Dresden Discussion Paper Series in Economics - Technische ...
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schen existiert für Veblen nicht. Der <strong>in</strong>nere Zwang zur Statusnachahmung der dom<strong>in</strong>ierenden<br />
Gruppen wird zum ständig wirksamen Motiv, das die Entwicklung der<br />
Denkgewohnheiten und damit die Entwicklung der Ökonomie entscheidend lenkt.<br />
Veblen beschreibt <strong>in</strong> der ‚Leisure Class‘ wie das fortwährende emulative Streben<br />
nach Statusnachahmung sowie der Vorrang des Status gegenüber ethischen Idealen<br />
die Gesellschaft und die Lebensvorstellungen des e<strong>in</strong>zelnen Menschen bestimmen:<br />
„Im [gegenwärtigen kulturellen] Stadium [der westlichen Zivilisation] beherrscht das<br />
Gesetz des Status den Lebensplan“. 18 Aus diesem Gedanken entwickelt Veblen se<strong>in</strong>en<br />
Ansatz zum ‚Regime of Status‘ und verwendet diesen Begriff <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Text an<br />
zahlreichen Stellen. 19 Der Begriff Status schließt im Veblenschen S<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>erseits Elemente<br />
wie Prestige, Ehre, Herkunft e<strong>in</strong>, bezieht sich andererseits aber auch auf Werte<br />
und Mentalitäten <strong>in</strong> lebensweltlichen Zusammenhängen. Im Kontext der ‚Leisure<br />
Class‘ ist die Veblensche Interpretation von Status durch folgende Charakteristika<br />
gekennzeichnet:<br />
• Materieller Besitz ist die Grundlage öffentlichen Ansehens und Auslöser des<br />
neidvollen Vergleichs,<br />
• der Statusempf<strong>in</strong>den ist subjektiv geprägt und lebensweltlich abhängig,<br />
• das Streben nach Status ist e<strong>in</strong> emotionales, nicht-rationales Ziel per se,<br />
• der zugeschriebene Status ist das Ergebnis des neidvollen (emulativen) Vergleichs.<br />
Veblen entwickelte se<strong>in</strong>en Ansatz zum ‚Regime of Status‘ nicht alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> Abgrenzung<br />
zur heterodoxen ökonomischen Lehrme<strong>in</strong>ung, sondern auch <strong>in</strong> Opposition zur<br />
Marxschen Interpretation der ökonomischen und sozialen Beziehungen <strong>in</strong> der „kapitalistischen“<br />
Gesellschaft. In der Konsequenz setzt Veblen mit der Identifikation der<br />
Statusemulation e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tellektuellen Gegenpol zum marxistischen Motiv des Klassenkampfes.<br />
Nicht alle<strong>in</strong> die materielle Seite – wie im Marxschen Klassenbegriff –,<br />
sondern die Wirkungszusammenhänge der sozialen Kräfte <strong>in</strong>sgesamt gew<strong>in</strong>nen mit<br />
dem Veblenschen Statusbegriff für die Analyse ökonomischer Zusammenhänge an<br />
Relevanz. Während der Marxsche Klassenbegriff auf die vertikale soziale Ungleichheit<br />
als entscheidende Trennungsl<strong>in</strong>ie <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Gesellschaft projiziert ist,<br />
schließt der Veblensche Statusbegriff die subjektiv empfundene horizontale Ungleichheit<br />
e<strong>in</strong>. 20<br />
Der Statusvergleich gilt <strong>in</strong>sbesondere gesellschaftlich knappen Gütern, also sogenannten<br />
positionalen immateriellen Gütern wie Führungspositionen <strong>in</strong> Wirtschaft<br />
18 Veblen 2000, S. 191. Im Orig<strong>in</strong>al (1899 [2002]) an dieser Stelle (S. 105): „law of status“.<br />
19 In der ‚Leisure Class‘ argumentiert Veblen (1899 [2002]) im H<strong>in</strong>blick auf das Statusnachahmungsmotiv<br />
mit dem Begriff „regime of status“ (S. 27, 115, 119f, 126, 155, 161, 164, 171, 173, 178, 191, 206, 208,<br />
210), daneben aber auch mit den Begriffen „law of status“ (ebd., S. 105), „code of status“ (ebd., S. 30)<br />
oder „sense of status“ (ebd., u. a. S. 126, 154f, 213). Wie fast immer <strong>in</strong> Veblens Werken erschließt sich<br />
die eigentliche Bedeutung dieser zentralen Begrifflichkeiten erst aus dem Kontext, exakte Def<strong>in</strong>itionen<br />
f<strong>in</strong>det der Leser dort nicht.<br />
20 Beispielsweise den zugeschriebenen sozialen Status e<strong>in</strong>zelner gesellschaftlichen Gruppen ähnlichen<br />
Bildungsstandes, aber unterschiedlicher Herkunft.<br />
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