Infobörse 2012 (pdf, 3.5 MB) - Frankfurt am Main
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Gemeins<strong>am</strong> Ziele erreichen, die der Einzelne<br />
nicht verwirklichen kann<br />
Dipl.-Ing. Birgit Kasper, Netzwerk <strong>Frankfurt</strong> für gemeinschaftliches<br />
Wohnen e.V.<br />
Es ist kein Zufall, dass das Jahr <strong>2012</strong> von der UNO<br />
zum internationalen Jahr der Genossenschaften<br />
erklärt wurde. Diese Rechtsform zeigt weltweit,<br />
dass es möglich ist Wirtschaftlichkeit und soziale<br />
Verantwortung zweckdienlich und sinnvoll miteinander<br />
zu verbinden. Als Reaktion auf Wirtschaftskrisen<br />
und als dritter Weg zwischen Markt und<br />
Staat sind Genossenschaften eine echte Alternative<br />
und ein Gewinn für alle. Insbesondere beim<br />
Wohnen erweisen sich Genossenschaften als sehr<br />
moderne Wirtschaftsform, denn im Gegensatz zu<br />
Konsumprodukten – auf die man notfalls auch mal<br />
verzichten kann – ist das Wohnen ein existenzielles<br />
Grundbedürfnis. Werden auf dem Immobilienmarkt<br />
mit Spekulation, Gentrification und überhöhten<br />
Renditeerwartungen Geschäfte gemacht,<br />
so hat das besonders drastische und existenzgefährdende<br />
Konsequenzen für die jeweilige Bewohnerschaft.<br />
Gerade genossenschaftliche Wohnprojekte<br />
sind deshalb eine Alternative, denn für sie<br />
sind Wohnungen keine Ware, sondern sie gehören<br />
den Mitgliedern der Genossenschaft gemeins<strong>am</strong>.<br />
Spekulation ist ausgeschlossen, denn die Mitglie-<br />
Netzwerk <strong>Frankfurt</strong><br />
für gemeinschaftliches<br />
Wohnen e. V.<br />
9<br />
der der Genossenschaft sind gleichzeitig auch die<br />
Nutznießer, „die Ausschüttung geht weitgehend an<br />
dieselben Personen, die über die Mieten ihre Renditen<br />
erwirtschaften“. (vgl. Beitrag von Rolf Novy-<br />
Huy in diesem Heft).<br />
Genossenschaftliche Wohnprojekte schaffen deshalb<br />
eine überfällige Alternative bei den wachsenden<br />
Problemen auf dem Wohnungsmarkt – auch<br />
in <strong>Frankfurt</strong> <strong>am</strong> <strong>Main</strong>. Hier steigen die Miet- und<br />
Kaufpreise seit einigen Jahren in ungeahnte Höhen,<br />
was die Anbieter freuen mag, aber für die Nachfragenden<br />
wird es immer schwieriger, bezahlbaren<br />
Wohnraum zu finden. Die sinkende Zahl der geförderten<br />
Wohnungen tut ein Übriges.<br />
Aber es sind nicht nur die steigenden Kosten und<br />
die wirtschaftliche Unsicherheit, die das Interesse<br />
für genossenschaftliche und andere gemeinschaftliche<br />
Wohnformen steigen lässt. Die weiter wachsende<br />
Zahl der Wohninitiativen in <strong>Frankfurt</strong> und<br />
die konstant hohe Zahl der Besucherinnen und Besucher<br />
der <strong>Infobörse</strong> sind Indizien für anstehende<br />
gesellschaftliche Veränderungen: nämlich weg von<br />
einheitlichen, anonymen Wohnhäusern, wo sich die<br />
zufällig zuziehenden Nachbarn nicht kennen. Statt<br />
dessen hin zu neuen Rechtsformen, selbstorganisierten<br />
Projekten, verbindlichen Hausgemeinschaften<br />
und Gebäuden, die mehr bieten als nur ein<br />
Dach über dem Kopf. Es sind Häuser und Wohnungen,<br />
die durch gemeins<strong>am</strong>e Aktivitäten, aufeinander<br />
Acht geben und Inklusion geprägt sind.<br />
Im nationalen Vergleich ist aber festzustellen, dass<br />
es in <strong>Frankfurt</strong> bislang noch recht schwierig ist, Projekte<br />
zu realisieren. Dies liegt nicht an der geringen<br />
Nachfrage, sondern <strong>am</strong> Mangel an Möglichkeiten<br />
zur Umsetzung von Projekten. Aber wie kann<br />
man sich als Interessierter den Ablauf vorstellen?<br />
Bei der Entwicklung gemeinschaftlicher Wohnprojekte<br />
spricht man im Allgemeinen von fünf Phasen:<br />
1. Orientierungsphase:<br />
Einzelne Interessierte informieren sich über das<br />
Thema, finden sich als Gruppe zus<strong>am</strong>men, diskutieren<br />
die Ziele und Rahmenbedingungen eines<br />
Wohnprojekts und tauschen sich in regelmäßigen<br />
Treffen über ihre Wohn- und Lebensvorstellungen<br />
aus. Zunächst ist meist noch eine hohe Fluktua-