sOunDs Right VOn thOMas WallEntin Eines der unterhaltsamsten Sendeformate im Fernsehen ist zweifelsohne „Mit versteckter Kamera“ oder auch „Verstehen Sie Spaß“. Nach dem Motto „Nichts ist so fantasievoll wie die Wirklichkeit“, werden in inszenierten Situationen „wirkliche“ Menschen durch „nichtwirkliche“ Menschen (= Schauspieler) in Situationen gebracht, die sie – objektiv betrachtet – nicht wirklich im besten Lichte erscheinen lassen; „vulgo“, der (wenn auch „nett gemeinten“) Lächerlichkeit Preis geben. Und dabei (versteckt) gefilmt werden. Dass für die Verwertung dieser <strong>Film</strong>aufnahmen die Zustimmung der betroffenen abgefilmten Personen einzuholen ist, leuchtet ohne weiteres ein <strong>und</strong> bedarf keiner komplizierten rechtlichen Begründung: § 78 UrhG verbietet die zustimmungslose Verwertung von Foto/<strong>Film</strong>aufnahmen, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt würden. Dass unter Umständen aber schon das Fotografieren <strong>und</strong> <strong>Film</strong>en von Personen an sich (<strong>und</strong> eben nicht erst die Verwertung dieser Aufnahmen) von der Zustimmung dieser Personen abhängig ist, bedarf rechtlich doch einer ausführlicheren Begründung. Nicht groß begründet werden muss dies zunächst bei Eingriffen in die Privat- <strong>und</strong> Intimsphäre. Niemand muss damit einverstanden sein, dass seine Geheimsphäre, sein Familienleben, über ein auf ihn (versteckt oder nicht-versteckt) gerichtetes Kameraobjektiv ausgek<strong>und</strong>schaftet wird. Geheime Bildaufnahmen im Privatbereich, Überwachungen <strong>und</strong> Verfolgungen sowie systematische, verdeckte, identifizierende Videoüberwachung waren insoweit immer schon rechtlich unzulässig. Eine jüngere Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (6 Ob 256/12h v 27.02.2013) scheint nun aber dem eingangs erwähnten beliebten Sendeformat den Garaus zu machen. Oder doch nicht? Worüber musste der fünfköpfige Richtersenat entscheiden? Im Zuge eines Rechtsstreites zwischen einem Bauunternehmer <strong>und</strong> einem Hauseigentümer über (angebliche) Baumängel kam es zu einem Bef<strong>und</strong>aufnahmetermin vor Ort. Im Zuge dieser offensichtlich nicht ganz friktionsfrei ablaufenden Amtshandlung „besinnt“ sich der Hauseigentümer seines „Hobbies“ <strong>und</strong> fertigt mit seiner Digitalkamera ein Lichtbild an, auf dem unter anderem der Rechtsanwalt des unliebsamen Bauunternehmers mit abgebildet wird. Der Forderung des Rechtsanwaltes nach sofortiger Löschung des Fotos kommt er nicht nach. Auf die Frage nach dem Zweck der Anfertigung des Fotos meint er lapidar: „Zur Belustigung“. Der solcherart digitalbildlich verewigte Rechtsanwalt befand jedoch: „Schluss mit Lustig“. Und klagte den „Hobbyfotografen“ auf Unterlassung der Anfertigung von Fotoaufnahmen seiner Person. Und bekam – letztlich (die beiden Unterinstanzen waren da noch anderer Meinung) - vor dem OGH Recht! Verallgemeinert könnte dies nun bedeuten: Ohne ihre Zustimmung dürfen Personen nicht mehr fotografiert oder gefilmt werden. Auch nicht im öffentlichen Raum. 46 | <strong>Film</strong> So<strong>und</strong> & <strong>Media</strong> Also, der Kameraschwenk des Dokumentarfilmers über die bevölkerte Straße wäre demnach unzulässig. Eine durchaus spannende Konsequenz übrigens auch in Zeiten des globalen Bürger-Journalismus: denn jeder Besitzer einer Digitalkamera, also auch eines smart phones (gibt es überhaupt noch Menschen, die sich im öffentlichen Raum bewegen <strong>und</strong> dabei kein derartiges Gerät mit sich führen?), kann den von ihm ad hoc verfassten (journalistischen) Wort-/Bildbericht in „der“ Weltzeitung (=Internet) veröffentlichen (was ja auch geschieht). Ohne jegliche redaktionelle Vor-/ Nachprüfung. Und wenn anonym geschehen, auch rechtlich ohne Verantwortlichkeit... Spannend, auch für die Vielzahl selbsternannter Digital-Sheriffs. Vielfach werden Bürger von staatlichen Behörden ja schon offiziell dazu aufgerufen, ,,als „adhoc-Detektive“ im Rahmen der Verfolgung von – auch bloß vermeintlichen (!) – Straftätern mit der Kamera unterwegs zu sein. Nach dem Motto (frei nach Wilhelm Busch), „Ist das Konterfei erst digitalisiert, diffamiert sich‘s gänzlich ungeniert!