Kiegsberichte Theodor Hepp - Europeana 1914-1918
Kiegsberichte Theodor Hepp - Europeana 1914-1918
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gegenüber. Das war keine Kanonade mehr, sondern ein einziges<br />
infernalisches Gebrülle. Wobei wie ausgerechnet wurde, auf 25 m Frontabschnitt<br />
in der Minute rund 60 Geschosse krepierten, ganz abgesehen von<br />
dem Donner der Geschütze. Wer das nicht erlebt hat, kann sich von der<br />
Wirkung auf unser Nervensystem überhaupt keine Vorstellung machen. Die<br />
Anzeichen von dieser bevorstehenden Offensive bestand zunächst darin,<br />
dass in dem rückwärtigen Gelände immerzu neue Gräben und betonierte<br />
Bunker entstanden, deren nächtliches Bauen ich wohl stören, aber nicht<br />
verhindern konnte. Ganz bedenklich aber war für mich, dass aus<br />
verschiedenen, durch die Schallmesstrupps feststellbaren Richtungen, sich<br />
schwere und allerschwerste Batterien mit Fliegerbeobachtung genau auf<br />
meine Batterie einschossen, deren Kaliber meine Verstärkung unserer<br />
Unterstände nicht gewachsen waren. Das war gottlob zunächst nur ein<br />
"Einschiessen" und nicht ein "Wirkungsschiessen", sodass ich vorerst mit viel<br />
Glück noch keine hohen Verluste hatte. Nun beantragte ich aber beim<br />
Artilleriekommandeur energisch einen Stellungswechsel meiner Batterie. Aber<br />
umsonst! „Er“ hatte diese Stellung ausgesucht und deshalb war sie gut! Dazu<br />
kam aber noch das Unglück, dass unsere Fliegerunterlegenheit immer größere<br />
und katastrophalere Formen annahm. Unsere Beobachtungsflieger für die<br />
Artillerie konnte sich bei unserem großen Mangel an Kampffliegern überhaupt<br />
nicht mehr über solche Linien hinaus vorwagen, wodurch für uns ein genaues<br />
Einschiessen auf die neuen feindlichen Batterien unmöglich wurde, wozu<br />
noch kam, dass dieselben bei neuester Konstruktion erheblich größere<br />
Schussweiten hatten als die unsrigen Batterien. Eine westlich von mir<br />
aufgestellte Feldhaubitzbatterie konnte gegen diese Entfernung überhaupt<br />
nicht aufkommen, auch war den Haubitzen bei ihrem Beschuss der<br />
Infanteriestellung ein so genauer Punktschuss wie bei mir gar nicht möglich,<br />
da ihre Flugbahn eine weit größere und höhere war. Am 22. September<br />
wurde zunächst in dreitägigem Trommelfeuer eine unbeschreibliche Hölle<br />
losgelassen, wie sie bis dahin einmalig in der Geschichte der Kriege war. Eine<br />
nähere Beschreibung ist wiederum in den angeschlossenen Kriegsberichten<br />
geschildert. Nach diesem dreitägigen Trommelfeuer glaubte die französische<br />
Führung, dass wir völlig erledigt seinen und kein Widerstand mehr leisten<br />
könnten. Dies wurde so auch den Truppen bekannt gegeben, welche nun bei<br />
den folgenden mehrtägigen Infanterieangriffen in Reih und Glied ganz offen<br />
anmarschierten, sodass mir dieselben ein Ziel darbieten, wie ich es niemals für<br />
möglich gehalten hätte. In kurzer Zeit waren riesige Flächen des Geländes mit<br />
Leichen und Verwundeten bedeckt, denen niemand helfen konnte. Ein<br />
entsetzlicher Anblick! Es war furchtbar dies im Scheerenfernrohr mit<br />
entsprechend bloßen Auge auf 120 m tagelang sehen zu müssen, wie sie sich<br />
noch bewegten und langsam zugrunde gingen. Und immer wieder neue<br />
Gefallene kamen hinzu bei den fortgesetzten weiteren Angriffen. Ich benützte<br />
für all diese lebenden Ziele, die gegen unsere Division so unmenschlich dumm<br />
anrannten, fortgesetzt Schrapnellsalven, die in 5-l0 m Höhe vor der<br />
vorgehenden Infanterie krepierend mit einem Schlag eine Fläche von 120 m<br />
Breite und 250 m Tiefe zudeckten, sodass ich ununterbrochen diese Salven<br />
seitlich verlegen und damit in kurzer Zeit nach allen Richtungen große Flächen<br />
bestreichen konnte. Ein verwundeter Infanterist, der an meinem Baum<br />
Kriegsberichte aus dem ersten Weltkrieg von <strong>Theodor</strong> <strong>Hepp</strong> Seite 18 von 45