23.10.2012 Aufrufe

medtropoleAktuelles aus der Klinik für einweisende Ärzte - Asklepios

medtropoleAktuelles aus der Klinik für einweisende Ärzte - Asklepios

medtropoleAktuelles aus der Klinik für einweisende Ärzte - Asklepios

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

vermieden werden. Es kostet Mühe und<br />

Geduld, den Handlungsdruck bei den<br />

Patienten einerseits ein Stück weit zu<br />

akzeptieren, damit sich <strong>der</strong> Patient nicht<br />

sogleich durch drastische disziplinierende<br />

Maßnahmen o<strong>der</strong> voreilige Deutungen<br />

gekränkt fühlt. An<strong>der</strong>erseits sind therapeutische<br />

Hilfen nicht möglich, wenn <strong>der</strong> Rahmen,<br />

in dem sie angeboten werden, zerstört<br />

wird. Dies wäre dann <strong>der</strong> Fall, wenn<br />

eine Kaskade <strong>aus</strong> Grenzüberschreitungen,<br />

strafenden Eingrenzungsversuchen und<br />

schließlich Hilflosigkeit, Resignation und<br />

Wut bei allen Beteiligten obsiegen würde.<br />

In <strong>der</strong> Therapie geht es auch um die richtige<br />

Kombination von Maßnahmen (darunter<br />

ggf. auch Medikamente). Auf kognitive<br />

und Gedächtnisstörungen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

neurobiologische „Narben“, wie sie bei<br />

traumatisierten Individuen eher die Regel<br />

als die Ausnahme sind, muss Rücksicht<br />

genommen werden. Gegebenenfalls muss<br />

eine stationäre <strong>Klinik</strong>behandlung in Erwägung<br />

gezogen werden. Nicht wenige<br />

Jugendliche mit Persönlichkeitsstörungen<br />

tolerieren jedoch den „Beziehungsstress“<br />

innerhalb eines stationären therapeutischen<br />

Settings nicht. Eine stationär-pädagogische<br />

Unterbringung o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Jugendhilfe -<br />

angebote sind oft erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Ob ambulant o<strong>der</strong> stationär, zumindest in<br />

<strong>der</strong> Anfangsphase <strong>der</strong> Psychotherapie steht<br />

