musicbiz 16 | <strong>Film</strong> So<strong>und</strong> & <strong>Media</strong> sehr hoch. Auch allfällige Werbeeinnahmen sind derzeit noch eher bescheiden. Da bleibt unter dem Strich nicht viel übrig, auch wenn viele Streams abgerufen werden. MEdWENitSCH: Ein Stream <strong>und</strong> ein verkaufter Download sind zwei völlig unterschiedliche Geschäftsmodelle, die - wenn überhaupt - nur über einen langen Zeitraum miteinander verglichen werden können. Die Einnahmen der Künstler <strong>und</strong> Labels per einzelnem Track <strong>und</strong> per einzelnem Stream sind nicht sehr hoch. Aber dafür werden unzählige Streams konsumiert, etwa wenn ein Titel in der Playlist gespeichert <strong>und</strong> über Wochen <strong>und</strong> Monate, manchmal sogar über Jahre immer wieder gehört wird. Jedes Mal gibt es kleine Payments, die sich summieren – beim Kauf wird nur einmal bezahlt. SEdlaCZEK: Das ist eine ganz einfache Milchmädchenrechnung: pro CD erhielten die betroffenen Urheber beim Verkauf der CD ca. 9% des Handelsgroßpreises, der zwischen 7 <strong>und</strong> 10 Euro lag. Beim Streaming müssen alle Urheber, deren Werke in einem Monat genutzt werden, den prozentuellen Anteil am Nettopreis des Streamingabos teilen, der pro Monat max. € 9,90 ausmacht. Das kann sich nicht ausgehen. Verschmälern Streamingangebote insgesamt die Einnahmen der Musikerinnen oder sind die neuen technologien ein Segen für die Musiker? GraNiNGEr: Streamingangebote sind eine neue, zusätzliche Möglichkeit der Verwertung ihrer Werke für die Urheber. Die Streamingerlöse werden schon alleine durch die laufend steigende Zahl an Streaming-Diensten steigen. Auch die Zahl der Musik Download Shops nimmt zu. Konzerte <strong>und</strong> andere Musikveranstaltungen erfreuen sich ungebrochen großer Beliebtheit. MEdWENitSCH: Vor der Alternative Fluch oder Segen, neige ich eher zu Segen. In Skandinavien hat Streaming den Musikmarkt nach 10 Jahren des Schrumpfens wieder auf Wachstumskurs gebracht. Schweden legte in 2012 um 11 % zu, der Anteil des Digitalmarktes liegt dort bereits bei über 50%. Es gibt keine Anzeichen, dass Streaming die Einnahmen schmälert, weil es andere Umsätze nicht kannibalisiert. SEdlaCZEK: Was die Einnahmen betrifft, siehe meine vorhergehende Rechnung. Das hat aber nichts mit bestimmten technischen Möglichkeiten zu tun, sondern mit dem Marktpreis, den man erzielen kann. Wenn Konsumenten nicht bereit sind, mehr Geld für diese Dienste auszugeben <strong>und</strong> die Labels <strong>und</strong> Urheber ihre Anteile an den Einnahmen der Services nicht wesentlich erhöhen können, dann wird es bei dieser Situation bleiben. Die Frage ist, ob die Einnahmen wesentlich steigen würden, wenn sich diese Onlinedienste als Massenkonsum – ähnlich dem Radio, durchsetzen Die Situation in Skandinavien, in denen diese Streamingdienste bereits den Offline Markt ablösen, zeigen aber, dass diese Rechnung zumindest für die Urheber vorerst nicht aufgeht. Wo sehen Sie einen Haken beim Musikstreamen, was sind die Nachteile ? MEdWENitSCH: Ich suche nicht das Haar in der Suppe. Entscheidend ist, was der musikaffine Konsument will - <strong>und</strong> der will Streaming. SEdlaCZEK: Für den Konsumenten gibt es überhaupt keinen Haken. Die Haken für die Urheber <strong>und</strong> Interpreten liegt im Werteverlust ihrer Werke, aber nicht in einer bestimmten Technik. Hat sich durch das aufkommen vieler neuer potenzieller Einkommensquellen der administrative aufwand erhöht zulasten von… ? GraNiNGEr: Die Verarbeitung der Nutzungsmeldungen der Musik-Dienste verursacht schon aufgr<strong>und</strong> der Repertoirefragmentierung einen sehr hohen Aufwand. Die möglichst vollständige Erfassung <strong>und</strong> Lizenzierung auch kleinerer lokaler Angebote, wie z.B. Webradios, Musik auf Websites mit Hintergr<strong>und</strong>charakter uäm, verursacht ebenfalls viel Aufwand. Die zur Ausschüttung an die Urheber zur Verfügung stehende Summe hängt ganz wesentlich vom Aufwand ab, der mit der Lizenzierung <strong>und</strong> Tantiemenabrechnung an die Urheber verb<strong>und</strong>en ist. MEdWENitSCH: Dieser Aufwand hat sich erhöht, <strong>und</strong> der Aufwand für die Lagerhaltung physischer Produkte hat sich verringert. Das Musikgeschäft ist heute sicher vielschichtiger geworden als früher <strong>und</strong> verlangt auch andere Fähigkeiten <strong>und</strong> Ausbildungen. Paradigmenwechsel eben. SEdlaCZEK: Natürlich. Die Erhöhung des administrativen Aufwands geht letztendlich zu Lasten aller. Wird aufgr<strong>und</strong> neuer Geschäftsmodelle wie zb. Streaming wieder alles gut in der Musikwirtschaft ? GraNiNGEr: Wir sind optimistisch, dass sich das Angebot an Diensten noch weiter vergrößern wird <strong>und</strong> wir hoffen, dass das Streaming-Modell sich in Österreich so erfolgreich entwickeln wird wie in Skandinavien. MEdWENitSCH: Alles wird gut! SEdlaCZEK: Natürlich eröffnet das Internet auch viele neue Möglichkeiten. Die Frage ist, wer wie auf diese Möglichkeiten reagieren kann. Der Offlinemarkt, sprich CD-Markt, steht vor der Kernschmelze. Der Radio/TV Markt wird noch solange gut laufen, solange die Werbeetats nicht in großem Ausmaß in den Online-Bereich verschoben werden. Bleibt noch der Markt für Live-Aufführungen. Ein Urheber, der nicht zugleich Interpret ist, hat auf diesem Markt keine Möglichkeiten. Streaming ist kein Geschäftsmodell, sondern eine technische Möglichkeit der Darbietung. Wie einzelne Beispiele von YouTube/ Google zeigen, kommt es bei den derzeit am Markt befindlichen Geschäftsmodellen darauf an, wieviel Werbeeinschaltungen man generieren kann – das ist derzeit die Währung im Internet (Anm. Die meisten Streamingdienste bieten auch unentgeltliche Services an, die sich nur durch Werbeeinnahmen finanzieren, so genannte „add f<strong>und</strong>ed services“). Kurz- <strong>und</strong> mittelfristig sehe ich nicht, wie alles wieder gut werden kann – wenn mit gut der Zustand von vor ca. 10 Jahren gemeint ist. Seitdem sind die Einnahmen meiner Gesellschaft im Sinken.
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