februar 2012 - Experimenta.de
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interview mit selim özgür, 24 jahre<br />
alt, stu<strong>de</strong>nt.<br />
judith faller: selim, du bist ein kind, ein junger mann dieser zeit. wie<br />
wür<strong>de</strong>st du in kurzen sätzen prägen<strong>de</strong> einflüsse aus <strong>de</strong>iner<br />
kindheit auf <strong>de</strong>ine entwicklung beschreiben? ob vom elternhaus/geschwister o<strong>de</strong>r ausserhalb<br />
davon, in <strong>de</strong>r schule, freizeit, durch die religion usw.<br />
selim özgür: ich empfand die neunziger jahre als eine frühlingszeit, ich sah es als eine gute<br />
welt, eine welt, die ich gerne erkun<strong>de</strong>n mochte. <strong>de</strong>m elternhaus bin ich rückblickend sehr<br />
dankbar, in einem weltlichen umfeld erzogen wor<strong>de</strong>n zu sein, in <strong>de</strong>m ich auch durch die<br />
zweisprachigkeit (<strong>de</strong>utsch-türkisch) bereits grundlegen<strong>de</strong> ansichten erlernte, was<br />
kulturübergreifen<strong>de</strong>s anbelangt. ich kann mich sowohl hier in <strong>de</strong>r schweiz als auch in <strong>de</strong>r<br />
türkei sehr gut zurechtfin<strong>de</strong>n und habe eine differenzierte sicht auf die gesellschaft in bei<strong>de</strong>n<br />
län<strong>de</strong>rn, somit ist eine hemmschwelle weg, was die fähigkeit, sich in eine an<strong>de</strong>re kultur ein-<br />
zufühlen, erschweren könnte.<br />
judith faller: du sprichst von frühlingszeit. das klingt nach sehr viel erwachen in verschie<strong>de</strong>ne<br />
lebens- und kulturbereiche, nach gutem, harmonischem und unterstützen<strong>de</strong>m elternhaus.<br />
erlebtest du diese zeit <strong>de</strong>nn nur so, o<strong>de</strong>r gab es auch meilensteine, die du als bremsend o<strong>de</strong>r<br />
blockierend erlebt hast?<br />
selim özgür: grundsätzlich empfand ich mein umfeld als positiv, es war schön als kind<br />
draussen zu spielen, o<strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>r schule vor <strong>de</strong>m essen fern zu sehen. ich merkte aber doch<br />
bald, so mit 11 jahren, dass ich einerseits an<strong>de</strong>rs dachte, z.b. in für an<strong>de</strong>re unwichtigen <strong>de</strong>tails<br />
formen erkennen konnte, an <strong>de</strong>nen ich mich erfreute, aber auch merkte ich in diesem alter,<br />
dass ich auf jungs/männer stand, auch ohne dass es für mich ein wort dafür gab. ich merkte<br />
aber, dass es nicht <strong>de</strong>m entsprach, was die mehrheit auslebte. meine eltern gaben uns als<br />
gute werte weiter, dass man an<strong>de</strong>re leute nicht belästigen solle und sich nicht in frem<strong>de</strong><br />
angelegenheiten mische, was dazu führte, dass ich häufig angebote von freun<strong>de</strong>n, aber auch<br />
bekannten, ablehnte, da ich meine bejahung als last für sie empfand.<br />
judith faller<br />
www.eXperimenta.<strong>de</strong> 34<br />
Februar <strong>2012</strong>