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Dresden Discussion Paper Series in Economics - Technische ...

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gerlich zur Säkularisierung der Gesellschaft führen muß. 24 In der ursprünglich wirkenden<br />

protestantischen Ethik und der mit ihr verbundenen <strong>in</strong>nerweltlichen Askese<br />

ist der Trend zur stetigen Rationalisierung und damit Säkularisierung der ursprünglich<br />

religiösen Gedankenwelt angelegt. Weber prägte zur Verdeutlichung dieses<br />

zentralen Gedankens den Begriff von der „Entzauberung der Welt“ 25 : Der moderne<br />

Kapitalismus bedarf se<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>stigen religiös motivierten Stütze schließlich nicht<br />

mehr. Walter Benjam<strong>in</strong> (1892–1940) spitzt diesen Gedanken zu, <strong>in</strong>dem er den Kapitalismus<br />

nicht nur als e<strong>in</strong> religiös bed<strong>in</strong>gtes Gebilde erkennt, sondern sogar als e<strong>in</strong> essentiell<br />

religiöses Phänomen. 26<br />

Der Prozeß der Modernisierung der Lebenswelt durch Säkularisierung spiegelt sich<br />

<strong>in</strong> der Verschiebung von der traditionalen religiös-transzendenten Autorität h<strong>in</strong> zu<br />

e<strong>in</strong>er rational-gesetzlichen. Im ehemals real existierenden Sozialismus ist dieser säkulare<br />

Trend nicht gebremst oder aufgehoben, sondern im Gegenteil zusätzlich ideologisch<br />

bestärkt worden. Inglehart erklärt dementsprechend: „Der sozialistische, leviathanische<br />

Staat war der logische Höhepunkt des Modernisierungsprozesses [gewesen].“<br />

27 E<strong>in</strong>e weitere, nachholende Modernisierung im S<strong>in</strong>n des ‚kapitalistischen<br />

Geistes‘ konnte es deshalb im Transformationsprozeß der ehemaligen DDR nicht<br />

mehr geben.<br />

Die Kultur e<strong>in</strong>er Gesellschaft ist für Weber und Veblen nicht alle<strong>in</strong> das Abbild e<strong>in</strong>es<br />

(Marxschen) materiellen Unterbaus, sondern das Ergebnis menschlichen Entwurfs.<br />

Der moderne ‚kapitalistische Geist‘ hat die Menschen dazu gebracht, sich e<strong>in</strong> „stahlhartes<br />

Gehäuse“ 28 ihrer Gesellschaft selbst zu formen. Die letzten Seiten der Protestantischen<br />

Ethik zeigen e<strong>in</strong>e gewisse Melancholie Webers, e<strong>in</strong>en unterschwelligen<br />

Pessimismus gegenüber zukünftigen Entwicklungen. „Heute ist [der] Geist – ob<br />

endgültig, wer weiß es? – aus diesem Gehäuse entwichen.“ 29 Weber war überzeugt,<br />

daß e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nentleerte „Berufspflicht“ anstatt e<strong>in</strong>er s<strong>in</strong>nstiftenden „Berufserfüllung“<br />

als „e<strong>in</strong> Gespenst ehemals religiöser Glaubens<strong>in</strong>halte“ das Leben der Menschen<br />

bestimmen werde. 30 Die autoritär und säkular geprägte dom<strong>in</strong>ierende Geisteshaltung<br />

im real-sozialistischen Staat gibt dafür – wie Inglehart 31 zeigt – e<strong>in</strong> deutliches<br />

Beispiel.<br />

Erich Fromm (1900–1980) erklärt, daß über die Interaktion der <strong>in</strong>dividuellen psychischen<br />

(lebensweltlichen) Struktur mit der ökonomischen Realität der „Gesellschaftscharakter“<br />

geformt wird. 32 Nach den von Weber im Schlußteil der ‚Protestantischen<br />

Ethik‘ dargelegten Ansichten steht <strong>in</strong> „modernen“ Gesellschaften e<strong>in</strong>e der Berufspflicht<br />

verpflichtete Geisteshaltung mit den jeweiligen ökonomischen Verhältnissen<br />

24 Weber 1988, S. 196ff<br />

25 ebd., S. 94)<br />

26 Benjam<strong>in</strong> 1986 [1921], S. 100<br />

27 Inglehart 1998, S. 111<br />

28 Weber 1988, u. a. S. 203<br />

29 ebd., S. 204<br />

30 ebd.<br />

31 Inglehart 1998, S. 109ff, S. 119<br />

32 Fromm 2003, S. 129<br />

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