bereit, sich auf das Land und seine<br />
Politik einzulassen, zu investieren und<br />
wieder langfristig zu planen. Denn nur<br />
ein effizienter Staat, der den Menschen<br />
nicht das Gefühl gibt, Steuergelder zu<br />
verschwenden, könne die Würde des<br />
Einzelnen wahren. Gerade an der<br />
Schnittstelle von ökonomischer Kom-<br />
petenz und sozialem Engagement vermutet<br />
Landtagspräsident Alois Glück<br />
die Wurzel allen Übels. Eigentlich, so<br />
Glück, wäre es gerade die Aufgabe der<br />
sozialen Marktwirtschaft, diese beiden<br />
Gegensätze miteinander zu verbinden.<br />
Doch in den letzten Jahren könne er<br />
nur eine Verwässerung dieses Prinzips<br />
feststellen. „Viele moralische Debatten<br />
werden von der Logik der Zahlen<br />
überlagert“, beklagte er. Hinzu komme:<br />
Die Grenzen zwischen den Parteien,<br />
so Glück, lösten sich zunehmend<br />
auf. Die Folge: Politik denke nur noch<br />
in Programmen, nicht mehr in Konzepten.<br />
Doch gerade das konzeptionelle<br />
Denken sei der Schlüssel, um ökonomische<br />
Kompetenzen wieder mit sozialem<br />
Engagement in Einklang zu<br />
bringen.<br />
PASSAUER NEUE PRESSE vom 27. Oktober 2005:<br />
Prof. Oberreuter bleibt Chef der <strong>Akademie</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Politische</strong> <strong>Bildung</strong><br />
Schneider: Bundesweit herausragenden Ruf erworben<br />
Der Passauer Politikwissenschaftler<br />
Prof. Heinrich Oberreuter bleibt <strong>für</strong><br />
weitere sechs Jahre Direktor der <strong>Akademie</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Politische</strong> <strong>Bildung</strong> in <strong>Tutzing</strong>.<br />
Kultusminister Siegfried Schneider<br />
überreichte ihm gestern in München<br />
die Urkunde zur entsprechenden Verlängerung<br />
seiner Amtszeit. Oberreuter<br />
habe sich auch als Direktor der <strong>Akademie</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Politische</strong> <strong>Bildung</strong> in den vergangenen<br />
zwölf Jahren einen bundesweit<br />
herausragenden Ruf erworben.<br />
Oberreuter spanne einen „äußerst<br />
fruchtbaren Bogen zwischen der Donau<br />
und dem Starnberger See“, sagte<br />
Schneider. Für den Freistaat sei es ein<br />
„Glücksfall“, einen Gelehrten von hohem<br />
Rang an der Spitze der <strong>Tutzing</strong>er<br />
<strong>Akademie</strong> zu wissen, der „seine großen<br />
praktischen Erfahrungen und theoretischen<br />
Erkenntnisse, seine ausgezeichneten<br />
Kontakte und sein herausragendes<br />
Ansehen bereitwillig in den<br />
Dienst der politischen <strong>Bildung</strong>sarbeit“<br />
stelle. Schneider würdigte zudem die<br />
Fähigkeit von Oberreuter, der <strong>Akademie</strong><br />
durch herausragende Vorträge und<br />
anspruchsvolle Diskussionen eine<br />
hohe Resonanz in der Öffentlichkeit<br />
vermittelt zu haben.<br />
Prof. Oberreuter hat seit 1980 einen<br />
Lehrstuhl <strong>für</strong> Politikwissenschaft an<br />
der Universität Passau und leitet seit<br />
1993 die <strong>Tutzing</strong>er <strong>Akademie</strong>. Er unterstrich<br />
gestern erneut die Bedeutung<br />
der politischen <strong>Bildung</strong>sarbeit – „im<br />
Sinne der Stärkung rationaler Urteilskraft<br />
in unserer Welt der zunehmenden<br />
Ungewissheiten, Unsicherheiten<br />
und Bedrohungen“. Täglich erweise<br />
sich, „wie schütter die Kenntnisse über<br />
unsere grundgesetzliche Ordnung sind<br />
– auch in Medien und Politik“. Somit<br />
bleibt weiter viel Arbeit <strong>für</strong> die 1957<br />
ins Leben gerufene <strong>Akademie</strong> <strong>für</strong> <strong>Politische</strong><br />
<strong>Bildung</strong> <strong>Tutzing</strong>, die pro Jahr<br />
rund 130 Tagungen und Veranstaltungen<br />
mit etwa 3500 Teilnehmern ausrichtet.<br />
(siehe Bericht Seite 30-31)<br />
<strong>Akademie</strong>-Report 4/2005