16 fordreport Ausfl ugstipp Wo die Kunst Parkfans: Marga Lier und Mops Max. blüht Ein vergessenes Kleinod im Kölner Süden Langjähriger Besucher: Robert Müller. Seit Jahrzehnten stumme Beobachter: Die feingearbeiteten Sandstein-Figuren am Brunnentempel.
Selbst für Kölner ist er ein echter Geheimtipp. Nur wenige kennen ihn, den fast vergessenen Garten tief im Kölner Süden: Geschichte, Kunst und viel Natur – dies alles vereint der Fritz-Encke-Volkspark in Raderthal. Wie ein Schritt zurück in die goldenen Zwanzigerjahre – und doch im Hier und Jetzt. Vom sandfarbenen Brunnentempel mit den kunstvoll gemeißelten Kinderfi guren geht es durch den Torbogen hinein in die rosenbehangenen Staudengärten. Der verblasste Charme der „Goldenen Zwanziger“ umweht den Garten, einer Zeit, in der Kunst allgegenwärtig war – sogar in der Natur. Die runden Sitznischen laden ein, noch ein wenig in der Vergangenheit zu verharren, die Ruhe zu genießen. Hinter dem Rosengarten erstreckt sich die große Volkswiese: Kinder tollen auf dem Spielplatz, ein Großvater führt seine Enkel in die Geheimnisse des Drachensteigens ein, zwei Damen üben sich in der chinesischen Kampfkunst Tai-Chi. Auf einer Parkbank sitzt Robert Müller und beobachtet das Treiben. Der 22-Jährige ist im nahegelegenen Viertel „Marienburg“ groß geworden. „Manchmal komme ich nach Feierabend hierher – einfach abschalten“, so Robert. Mittlerweile schätzt er vor allem die Idylle, früher war das anders: „Als Kind war ich jeden Tag hier, um Fußball zu spielen. Man schwelgt in Erinnerungen.“ Musterbeispiel zeitgenössischer Parkgestaltung Erinnerungen birgt der Volkspark viele. Der Kölner Gartenbaudirektor Fritz Encke legte ihn zwischen 1923 und 1926 an. Im Vordergrund stand die Idee des „sozialen Grüns“: ein Park, die für alle Bevölkerungsschichten zugänglich sein sollte. Dabei gelang es Encke – ganz im Sinne der Funktionalismus der 1920er Jahre – die zweckmäßige Nutzung mit dem Anspruch künstlerischer Qualität zu verbinden. Der Volkspark galt als Musterbeispiel zeitgenössicher Parkgestaltung. Dann kam der Krieg – und damit das Vergessen. Die britischen Besatzer errichteten schließlich eine Wohnsiedlung, die große Parkfl ächen zerstörte. In den folgenden Jahren verlotterte die Anlage und Enckes Meisterwerk geriet in Vergessenheit. Marga Lier führt seit Jahren ihren Mops Max im Grünen aus. Sie bestätigt: „Jahrzehntelang wurde dieser wunderschöne Park vernächlässigt. Erst seit einigen Jahren tut sich etwas.“ Und dass das so ist, liegt größtenteils am Engagement des Rheinischen Vereins für Denkmalschutz und Landschaftspfl ege. Seit 2001 sammelt der Verein unterstützt von einer Anliegerinitiative Gelder, um den denkmalgeschützten Park zu rekultivieren. Mit Erfolg: Beschilderungen wurden angebracht, die Staudengärten in Stand gesetzt, Bänke hergerichtet. Vor einigen Jahren hat man den Brunnen im Rundtempel wieder aufgebaut – betrieben mit Solarenergie und Umwälzpumpe, ein Hauch Moderne im alten Garten. Ulrich Markert, Vorstandsmitglied im Rheinischen Verein, war an den Maßnahmen federführend beteiligt. In seiner Tätigkeit steckt viel Herzblut – verbunden mit einem klaren Auftrag: „Es geht darum, das Erbe Fritz Enckes angemessen zu würdigen. Der Park ist mehr als nur Natur, das ist Kunst.“ Im Jahr 2002 wurde das Areal auch offi ziell vom Volkspark Raderthal zum Fritz-Encke-Volkspark umbenannt. Marga Lier empfi ehlt, noch in der Leseecke vorbeizuschauen. Eine Lesecke in einem Naturpark? Tatsächlich: Am rechten Ende der Wiese befi ndet sich eine Art Lesesaal, umrandet von meterhohen Platanen. Eine fast schon elfenhafte Atmosphäre. Wahrlich der richtige Ort, um voll und ganz in einem Buch zu versinken. Auf der anderen Seite der Wiese stoße ich auf eine kreisrunde, stufenförmige Lichtung – das historische Naturtheater. Zwar wurde es vom Wildwuchs befreit, doch bis es wieder bespielt werden kann, wird wohl noch Zeit ins Land gehen. Dennoch, die Vielseitigkeit des Parks ist beeindruckend. Genau das macht den Fritz-Encke- Volkspark zu einem idealen Ausfl usgsziel – ob mit der Familie auf der Wiese oder allein mit einem Schmöker. In der Linie des Kölner Grünzugs gelegen, ist er gut mit dem Fahrrad zu erreichen. Dieses heute nahezu unbekannte Fleckchen Köln verbindet ein Stück Zeitgeschichte mit erholsamer Naturidylle. Um es in den Worten von Frau Lier zu sagen: „Et is‘ für jeden wat dabei!“ Infos Lage: Der Fritz-Encke-Volkspark verbindet den Inneren Grüngürtel im Süden mit dem Äußeren. Er liegt zwischen er Brühler- und Bonner Straße, südlich grenzt er an den Militärring. Er ist sehr gut mit dem Fahrrad zu erreichen. Grillen nicht gestattet. Eintritt frei. www.rheinischer-verein.de/projekte/08_volkspark_raderthal.htm FOTOS: U. NERGER 17