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Selektive dorsale Rhizotomie - Arbeitskreis Kunstfehler in der ...

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Kle<strong>in</strong>er Löwe, grosser Kämpfer …<br />

Am 16.08.2001 wurde Jann geboren, <strong>in</strong> <strong>der</strong> 40. SSW<br />

nach e<strong>in</strong>er komplikationslosen Schwangerschaft. Nach<br />

23 Stunden heftigster Wehen g<strong>in</strong>g es plötzlich nicht weiter.<br />

Janns Herztöne sanken im Mutterleib auf 60, erholten<br />

sich jedoch spontan. Nach e<strong>in</strong>igen weiteren Wehen<br />

sanken die Herztöne abermals und erholten sich nicht.<br />

Die h<strong>in</strong>zu gerufene Ärzt<strong>in</strong> leitete sofort e<strong>in</strong>e Notsectio<br />

e<strong>in</strong>. Es g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> den OP, die Wehen wurden gestoppt,<br />

e<strong>in</strong>e Vollnarkose e<strong>in</strong>geleitet und dann holten sie Jann<br />

aus dem Mutterleib. Das was eigentlich für uns als werdende<br />

Eltern <strong>der</strong> erhabenste Moment se<strong>in</strong> sollte, nämlich<br />

die Geburt … wurde nun zu e<strong>in</strong>em Fiasko von dem<br />

wir noch nichts ahnten.<br />

Jann war schon zu lange unterversorgt und hatte e<strong>in</strong>en<br />

gravierenden Sauerstoffmangel. Er atmete nicht und<br />

auch se<strong>in</strong> Herz schlug nicht. Er wurde reanimiert und<br />

wie durch e<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong> holten sie ihn zurück, jedoch<br />

krampfte er sofort stark. Er konnte nicht aus eigener Kraft<br />

atmen, schrie nicht und wegen des Krampfens wurde er<br />

sofort sediert und bekam krampflösende Medikamente.<br />

Der Krampf konnte unterbrochen werden. Lei<strong>der</strong> dauerte<br />

es nun fast 2 Wochen bis Jann das erste Mal die Augen<br />

aufmachen sollte. In dieser Zeit war schon zu erahnen,<br />

dass die schwere Geburt nicht ohne Folgen bleiben<br />

sollte. Die Nahrungszufuhr wollte nicht gel<strong>in</strong>gen. Man<br />

hatte ihm e<strong>in</strong>e Nasensonde geschoben, doch je<strong>der</strong> Milliliter<br />

<strong>der</strong> sondiert wurde kam zurück. Er erbrach sofort<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> es blieb im Magen und nach 3 Stunden konnte<br />

man fast exakt die Menge aspirieren die er zuvor sondiert<br />

bekam. Es war schwer, traurig und so langsam wurde<br />

uns klar, dass diese Entwicklung nicht normal se<strong>in</strong><br />

konnte.<br />

Kaum Hoffnung<br />

Die Ärzte klärten uns dann darüber auf, dass sie so gut<br />

wie ke<strong>in</strong>e Hoffnung für Jann sahen. Mehrmalige Versuche<br />

ihn zu extubieren misslangen, er konnte nur kurze<br />

Zeit selbstständig atmen und erschöpfte sich sofort.<br />

Es wurde e<strong>in</strong>e beg<strong>in</strong>nende Spastik sichtbar und auch das<br />

