Kiegsberichte Theodor Hepp - Europeana 1914-1918
Kiegsberichte Theodor Hepp - Europeana 1914-1918
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unsere ganze Hoffnung gesetzt hatten, für den uns infolge unserer Unterlegenheit<br />
und andere Fehler aufgezwungenen Stellungskrieg mit seiner<br />
Kriegsverlängerung allmählich in das Gegenteil verkehrt. Diese Unterlegenheit<br />
an Munition verschlimmerte sich aber leider noch infolge des Riesenbedarfs<br />
an all den riesigen Fronten, dem alle unsere Munitionsfabriken bei weitem<br />
nicht gewachsen waren. Es kam schon 1915 so weit, dass uns in der Vogesenfront<br />
die Munition gesperrt wurde und nur bei ausdrücklichem Befehl des<br />
Generals und unter genauer Angabe der Schusszahl das Feuer eröffnet<br />
werden durfte. Dies führte oft zu den lächerlichsten Situationen, wobei sich<br />
dann die Infanterie über uns beschwerte, während wir Artilleristen jede<br />
Initiative und Freudigkeit verloren. Die Tätigkeit der in Neubreissach unten war<br />
nun bei Erstarrung der Fronten noch weniger erhebend, da die nach<br />
Süddeutschland einfliegenden Flieger sich meist in großer Entfernung von<br />
meiner Batterie hielten und auch die Technik des Fliegerschiessens bei<br />
anfänglich ungenügenden Messgeräten wenig auf Erfolg gab. Nur einmal<br />
wurde einer heruntergeholt. (…)<br />
Nachdem weiterhin im Sommer 1915 die Gefechtstätigkeit immer mehr<br />
eingeschlafen war, wurde ich dadurch in dem Entschluss bestärkt, mich von<br />
der Vogesenfront wegzumelden, um meinem Vaterlande an wichtigerer<br />
Stelle besser dienen zu können, wozu mir Mama ihre Einwilligung gab - ein<br />
wunderbares Beispiel ihrer Selbstlosigkeit. Ich spürte wohl wie schwer und<br />
sorgenvoll ihr dabei ums Herz war, jedoch empfand sie andererseits wie<br />
unbefriedigt ich von diesem Dronendasein war. Nun schrieb ich meinem<br />
früheren Schießschuladjudanten, dem Major Breuer, darüber. Er hatte im<br />
Hauptquartier die Stellen unserer Offiziere bis zum Hauptmann zu vergeben.<br />
Zunächst wurde ich nun sofort zu einem Kriegsschauplatz am westlichen<br />
Rande der Argonnen versetzt, wo ich mit einer neu aufgestellten Langohr-<br />
Batterie Nr. 333 ein Jahr lang fast ununterbrochen allerschwerste Kämpfe<br />
mitmachte. Beim Abschied von der Vogesenfront fragte mich ein sehr<br />
anständiger und von mir verehrter General von Neubreisach, wie es denn<br />
möglich sei, dass ich ohne sein Wissen, ohne seine Genehmigung hier<br />
wegberufen werde. Als ich ihm dann ganz offen sagte, warum ich es hier<br />
nicht mehr aushalte und wie ich es gemacht hatte um wegzukommen,<br />
drückte er mir die Hand und sagte: „<strong>Hepp</strong>, ich beneide Sie. Ich würde<br />
ebenfalls gerne hier weggehen, aber mir ist es bisher nicht gelungen.“<br />
Bei den weiteren Kriegsereignissen musste ich leider öfters erleben, wie infolge<br />
der fortgesetzten Verminderung unserer Heeresbestände so viele aktive, einst<br />
aber frühzeitig pensionierte Offiziere, in relativ hohe Stellungen einrückten,<br />
denen sie jedoch nicht gewachsen waren. Auch zeigten sie oft bei lächerlich<br />
veralteten Vorurteilen häufig größten Mangel an sozialem Verständnis, so dass<br />
es nicht verwunderlich war, wenn von den Mannschaften späterhin über<br />
solche Vorgesetzte geschimpft wurde. Hierfür ein Beispiel: Als ich einmal nach<br />
schweren, sehr verlustreichen Kämpfen, meinem Gruppenführer gesagt hatte,<br />
dass ich meinen Mannschaften stets die augenblickliche strategische und<br />
taktische Lage und die Gründe zum dringend notwendigen Durchhalten<br />
erklärt habe, schrie mich dieser an: „Sind Sie eigentlich verrückt <strong>Hepp</strong>, Sie<br />
untergraben damit ja die Grundlagen der preußischen Armee. Die Kerls<br />
Kriegsberichte aus dem ersten Weltkrieg von <strong>Theodor</strong> <strong>Hepp</strong> Seite 14 von 45