Selektive dorsale Rhizotomie - Arbeitskreis Kunstfehler in der ...
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Geburt<br />
Süddeutsche Zeitung: Unfug im Kreißsaal<br />
notwendig, Vorteile für die Mütter nicht zu erkennen, so<br />
die Autoren e<strong>in</strong>er Übersichtsarbeit 2005.<br />
„Dammschnitte werden <strong>in</strong> unserer Kl<strong>in</strong>ik nach Möglichkeit<br />
vermieden‘‘, sagt Hackelöer. „Oft lassen wir bewusst<br />
zu, dass <strong>der</strong> Damm e<strong>in</strong>reißt.‘‘ Die schwersten Risse träten<br />
oft gerade nach e<strong>in</strong>em Schnitt auf. Allzu verbreitet<br />
sche<strong>in</strong>t diese E<strong>in</strong>sicht noch nicht zu se<strong>in</strong>. Bei mehr als<br />
e<strong>in</strong>em Drittel aller Geburten werde heute geschnitten,<br />
und sogar bei 60 Prozent aller Erstgebärenden, sagt Edith<br />
Wolber, Sprecher<strong>in</strong> des Bundes Deutscher Hebammen.<br />
Angst vor Klagen<br />
„Nur sechs Prozent aller Geburten f<strong>in</strong>den völlig ohne mediz<strong>in</strong>ische<br />
Interventionen statt‘‘, sagt die Mediz<strong>in</strong>ethnolog<strong>in</strong><br />
Wolber. „25 bis 30 Prozent aller Geburten<br />
werden e<strong>in</strong>geleitet.“ Bernhard Hackelöer hält die hohe<br />
Zahl von E<strong>in</strong>griffen <strong>in</strong> den Geburtsverlauf durchaus für<br />
gerechtfertigt: „Es ist e<strong>in</strong> Irrwitz zu glauben, die Natur<br />
könne alles zum Besten richten. In den Nie<strong>der</strong>landen<br />
etwa, wo die natürliche Geburt stark propagiert wird, ist<br />
die Säugl<strong>in</strong>gssterblichkeit fast doppelt so hoch wie <strong>in</strong><br />
Deutschland.“<br />
26<br />
Hierzulande überleben etwa<br />
fünf von tausend K<strong>in</strong><strong>der</strong>n die<br />
Geburt o<strong>der</strong> die erste Woche<br />
danach nicht. Aber auch<br />
Angst vor Klagen bestimmt<br />
das Handeln von Geburtshelfern.<br />
„Bei je<strong>der</strong> Entscheidung<br />
während <strong>der</strong> Geburt<br />
müssen wir bedenken: Wie<br />
würde e<strong>in</strong> Gutachter das aus<br />
<strong>der</strong> Rückschau beurteilen?‘‘,<br />
sagt Hackelöer.<br />
Es gebe jedoch ke<strong>in</strong>eswegs<br />
nur mediz<strong>in</strong>ische und juristische<br />
Gründe für die vielen<br />
E<strong>in</strong>griffe im Kreißsaal, sagt<br />
Edith Wolber: „Viele Prozeduren<br />
haben auch e<strong>in</strong>e unausgesprocheneBedeutung.<br />
Sie schaffen Distanz<br />
zwischen <strong>der</strong> Frau und dem<br />
Geburtshelfer und betonen:<br />
Du bist die Gebärende, ich<br />
b<strong>in</strong> <strong>der</strong> Experte. Solche Rituale<br />
haben auch etwas mit<br />
Unterwerfung <strong>der</strong> Frauen zu<br />
tun.“<br />
An<strong>der</strong>erseits sehen sich immer<br />
mehr Kl<strong>in</strong>iken veranlasst,<br />
auf die Wünsche von<br />
Schwangeren e<strong>in</strong>zugehen.<br />
Freundliche Gestaltung <strong>der</strong><br />
Räume, die Möglichkeit e<strong>in</strong>er Wassergeburt o<strong>der</strong> e<strong>in</strong><br />
Gebärstuhl - angesichts abnehmen<strong>der</strong> Geburtenziffern<br />
werden Schwangere umworben. „Doch was nützt e<strong>in</strong><br />
solches buntschillerndes Angebot, wenn die Kl<strong>in</strong>iken nicht<br />
genügend Hebammen beschäftigen, die Frauen während<br />
