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Interview Peter Pabst zu „Pina“<br />
„Jeder Tag eine<br />
Entdeckung“<br />
eter Pabst gestaltet seit 1980 die Bühnen-<br />
Pbilder für Pina Bauschs Tanztheater Wuppertal.<br />
Auch in Wim Wenders’ 3D-Tanzfilm „Pina“<br />
spielen seine häufig mit Naturmaterialien gestalteten<br />
Räume eine große Rolle.<br />
Herr Pabst, wie haben Sie die<br />
Arbeit mit Wim Wenders an dem<br />
Film „Pina“ erlebt?<br />
Das Medium war für mich nicht neu. Ich<br />
habe schon einige Filme im Laufe meines Lebens<br />
gemacht. Natürlich musste man die Bühnendekorationen,<br />
die bei mir schon sehr akribisch gearbeitet<br />
sind, für den Film noch genauer arrangieren<br />
und noch detaillierter kontrollieren. Die<br />
Kamera sieht Dinge, die man auf einer normalen<br />
Bühne nicht merken würde. Die Bühnenbilder<br />
haben wir nicht verändert: „Sacre“ kann<br />
man nicht verändern, „Café Müller“ genauso<br />
wenig. Was eine Entdeckung für alle war: Wie<br />
ungeheuer viel Licht diese 3D-Technik braucht.<br />
Wir haben massiv gelernt und umgeändert. Die<br />
Vorstellungen, die Wenders gefilmt hat, sahen<br />
schon anders aus <strong>als</strong> sonst. Das war aber kein<br />
Problem fürs Publikum. Es wurde vorher informiert,<br />
dass es Dreharbeiten und einen Riesenkran<br />
im Zuschauerraum geben würde. Die Vorstellungen<br />
bekamen durch das Abenteuer des<br />
Filmdrehens auch für die Zuschauer eine andere<br />
Dimension.<br />
Was war das Schönste an den<br />
Dreharbeiten?<br />
Das Schönste war zu beobachten, wie diese<br />
beiden Truppen zueinander gekommen sind,<br />
das Filmteam und das Tanzensemble. Das ist eine<br />
noch unerzählte Geschichte, eine Liebesgeschichte.<br />
Unsere Tänzer haben nicht viel Erfahrungen<br />
mit Film gehabt, und die Filmcrew kannte<br />
das Theater und die Compagnie nicht. Sie waren<br />
zwei fremdelnde Welten, die sich im Laufe<br />
dieser Arbeit ineinander verliebten, das war<br />
zauberhaft. Deswegen hat die Arbeit auch so<br />
ungeheuren Spaß gemacht. Beide Seiten waren<br />
traurig, <strong>als</strong> die Dreharbeiten beendet waren<br />
und sie sich wieder trennen mussten. Und<br />
<strong>als</strong> das Tanztheater das erste Mal wieder in Paris<br />
gespielt hat, stand fast die gesamte französische<br />
3D-Gruppe auf der Matte und sah sich<br />
die Vorstellungen an – jede. Das zu beobachten,<br />
hat richtig großen Spaß gemacht.<br />
Wie erklären Sie sich diese<br />
gegenseitige Liebe?<br />
Eigentlich habe ich gedacht, das Tanztheater<br />
und die Filmcrew führen ein „Zigeunerleben“<br />
und sind ständig unterwegs. Sie entwickeln<br />
eine große Fähigkeit, sich zu Hause zu fühlen<br />
an dem nächsten fremden Ort. Da haben sich<br />
zwei Gruppen getroffen, denen es ähnlich ergeht.<br />
Das war eine sehr schöne Erfahrung.<br />
Welche Auswirkungen hatte es,<br />
die Szenen, die sonst im Theater<br />
stattfinden, in die Natur zu versetzten<br />
und sie aus dem Stückzusammenhang<br />
zu lösen?<br />
Ich denke, es funktioniert erstaunlich gut.<br />
Einmal bestehen die Stücke von Pina Bausch aus<br />
lauter kleinen Episoden. Sie entstehen aus einzelnen<br />
kleinen Geschichten, die auf Proben ent-<br />
6<br />
Pina Bausch und Peter Pabst im Bühnenbild<br />
von „Nur Du”, Foto: Maarten Vanden Abeele<br />
wickelt werden, und irgendwann hat Pina sie<br />
zu einem Stück montiert. Deshalb ist es nicht<br />
schlimm, wenn sie wieder in Episoden zerfallen.<br />
Dass der Wim Wenders dann auch rausgegangen<br />
ist in die Natur, war wunderbar und hatte<br />
eine Logik: Ich habe immer furchtbar viel Natur<br />
ins Theater reingeschleppt, denn es geht mir<br />
immer um die Reibung, die dadurch entsteht.<br />
