Mediendienst 4 - CARITAS - Schweiz
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Schutz für Pflegebedürftige und Betreuende erforderlich<br />
Wachsender Pflegebedarf verursacht Care-Migration<br />
Für die Betreuung pflegebedürftiger Menschen in der <strong>Schweiz</strong> werden zunehmend Betreuerinnen<br />
aus Niedriglohnländern angestellt. Dies geschieht oft in einem arbeitsrechtlichen Graubereich.<br />
Für die Sicherheit der pflegedürftigen Menschen aber auch zum Schutz der ausländischen<br />
Betreuerinnen braucht es deshalb faire Anstellungsbedingungen.<br />
Wenn heute in der <strong>Schweiz</strong> 125‘000 pflegebedürftige ältere Menschen leben, dürften es 2030 gemäss<br />
dem <strong>Schweiz</strong>erischen Gesundheitsobservatorium Obsan 170‘000 bis 230‘000 sein. Da mehr Menschen<br />
ein sehr hohes Alter erreichen, wird auch die Zahl Demenzkranker steigen. Rund zwei Drittel<br />
von ihnen werden heute zu Hause betreut. Mit dem Trend „ambulant vor stationär“ wird vor allem die<br />
Nachfrage nach Betreuung zu Hause steigen. Der Eintritt ins Alters- und Pflegeheim erfolgt immer<br />
später.<br />
Pflegende Angehörige stehen vor der Herausforderung, ihre Eltern zu betreuen und gleichzeitig berufstätig<br />
zu sein. Sie suchen deshalb nach Alternativen, wie das folgende Beispiel zeigt. Maria Hauser<br />
(Name geändert) lebt nach dem Tod ihres Mannes alleine in ihrem Haus auf dem Land. Wegen einer<br />
Herzkrankheit und zunehmenden Gehschwierigkeiten kann sie den Haushalt immer schlechter alleine<br />
führen. Die Spitex kommt zwar täglich für die Medikamente und das Anziehen der Stützstrümpfe,<br />
sonst ist Maria Hauser aber mehrheitlich alleine. Sie kocht nicht mehr richtig und zieht sich immer<br />
mehr zurück. Nach einem Sturz organisiert ihre Tochter den Eintritt ins Pflegeheim. Maria Hauser ist<br />
dort unglücklich und läuft mehrmals weg. Deshalb nimmt die Tochter via Internet mit einer Agentur<br />
Kontakt auf, um für ihre Mutter eine 24-Betreuung zu Hause mit Migrantinnen aus Polen zu organisieren.<br />
Die über die Krankenkasse abrechenbare Pflege kann durch die Spitex abgedeckt werden. Bei der<br />
Haushaltarbeit und der Betreuung hingegen ist die öffentliche Spitex ein zu teurer Anbieter. Deshalb<br />
nahm dieser Bereich in den vergangenen Jahren stark ab. In diese Lücke springen immer mehr private<br />
Agenturen, die ausländisches Personal zu sehr günstigen Bedingungen vermitteln, allerdings oft in<br />
einem rechtlichen Graubereich. Auch Spitäler und Pflegeheime arbeiten zunehmend mit Personal aus<br />
den neuen EU-Ländern. Grund dafür ist der Mangel an Pflegekräften für diese anspruchsvolle, aber in<br />
der Öffentlichkeit wenig geschätzte Tätigkeit.<br />
Legitimes Bedürfnis, im Westen gutes Geld zu verdienen<br />
Care-Migrantinnen aus Niedriglohnländern suchen oft eine Arbeit, um Geld zu verdienen für den Unterhalt<br />
und die Ausbildung ihrer Kinder. Da in diesen Ländern kein Sozialstaat (mehr) vorhanden ist,<br />
möchten sie für ihre Familien soziale Sicherheit oder faire Lebens- und Arbeitsbedingungen schaffen.<br />
Nicht nur die Arbeitslosigkeit, sondern auch tiefe Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen<br />
sind Gründe für den Wegzug. Heute kommen vor allem Betreuerinnen aus Polen,<br />
Tschechien und Rumänien in die westeuropäischen Länder. Ihr Ziel ist nicht die dauernde Abwanderung,<br />
sondern die Verbesserung der Lebenssituation zu Hause: Sie gehen für einige Monate weg, um<br />
für den Rest des Jahres zu Hause bleiben zu können. Aus der Arbeitsmigration entsteht für die osteuropäischen<br />
Länder ein beachtlicher Rückfluss an finanziellen Mitteln.<br />
Caritas <strong>Schweiz</strong>, <strong>Mediendienst</strong> 15, 24. November 2011