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gesamt 12 - Evolutionsfehler.de

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Neoliberalismus<br />

Als „Neoliberalisrnus“ wird die von Rüstow, Röpke,<br />

Böhm, Müller-Armack, Eucken u. a. in <strong>de</strong>n 30er und<br />

40er Jahren entwickelte Wirtschaftstheorie bezeichnet,<br />

die zur Grundlage <strong>de</strong>r Wirtschaftsverfassung<br />

<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik, <strong>de</strong>r „sozialen Marktwirtschaft“,<br />

wur<strong>de</strong>.<br />

Die Zielrichtung:<br />

Sozialliberalismus<br />

Es wäre naiv, etwa schließen zu wollen, dass eine<br />

Rückkehr zu <strong>de</strong>n wirtschaftspolitischen Grundsätzen<br />

<strong>de</strong>r 60er und 70er Jahre <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts das<br />

Heil bringen müsste, selbst wenn sie möglich wäre.<br />

Der durch die spätere krasse Entwicklung geschärfte<br />

Blick erkennt vielmehr auch schon hier und von<br />

Anfang an jene grundlegen<strong>de</strong>n Schwächen und<br />

Blindheiten <strong>de</strong>s historischen Wirtschaftsliberalismus,<br />

aus <strong>de</strong>nen auch die späteren schweren Degenerationen<br />

hervorgegangen sind. Notwendig ist vielmehr<br />

eine Erneuerung <strong>de</strong>s Liberalismus von Grund auf,<br />

eine Erneuerung, die insbeson<strong>de</strong>re auch allen berechtigten<br />

Einwän<strong>de</strong>n und For<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Sozialismus<br />

voll Rechnung trägt. Man könnte unter diesem<br />

Gesichtspunkt das, was uns vorschwebt, auch<br />

Sozialliberalismus nennen. (...)<br />

Wir wissen heute, dass die die Marktwirtschaft <strong>de</strong>r<br />

vollständigen Konkurrenz auszeichnen<strong>de</strong> selbsttätige<br />

Gleichschaltung von Eigennutz und Gemeinnutz<br />

nur unter ganz bestimmten Bedingungen und innerhalb<br />

eines scharf abgegrenzten Bereichs <strong>de</strong>s Wirtschaftsfel<strong>de</strong>s<br />

Platz greift. Infolge<strong>de</strong>ssen wür<strong>de</strong> sich<br />

als nächstes die dringen<strong>de</strong> Aufgabe ergeben, die<br />

Funktionsbedingungen <strong>de</strong>r Konkurrenzwirtschaft, die<br />

allein ihren Erfolg verbürgen, mit aller Klarheit und<br />

allem Nachdruck in <strong>de</strong>r Theorie wie in <strong>de</strong>r Praxis<br />

sicherzustellen. Ich habe schon 1932 ausgerührt,<br />

dass nur ein starker und unabhängiger Staat die<br />

wirklich freie Wirtschaft sichern kann, und dass anstelle<br />

<strong>de</strong>s manchesterlichen laissez-faire ein „liberaler<br />

Interventionismus“ zu treten hätte, d. h. ein Interventionismus,<br />

<strong>de</strong>r nicht eis Hemmungsintervention<br />

quer zu <strong>de</strong>n Marktgesetzen, son<strong>de</strong>rn als konforme<br />

Anpassungsintervention in <strong>de</strong>r Wirkungsrichtung <strong>de</strong>r<br />

Marktgesetze. zur Sicherung ihres möglichst reibungslosen<br />

Ablaufs, eingreift. (...)<br />

Der Staat macht bestimmte Eingriffe in <strong>de</strong>r Absicht,<br />

sich auf sie zu beschränken. Aber diese Eingriffe<br />

führen zu unvorhergesehenen Folgen, die ihrerseits<br />

neue, ursprünglich nicht beabsichtigte .Eingriffe<br />

nötig machen. Wenn die Grenze <strong>de</strong>r Staatseingriffe<br />

nicht auf eine einsichtige und haltbare Weise von<br />

vornherein min<strong>de</strong>stens im Prinzip festliegt, wenn die<br />

.privaten Wirtschaftler irgen<strong>de</strong>ines bisher noch freigelassenen<br />

Wirtschaftssektors mit <strong>de</strong>r Möglichkeit<br />

rechnen müssen, dass <strong>de</strong>r Staat über kurz o<strong>de</strong>r lang<br />

auch in ihre Sphäre in nicht vorausberechenbarer<br />

Weise eingreift, so hört je<strong>de</strong> Möglichkeit langfristiger<br />

Kalkulation und soli<strong>de</strong>r Geschäftsführung auf.<br />

(Alexan<strong>de</strong>r Rüstow, Zwischen Kapitalismus und Kommunismus.<br />

Go<strong>de</strong>sberg 1949, S. 34—36) Rüstow (1932)<br />

10<br />

Man hat <strong>de</strong>m alten Liberalismus vorgeworfen und<br />

wirft ihm noch heute vor, wenn man ihn als Manchestertum<br />

beschimpft, er habe einen schwachen<br />

Staat, einen Nachtwächterstaat, gefor<strong>de</strong>rt. Die historische<br />