Ich mag diese natürlichen Materialien, weil sie<br />
unverbraucht, sinnlich und widerspenstig sind.<br />
Und Wim Wenders hat die Tänze mit nach draußen,<br />
in die Natur, genommen. Da passiert etwas<br />
Ähnliches. Da entsteht ebenfalls Reibung –<br />
und das ist sehr reizvoll.<br />
Wie emfanden Sie die<br />
3D-Effekte?<br />
Ich fand das sehr spannend – wie alle Beteiligten.<br />
Jeder Tag war eine Entdeckung: Ob das<br />
Licht stimmte, was in einem Raum wirkt oder<br />
nicht. Die Technik ist schön, weil sie noch eine<br />
Dimension dazu gibt. Auch bei vielen Bühneneffekten.<br />
Ich kenne das schon von meinen Modellen:<br />
Ich probiere etwas aus, das eine verrückte<br />
Raumwirkung hat. Und wenn ich es fotografiere<br />
oder filme, ist die Raumwirkung weg. 3D<br />
bringt einem das wieder. Ohne Zweifel ein großer<br />
Gewinn für Theater und Tanz, wo es stark<br />
um Räume geht, die durchmessen und neu definiert<br />
werden.<br />
Glauben Sie, Pina Bausch hätte<br />
der Film gefallen?<br />
(nachdenklich) Ich glaube, ja – ich bin mir<br />
sogar sicher.<br />
Peter Pabst, geboren 1944, war von<br />
1973 bis 1979 bei Peter Zadek am Bochumer<br />
Schauspielhaus engagiert. Seit 1979<br />
arbeitet er <strong>als</strong> freier Bühnen- und Kostümbildner<br />
für Schauspiel, Oper, Film und Fernsehen.<br />
2013 soll er für Wim Wenders’ Inszenierung<br />
des „Rings“ in Bayreuth das<br />
Bühnenbild entwerfen. Ein langes Gespräch<br />
zwischen Wim Wenders und Peter<br />
Pabst findet sich in dem Band „Peter für<br />
Pina“, Kettler Verlag 2010, 368 S.; oder unter<br />
www.pina-bausch.de<br />
Forum<br />
Alles unter<br />
Kontrolle<br />
Sebastian Heidinger drehte ...<br />
Foto: Berlinale<br />
Volker Sattel drehte ...<br />
Foto: Berlinale<br />
Das Forum der Berlinale gilt <strong>als</strong> die experimentierfreudigste<br />
Sektion der Berlinale und<br />
beweist das auch in diesem Jahr wieder mit<br />
außergewöhnlichen Produktionen, zu denen<br />
auch drei geförderte Kinofilme der <strong>Filmstiftung</strong><br />
NRW gehören.<br />
Mit „Brownian Movement“ läuft im Forum<br />
der Berlinale neben „Über uns das All“ ein<br />
zweiter geförderter Kinofilm, in dem Sandra<br />
Hüller die Hauptrolle spielt. Die niederländische<br />
Regisseurin Nanouk Leopold erzählt in ihrem<br />
Film die Geschichte eines Paares, das aus<br />
beruflichen Gründen nach Brüssel zieht und dort<br />
nach einer schweren Krise einen Neuanfang versucht.<br />
Produziert wurde das Drama von der Köl-<br />
newsletter 1/2011 – Berlinale<br />
Nanouk Leopold drehte ...<br />
Foto: Circe Films<br />
... „Brownian Movement“,<br />
Foto: Coin Film/ Victor Arnold<br />
... „Traumfabrik Kabul“,<br />
Foto: Boekamp & Kriegsheim Filmproduktion<br />
... „Unter Kontrolle“, Foto: Sattel/Stefanescu 2010<br />
ner Coin Film mit der niederländischen Circe<br />
Films und belgischen Serendipity Films<br />
in Zusammenarbeit mit ZDF und 3sat.<br />
Sein Porträt der afghanischen Filmemacherin<br />
Saba Sahar „Traumfabrik Kabul“ realisierte<br />
<strong>Dokument</strong>arfilmer Sebastian Heidinger<br />
mit Hilfe eines Gerd Ruge-Stipendiums<br />
der <strong>Filmstiftung</strong> NRW, das er 2008 gewann. Die<br />
Produzenten des Films Boeskamp & Kriegsheim<br />
sind Stipendiaten des AV-Gründerzentrums<br />
NRW und konnten für ihr Projekt auch<br />
das ZDF begeistern.<br />
Auch Volker Sattels <strong>Dokument</strong>arfilm<br />
„Unter Kontrolle“ entstand mit Unterstützung<br />
eines Gerd Ruge-Stipendiums. In seinem<br />
Versuch einer „Archäologie der Atomkraft“, der<br />
von der Berliner credofilm gemeinsam mit<br />
WDR und Arte realisiert wurde, gibt der Filmemacher<br />
u.a. Einblicke in den unbekannten<br />
Alltag hinter den Mauern der Atomkraftwerke.