die spiegelnde Arbeit im Hier und Jetzt im<br />

Vor<strong>der</strong>grund, damit das Kind bzw. <strong>der</strong><br />

Jugendliche die Fähigkeit erwirbt, seelische<br />

Zustände in Spiel und Sprache <strong>aus</strong>zudrücken.<br />

Anstatt destruktive Interaktionsmuster<br />

in <strong>der</strong> Zweierbeziehung <strong>aus</strong>zuagieren,<br />

wird die Fähigkeit geför<strong>der</strong>t, sich und an -<br />

<strong>der</strong>e <strong>aus</strong> verschiedenen Perspektiven be -<br />

trachten zu können. Das Ziel ist, destruktive<br />

Handlungseskalationen o<strong>der</strong> sozial<br />

nachhaltig behin<strong>der</strong>nde Beziehungskonflikte<br />

und Entwicklungsblockaden zu verringern<br />

und die Bindungsfähigkeit im<br />

Sinne einer sicheren Bindung zu för<strong>der</strong>n.<br />

[14,2] All dies muss natürlich in einer<br />

dem Alter entsprechenden Weise geschehen:<br />

Mit einem Neunjährigen, z. B. mit <strong>der</strong><br />

deskriptiven Diagnose einer hyperkinetischen<br />

Störung des Sozialverhaltens, hinter<br />

<strong>der</strong> sich komplexe Beeinträchtigungen <strong>der</strong><br />

Impuls-, Affekt- und Selbststeuerung,<br />

Beziehungsfähigkeit, des Selbstwertgefühls<br />

und des reflektierenden Denkens verbergen,<br />

muss therapeutisch an<strong>der</strong>s gespielt,<br />

gesprochen und „erzogen“ werden, als<br />

wenn wir ein Therapiegespräch mit einem<br />

Jugendlichen führen, bei dem neben den<br />

vorgenannten Beeinträchtigungen Themen<br />

wie Autonomie, Identität, Gewissensbildung,<br />

soziale Integration und sexuelle Strebungen<br />

stärker in Vor<strong>der</strong>grund treten. Entsprechend<br />

<strong>der</strong> Entstehungsgeschichte und<br />

den Defiziten im Bereich <strong>der</strong> Bindung,<br />

Beziehungsfähigkeit, Selbstregulation,<br />

Affekte und reflexiven Funktion lässt sich<br />

die Behandlung als eine „Entwicklungstherapie“<br />

verstehen mit dem Ziel <strong>der</strong> Nachreifung,<br />

Verän<strong>der</strong>ung und Stabilisierung <strong>der</strong><br />

psychischen Struktur. Sie benötigt neben<br />

multimodalen Anstrengungen auf mehreren<br />

Ebenen genügend Zeit.<br />

Literatur<br />

[1] Bateman AW, Fonagy P. Effectiveness of psychotherapeutic<br />

treatment of personality disor<strong>der</strong>. Brit J Psychiatry<br />

2000; 177: 138-43.<br />

[2] Bauers W, Düwell H, Siebert S, Streeck-Fischer A. Leitlinie<br />

Persönlichkeitsentwicklungsstörung. AKJP 2007; 38:<br />

561-612.<br />

[3] Diepold B. Bor<strong>der</strong>line-Entwicklungsstörungen bei Kin<strong>der</strong>n.<br />

Prax Kin<strong>der</strong>psychol Kin<strong>der</strong>psychiatr 1995; 44: 270-9.<br />

[4] Gabbard GO. Psychodynamic psychotherapy of bor<strong>der</strong>line<br />

personality disor<strong>der</strong>: a contemporary approach. Bull<br />

Menninger Clin 2001; 65: 41-57.<br />

[5] Gudzer J, Paris J, Zelkowitz Ph, Marchessault K. Riskfactors<br />

for bor<strong>der</strong>line pathology in children. J Am Acad<br />

Child Adolesc Psychiatry 1996; 35: 26-33.<br />

Kin<strong>der</strong>- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie<br />

[6] Kernberg P, Weiner A, Bardenstein K. Persönlichkeitsstörungen<br />

bei Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen. Stuttgart (Klett-<br />

Cotta) 2001.<br />

[7] Linehan MM, Armstrong A, Suarez D, Allmaon D,<br />

Heard HL. Cognitive-behavioral treatment of chronically<br />

parasuicidal bor<strong>der</strong>line patients. Arch Gen Psychiatry 1991;<br />

48: 1060-4.<br />

[8] Linehan MM, Heard HL, Armstrong A. Naturalistic follow-up<br />

of a behavioral treatment of chronically parasuicidal<br />

bor<strong>der</strong>line patients. Arch Gen Psychiatry 1993; 50: 971-4.<br />

[9] Najavits LM, Gun<strong>der</strong>son JG. Better than expected:<br />

Improvements in bor<strong>der</strong>line personality disor<strong>der</strong> in a 3year<br />

prospective outcome study. Comprehens Psychiatry<br />

1995; 36: 296-302.<br />

[10] Paris J, Zelkowitz Ph, Gudzer J, Joseph S, Feldman R.<br />

Neuropsychological factors associated with bor<strong>der</strong>linepathology<br />

in children. J Am Child Adolesc Psychiatry 1999;<br />

38: 770-4.<br />

[11] Rothenhäusler HB, Kapfhammer HP. Der Verlauf von<br />

Bor<strong>der</strong>line-Störungen. Fortschr Neurol Psychiat 1999; 67:<br />

200-17.<br />

[12] Sanislow CA, McGlashan TH. Treatment outcome of<br />

personality disor<strong>der</strong>s. Can J Psychiatry 1998; 43: 237-50.<br />

[13] Spiel W. Das Wiener Konzept <strong>der</strong> „Persönlichkeitsentwicklungsstörung“.<br />

In: Poustka F, Lehmkuhl U (Hrsg.):<br />

Gefährdung <strong>der</strong> kindlichen Entwicklung. München (Quintessenz)<br />

1993.<br />

[14] Streeck-Fischer A. Bor<strong>der</strong>line-Risiken – Persönlichkeitsentwicklungsstörungen<br />

im Kindes- und Jugendalter.<br />

In: Hopf H, Wind<strong>aus</strong> E (Hg.): Analytische Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendlichenpsychotherapie. Lehrbuch <strong>der</strong> Psychotherapie.<br />

München (CIP-Medien) 2006.<br />

Kontakt<br />

Dr. Emil Branik<br />

Kin<strong>der</strong>- und Jugendpsychiatrie und<br />

-psychotherapie<br />

<strong>Asklepios</strong> <strong>Klinik</strong> Harburg<br />

Eißendorfer Pferdeweg 52<br />

21075 Hamburg<br />

Tel. (0 40) 18 18-86 26 27<br />

Fax (0 40) 18 18-86 27 89<br />

Ambulanz/Aufnahme (0 40) 18 18-86 27 81<br />

E-Mail: e.branik@asklepios.com<br />

539

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!