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rechtsprechung für anwälte - Alpmann Schmidt

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A L L G E M E I N E S H A F T U N G S R E C H T<br />

reits dann (objektiv) wirtschaftlich unvernünftig handelt, wenn der von ihm beauftragte<br />

Sachverständige – fachlich einwandfrei, also ohne Prognosefehler o.ä. – Reparaturkosten<br />

von deutlich mehr als 130% des Wiederbeschaffungswertes prognostiziert<br />

hat, so könnte der Senat dem nicht folgen. Die Bedeutung der gutachterlichen Schadensschätzung<br />

wird nicht richtig beurteilt, wenn mit Rischar, ... und Schiemann (...)<br />

auf den ,Gutachtenwert’ abgestellt wird.<br />

Das Schadensgutachten lässt nicht nur Raum <strong>für</strong> alternative Reparaturmethoden, s.o.,<br />

es legt auch nicht den i.S.d. § 249 S. 2 BGB erforderlichen Reparaturaufwand verbindlich<br />

fest, Schadensgutachten sollen dem Geschädigten Orientierung und Hilfestellung<br />

geben. Mit der gesetzlichen Befugnis, die Beseitigung des Schadens in seine eigenen<br />

Hände zu nehmen (Ersetzungsbefugnis), wäre eine irgendwie geartete Bindung nicht<br />

zu vereinbaren. Ein Unfallgeschädigter ist nicht verpflichtet, sondern nur berechtigt,<br />

ein Schadensgutachten einzuholen. Es darf seinen Handlungsspielraum nicht über Gebühr<br />

einengen, selbst wenn es fachlich und inhaltlich, wie hier, nicht zu beanstanden<br />

ist. ... Im Rahmen der Vergleichsbetrachtung (welche Lösung ist billiger?) kommt es<br />

auf den nach objektiven Kriterien zu beurteilenden Reparaturaufwand an. Das sind nicht<br />

unbedingt die Kosten einer bestmöglichen Reparatur nach den Vorgaben des Schadensgutachtens.<br />

unter diesem Blickwinkel war die vom Kläger veranlasste Instandsetzung –<br />

auch unter Berücksichtigung der Ausfallzeit – wirtschaftlich nicht unvernünftig. Mit vertretbaren<br />

Kosten konnte eine einigermaßen ordentliche (zeitwert-gerechte) Reparatur finanziert<br />

werden. Wirtschaftliche Vernunft ist, auch bei einem objektiven Maßstab, keine<br />

Frage von Prozentsätzen. Was unterhalb der 130%-Grenze liegt, ist nicht zwangsläufig<br />

wirtschaftlich unvernünftig. Umgekehrt ist der Vorwurf wirtschaftlicher Unvernunft<br />

nicht allein damit zu begründen, dass eine optimale Instandsetzung laut Gutachten erheblich<br />

mehr als 130% des Wiederbeschaffungswertes kostet.“<br />

VIII. Die Vereinbarung eines Festpreises und das Aushandeln von „Sonderkonditionen“<br />

zur Senkung der Kosten unter die 130%-Grenze ist grds. legitim.<br />

OLG Düsseldorf a.a.O., S. 508: „Bei einer Fremdreparatur in einer Werkstatt müssen<br />

die zu erwartenden Kosten der Gradmesser sein, d.h. der Werklohn, der nach der Vereinbarung<br />

mit der Werkstatt voraussichtlich zu zahlen ist. Gegen eine Überschreitung<br />

des vereinbarten Betrages von 12.180 DM hat sich der Kläger, wirtschaftlich vernünftig,<br />

abgesichert, indem er mit der Werkstatt einen Festpreis verabredet hat. Der Senat<br />

kann in der Preisgestaltung kein missbräuchliches Vorgehen erkennen, wie die Beklagten<br />

meinen (...).<br />

Liegen die prognostizierten Reparaturkosten eindeutig über 130%, die effektiven aber<br />

darunter, so kann die Entscheidung <strong>für</strong> eine Instandsetzung und gegen eine Ersatzanschaffung<br />

dennoch – auch wirtschaftlich betrachtet – sinnvoll sein. Das ist ebenso wie die<br />

davon zu trennende Frage des Integritätsinteresses vom konkreten Einzelfall abhängig.<br />

Die Gründe <strong>für</strong> ein Abweichen der gutachterlichen Prognose vom Rechnungsbetrag sind<br />

so vielfältig, zumal bei Großschäden, dass sich eine Einheitslösung verbietet.<br />

Wenn der Geschädigte zur Wahrung seines Integritätsinteresses an das von ihm eingeholte<br />

Gutachten nicht gebunden ist (s.o.) und er dieses Interesse auch durch eine zeitwertgerechte<br />

Reparatur bekunden kann, so muss ihm notwendigerweise auch mit Blick<br />

auf die Kosten ein Gestaltungsspielraum zugebilligt werden. Das Aushandeln von<br />

,Sonderkonditionen’ zur Kostensenkung hält der Senat grundsätzlich <strong>für</strong> legitim (...).<br />

Wer sich um eine preisgünstige Instandsetzung bemüht, ohne dazu rechtlich verpflichtet<br />

zu sein, verdient auch dann keine Missbilligung, wenn das Motiv eine Senkung der<br />

Kosten unter die 130%-Grenze ist (...).“<br />

– – –<br />

JP JANUAR 2002

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