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rechtsprechung für anwälte - Alpmann Schmidt

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Ö F F E N T L I C H E S R E C H T<br />

Amtshaftung wegen Baustilllegungsverfügung<br />

Die Kläger sind Miteigentümer eines mit einem Einkaufszentrum bebauten Grundstücks im<br />

Gebiet der beklagten Stadt. Seit Mitte 1993 planten sie, eine zwischen diesem Einkaufszentrum<br />

und einem benachbarten Geschäftshaus bestehende Baulücke zu schließen. Das zu<br />

überbauende Gelände bestand aus mehreren Grundstücken. Mit Schreiben vom 15.12.1993<br />

erklärte die Beklagte, das Vorhaben sei nach erster Prüfung bauplanungsrechtlich zulässig.<br />

Auf den Bauantrag der Kläger erteilte sie am 08.12.1994 die Teilbaugenehmigung <strong>für</strong> die<br />

Rohbaumaßnahmen. Daraufhin vergaben die Kläger verbindliche Bauaufträge; mit den Bauarbeiten<br />

wurde Anfang Januar 1995 begonnen. Nachdem die Kläger weitere Planungsunterlagen<br />

eingereicht hatten, verfügte die Beklagte unter dem 31.01.1995 einen sofortigen<br />

Baustopp. Zur Begründung führte sie aus, aus den im Januar 1995 eingereichten Ergänzungsunterlagen<br />

ergebe sich die Notwendigkeit einer Vereinigungsbaulast. Die Kläger legten gegen<br />

die Stilllegungsverfügung Widerspruch ein. Am 23.03.1995 hob die Beklagte die Stillegungsverfügung<br />

wieder auf, nachdem die Kläger die Baulast beigebracht hatten. Das Bauvorhaben<br />

wurde Anfang 1996 fertiggestellt.<br />

Die Kläger halten die Stilllegungsverfügung <strong>für</strong> rechtswidrig und nehmen die Beklagte auf<br />

Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung in Anspruch, weil ihnen aufgrund der verzögerten<br />

Fertigstellung Mieteinnahmen i.H.v. ca. 1,8 Mio. DM entgangen seien. Das LG und das<br />

OLG haben die Klage abgewiesen. Die Revision führte zur Zurückverweisung der Sache.<br />

BGH, Urteil vom 05.07.2001 – III ZR 11/00, DVBl. 2001, 1439<br />

Art. 34 GG; § 839 BGB<br />

I. Als Amtspflichtverletzung kommt nicht nur der Erlass der Stilllegungsverfügung,<br />

sondern auch der Erlass der Teilbaugenehmigung in Betracht.<br />

BGH: „Stützt der Kläger einen Amtshaftungsanspruch darauf, daß sein Bauvorhaben<br />

trotz einer erteilten Baugenehmigung stillgelegt worden ist, so muß das Gericht, das<br />

die Stillegung <strong>für</strong> rechtmäßig hält, weil die erteilte Baugenehmigung rechtswidrig gewesen<br />

sei, auch prüfen, ob der Amtshaftungsanspruch sich aus dem Erlaß der Baugenehmigung<br />

herleiten läßt (...).“<br />

II. Das OLG war dieser Frage nicht näher nachgegangen, da der Amtshaftungsanspruch<br />

jedenfalls gem. § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen sei, weil der Geschädigte<br />

es fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels<br />

abzuwenden.<br />

1. Die Kläger haben zwar gegen die Baustilllegungsverfügung Widerspruch erhoben.<br />

Dieser Widerspruch hatte jedoch gem. § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebenden<br />

Wirkung. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 212a Abs. 1<br />

BauGB gilt nur <strong>für</strong> bauaufsichtliche Zulassungen, nicht <strong>für</strong> Bauordnungsverfügungen.<br />

Deshalb waren die Kläger rechtlich nicht daran gehindert, die Bauarbeiten<br />

fortzuführen. Hierin sah das OLG eine schuldhafte Rechtsmittelversäumung<br />

i.S.d. § 839 Abs. 3 BGB, zumindest aber ein erhebliches Mitverschulden<br />

i.S.d. § 254 Abs. 1 BGB, das zum völligen Wegfall des Anspruchs führe.<br />

2. Der BGH stimmt dieser Sichtweise nicht zu.<br />

a) Zwar sei der Begriff des „Rechtsmittels“ i.S.d. § 839 Abs. 3 BGB weit zu fassen.<br />

Hierzu gehöre aber nicht die bloß faktische Möglichkeit des Weiterbaus<br />

nach Erlass einer Stilllegungsverfügung.<br />

JP JANUAR 2002 51

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