Kiegsberichte Theodor Hepp - Europeana 1914-1918
Kiegsberichte Theodor Hepp - Europeana 1914-1918
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kamen, wobei er mich tiefbewegt umarmte. So fuhr ich also in die Nacht<br />
hinaus, ganz allein, völlig fremden Menschen und einem ganz ungewissen<br />
dunklen Schicksal entgegen. Wie ich nun morgens in Frankfurt erfuhr, ging<br />
dieser Zug zunächst nach Stuttgart und von dort mit einem anderen Zug nach<br />
Strassburg. Ich telegraphierte daher rasch nach Gomaringen, um noch ein<br />
Wiedersehen zu ermöglichen. Wegen Verspätung des Telegramms konnte ich<br />
aber leider meine Lieben, die von einem befreundeten Fabrikanten im Auto<br />
hergeführt wurden, nur noch eine knappe halbe Stunde wiedersehen. Der<br />
Abschied von Weib und Kinder war natürlich sehr schwer, aber ich hatte sie<br />
doch wenigstens noch einmal in die Arme schließen können, ehe der harte<br />
Krieg begann.<br />
In Strassburg wurde ich dem badischen Regiment 14 zugeteilt, mit teilweise<br />
älteren Mannschaften, welche die modernen Richtmittel noch nicht einmal<br />
kannten. Zu allem hin bekam ich meine schwere Feldhaubitze erst am 13ten<br />
August zugeteilt nach einem höllischen Durcheinander bei der allgemeinen<br />
Mobilmachung, da ein Teil der für den Vormarsch im Norden bestimmten<br />
Formationen wegen des Einbruchs der Franzosen aus der Festung Belfort<br />
heraus, über Mühlhausen hinaus plötzlich dorthin dirigiert werden mussten.<br />
Während ich mit meiner Batterie zur Verstärkung des Sperrforts Mutzig in<br />
dessen Nähe der Strasse, in das dort in die Vogesen hineinführende Breuschtal<br />
in Stellung zu gehen hatte. Dort war ich nun am 13ten mutterseelenalleine auf<br />
weiter Flur weil die zum Schutze von Strasbourg bestimmte Brigade von dem<br />
ordenshungrigen General ohne richtige Erkundung und ohne jegliche<br />
Seitendeckung über Mutzig hinaus in dieses Tal hineingeführt wurde. Als ich<br />
mich nun vormittags bei dem Kommandanten von Mutzig meldete und ihm<br />
erzählte, das Ziethen mir sagte, dass Mutzig sich wahrscheinlich nicht länger<br />
als 8 Tage halten könne, lachte dieser laut hinaus und antwortete: „Was, 8<br />
Tage? Keine 3 Stunden können wir uns halten, wenn angegriffen wird, es ist ja<br />
rein gar nichts für den Ernstfall vorbereit, eine ganz unerhörte und<br />
unglaubliche Schweinerei ist das.<br />
Mit dieser tröstlichen Aussicht fing ich nun an meine Batteriestellung mit ihren<br />
Mannschafts- und Munitionsunterständen auszuheben, als um die Mittagszeit<br />
plötzlich vor mir ein unerhörtes Donnerwetter losging, wobei die im Breuschtal<br />
vorgehende Brigade von den, alle Höhenstellungen beherrschenden Franzosen<br />
eingekesselt, abgeschnitten und fast restlos vernichtet wurde. Aus<br />
diesem Hexenkessel heraus fuhr ein Auto bei mir vor, dem ein Generalstabsoffizier<br />
entstieg, der mir zurief: „Die Lage hat sich geändert. Sie müssen<br />
sich sofort schussbereit machen". Dieser Zeit hatte ich aber erst 2 Geschütze<br />
und noch keinerlei Munition bekommen, da die mit dem Munitionsempfang<br />
aus dem mir genannten Depot beauftragten Munitionswagen leer<br />
zurückgekommen waren, denn die nach Mühlhausen beorderten Batterien<br />
hatten dasselbe restlos geleert. „Das fängt ja gut an" dachte ich, ließ aber all<br />
die fluchtartig an mir vorbeifahrenden Bauernwagen beschlagnahmen und<br />
mit ihnen und den Munitionswagen alle um Strassburg herum befindlichen<br />
Depots aufsuchen, mit dem Erfolg, dass ich den restlichen Geschützen bis zum<br />
Abend immerhin einige Munition da hatte. Als Beobachtungsstelle wählte ich<br />
den Kirchturm im Nachbardorf aus, konnte mich aber bei Nacht nach keinem<br />
Kriegsberichte aus dem ersten Weltkrieg von <strong>Theodor</strong> <strong>Hepp</strong> Seite 10 von 45