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februar 2012 - Experimenta.de

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Ganna-Maria Braungardt: Mein Übersetzer-Mentor Thomas Reschke hat mir <strong>de</strong>n Grundsatz<br />

beigebracht: So originalgetreu wie möglich, so <strong>de</strong>utsch wie nötig. Natürlich muss man dicht<br />

am Original bleiben, aber da am En<strong>de</strong> ein <strong>de</strong>utscher Text stehen soll, muss ich mich natürlich<br />

nach <strong>de</strong>n stilistischen Regeln <strong>de</strong>s Deutschen richten.<br />

eXperimenta: Wie geht man vor, wenn Texte sehr altertümlich sind? Kann und will man dann<br />

mo<strong>de</strong>rnisieren?<br />

Ganna-Maria Braungardt: Das kommt ganz auf <strong>de</strong>n Ausgangstext an – ist es tatsächlich ein<br />

alter Text, wird man dies durch bestimmte sprachliche Signale in Wortwahl, Grammatik und<br />

Syntax markieren, dabei aber darauf achten, dass die Übersetzung ja für einen heutigen<br />

Leser verständlich sein muss.<br />

eXperimenta: Wie sieht in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m Autor o<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>m Lektorat aus? Gibt es Vorgaben?<br />

Ganna-Maria Braungardt: Im günstigsten Fall lautet die Vorgabe <strong>de</strong>s Lektorats lediglich, dass<br />

<strong>de</strong>r Übersetzer <strong>de</strong>n Text so gut und verlustlos wie möglich ins Deutsche zu bringen hat – dies<br />

zu beurteilen ist allerdings in manchen Fällen schwierig, nämlich, wenn <strong>de</strong>r zuständige Lektor<br />

nicht Russisch kann, also nur die Übersetzung liest.<br />

eXperimenta: Wie sieht es mit <strong>de</strong>r Länge <strong>de</strong>r Texte aus. Da die Russen ja ihre Partizipien<br />

lieben, kann ich mir vorstellen, dass am En<strong>de</strong> im Deutschen das Ergebnis wesentlich länger<br />

o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st umständlicher ist. Spielen da die Vorgaben <strong>de</strong>s Verlages bei <strong>de</strong>r Übersetzung<br />

eine Rolle? Müssen Sie die <strong>de</strong>utsche Sprache neu erfin<strong>de</strong>n?<br />

Ganna-Maria Braungardt: Stimmt, eine Übersetzung aus <strong>de</strong>m Russischen wird um rund 20%<br />

länger als <strong>de</strong>r Ausgangstext. Vorgaben für <strong>de</strong>n Umfang gibt es keine, aber je knapper sich <strong>de</strong>r<br />

Übersetzer da fassen kann, <strong>de</strong>sto besser.<br />

eXperimenta: Natürlich versteht ein Übersetzer das, was er übersetzt, aber trotz<strong>de</strong>m tauchen<br />

da für mich Fragen auf. Bei Ljudmila Ulitzkaja spielen beispielsweise in einem Roman die<br />

Kin<strong>de</strong>r Durak. Das wird in einem Satz erwähnt. Mehr nicht. Es wird klar, es ist ein Kartenspiel,<br />

mehr wird darüber nicht gesagt. Geben Sie sich als Übersetzerin damit zufrie<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r fühlen<br />

Sie sich wohler, wenn Sie auch noch die Regeln kennen?<br />

Ganna-Maria Braungardt: Zum Glück kann man ja heute vieles im Internet fin<strong>de</strong>n, und da ich<br />

meistens noch leben<strong>de</strong> Autoren übersetze, frage ich nach, wenn ich etwas nicht verstehe. Ich<br />

möchte schon wissen, wovon da jeweils die Re<strong>de</strong> ist, wer da was spielt, in welchem Kreis das<br />

Spiel verbreitet ist o<strong>de</strong>r war u.ä.<br />

www.eXperimenta.<strong>de</strong> 32<br />

Februar <strong>2012</strong>

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