18.10.2012 Aufrufe

AKADEMIE -REPORT - Akademie für Politische Bildung Tutzing

AKADEMIE -REPORT - Akademie für Politische Bildung Tutzing

AKADEMIE -REPORT - Akademie für Politische Bildung Tutzing

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Nach der Bundestagswahl:<br />

Sind die Volksparteien am Ende?<br />

Vertrauenskrisen, rückläufige Parteibindungen und neue Konfliktlinien in der<br />

Gesellschaft verändern die politische Landschaft<br />

„Die Volksparteien sind nicht am Ende, aber sie sind angekratzt“, so<br />

lautet das Fazit des Berliner Parteienforschers Oskar Niedermayer<br />

fünf Tage nach der Bundestagswahl. Das Thema Volksparteien stand<br />

unmittelbar nach der vorgezogenen Wahl im Mittelpunkt einer Tagung*<br />

und bekam nicht zuletzt durch das bekannte Ergebnis größte<br />

Aktualität.<br />

Zur Eröffnung des Programms<br />

hatte Kultusstaatssekretär<br />

Karl Freller in einem durch die<br />

Aktualität geprägten, parteipolitischakzentuierten<br />

Grußwort bedauert, dass<br />

die bürgerlichen Parteien nun ohne<br />

Mehrheit seien. Die Unionsparteien<br />

hätten sich bereits als Sieger gesehen<br />

und die rot-grüne Regierung zu wenig<br />

angegriffen. „Im Gefühl der Siegesgewissheit<br />

haben wir einen zu ehrlichen<br />

Wahlkampf geführt. Und der Ehrliche<br />

ist offenbar der Dumme!“ sagte Freller.<br />

Er haderte auch mit der wachsenden<br />

Zahl von Kurzentschlossenen, die<br />

ihre Wahlentscheidung erst kurz vor<br />

der Wahl treffen. „Diese Leute sind<br />

schlechter informiert und lassen sich<br />

von aktuellen Stimmungen und Umfragen<br />

treiben“. Freller sah angesichts der<br />

großen programmatischen Gegensätze<br />

keine Chance <strong>für</strong> die so genannte „Jamaika-Koalition“<br />

und meinte, es laufe<br />

auf eine Große Koalition von Union<br />

und SPD hinaus.<br />

Bei der Fehleranalyse der Unionsparteien<br />

konnte ihm der Politikwissenschaftler<br />

Niedermayer zum Teil zustimmen:<br />

er sah die Hauptprobleme <strong>für</strong><br />

CDU/CSU in der Mehrwertsteuerdiskussion,<br />

dem Streit um das Steuerkonzept<br />

von Kirchhof und schließlich auch<br />

die Äußerungen von Edmund Stoiber<br />

und Jörg Schönbohm über die Menschen<br />

in den neuen Bundesländern.<br />

„Zum ersten Mal in der Geschichte der<br />

<strong>Akademie</strong>-Report 4/2005<br />

deutschen Wahlkämpfe ist es zu einem<br />

Rollentausch gekommen: die Oppositionsparteien<br />

argumentierten wie die<br />

zukünftige Regierungskoalition und<br />

die Regierungspartei SPD kämpfte<br />

defensiv wie aus der Opposition heraus.“<br />

Kultusstaatssekretär Karl Freller:<br />

„Uninformierte Kurzentschlossene<br />

entscheiden die Wahl.“<br />

Fotos: ms/hama<br />

Nicht mehr<br />

repräsentativ<br />

Gemessen am Wählerzuspruch könne<br />

regional nur noch die CSU mit 49 Prozent<br />

als Volkspartei gelten. Besondere<br />

Probleme habe die SPD im Osten generell<br />

und die CDU vor allem in Bran-<br />

denburg. Die Zahl der Mitglieder sei<br />

in allen Parteien stark rückläufig (siehe<br />

Graphik) . Die beste Rekrutierungsfähigkeit<br />

habe noch die CSU mit 1,8<br />

Prozent, SPD und CDU liegen bei 1,0<br />

bzw. 1,1 Prozent der Bevölkerung. Es<br />

gebe dramatische Unterschiede zwischen<br />

den Ländern: im Saarland sei es<br />

am besten, in allen neuen Bundesländern<br />

am schlechtesten.<br />

Parteienforscher Oskar Niedermayer<br />

erklärt den mangelnden Zuspruch<br />

<strong>für</strong> die Volksparteien mit<br />

dem scheinbar unlösbaren Problemdruck<br />

in der Gesellschaft.<br />

Die Parteien bieten längst kein repräsentatives<br />

Abbild der Gesellschaft<br />

mehr: Arbeiter sind überall unterrepräsentiert,<br />

der Öffentliche Dienst in allen<br />

Parteien überrepräsentiert. Auch<br />

Frauen sind immer noch in allen Parteien<br />

nicht gemäß ihrem Bevölkerungsanteil<br />

vertreten. Lediglich Katholiken<br />

sind in der Union stärker vertreten als<br />

es ihrem Anteil an der Bevölkerung<br />

entspricht.<br />

�<br />

*Die Tagung „Volksparteien am Ende?“ wurde durchgeführt in Zusammenarbeit mit dem Landesverband Bayern der<br />

Deutschen Vereinigung <strong>für</strong> <strong>Politische</strong> <strong>Bildung</strong>, der Landeszentrale <strong>für</strong> politische <strong>Bildung</strong>sarbeit und der Fachgruppe<br />

Geschichte/Sozialkunde Oberbayern des Bayerischen Philologenverbands<br />

3

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!