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m Anfang war das Licht, und das Licht<br />

Akam vom Feuer: Ein Fackelzug unbelehrbarer<br />

Nazis näherte sich 1992 der Drachenburg.<br />

Die Filmszene stammt aus Helmut<br />

Dietls „Schtonk“, und gedreht hat er<br />

sie auf dem Drachenfels oberhalb von Königswinter.<br />

Die bitterböse Satire über die gefälschten<br />

Hitler-Tagebücher lag in der allerersten<br />

Fördersitzung der <strong>Filmstiftung</strong> NRW 1991<br />

<strong>als</strong> Antrag vor und konnte das Gremium<br />

überzeugen. Über zwei Millionen Kinobesucher<br />

und eine Oscar-Nominierung waren<br />

der Lohn. Kein schlechter Start für die <strong>Filmstiftung</strong>,<br />

die in ihrem ersten Jahr insgesamt<br />

23 Filme unterstützte, darunter weitere Klassiker<br />

wie „Kleine Haie“, „Manta – der Film“<br />

oder „Nordkurve“. 20 Jahre später hat die<br />

<strong>Filmstiftung</strong> NRW über 1.524 Projekte mit<br />

rund einer halben Milliarde Euro gefördert<br />

und steht an der Schwelle zu einem neuen<br />

Zeitalter des Medienlands NRW.<br />

Als Dieter Kosslick 1992 von Hamburg<br />

nach Düsseldorf kam, hatte er die Aufgabe,<br />

<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> neben den klassischen<br />

Medienmetropolen Berlin und München<br />

<strong>als</strong> dritte Kraft zu etablieren. „Schauen<br />

Sie doch mal Rhein“ war einer der ersten<br />

Slogans, mit dem er für den Standort warb.<br />

Kurz darauf hatte sich die Einladung auch<br />

im Ausland herumgesprochen: Peter Greenaway<br />

kam nach NRW, um „Baby of Macon“<br />

zu drehen. „Farinelli“ von Gérard Corbiau,<br />

„Der fliegende Holländer“ von Jos Stelling,<br />

„My Friend Joe“ von Chris Bould und<br />

„The Passion of Darkly Noon“ von Philip Ridley<br />

waren weitere internationale Koproduktionen<br />

der ersten Jahre. Ziel war es dam<strong>als</strong>,<br />

mit dem Import von Know-how die Filmschaffenden<br />

in NRW fit zu machen für den<br />

internationalen und heimischen Filmmarkt.<br />

Aufbau und Ausbau der bereits bestehenden<br />

Strukturen standen auf der To do-<br />

Liste ganz oben. „Mit guten Filmen Arbeitsplätze<br />

schaffen“, lautete ein weiterer Slogan<br />

der ersten Jahre, der die Mischung von<br />

kulturellem und wirtschaftlichem Auftrag<br />

auf den Punkt brachte. Dazu diente auch<br />

der NRW-Effekt, der bis heute von jedem<br />

Produzenten verlangt, für jeden Euro Förderung,<br />

mindestens 1,50 Euro in <strong>Nordrhein</strong>-<br />

<strong>Westfalen</strong> auszugeben. Mit diesem zusätzlichen<br />

Geld, das in die heimische Filmwirtschaft<br />

geleitet wurde, gelang der Aufstieg<br />

des Quereinsteigers NRW erstaunlich schnell<br />

– auch dank des politischen Willens und vor<br />

allem der engagierten und filmbegeisterten<br />

Produzenten im Land, wie Pandora, Little<br />

Shark, Colonia Meda, Lichtblick und<br />

Tag/Traum oder auch noch jungen Unternehmen<br />

wie Heimatfilm, Ariel Films, 2 Pilots<br />

und Busse&Halberschmidt, um nur einige<br />

wenige zu nennen.<br />

Infrastrukturförderung bedeutete von<br />

Anfang an aber auch, die Abspielstätten zu<br />

unterstützen. Die ersten Jahresfilmprogrammpreise<br />

wurden bereits im Gründungsjahr<br />

an 29 Filmtheater in NRW vergeben.<br />

Bis heute hat die <strong>Filmstiftung</strong> NRW<br />

942 Kinoprogrammpreise im Wert von 7,5<br />

Millionen Euro vergeben und insgesamt 375<br />

Kinomodernisierungen und Neubauten mit<br />

12 Millionen Euro unterstützt. Spektakulärstes<br />

Beispiel: die Lichtburg in Essen, die seit<br />

2003 wieder im alten Glanz erstrahlt.<br />

Dazu kam die Aufgabe, für gut quali-<br />

18<br />

Am 27. Februar 1991 gründeten das Land NRW und der WDR in Person<br />

von Johannes Rau und Friedrich Nowottny die <strong>Filmstiftung</strong> NRW. Vor<br />

