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DIE BERNHARDINBAHN<br />
Von Gian Brüngger<br />
Mit Bundesbeschluss vom 2. Februar 1923<br />
erhielt ein Konsortium, bestehend aus Talschaftsvertretern<br />
der Mesolcina, des Rheinwald<br />
und Schams die Konzession für eine<br />
schmalspurige elektrische Bahnverbindung<br />
von Thusis nach Hinterrhein – San Bernardino<br />
– Mesocco.<br />
Während des langen Kampfes um die Alpenbahnen<br />
übertönten neben dem Gotthard und,<br />
als dieser über die Ostalpenbahn gesiegt<br />
hatte, die Namen Lukmanier, Greina und<br />
Splügen den kaum genannten San Bernardino.<br />
Inzwischen verkümmerten die Täler an den<br />
Passstrassen Splügen und San Bernardino<br />
zusehends, nachdem ihnen der Erwerb aus<br />
dem Transitverkehr fehlte, während in anderen<br />
Hochgebirgstälern, in denen die Schaffung<br />
neuer Verkehrsverbesserungen an Stelle<br />
eingegangener früherer Erwerbsquellen neue<br />
Erwerbszweige ermöglichte und der Wohlstand<br />
und die Bevölkerungszahl zunahmen. Warum<br />
sollten die Hinterrheintäler mit Avers-Cresta<br />
und die Mesolcina mit San Bernardino nicht<br />
einen ähnlichen Aufschwung nehmen wie das<br />
Oberengadin, Davos, Arosa, Disentis, Klosters,<br />
Bergün, wenn sie nur bessere Verkehrsverhältnisse<br />
bekommen?<br />
Das Bauprojekt<br />
Erste Studien für eine schmalspurige Bernhardinbahn<br />
erstellte Ingenieur R. Wildberger<br />
in den Jahren 1907 und 1908 nach Vornahme<br />
eines Augenscheins an Hand der Karte<br />
1 : 50‘000 ohne besondere Terrainaufnahmen.<br />
Nach Erteilung der Konzession im Februar 1923<br />
sind erste genauere Aufnahmen vorgenommen<br />
worden. Für die vor hundert Jahren im Bau<br />
befi ndliche Linie Bellinzona – Mesocco galten<br />
im Hinblick auf eine Weiterführung über San<br />
Bernardino – Hinterrhein bis Thusis von Anfang<br />
an die Normalien der <strong>RhB</strong>.<br />
Anschliessend wird das Projekt so vorgestellt,<br />
wie es der Projektverfasser Ingenieur Prader<br />
damals abgefasst hatte. Nach diesem nun<br />
angenommenen Projekt beginnt die neue<br />
Bahn auf der Station Mesocco auf 769 m über<br />
Meer. Bis auf die Ebene von San Giacomo<br />
sind 441 m Höhendifferenz zu überwinden<br />
bei einer Horizontalentfernung von 3,2 km.<br />
Dazu braucht es eine künstliche Entwicklung<br />
von 8 km Bahnlänge. Kurz nach der Station<br />
Mesocco wird die Moësa auf einem zirka 80<br />
m langen und 20 m hohen Viadukt überschritten,<br />
um vorerst auf der linken Talseite<br />
mit der Maximalsteigung von 55 – 60 ‰ auf<br />
offener Linie und 50 – 55 ‰ in den Tunnels<br />
an Logiano, Darba und Anderegia vorbei die<br />
Höhenüberwindung zu suchen. Anderegia wird<br />
durch zwei Kehrtunnels von 635 und 435 m<br />
Länge in gutem Gestein unterfahren; dadurch<br />
bleibt auch die Gefahr vermieden, welche der<br />
gefürchtete Bergsturz von Anderegia einer<br />
offenen Linienführung aussetzt. Bei km 3,5 ist<br />
zum zweiten Mal an engster Stelle die Moësa<br />
auf einer 15 m langen, 16 m hohen Brücke, für<br />
die sich hier günstige Fundationsverhältnisse<br />
bieten, zu überschreiten, um nun auf der rechten<br />
Talseite die weitere Entwicklung bis San<br />
Giacomo in einem 665 m langen Spiraltunnel,<br />
zu fi nden und bei der Wasserfassung des<br />
Elektrizitätswerkes von Cebbia, kurz vor San<br />
Giacomo, nochmals die Moësa zu überbrücken.<br />
Die Bernhardinstrasse wird auf dieser Strecke<br />
zweimal gekreuzt, d.h. bei Bahnkilometer 4<br />
in einem 50 m langen Tunnel unterfahren<br />
und bei Bahnkilometer 7,5 wieder übersetzt.<br />
Von San Giacomo bis Piscedalo zieht sich<br />
die Bahn in gestreckter Linie oberhalb der<br />
Strasse an der Berglehne hin, dann werden<br />
abermals zwei Spiraltunnels von 760 und<br />
705 m Länge nötig. Bei km 12,5 überbrückt<br />
29<br />
IR 04/2006<br />
<strong>RhB</strong> bei Soazza.