Februar 2012 - EU-Koordination
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GlobAlisieRunG & eine Welt<br />
Rio+20-Gipfel<br />
erster textentwurf<br />
Das Sekretariat der UN-Konferenz für<br />
Nachhaltige Entwicklung (UNCSD) hat<br />
einen ersten Entwurfstext für den Rio+20-<br />
Gipfel im Juni veröffentlicht. Der sogenannte<br />
Zero Draft fasst die Beiträge der<br />
Staaten und Partner auf 20 Seiten zusammen.<br />
Das im Januar veröffentlichte Dokument<br />
zieht zunächst eine überwiegend<br />
negative Bilanz der umwelt- und entwicklungspolitischen<br />
Anstrengungen seit 1992.<br />
20 Jahre nach dem ersten Weltgipfel,<br />
der Umwelt und Entwicklung gemeinsam<br />
behandelte, soll vom 20. bis 22. Juni im brasilianischen<br />
Rio de Janeiro ein weiteres Nationentreffen<br />
zu nachhaltiger Entwicklung<br />
stattfinden. Die vorgesehenen Hauptthemen<br />
sind umweltgerechtes Wirtschaften<br />
und ein neuer institutioneller Rahmen für<br />
die globale Umweltpolitik, etwa mit einer<br />
UN-Umweltorganisation. Weitere wichtige<br />
Punkte sind die nachhaltige Nutzung<br />
der Meere und der anderen Ressourcen<br />
und erstmals auch der Konsum. Anders<br />
als beim „Erdgipfel“ 1992 sollen die Staaten<br />
aber keine Verpflichtungen eingehen,<br />
sondern sich freiwillig eigene Ziele für den<br />
Wandel zur „Green Economy“ setzen.<br />
Europäische Nichtregierungsorganisationen<br />
(NGOs) bewerteten den Entwurfstext<br />
unterschiedlich. Während ihn<br />
einige große NGOs als relativ ambitioniert<br />
bezeichneten, sprach der Evangelische Entwicklungsdienst<br />
von einem „Greenwashing<br />
der bisherigen Weltwirtschaftsordnung“.<br />
Verteilungsgerechtigkeit, nachhaltiger<br />
Konsum und die Grenzen des Wachstums<br />
fehlten in dem Entwurf. Bei Greenpeace<br />
hieß es, wenn aus Rio+20 mehr als ein elitärer<br />
Gesprächskreis werden solle, müssten<br />
die Staats- und Regierungschefs sich<br />
jetzt endlich engagieren. Bisher wollen<br />
viele Staatschefs gar nicht selbst nach Rio<br />
reisen. NGOs sind eine der sogenannten<br />
Major Groups, die bei UN-Verhandlungen<br />
beteiligt werden müssen, ohne Stimmrecht<br />
zu haben.<br />
umwelt aktuell <strong>Februar</strong> <strong>2012</strong><br />
Welche Zukunft wollen wir?<br />
GlobAlisieRUnG & eine WelT<br />
Aktuell<br />
für den Weltnachhaltigkeitsgipfel Rio+20 im Juni in brasilien liegt der erste entwurf<br />
eines Abschlussdokuments vor. einiges darin ist wichtig, vieles unverbindlich<br />
und manches gefährlich, findet lili fuhr von der heinrich-böll-stiftung.<br />
„The Future We Want“ – die Zukunft, die wir wollen<br />
– ist das motto der großen Un-Konferenz, die<br />
im Juni anlässlich des 20. Jahrestages des erdgipfels<br />
ebenfalls wieder in Rio stattfindet. Während<br />
Rio+20 vor zwei Jahren noch als großartige idee<br />
daherkam und alle feierten, dass es den staaten<br />
gelungen war, sich in der Un-Generalversammlung<br />
auf das Thema „Green economy“ zu einigen, werden<br />
inzwischen auf allen seiten die erwartungen<br />
erheblich gesenkt. Welchen Fortschritt können<br />
wir von einem dreitägigen Treffen der staats- und<br />
Regierungschefs erwarten, die gerade vollauf<br />
damit beschäftigt sind, sich aus dem derzeitigen<br />
Krisensumpf selbst an den haaren herauszuziehen?<br />
Der im Januar veröffentlichte Zero Draft – der erste<br />
entwurf für eine Abschlusserklärung des Gipfels –<br />