zwanzig Jahren war die Gründung ein Akt des Strukturwandels und wurde<br />

außerhalb NRWs eher skeptisch beurteilt. Die Geschichte hat die Zweifler<br />

widerlegt: NRW ist heute einer der führenden Medienstandorte in Europa.<br />

fizierten Nachwuchs zu sorgen. Zuerst über<br />

die beliebte Praktikantenförderung und<br />

Drehbuchseminare mit amerikanischen Experten,<br />

danach durch die Schreibschule<br />

Köln. Aus ihr wurde im Jahr 2000 über den<br />

kurzen Umweg der Filmschule Köln die ifs<br />

– internationale filmschule köln wurde, die<br />

seitdem gemeinsam mit der Kölner Kunsthochschule<br />

für Medien und der FH Dortmund<br />

das Land mit klugen und kreativen<br />

Köpfen versorgt. Die <strong>Filmstiftung</strong> NRW hat<br />

sie bei ihrem Start begleitet: mit eigenen<br />

Förderprogrammen, der Six-Pack-Initiative<br />

mit dem WDR und dem AV-Gründerzentrum<br />

NRW, an dessen Gründung die <strong>Filmstiftung</strong><br />

NRW 2006 beteiligt war, und das<br />

mit seinen Stipendien helfen soll, die Talente<br />

im Land zu halten.<br />

Die Phase Dieter Kosslicks war eine Phase<br />

der Premieren: erste Auftritte der <strong>Filmstiftung</strong><br />

NRW auf der Berlinale und in Cannes,<br />

erste Preise auf internationalen Festiv<strong>als</strong>, die<br />

ersten Goldenen Leinwände 1996 für „Männerpension“<br />

und 1997 für „Knockin´ on Heaven´s<br />

Door“. In dieser Zeit eroberte der<br />

deutsche Film seine Besucher zurück. Eine<br />

Million verkaufte Kinokarten waren nicht die<br />

Ausnahme, sondern eher die Regel. Von den<br />

Beziehungskomödien der 90er profitierten<br />

auch die Filme mit Arthouse-Anspruch, die<br />

auf die neu entstandenen professionellen<br />

Strukturen zurückgreifen konnten.<br />

„Flughöhe halten“, gab Michael<br />

Schmid-Ospach <strong>als</strong> Parole aus, <strong>als</strong> er 2001<br />