Nahrungsproblem blieb auch. Durch das ständige Erbrechen<br />

und dem fehlenden Schluckreflex hatte Jann ständig<br />

Sättigungsabfälle, e<strong>in</strong>ige führten dazu, dass er regelrecht<br />

blau anlief und die Atmung aussetzte.<br />

Irgendwann schaffte er es dann doch, er atmete endlich<br />

alle<strong>in</strong>. Nur durch den fehlenden Schluckreflex musste<br />

Jann ständig abgesaugt werden. Wir als Eltern mussten<br />

nun stark se<strong>in</strong>.<br />

Dann kam <strong>der</strong> Tag, an dem die Ärzte uns mitteilten, das<br />

Jann diesen Kampf wahrsche<strong>in</strong>lich nicht überleben würde.<br />

Sie gaben ihm damals e<strong>in</strong>en Monat und sagten uns,<br />

dass sie ke<strong>in</strong>en vergleichbaren Fall kennen würden, wo<br />

das K<strong>in</strong>d älter geworden wäre als 6 Monate. Es war als<br />

zöge man uns den Boden unter den Füßen weg. Wir<br />

fielen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> tiefes Loch. Wir hatten uns so sehr auf unser<br />

K<strong>in</strong>d gefreut und jetzt sollten wir es gleich wie<strong>der</strong><br />

gehen lassen. Es war nicht fassbar, so traurig und wir<br />

Eltern berichten<br />

wollten nicht loslassen. Wir hatten aber auch bei Jann<br />

immer das Gefühl, dass er da se<strong>in</strong> wollte. Gerade <strong>in</strong> Situationen,<br />

wo bei den Ärzten schon die Alarmglocken<br />

g<strong>in</strong>gen, sie uns schonend darauf vorbereiteten, dass Jann<br />

am Ende wäre, da bewies dieser Junge immer wie<strong>der</strong><br />

auf se<strong>in</strong>e Weise, das er noch lang nicht am Ende wäre.<br />

Im Oktober 2001, erhielten wir morgens um 4 Uhr e<strong>in</strong>en<br />

Anruf aus <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik. Wir sollten sofort kommen, Jann<br />

g<strong>in</strong>ge es sehr schlecht. Als wir dort ankamen, hatte Jann<br />

e<strong>in</strong>e Sättigung von 60 und 12l Sauerstoff. Der Oberarzt<br />

sagte uns, dass er Jann noch e<strong>in</strong> paar Stunden geben<br />

würde. Wir waren so traurig, es war als würde man uns<br />

das Herz ausreißen. Es flossen die Tränen. Die ganze<br />

Familie trauerte mit. Wir blieben ununterbrochen bei Jann<br />

und es kamen alle um sich von ihm zu verabschieden.<br />

Auch die Krankenschwestern und Ärzte kämpften mit den<br />

Tränen, denn auch sie hatten Jann schon <strong>in</strong> ihr Herz geschlossen.<br />

E<strong>in</strong> bleierner Freitag<br />

Es war e<strong>in</strong> Freitagmorgen und die Zeit kam uns vor, als<br />

würde sie stehen bleiben. Bei jedem Schichtwechsel verabschiedete<br />

man sich immer wie<strong>der</strong> von Jann und wir<br />

trauten uns nicht mal zum Duschen heim zu fahren. Am<br />

Sonntagmorgen geschah dann e<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong>. Se<strong>in</strong>e Werte<br />

stabilisierten sich und <strong>der</strong> Sauerstoff konnte reduziert<br />

werden. Die Ärzte gaben Entwarnung. Wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>mal<br />

hatte Jann bewiesen, dass er kämpft, dass er da se<strong>in</strong><br />

will, eben dass er e<strong>in</strong> Löwe ist. Von diesem kle<strong>in</strong>en Bündel<br />

Leben konnten wir so viel lernen. Diese kle<strong>in</strong>en, braunen<br />

Knopfaugen, se<strong>in</strong> zarter, ausgemergelter Körper und<br />

<strong>der</strong> dauernde Kampf … wir hatten enormen Respekt, vor<br />

se<strong>in</strong>er Leistung. Unsere E<strong>in</strong>stellung zu se<strong>in</strong>em Leben<br />

än<strong>der</strong>te sich. Wir wollten jetzt alles selber lernen, die<br />

Pflege übernehmen, mit dem Ziel ihn möglichst bald nach<br />

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