februar 2012 - Experimenta.de
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haben, es ist kein Problem, und leben müssen wir ja auch. Er schwieg und atmete schwer<br />
unter <strong>de</strong>r Last <strong>de</strong>r Koffer, dann ließ er einen stehen, um <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren abwechselnd mit bei<strong>de</strong>n<br />
Hän<strong>de</strong>n tragen zu können, etwa in <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s nur schwach erhellten Tunnels, <strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>m<br />
Park hindurch führte, stellte er auch <strong>de</strong>n zweiten ab, sie bemerkte es nicht. Sie traten am En<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s Ganges durch eine Tür auf die Straße hinaus und befan<strong>de</strong>n sich jetzt hinter <strong>de</strong>r Ostseite<br />
<strong>de</strong>s Parks, wo <strong>de</strong>r Merce<strong>de</strong>s tatsächlich bereitstand. Sie gingen darauf zu, die Straße lag<br />
menschenleer vor ihnen in <strong>de</strong>r Dunkelheit. Er war davon überrascht. Siehst du, sagte sie, wie<br />
alles klappt, und er wünschte sich, sie wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Mund halten. Wo hast du die Koffer? Ich<br />
habe sie nicht mehr, sagte er, während er um <strong>de</strong>n Wagen herum ging und auf <strong>de</strong>r Fahrerseite<br />
einstieg, <strong>de</strong>r Zündschlüssel steckte. Sie wollte etwas antworten, schreien, ihn anschreien,<br />
aber <strong>de</strong>r Schrei erstickte in ihrer Kehle. Sie verstaute umständlich <strong>de</strong>n schweren Koffer im<br />
Kofferraum, ließ sich dann mit einem Stöhnen auf das Polster <strong>de</strong>s Beifahrersitzes fallen, am<br />
ganzen Körper klirrend. Sie versuchte, durchzuatmen, aber die Pelze drückten sie nie<strong>de</strong>r, sie<br />
wollte sprechen, aber es gelang ihr nicht. Er startete und fuhr los, jahrelang hatte er nicht mehr<br />
am Steuer gesessen, <strong>de</strong>r Schalthebel fühlte sich ungewöhnlich klein und hart an, die Uhr am<br />
Armaturenbrett zeigte dreiundzwanzig Uhr zweiunddreißig, er wagte nicht, diese Zeit auf<br />
seiner Uhr zu überprüfen, er war sich auf einmal nicht sicher, ob diese Zeit überhaupt stimmen<br />
konnte und ob seine Uhr nicht stehengeblieben war. Mach doch das Radio an, sagte sie jetzt.<br />
Er bog nach rechts ein und fuhr stadtauswärts. In einiger Entfernung sah er rechts <strong>de</strong>r Straße<br />
Militärs, die mit Scheinwerfern die Fahrbahn und das Gelän<strong>de</strong> hinter <strong>de</strong>m Park absuchten. Er<br />
fuhr direkt darauf zu, während er die Hand vom Steuer nahm und die Uhr ans Ohr hob, um zu<br />
hören, ob sie tickte. Am ganzen Körper brach ihm <strong>de</strong>r Schweiß aus. Sie schaltete das Radio<br />
Martina Köhler<br />
www.eXperimenta.<strong>de</strong> 16<br />
Februar <strong>2012</strong>