“, sieht der OGH nun aber in Anbetracht der besonderen Verbreitungs- <strong>und</strong> auch Manipulationsmöglichkeiten durch die moderne Digitaltechnologie schon im Betätigen des Auslösers der Kamera eine potentiell die Persönlichkeitsrechte des Abgebildeten gefährdende Handlung. Nicht erst die Verwertung eines Photos, sondern eben schon der „click“ berechtigt den digital Abgebildeten unter Umständen zur rechtlichen Gegenwehr. Und damit kann aber auch schon wieder eine gewisse Entwarnung – vor allem für Berufsphotographen, Journalisten <strong>und</strong> <strong>Film</strong>er - gegeben werden. Denn nur die im Rahmen einer umfassenden Güter- <strong>und</strong> Interessenabwägung zugunsten des Abgebildeten ausschlagende Beurteilung macht schon auch die Herstellung der Foto-/<strong>Film</strong>aufnahme zur rechtswidrigen Handlung. Selbstverständlich darf eine Überspannung des Schutzes der Persönlichkeitsrechte dabei nicht zu einer unerträglichen Einschränkung der Interessen anderer <strong>und</strong> jener der Allgemeinheit führen. In Anbetracht der eingangs erwähnten besonderen Gefährdung der Persönlichkeit durch die Digitaltechnologie erscheint mir aber die Pflicht zur Achtsamkeit schon vor dem „Abdrücken“ eine zeitgemäße <strong>und</strong> hinnehmbare Einschränkung der Fotografier- <strong>und</strong> <strong>Film</strong>freiheit gegenüber jedermann zu sein. Die Verlockung des „digitalen Schnellschusses“ <strong>und</strong> letztlich auch Gefahr einer unbedachten Handlung, kann hier unter Umständen angesichts des ewigen Gedächtnisses des Internets unabsehbare negative Folgen haben. Die auch der diese Handlung Setzende unter Umständen so nicht beabsichtigt hatte. Weiterhin zulässig wird demnach bspw das zufällige Aufnehmen (Fotografieren, <strong>Film</strong>en) von Fußgehern auf öffentlichen Wegen sein; eben der erwähnte „Kameraschwenk“. Ob damit aber auch die Kamera auf dem berühmten roten Auto von Google Street View rechtmäßig „arbeitet“ halte ich für zweifelhaft. Handelt es sich dabei doch um eine planmäßige, flächendeckende <strong>und</strong> systematische, potentiell auch identifizierende Abfilmung (auch) von Personen. Die nach dieser Gerichtsentscheidung vielerorts von Medienvertretern schon ausgerufene unzumutbare Pflicht zur Selbstzensur sehe ich nicht. Wohl aber den sinnvollen <strong>und</strong> begrüßenswerten Ansatz für die Eindämmung eines halt- <strong>und</strong> hemmungslos sich nur dem Diktat auflagen- oder quotensteigernder lüsterner Sensationsgier hingebenden Fotografier- <strong>und</strong> <strong>Film</strong>wahns im öffentlichen, aber auch öffentlich gemachten privaten Raum. Zugegeben – „Mühsamer“ kann‘s unter Umständen schon werden. Für „Journaillisten“ oder „Cyber-Mobber“. Schlecht? PS: Weiterhin spannend verläuft übrigens die „Causa <strong>Film</strong>urheberrecht“. Anders als ursprünglich geplant, kommt es im Zuge der anstehenden UrhG Nov 2013 nun doch zu keinerlei Änderungen oder Klarstellungen der filmurheberrechtlichen Bestimmungen. Muss es auch nicht – zumindest nach Ansicht des Handelsgerichtes Wien. In seinem Urteil vom 25.3.2013 (57 Cg 72/12g) im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens Luksan/Van der Let hält das Erstgericht nämlich fest, dass eine europarechtskonforme Interpretation auch des geltenden Gesetzeswortlautes möglich ist. Insbesondere die sog „cessio legis“ ist demnach im Sinne einer widerleglichen Vermutung der Rechteeinräumung an den Produzenten auszulegen; dies bei gleichzeitiger Unverzichtbarkeit der dem Hauptregisseur als <strong>Film</strong>urheber zustehenden gesetzlichen Vergütungsansprüche, wobei entsprechende Ansprüche parallel auch dem <strong>Film</strong>hersteller zustehen. Bleibt abzuwarten, ob diese Rechtsansicht auch von den Oberinstanzen, vor allem dem Obersten Gerichtshof (so er die Gelegenheit bekommt, sich dazu zu äußern), geteilt wird. Oder, ob der Gesetzgeber nicht doch aktiv wird: die nächste „Trägerrakete“ für allfällige Änderungen der filmurheberrechtlichen Bestimmungen im UrhG steht jedenfalls schon auf der Startrampe – bis Ende Oktober 2014 muss Österreich die Vorgaben der EU Richtlinie betreffend verwaiste Werke in innerstaatliches Recht umsetzen. Also: Fortsetzung – in welcher Form auch immer - folgt.
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