gibt eine Ahnung davon. beim lesen fällt als erstes<br />
auf, dass die schuldzuweisung sehr leicht fällt:<br />
Klar, die letzten 20 Jahre sind nicht optimal gelaufen.<br />
schuld daran sind aber nicht etwa politische<br />
entscheidungen oder große Wirtschaftsakteure,<br />
sondern die „multiplen Krisen“. Das klingt logisch:<br />
Wegen der Finanz-, Wirtschafts-, energie- und<br />
ernährungskrise haben wir es nicht geschafft,<br />
Armut und hunger zu beseitigen. Andersherum<br />
würde es aber eher der Wahrheit entsprechen.<br />
Der Rio+20-Gipfel hat zwei größere Themenstränge.<br />
Der eine heißt „Green economy im Kontext von<br />
nachhaltiger entwicklung und Armutsbekämpfung“,<br />
der andere dreht sich um die Reform der Uninstitutionen,<br />
die sich um Umwelt und nachhaltige<br />
entwicklung kümmern.<br />
Green economy soll hier als mittel zum Zweck<br />
dienen, und der Zweck bleibt nachhaltige entwicklung.<br />
Können also die Kritikerinnen aufatmen?<br />
Wohl nicht, denn das Konzept ist so vage, dass jeder<br />
und jede alles darunter verstehen kann und soll. es<br />
wird nicht einmal definiert, was nicht dazugehört.<br />
Das ist alarmierend, denn für einige staaten zählen<br />
auch Atomkraft, Gentechnik oder megastaudämme<br />
zur Green economy. Unter dem begriff findet<br />
sich im Zero Draft die idee der eU für eine Green<br />
economy Roadmap mit indikatoren und einem<br />
Umsetzungsprozess bis 2030 genauso wieder wie<br />
der Vorschlag für sustainable Development Goals.<br />
solche nachhaltigkeitsentwicklungsziele sollen bis<br />
2015 entwickelt werden und die Un-millenniumsziele<br />
ergänzen. Auch wirklich gute und wichtige<br />
ideen wie die Aufwertung des Un-entwicklungsprogramms<br />
UneP tauchen im Zero Draft auf, ihre<br />
Umsetzung ist aber keineswegs sicher.<br />
Drei politische Großtrends, die sich durch das ganze<br />
Dokument ziehen, sind besonders problematisch:<br />
X das setzen auf freiwillige selbstverpflichtungen<br />
statt rechtlicher Verbindlichkeit, hier etwa<br />
beim Waldschutz und generell bei der Umsetzung<br />
der nationalen Green-economy-Pläne;<br />
X das fast blinde Vertrauen auf investitionen des<br />
Privatsektors, um die große Transformation zu<br />
finanzieren, da öffentliche Gelder ja angeblich<br />
knapp sind – was bei der banken- und eurorettung<br />
aber offenbar nicht gilt;<br />
X die Verwandlung von natürlichen Ressourcen<br />
wie Wald, boden oder biodiversität in „naturkapital“,<br />
das damit handelbar wird und sich in<br />
Finanzmarktprodukte umbauen lässt. Das soll<br />
nicht nur die Umwelt retten, sondern auch die<br />
Finanzwirtschaft.<br />
Zur Klimakrise sagt der Zero Draft dagegen sehr<br />
wenig, und das auch nur in Klammern. man verlässt<br />
sich auf die Umsetzung der ergebnisse des Gipfels<br />
von Durban. Für eine begrenzung der globalen<br />
erwärmung auf zwei Grad wird das zwar nicht<br />
reichen, denn in Durban wurde ein neuer globaler<br />
Vertrag auf 2020 verschoben. Aber das scheint die<br />
staats- und Regierungschefs wenig zu kümmern.<br />
Vorfreude ist bekanntlich die größte Freude.<br />
Die Geografin lili fuhr ist Referentin für internationale<br />
umweltpolitik bei der heinrichböll-stiftung<br />
in berlin. sie betreibt das blog<br />
www.klima-der-gerechtigkeit.de.<br />
kontakt: tel. +49 (0)30 / 28534-304,<br />
e-mail: fuhr@boell.de, www.boell.de<br />
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