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12. august – 18. september 2010

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ene «treue Gattenliebe»: Dieser Gewissheit überlassen sich Leonore und<br />

Florestan in euphorischer Agonie, in der irrigen Erwartung des bevorstehenden<br />

Endes und ihres vermeintlichen Todes <strong>–</strong> eine Szene von ungewöhnlich<br />

monumentalen Ausmassen hatte Beethoven an dieser Stelle zunächst gestaltet.<br />

Der unterirdische Kerker bleibt bis in die letzten Takte der erlösenden<br />

Schlussapotheose Schauplatz der Handlung. Hier kommt es zum Rachesturm<br />

der befreiten Gefangenen, hier findet der Auftritt des Ministers statt,<br />

wird die vom König erlassene Generalamnestie vollzogen und der Bösewicht<br />

abgeführt: Jetzt ist er es, der sich der Gerichtsbarkeit eines Königs unterwerfen<br />

muss. Der leidende Held wird erlöst, die unerschrockene Heroine erfährt<br />

Dank und Huldigung, und der wendige Diplomat Rocco hat für seine zweischneidigen<br />

Verhaltensweisen plausible Erklärungen parat <strong>–</strong> er kommt ungeschoren<br />

davon. Ein Finale ganz anderer Art besiegelt in der Fassung von<br />

1814 den glücklichen Ausgang. Nun werden die Ehegatten die Botschaft der<br />

Trompete gleich richtig verstehen. Die Stunde der Befreiung hat geschlagen,<br />

der Weg führt nach oben, ans Licht des Tages, in die Öffentlichkeit eines gerecht<br />

und harmonisch organisierten Weltgartens.<br />

Die heroische Befreiungstat<br />

Mit den verschiedenen Fassungen änderte sich aber auch der Titel von Beethovens<br />

«drei Opern». 1805 war das Stammpublikum des Komponisten, der Wiener<br />

Adel, vor der Invasion napoleonischer Truppen auf das Land geflohen. Die<br />

erste Fassung des Werkes, die im Theater an der Wien vor einem interesse-<br />

und verständnislosen Publikum französischer Offiziere ein Premierendebakel<br />

hinnehmen musste, sollte nach Beethovens Absichten Leonore heissen. Ihm<br />

ging es um die Identität einer Frauengestalt und ihre beispielgebende Heldentat,<br />

nicht um den (wenn auch zur Strategie gehörigen) Verkleidungstrick, der<br />

an den Namen Fidelio geknüpft ist. Private Sehnsuchtsbilder mag Beethoven<br />

dabei ins Spiel gebracht haben, etwa das beschwörende Credo eines immer<br />

hoffnungsvollen, im bürgerlichen Leben immer wieder enttäuschten Heiratsanwärters,<br />

der da glaubte, das eheliche Glück eines Einzelnen sei der gerechte<br />

Lohn für den heroischen Einzelgänger. Den Titel Leonore hatten aber schon die<br />

kurz vorher entstandenen Opern von Pierre Gaveaux und Ferdinando Paër getragen,<br />

und beide waren mit einem Untertitel ausgestattet <strong>–</strong> «L’Amour conjugale»<br />

oder «L’amore coniugale» <strong>–</strong>, was auf das Hohelied der Gattenliebe vorausweist.<br />

Die Musikdramen von Gaveaux und Paër folgten, im Nachhall der<br />

20 Jan van eyck, Das Verlöbnis der Arnolfini (Detail) Francisco de Goya, aus: Desastres, nr. 72: Die Folgen | Ludwig van Beethoven<br />

21

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