<strong>der</strong> Geburt betreuen?‘‘, gibt Wolber zu bedenken.<br />
Wo es immer mehr ältere Schwangere o<strong>der</strong> Frauen mit<br />
Übergewicht gibt, sei e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong>tensive Versorgung<br />
wichtig. „Oft soll Technik die mangelnde Betreuung<br />
durch Hebammen kompensieren.“<br />
Hebammen gesucht<br />
Frauen dürften das kaum als angemessenen Ersatz ansehen.<br />
E<strong>in</strong>e Befragung am Krankenhaus Dritter Orden<br />
<strong>in</strong> München ergab, dass von 250 jungen Müttern 125 die<br />
Hebamme als wichtigste Unterstützung bei <strong>der</strong> Geburt<br />
nannten, dann folgte <strong>der</strong> Partner mit 110 Nennungen und<br />
abgeschlagen mit vier Nennungen <strong>der</strong> Arzt (Die Hebamme,<br />
Bd.20, S.44, 2007).<br />
Die bei e<strong>in</strong>em Drittel <strong>der</strong> Frauen vorgenommene Periduralanästhesie<br />
wurde nur von neun Frauen als wichtigste<br />
Hilfe angegeben, von sieben aber als ärgster Störfaktor<br />
bei <strong>der</strong> Geburt. Als störend empf<strong>in</strong>den es viele Frauen<br />
auch, wenn sie stundenlang an den Wehenschreiber<br />
(CTG) angeschlossen bleiben, <strong>der</strong> die k<strong>in</strong>dlichen Herztöne<br />
und Wehen aufzeichnet. Er werde <strong>in</strong> Deutschland<br />
überaus großzügig e<strong>in</strong>gesetzt, sagt die Pflegewissenschaftler<strong>in</strong><br />
Frie<strong>der</strong>ike zu Sayn-Wittgenste<strong>in</strong> von<br />
<strong>der</strong> Fachhochschule Osnabrück.<br />
„Bei <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> Geburten ist die Frau fast ununterbrochen<br />
an das CTG angeschlossen, auch wenn alles<br />
völlig unauffällig verläuft. Anstatt die Frau zu ermutigen,<br />
wechselnde Positionen e<strong>in</strong>zunehmen, wird sie <strong>in</strong> ihrer<br />
Selbständigkeit und Bewegung e<strong>in</strong>geschränkt.“ Auch die<br />
Arbeit <strong>der</strong> Geburtshelfer und die gesamten Abläufe im<br />
Kreißsaal würden durch diese sehr wörtlich zu nehmende<br />
Technik-Fixierung geprägt. Hackelöer beurteilt den<br />
Nutzen ebenfalls eher zurückhaltend: „E<strong>in</strong> Dauer-CTG<br />
bei e<strong>in</strong>er unkompliziert verlaufenden Geburt halte ich<br />
nicht für begründet.“<br />
Die <strong>in</strong> <strong>der</strong> vergangenen Woche vom Britischen National<br />
Institute for Health and Cl<strong>in</strong>ical Excellence (NICE) auf<br />
e<strong>in</strong>er Tagung <strong>in</strong> London vorgestellten Leitl<strong>in</strong>ien „Für die<br />
Betreuung gesun<strong>der</strong> Mütter und ihrer Babys während <strong>der</strong><br />
Geburt“ erklärten ausdrücklich, <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz des CTG<br />
werde bei <strong>der</strong> Aufnahme von Schwangeren mit niedrigem<br />
Risiko nicht empfohlen. Das regelmäßige Abhören<br />
<strong>der</strong> k<strong>in</strong>dlichen Herztöne genüge.<br />
Dagegen sollten alle werdenden Mütter e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche<br />
E<strong>in</strong>s-zu-e<strong>in</strong>s-Betreuung durch e<strong>in</strong>e Hebamme erhalten,<br />
sobald die Geburt beg<strong>in</strong>ne. Weniger Technik also und<br />
mehr Zuwendung. „Damit ist uns Großbritannien e<strong>in</strong>deutig<br />
voraus“, sagt Sayn-Wittgenste<strong>in</strong>. „Dort gibt es den po-