Dresden Discussion Paper Series in Economics - Technische ...
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se<strong>in</strong>er Nicht-Notwendigkeit – zu entlarven und zu ächten. 41 Veblens letztendliches<br />
Ziel ist es, durch schonungslose Dekonstruktion die Basis-Konstruktion des „regime<br />
of status“ <strong>in</strong> der Bevölkerung se<strong>in</strong>er Zeit und im historischen Kontext offenzulegen.<br />
Veblen vollzieht damit offensichtlich den ersten Schritt zu e<strong>in</strong>er künftigen Änderung<br />
der Basis-Konstruktionen. Dabei stellt sich die Frage, ob Basis-Konstruktionen<br />
grundsätzlich überhaupt disponibel s<strong>in</strong>d, oder ob sie nicht <strong>in</strong>dividuelle oder anthropologische<br />
Konstanten, Universalien, darstellen, die, wenn überhaupt, nur sehr langsam<br />
über Generationen veränderbar s<strong>in</strong>d (Hejl 2001). Damit werden die Grundsatzfrage<br />
nach der menschlichen Willens- und Entscheidungsfreiheit und somit alle Humanwissenschaften<br />
angesprochen. Die religiöse Disposition im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er bewußten<br />
oder unbewußten Orientierung an e<strong>in</strong>er als superior konstruierten transzendenten<br />
Instanz sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e nicht disponible anthropologische Konstante zu se<strong>in</strong>. 42 Auf der<br />
anderen Seite gibt es aber gerade religiös fundierte Indizien dafür, 43 daß das positionale<br />
Denken <strong>in</strong> der Menschheitsgeschichte zwar weit verbreitet, aber Lernprozessen<br />
zugänglich und damit nicht unabänderlich ist.<br />
An dieses allgeme<strong>in</strong>e Problem der Freiheit der Basis-Konstruktionen und damit der<br />
mentalen Grundlagen menschlichen Entscheidens und Verhaltens schließt sich unmittelbar<br />
die Frage nach den Freiheitsgraden des menschlichen Entscheidens und<br />
Handelns <strong>in</strong> konkreten Situationen an. Welche Bedeutung hat neben der Beschränkung<br />
dieser Freiheitsgrade durch die physiologischen Bed<strong>in</strong>gungen des menschlichen<br />
Kognitionsapparats und die elementar physiologischen lebensreproduzierenden<br />
Antriebe die mentale Disposition durch Basis-Konstruktionen? Daß Präferenzen<br />
gesellschaftlich bed<strong>in</strong>gt und zudem für Manipulationen (z. B. durch Werbung) anfällig<br />
s<strong>in</strong>d, ist ke<strong>in</strong>e überraschende Erkenntnis. Auch Basisbedürfnisse können gelernt<br />
werden, wobei unterschiedliche Lernprozeßarten e<strong>in</strong>e Rolle spielen, wie Witt (2000,<br />
2002) ausführt.<br />
Diese Beobachtungen geben Anlaß zu der Erwartung, daß gesellschaftlich langfristig<br />
unerwünschte <strong>in</strong>dividuelle Bedürfnisse und Präferenzen wie das positionale Denken<br />
– z. B. im H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong> nachhaltiges Wirtschaften – durch Lernprozesse veränderbar<br />
s<strong>in</strong>d. Auch wenn solche Lernprozesse nicht unmittelbar durch staatliche Verordnung<br />
bewirkt und betrieben können, so kann die grundsätzliche Lernbereitschaft<br />
doch durch geeignete Rahmenvorgaben und Institutionen gefördert werden. E<strong>in</strong>e<br />
entscheidende Rolle kommt dabei den Medien zu. Verstärkt wird diese Feststellung<br />
41 Dazu Peukert 1996, S. 230ff<br />
42 Die (konstruierte) transzendente Instanz und der Glaube an diese weist <strong>in</strong> verschiedenen Epochen<br />
und Kulturen und aus der subjektiven Perspektive der Individuen verschiedenste Ausprägungen auf<br />
– Konfessionen, Religionen, Pseudokulte, Sekten und Unterschiede <strong>in</strong> der tatsächlich gelebten (subjektiven)<br />
Form des religiösen Glaubens. Fromm (2003, S. 49) unterscheidet zwischen dem konstruierten<br />
religiösen Glauben an e<strong>in</strong> Idol („an e<strong>in</strong> von Menschen gemachtes D<strong>in</strong>g“) e<strong>in</strong>erseits und dem religiösen<br />
Glauben als „e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nere Orientierung [und] E<strong>in</strong>stellung“ andererseits.<br />
43 Beispielsweise können Trittbrettfahrerverhalten und e<strong>in</strong>e „erfolgreiche“ Nachahmung den Statuswert<br />
bestimmter Positionsgüter entwerten. Es tritt <strong>in</strong> der Folge e<strong>in</strong> Wandel der E<strong>in</strong>stellung gegenüber<br />
diesen „entwerteten“ Positionsgütern e<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> Gegenbeispiel herkömmlichen positionalen Denkens<br />
liefert die Bergpredigt Jesu im Matthäusevangelium. Dort heißt es konträr zu dom<strong>in</strong>ierenden positionalen<br />
Wertvorstellungen unserer (post-)modernen Gesellschaft unter anderem: „Selig, die arm s<strong>in</strong>d<br />
vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich.“ (Matthäus 5, 3)<br />
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