West Papua - Evangelische Kirche von Westfalen
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Materialien für den Gottesdienst<br />
Erfahrungen werden sogar in Abrede gestellt.<br />
Frauen, die Opfer eines Konfliktes geworden<br />
sind, haben Schwierigkeiten, ihre Gewalterfahrungen<br />
vor Gericht zu bringen. So wird Gewalt<br />
gegen Frauen in einer Konfliktsituation als „normal“<br />
angesehen.<br />
Zweitens: es gibt immer noch Hindernisse im sozio-kulturellen<br />
Bereich. Wenn Frauen Opfer <strong>von</strong><br />
Gewalttaten werden, haben sie normalerweise<br />
Schwierigkeiten, Beweise für die erlittene Gewalt<br />
vorzulegen, auf der anderen Seite gibt es die übliche<br />
kulturelle Perspektive, die es als „passend“<br />
und „gerechtfertigt“ ansieht, dass der Körper der<br />
Frau ausgebeutet wird – auf welche Weise auch<br />
immer, sei es im häuslichen Bereich als auch öffentlich.<br />
Angenommen, ein Fall könnte vor die<br />
Öffentlichkeit gebracht werden, dann würde hier<br />
eine weitere Schwierigkeit auftauchen, nämlich<br />
eine psychologische und soziale Hemmschwelle:<br />
die Konfrontation mit allen gesellschaftlichen<br />
Konsequenzen als Folge der Offenlegung des<br />
Falles. Dass dies in Fällen <strong>von</strong> Gewalt gegen<br />
Frauen so geschieht, ist schon „normal“, es geschieht<br />
täglich. Dazu kommt die Problematik der<br />
Armut, der Domestizierung und der sozialen Unterordnung<br />
der Frauen, all dies drängt sie völlig<br />
an den Rand beim Zugang zu Gerechtigkeit.<br />
Das Fehlen einer Perspektive für die Frauen<br />
und die Missachtung der Erfahrungen der<br />
Frauen, wenn es um Entscheidungen geht, vor<br />
allen Dingen in ländlichen Gebieten, bringt eine<br />
Rechtsprechung und Prinzipien hervor, die die<br />
Interessen der Frauen nicht berücksichtigen. Im<br />
informellen Bereich ist derselbe Sachverhalt bei<br />
unterschiedlichen Bedingungen bei der Suche<br />
nach Gerechtigkeit zu beobachten, wo die starke<br />
patriarchalische Kultur die Frauen daran hindert,<br />
zu ihrem Recht zu kommen. Die Frauen sind mit<br />
traditionellen und religiösen Regelungen konfrontiert,<br />
die Gender-Aspekte ausblenden und<br />
die Position der Frauen schwächen. So leben die<br />
Frauen in einer untergeordneten Position, wie<br />
ein intellektuell „schwaches“ und „niedriges“ Geschöpf<br />
Gottes, unterhalb der Männer, oft ohne<br />
Teilhabe an Entscheidungsprozessen, ohne die<br />
Möglichkeit, selbst zu wählen, ohne Würdigung<br />
ihrer Beiträge – sei es im privaten oder im öffentlichen<br />
Raum. Sie werden zu einer Gruppe gemacht,<br />
die sich fügen muss, wenn sie der patriarchalischen<br />
Dominanz in der gesellschaftlichen<br />
Struktur und Tradition gegenübersteht.<br />
Dies zeigt sich auch daran, dass seit 2005 in<br />
50% der berichteten Fälle die Opfer ihre Anklage<br />
26<br />
gottesdienst 2011<br />
zurückgezogen haben, so dass das Gerichtsverfahren<br />
nicht weitergeführt werden konnte (Komnas<br />
Perempuan, 2008). Dieses Zurückziehen<br />
der Anklage führt dazu, dass die Frauen, die<br />
Opfer, sich immer noch schämen, dass sie sich<br />
schuldig fühlen für die Gewalt, die sie selbst erlitten<br />
haben, dass sie fürchten, <strong>von</strong> der Familie<br />
für schuldig gehalten zu werden sowie <strong>von</strong> der<br />
Gemeinschaft, in der sie leben.<br />
Drittens: Nicht alle Frauen haben den gleichen<br />
Zugang zu Gerechtigkeit. Neun <strong>von</strong> zehn Frauen,<br />
die Haushaltsvorstände sind, haben keinen Zugang<br />
zur Rechtsprechung, um ihren Scheidungsfall<br />
zu prüfen. Immer noch nicht geklärt sind die<br />
Fälle der Frauen in den ländlichen Gebieten,<br />
sie stehen noch nicht auf der Agenda der Frauenorganisationen.<br />
Infolgedessen ist es für die<br />
Frauen, insbesondere für die aus armen und bildungsfernen<br />
Bevölkerungsschichten schwer, zu<br />
ihrem Recht zu kommen und es zu verteidigen,<br />
insbesondere im Rahmen <strong>von</strong> Prozessen.<br />
Viertens: die Strukturen, die speziell geschaffen<br />
wurden, um Fälle <strong>von</strong> Gewalt gegen Frauen zu<br />
behandeln, arbeiten nicht effektiv, weil die Kapazitäten<br />
nicht ausreichen und die dort Angestellten<br />
sich nicht mit voller Kraft einsetzen. In einem<br />
beispielhaften Fall, der dies deutlich macht, wurde<br />
das Recht einer Frau, die Opfer <strong>von</strong> Gewalt<br />
wurde, nicht geschützt, vielmehr war sie Racheakten<br />
des Täters ausgesetzt.<br />
All dies wirft Fragen auf: wie können die Situationen<br />
und die Lebensumstände der Frauen gehört<br />
werden? Wie kann für sie gekämpft werden?<br />
Wie können sie geschützt werden? Wo und wem<br />
gegenüber müssen diese Zustände bekannt gemacht<br />
werden?<br />
Bibellese:<br />
„Mit anderen Augen“<br />
Im Blick auf die beschriebene Realität lade ich<br />
dazu ein, die Bibel „mit anderen Augen“ zu lesen,<br />
indem wir zusammen versuchen, ein Problem<br />
zu behandeln. Es gibt einen Weg, der ein<br />
Nachdenken darüber möglich macht, wie Gewalt<br />
überwunden werden kann, sowohl die Gewalt im<br />
gegenwärtigen Kontext, die die <strong>Papua</strong>-Frauen<br />
gegenwärtig erfahren, als auch die Gewalterfahrungen<br />
der Frauen auf dem ganzen Erdenrund,<br />
immer und jederzeit, in allen Regionen mit ihren<br />
jeweiligen Traditionen.<br />
gerechte gemeinschaft <strong>von</strong> männern und frauen