Matthias Kroeger - Evangelische Akademikerschaft in Deutschland
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II. Weitere Themen der nontheistischen Konzeption M. <strong>Kroeger</strong>s und deren Auswirkung<br />
auf andere Glaubens<strong>in</strong>halte<br />
Anlass und Berechtigung für neue theologische Konzeptionen<br />
In e<strong>in</strong>er ersten Arbeitsphase des Kreises wurde (mit <strong>Kroeger</strong> Kap. 1) nach Anlass und Berechtigung für neuere theologische<br />
Konzeptionen und deren mögliche Aufnahme <strong>in</strong> die Vielfalt von religiösen Überzeugungen der christlichen Geme<strong>in</strong>schaft<br />
gefragt. Dazu folgende Thesen:<br />
1. Auch bei manchen Christen verändert sich das Gottesbild. Sie beten zu Gott nicht mehr als dem Allmächtigen, der<br />
direkt <strong>in</strong> den Geschehensablauf e<strong>in</strong>greift und den Weg e<strong>in</strong>zelner Menschen und Völker lenkt. Sie denken bei „Gott“<br />
weniger an personale Vorstellungen (von Jahwe im Alten Testament bis h<strong>in</strong> zu Gott als „Vater“ Jesu Christi und aller<br />
Menschen), sondern gebrauchen weiterreichende, umfassendere Begriffe (oder versuchen es wenigstens), wie<br />
„Transzendenz“, „Urgrund des Se<strong>in</strong>s“, „göttliche Kraft“ oder „größere Wirklichkeit“).<br />
2. Über die verschiedenen Positionen und Vorschläge zu dieser Frage, die <strong>in</strong> unterschiedlichem Umfang bekannt<br />
geworden und vielfach missverstanden worden s<strong>in</strong>d, gibt es Diskussion, Kritik, Streit und Verunsicherung.<br />
3. In den Kirchen und Geme<strong>in</strong>den gibt es zwar das Bemühen, Probleme mit dem Verständnis traditioneller<br />
Glaubens<strong>in</strong>halte durch Weglassen auszublenden; aber wirklich konstruktiv wirkende Innovationen und<br />
Neu<strong>in</strong>terpretationen zeigen sich für die oder <strong>in</strong> der Praxis kaum.<br />
4. E<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Basis für Christen als Individuen und Angehörige religiöser Geme<strong>in</strong>schaften ist trotz Bemühen um<br />
Toleranz und Bereitschaft zu ökumenischer Verständigung vielfach nicht (mehr) vorhanden.<br />
5. Der Theologe <strong>Matthias</strong> <strong>Kroeger</strong> hält e<strong>in</strong>e kritische Relativierung eigener und kirchlicher Religiosität für notwendig<br />
und sieht dar<strong>in</strong> die Chance e<strong>in</strong>er Aktualisierung eigener und geme<strong>in</strong>dlicher Glaubens<strong>in</strong>halte und –formen.<br />
6. Für ihn ist die Legitimität der Ausbildung und Weiterentwicklung eigener Religion und Spiritualität <strong>in</strong> der religiösen<br />
Autonomie aller Menschen begründet. „Die Zeit der zögerlichen Kle<strong>in</strong>konzessionen, die das theologische<br />
Gesamtgebäude des biblischen und kirchlichen Weltbildes – bis h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Gotteslehre, Christologie oder<br />
Rechtfertigungslehre – im Unklaren fortbestehen lassen, sollte vorüber se<strong>in</strong>.“<br />
7. Viele Christen und z.T. auch Nichtchristen erwarten sich von neueren Glaubens<strong>in</strong>halten und -formen e<strong>in</strong>e befreiende<br />
Aktualisierung ihrer religiösen Orientierung und praktischen Spiritualität. Religiöse Distanziertheit ist darum als<br />
unerlässlicher diagnostischer Begriff zur religiösen Situation der Menschen und der Kirchen positiv aufzunehmen.<br />
Ansatzpunkt für e<strong>in</strong>e gel<strong>in</strong>gende Begegnung mit dem „distanzierten“ Zeitgenossen ist letztlich und hauptsächlich immer<br />
noch – trotz aller sonstigen Entmythologisierung, Symbolisierung, Metaphorisierung - im zumeist naiv verwendeten<br />
theistischen Gottesbegriff zu f<strong>in</strong>den.<br />
8. Andere sehen <strong>in</strong> dessen Problematisierung e<strong>in</strong>e Gefährdung ihres übernommenen und gelebten Gottesglaubens.<br />
9. Das Verhältnis von Christen zu anderen Religionen bekommt nicht nur wegen der Globalisierung zunehmende<br />
Bedeutung, sondern auch für das Verständnis und die Praxis des eigenen Glaubens.<br />
10. Von anderen religiösen Positionen und Sichtweisen zu lernen, ist ke<strong>in</strong>e illegitime "Vermischung" von Religionen<br />
(Synkretismus).<br />
Diese (z.T. <strong>Kroeger</strong>s) Thesen s<strong>in</strong>d Ernst zu nehmen, auch wenn sich kritische Fragen dazu stellen:<br />
• Es ist zu bezweifeln, ob Kirchenaustritte und religiöse Distanziertheit von der Kirche auch auf die Verweigerung der<br />
nach Me<strong>in</strong>ung <strong>Kroeger</strong>s „fälligen“ Transformation durch die Kirche zurück zu führen s<strong>in</strong>d. Große Zweifel s<strong>in</strong>d ange-bracht, ob<br />
der verheerende Befund <strong>Kroeger</strong>s den Zustand des weltweiten Protestantismus, gar der christlichen Kirchen, richtig beschreibt,<br />
wenn er denn schon für den deutschen und europäischen Protestantismus zutreffen sollte. Von e<strong>in</strong>em ge-nerellen<br />
„Zusammenbruch“ des Theismus kann ke<strong>in</strong>e Rede se<strong>in</strong> – das räumt auch <strong>Kroeger</strong> <strong>in</strong> weiteren Verlauf se<strong>in</strong>er Ausfüh-rungen e<strong>in</strong>.<br />
Und die Türen für e<strong>in</strong> neueres Gottesbild stehen <strong>in</strong> der Kirche weit offen und brauchen nicht mit e<strong>in</strong>em „Ruck“ e<strong>in</strong>gerannt<br />
werden, zumal sich die Predigt <strong>in</strong> den meisten Geme<strong>in</strong>den bei ihrer Darstellung göttlichen Wirkens <strong>in</strong> der Regel gar nicht mehr<br />
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