die Leitung der <strong>Filmstiftung</strong> NRW von Dieter<br />

Kosslick übernahm, der zur Berlinale an<br />

die Spree wechselte. Der WDR-Mann<br />

Schmid-Ospach kannte die <strong>Filmstiftung</strong><br />

NRW genau. Bereits seit 1992 war er Vorsitzender<br />

ihres Aufsichtsrates.<br />

20 Jahre <strong>Filmstiftung</strong> NRW<br />

Es bleibt<br />

spannend<br />

VON RÜDIGER BERTRAM<br />

Die Aufbauphase war gelungen. NRW<br />

hatte sich mit seinen mittelständischen Produktionsfirmen<br />

neben den großen Playern<br />

in München und Berlin <strong>als</strong> dritte Kraft in<br />

Deutschland etabliert. Jetzt galt es, das Profil<br />

zu schärfen und mit den neuen Gesellschaftern<br />

ZDF (seit 1997), RTL (seit 2002)<br />

und der Landesanstalt für Medien NRW (seit<br />

2003) die internationale Vernetzung weiter<br />

voran zu treiben. Die Zusammenarbeit<br />

mit Polen, Frankreich und Israel wurde zu<br />

einem Schwerpunkt, aber auch mit den<br />

USA oder Südamerika mehrten sich die Kooperationen.<br />

Dabei hatte sich die Perspektive<br />

der Zusammenarbeit entscheidend geändert:<br />

Die internationalen Koproduktionen<br />

kamen nun nicht mehr <strong>als</strong> Lehrer, sondern<br />

weil sie – neben der Förderung – in NRW<br />

perfekte Produktionsbedingungen vorfanden,<br />

wie z.B. in den MMC-Studios, und optimale<br />

Postproduktionsbedingungen, wie<br />

etwa bei Torus Film, Soundvision und Pictorion/Das<br />

Werk.. Jean-Pierre Jeunet, Michael<br />

Haneke, Lars von Trier, Stephen Frears,<br />

Stephen Daldry arbeiteten in diesen Jahren<br />

mit der <strong>Filmstiftung</strong> NRW genauso zusammen,<br />

wie Ken Loach, der zwar nie in<br />

NRW drehte, aber gemeinsam mit der <strong>Filmstiftung</strong><br />

NRW sieben seiner Filme realisierte.<br />

Ab 2007 half dann auch der Deutsche<br />

FilmFernsehfonds, Produktionen wie etwa<br />

„Der Vorleser“ nach NRW zu holen.<br />

Die Integration der Aufgaben des Filmbüros<br />

NW in die <strong>Filmstiftung</strong> NRW, der weitere<br />

Ausbau der Ausbildung an der ifs und<br />

die starke Betonung des Kultur-Begriffs waren<br />

weitere prägende Momente der zehn<br />

Jahre, die Schmid-Ospach der <strong>Filmstiftung</strong><br />

vorstand und in denen es ihm sogar gelang,<br />

den reiseunwilligen Lars von Trier für die Dre-<br />

newsletter 1/2011 – 20 Jahre <strong>Filmstiftung</strong> NRW<br />

harbeiten zu „Antichrist“ nach NRW zu locken.<br />

Eine Auszeichnung in Cannes für<br />

Hauptdarstellerin Charlotte Gainsbourg war<br />

die Belohnung. In MSO´s Amtszeit fallen viele<br />

internationale Preise auf den großen Festiv<strong>als</strong>.<br />

Insgesamt gewannen die Filme der<br />

<strong>Filmstiftung</strong> in ihrer Geschichte einen Oscar,<br />

einen Emmy, drei Golden Globes, acht Bären<br />

auf der Berlinale, sieben Palmen in Cannes,<br />

33 Europäische<br />

Filmpreise, 93 Deutsche<br />

Filmpreise und 15<br />

Deutsche Fernsehpreise.<br />

Den gewann auch<br />

der WDR-Zweiteiler<br />

„Contergan“ von Adolf<br />

Winkelmann, der gegen<br />

den zähen, juristischen<br />

Widerstand des<br />

Aachener Pharmakonzerns<br />

Grünthal im November<br />

2007 endlich ausgestrahlt wurde.<br />

Fernsehförderung war von Anfang an fester<br />

Bestandteil der Filmförderung am Rhein.<br />

Kino hatte Priorität, aber auch gutes Fernsehen<br />

wurde in den Jahren kontinuierlich gefördert,<br />

wie 32 Adolf Grimme Preise belegen.<br />

Den 775 Kinofilmen, die mit 358 Millionen<br />

Euro gefördert wurden, stehen in der<br />

20-jährigen Geschichte der <strong>Filmstiftung</strong> 196<br />

TV-Projekte mit einer Förderung von 113<br />

Millionen Euro gegenüber. Darunter Produktionen<br />

wie Heinrich Breloers „Die Manns“,<br />

für den er einen Emmy erhielt. Einige Jahre<br />

später realisierte er seine ebenfalls geförderten<br />

„Buddenbrooks“ sowohl in einer Kino<strong>als</strong><br />

auch in einer TV-Fassung. Dem Lagerdenken<br />

zwischen Film und Fernsehen hat sich<br />

die <strong>Filmstiftung</strong> NRW nie angeschlossen,<br />

wohl wissend, dass nur die wenigsten Kinofilme<br />

ohne Senderbeteiligung überhaupt<br />

möglich sind. Eine Erkenntnis, die im wichtigsten<br />

deutschen Fernsehstandort nicht<br />

überraschend kommt und sich in vielen Kooperationen<br />

mit dem WDR, Arte, ZDF, RTL<br />

und Degeto manifestiert.<br />

Drei Phasen der <strong>Filmstiftung</strong> NRW, die<br />

eng mit ihren jeweiligen Geschäftsführern<br />

verbunden sind, hat auch die neue Aufsichtsratsvorsitzende<br />

Frauke Gerlach ausgemacht:<br />

Die dritte Phase beginnt gerade, und<br />

für diese Phase steht Petra Müller, die im<br />

September 2010 aus Berlin zurück an den<br />

Rhein kam. „Im Sinne einer lernenden Einheit<br />

geht es darum, die wirtschaftlichen und<br />

kulturellen Kräfte des Landes zu vernetzen<br />

und Anschlüsse zwischen den unterschiedlichen<br />

Branchen herzustellen“, skizziert Gerlach<br />

die kommenden Aufgaben.<br />

In den nächsten Jahren wird die <strong>Filmstiftung</strong><br />

NRW ihr Augenmerk neben ihrem<br />

Kerngeschäft – der klassischen Filmförderung<br />

– verstärkt auf die Nutzung von Konvergenzen<br />

zwischen den verschiedenen Medien<br />

richten. Dazu zählt u.a. auch die Anschubförderung<br />

für die Entwicklung von<br />

Computerspielen, innovativen Webinhalten<br />

und crossmedialen Projekten. Außerdem<br />

übernimmt die <strong>Filmstiftung</strong> NRW das Standortmarketing<br />

für die Medienlandschaft<br />

NRW. Ziel wird es sein, das Medienland <strong>als</strong><br />

Einheit zu betrachten, das aus vielen starken<br />

Teilbereichen besteht, die noch stärker<br />

sein können, wenn sie voneinander wissen<br />

und zusammen arbeiten.<br />

Es bleibt spannend in NRW.

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