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Konservatismus<br />

Im Gegensatz zum Liberalismus und erst recht<br />

zum Marxismus ist es <strong>de</strong>m Konservatismus nie<br />

gelungen, eine geschlossene Gesellschaftstheorie<br />

zu entwickeln, in <strong>de</strong>r sich alle Konservativen<br />

wie<strong>de</strong>rerkennen könnten. Konservative,<br />

die die bestehen<strong>de</strong> Gesellschaft in ihren Strukturen<br />

o<strong>de</strong>r Werten erhalten wollten, haben<br />

immer auf die Herausfor<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rer<br />

(Liberale, Sozialisten, Reaktionäre, Faschisten)<br />

reagieren müssen; da sie selbst Gesellschaft<br />

nicht verän<strong>de</strong>rn wollen, fehlt ihnen <strong>de</strong>r Zukunftsbezug,<br />

die große Utopie, auf die hin Gesellschaft<br />

gestaltet wer<strong>de</strong>n soll. Je<strong>de</strong> gesellschaftliche<br />

Verän<strong>de</strong>rung, wenn sie <strong>de</strong>nn stattgefun<strong>de</strong>n<br />

und sich bewährt hat, gilt als bewahrens-<br />

und erhaltenswert. So verteidigt <strong>de</strong>r Konservative<br />

von heute gesellschaftliche Strukturen,<br />

die er gestern noch bekämpfte. Liberale<br />

Positionen, im 19. und frühen 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

von Konservativen noch erbittert abgelehnt,<br />

sind heute von ihnen ebenso entschie<strong>de</strong>n besetzt.<br />

Es gibt daher keine konservative Tradition<br />

o<strong>de</strong>r Schule. Es ist nicht einmal klar, wer<br />

konservativ ist: <strong>de</strong>r Sozial<strong>de</strong>mokrat, <strong>de</strong>r konservative<br />

Werte verteidigt, o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Grüne, <strong>de</strong>r<br />

Unkrautvernichtungsmittel ablehnt, o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Philosoph, <strong>de</strong>r die Technokratie verherrlicht?<br />

Es wur<strong>de</strong> daher auch darauf verzichtet, konservative<br />

Texte aus <strong>de</strong>r Geschichte (mit Ausnahme<br />

<strong>de</strong>r Re<strong>de</strong> von Burke [S. 2411, die eine<br />

Tradition darstellt) in die Textsammlung aufzunehmen,<br />

da uns heute die damals zu bewahren<strong>de</strong>n<br />

gesellschaftlichen Strukturen fremd<br />

sind. Der interessierte Schüler sei auf Hegel,<br />

Stahl, Görres u. a. verwiesen.<br />

Trotz fehlen<strong>de</strong>r Tradition und Theorie gibt es<br />

jedoch Grundpositionen, die – über Abneigung<br />

gegen Neuerungen und Hängen am Alten hinaus<br />

<strong>de</strong>n meisten Konservativen gemeinsam<br />

sind. - ein Menschenbild und ein Geschichtsverständnis,<br />

die sich von <strong>de</strong>nen an<strong>de</strong>rer I<strong>de</strong>ologien<br />

unterschei<strong>de</strong>n und von <strong>de</strong>nen sich Abwehrstrategien<br />

gegen Neuerungen, so unterschiedlich<br />

sie auch sein mögen, ableiten lassen<br />

(vgl. dazu die Thesen von Kaltenbrunner,<br />

S. 241 ff).<br />

(Walter Kappmeier)<br />

Begriffsbestimmungen<br />

Was heißt heute konservativ?<br />

24<br />

Konservativ ist es, <strong>de</strong>m Gewachsenen und<br />

Gewor<strong>de</strong>nen zu vertrauen, seine ihm innewohnen<strong>de</strong><br />

Vernunft höher zu schätzen als die Logik<br />

<strong>de</strong>s Machbaren und Planbaren. Konservativ<br />

ist die Überzeugung, dass die Institutionalisierbarkeit<br />

<strong>de</strong>s menschlichen Glücks eine Illusion<br />

ist, dass es eine vollkommene, gerechte Gesellschaft<br />

nicht geben kann, dass wir äußeren<br />

Zufällen und <strong>de</strong>n Unterschie<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r individuellen<br />

Verfassung nicht entgehen können, dass<br />

unser Glück vor <strong>de</strong>m unauslöschbaren Hintergrund<br />

von Unglück und Tod steht. Konservativ<br />

ist die Überzeugung, dass die Menschen durch<br />

Verwöhnung moralisch korrumpiert und infantilisiert<br />

wer<strong>de</strong>n, dass Arbeit und das Ertragen<br />

von Unlust und Verzicht Bedingungen unserer<br />

Existenz sind. ( ... )<br />

Konservativ ist aber auch <strong>de</strong>r kritiklose Glaube<br />

an Autoritäten und eine gewisse Härte und<br />

Achtlosigkeit gegenüber menschlichen Lei<strong>de</strong>n<br />

und Bedürftigkeiten. Konservativ sein kann<br />

heißen, normativ statt sachlich und situationsbezogen<br />

zu <strong>de</strong>nken, neue Entwicklungen und<br />

Möglichkeiten grundsätzlich abzulehnen und<br />

sich <strong>de</strong>fensiv auf Reservate verklärter Vergangenheit<br />

und die eigenen Privilegien zurückzuziehen.<br />

Heute, da wir mit <strong>de</strong>n katastrophalen Folgen<br />

<strong>de</strong>s industriellen Wachstums und <strong>de</strong>r Fortschrittsi<strong>de</strong>ologen<br />

konfrontiert sind, stecken im<br />

konservativen Denken Potenzen für eine notwendige<br />

Neuorientierung unseres Lebens. Soll<br />

das nicht rein nostalgisch o<strong>de</strong>r reaktionär ausfallen<br />

und in sentimentaler Ohnmacht en<strong>de</strong>n,<br />

muss sich die konservative Kulturkritik in praktisches<br />

Denken verwan<strong>de</strong>ln, das ausgeht von<br />

<strong>de</strong>n gegenwärtigen Bedingungen und Möglichkeiten<br />

und das in die kritische Wertediskussion<br />

die eigenen ungeprüften Axiome einbezieht.<br />

(Dieter Wellershoff [Schriftsteller] in: Die Zeit Nr. 43<br />

v. 16.10.1981, S. 42)<br />

Nicht die Erstarrung, son<strong>de</strong>rn die Instabilität.<br />

unserer Lebensverhältnis se ist es, die uns<br />

heute zu schaffen macht. Nicht verkrustete<br />

Traditionen drücken uns, vielmehr das ungelöste<br />

Problem, wie sich in einer dynamischen<br />

Zivilisation Traditionen, das heißt orientierungspraktische<br />

kulturelle Selbstverständlichkeiten<br />

überhaupt bil<strong>de</strong>n lassen. Die Menge <strong>de</strong>r<br />

Reformen, die sich als Realisierung gen "konkreter<br />

Utopien" feiern ließen, nimmt ständig ab.<br />

Dafür nimmt <strong>de</strong>r Anteil solcher "Reformen" zu,<br />

die ihrer Struktur nach nichts an<strong>de</strong>res als nötige<br />

Kompensationen von Schädlichkeitsnebenfolgen<br />

eines Fortschritts sind, <strong>de</strong>r nicht erst frei

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