Kiegsberichte Theodor Hepp - Europeana 1914-1918
Kiegsberichte Theodor Hepp - Europeana 1914-1918
Kiegsberichte Theodor Hepp - Europeana 1914-1918
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Nervenstrang im Körper erzitterte und spürbar wurde. Gegen die<br />
Sprengkörper war ich zwar nach vorn und den Seiten durch Panzerplatten<br />
geschützt, an die ich mich immer eng anlehnte, wenn von oben die Erde auf<br />
mich herunter prasselte. Aber niemals erhielt ich einen Volltreffer oder eine<br />
schwere Verwundung. Auch der Fernsprechunterstand direkt hinter dem<br />
Baum erhielt von den ganz schweren Kalibern zunächst keinen Volltreffer,<br />
zudem verstärkte ich denselben späterhin dauernd mit Beton und<br />
Panzerplatten nebst zwischenliegenden, federndem Schotter, wodurch eine<br />
ganz große Widerstandskraft erreicht wurde. Auf diese Idee wurde ich durch<br />
Unterhaltung mit einem einfachen Pionierfeldwebel in einem rückwärtigen<br />
Pionierpark gebracht, dem aber von seinem Vorgesetzten keine Beachtung<br />
geschenkt wurde. Da sie sich hier aber in der Praxis vorzüglich bewährte,<br />
worüber ich berichtete, wurde, nach Besichtigung derartige Konstruktionen,<br />
deren Bau in einer einzigen Nacht möglich war, in weitgehendem Maße<br />
angewandt. Was die Verluste unserer Infanterie durch das mehrtägige<br />
Trommelfeuer der Artillerie und der Minenwerfer anbetrifft, so waren die<br />
selben leider zum Teil sehr hoch, aber die verbliebenen Reste verteidigten sich<br />
mit einem wunderbaren Heldenmut. Jedoch wurde die nach Westen uns<br />
anschließende Gardedivision vollkommen überrannt bis über die<br />
Artilleriestellung hinaus, von denen die gesamten Mannschaften bajonettiert<br />
wurden und noch an den Geschützen lagen als durch Gegenstöße von rasch<br />
herangeführten Reserven dieses große Loch wieder zurückerobert werden<br />
konnte. Auch in meiner Division gelang dem Feind ein schmaler Durchbruch<br />
durch ein Tälchen hindurch, in das ich keinen Einblick hatte. Plötzlich wurde es<br />
im Grunde unter mir rund 300 m westlich meiner Batterie blau vor lauter<br />
Franzosen, sodass ich ihr den Befehl heruntergeben musste: „An die Karabiner<br />
zur Nahverteidigung.“ Aber auch in dieser momentan verzweifelt schlecht<br />
aussehenden Situation ging es wieder gut ab. Statt eines raschen weiteren<br />
feindlichen Vorstoßes, der auch mich von meinem Baum heruntergeholt und<br />
meine Kanoneniere, wie im Nachbarabschnitt endgültig erledigt hätte, kam<br />
dieser ganz rasch zum Stehen weil diese relativ schmale Einbruchsteile durch<br />
unsere Infanterie unter Beihilfe eines aus den Argonnen heraus vorstoßenden<br />
württembergischen Bataillons abgeriegelt und die durchbrochenen 4000<br />
Mann gefangen genommen werden konnten. Das spielte sich alles so rasch<br />
ab, dass mir der ganze Vorgang wie ein unfassliches Wunder erschien.<br />
Nachdem die hauptsächliche Angriffstätigkeit nachlassen hatte, bekam ich<br />
von höherer Stelle telephonisch ein langes großes Lob und durfte als Einziger<br />
in der Division aus meiner Batterie einen Mann auswählen, der zum Kaiser<br />
gesandt und von diesem, im Beisein des Kronprinzen (als Kommandeur<br />
unserer Heeresgruppe) das eiserne Kreuz angeheftet bekam. Die Auswahl<br />
eines solchen Mannes ist, wie auch bei sonstigen Verleihungen von Orden,<br />
immer sehr schwer unter so vielen tapferen Männern, die ununterbrochen im<br />
Feuer stehend ihre schwere Pflicht tun. Warum ich hierfür aus der für die<br />
Ausbesserung der Leitungen zur Batterie bestimmten Mannschaften einen<br />
Kanonier "Biever" bestimmte, geht aus anläßlichem Bericht hervor, den ich auf<br />
Ersuchen des Generalkommandos zur Veröffentlichung an die Presse<br />
einsandte. Außerdem wurde ich zur Berichterstattung vom Armeeoberkommando<br />
über meine Erfahrungen bei der Schlacht aufgefordert. Ich tat<br />
Kriegsberichte aus dem ersten Weltkrieg von <strong>Theodor</strong> <strong>Hepp</strong> Seite 20 von 45