Situation war die, dass <strong>de</strong>r alte Liberalismus<br />

einem außeror<strong>de</strong>ntlich starken Staat gegenüberstand<br />

und daß er von diesem Staat nicht<br />

Schwäche verlangte, son<strong>de</strong>rn Freigabe <strong>de</strong>s Entfaltungsraumes<br />

für sich selber unter <strong>de</strong>m Schutz<br />

dieses gegebenen starken Staates, eine For<strong>de</strong>rung,<br />

die historisch war und die auch er-<br />

füllt wor<strong>de</strong>n ist. Der neue Liberalismus je<strong>de</strong>nfalls,<br />

<strong>de</strong>r heute vertretbar ist und <strong>de</strong>n ich mit meinen<br />

Freun<strong>de</strong>n vertrete, for<strong>de</strong>rt einen starken Staat, einen<br />

Staat oberhalb <strong>de</strong>r Wirtschaft, oberhalb <strong>de</strong>r Interessenten,<br />

da, wo er hingehört.<br />

(Aus: Alexan<strong>de</strong>r Rüstow, Re<strong>de</strong> und Antwort. Ludwigsburg<br />

1963, S. 258)<br />

Friedrich Naumann:<br />

Wan<strong>de</strong>l liberaler Prinzipien<br />

Der Sozialismus ist die <strong>de</strong>nkbar weiteste Aus<strong>de</strong>hnung<br />

<strong>de</strong>r liberalen Metho<strong>de</strong> auf alle mo<strong>de</strong>rnen Herrschafts-<br />

und Abhängigkeitsverhältnisse. Die gegenwärtige<br />

Frage <strong>de</strong>s Liberalismus aber hat <strong>de</strong>shalb<br />

folgen<strong>de</strong>n Inhalt: Ist es richtig, dass wir uns nur<br />

darauf beschränken, Gegenwirkung gegen staatlichen<br />

Despotismus zu sein? Die Frage ist <strong>de</strong>shalb so<br />

schwer, weil <strong>de</strong>r Kampf gegen die Nachteile <strong>de</strong>r<br />

neuen Großbetriebe offenbar nur mit Hilfe <strong>de</strong>s alten<br />

Großbetriebes Staat geführt wer<strong>de</strong>n kann. Der<br />

Staat, <strong>de</strong>n man in seiner Wirksamkeit einengen<br />

wollte, muss mit neuen Aufgaben betraut und also<br />

direkt gestärkt wer<strong>de</strong>n, wenn er helfen soll, die Menschenrechte<br />

im gewerblichen Großbetrieb zu schützen.<br />

An dieser Stelle setzte <strong>de</strong>r alte und erste Wi<strong>de</strong>rspruch<br />

<strong>de</strong>r strengen Manchesterleute gegen <strong>de</strong>n<br />

Sozialismus ein. Man musste die liberale Lehre vom<br />

freien Spiel <strong>de</strong>r Kräfte im Wirtschaftsleben einschränken,<br />

wenn man staatliche Zwangsversicherung<br />

gen und Arbeiterschutzgesetze gutheißen<br />

wollte. Das hat man nun trotz<strong>de</strong>m fast im ganzen<br />

Liberalismus tatsächlich nicht vermei<strong>de</strong>n können,<br />

aber es ist das Gefühl einer Schwächung <strong>de</strong>s Prinzips<br />

übriggeblieben. Gewöhnlich legte man sich die<br />

Sache so zurecht, dass man sagte: erst durch diese<br />

Staatseingriffe entsteht die Freiheit <strong>de</strong>s einzelnen,<br />

die wir anstreben! Das ist sachlich unbestreitbar<br />

richtig, überwin<strong>de</strong>t aber <strong>de</strong>n Umstand doch nicht<br />

ganz, dass <strong>de</strong>r Liberalismus staatssozialistische<br />

Elemente aufnehmen musste, die ihm von Haus<br />

aus fern lagen. Ein gutes Gewissen beim weiteren<br />

Beschreiten dieses Weges wird .<strong>de</strong>r Liberalismus<br />

gegenüber seinen eigenen Prinzipien erst dann<br />

bekommen, wenn er das ganze Gewicht <strong>de</strong>r Neuerung<br />

begreift, die darin liegt, dass es nicht <strong>de</strong>r staatliche<br />

Großbetrieb allein ist, son<strong>de</strong>rn aller Großbetrieb,<br />

<strong>de</strong>n er als gefährlich für die Persönlichkeit zu<br />

begrenzen und auf parlamentarische Basis zu stellen<br />

sucht. Erst von da aus ist es unbe<strong>de</strong>nklich, die

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