Auf fremdem Terrain – Wenn Männer pflegen - Bundesministerium ...
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Meist gehen sie aber doch gemeinsam raus, dann heit.“ Die sei vor allem seit etwa einem halben<br />
pflegt der Junge seine Rituale in der Frankfurter Jahr größer geworden, seit er in eine neue Klas-<br />
Innenstadt: Erst geht es zu McDonald’s oder Bur- se mit neuen Lehrern kam. Und auch der letzte<br />
ger King, dann zum Kaiserdom oder zur Liebfrau- Urlaub in Kalifornien, wo seine Schwägerin ein<br />
enkirche und dann in die Süßigkeitenabteilung Haus mit Pool hat, habe ihn ausgeglichener wervon<br />
Kaufhof. Auch heute. den lassen. „Das ist sein Paradies.“ Dort planscht<br />
Dean den lieben langen Tag mit Schwimmflü-<br />
<strong>Auf</strong> der Straße nimmt Rodolfo Banton Deans geln herum. An normales Schwimmen sei nicht<br />
Hand. „Er würde alleine und ohne zu gucken über zu denken. Denn Deans Feinmotorik lässt koordie<br />
Straße laufen“, sagt Banton auf dem Weg zur<br />
Bahn. Dean liebt Bahn fahren. „Manchmal möch-<br />
dinierte Bewegungen kaum zu.<br />
te er nur hin und her fahren.“ Während die Bahn Seit der dritten Klasse, also seit zwei Jahren, macht<br />
der Innenstadt entgegenrollt, vorbei an im Son- Dean in der Schule einen Gebärdensprachkurs,<br />
nenschein blitzenden Pizzerien, Sonnenstudios um sich verständlich zu machen. Auch seine<br />
und Einkaufsmärkten, fängt der Junge unvermit- Eltern versuchen die Zeichensprache anzunehtelt<br />
an in die Hände zu klatschen. Irritierte Blicke men, doch alle haben damit noch ihre Schwieder<br />
Sitznachbarn. Es sei schon vorgekommen,<br />
dass der Vater daraufhin angesprochen wurde:<br />
rigkeiten.<br />
„Kann sich Ihr Sohn nicht benehmen?“ Er bleibe „Nächste Haltestelle: Hauptwache“, tönt es aus<br />
dann ruhig, sein Sohn Vince hingegen blaffe in den U-Bahn-Lautsprechern. Wir steigen aus und<br />
Fällen wie diesen gerne mal zurück. schlendern unterirdisch in Richtung Kaufhof,<br />
wo Rodolfos Frau Tessa wartet. Dort eröffnet<br />
Das Zusammenleben mit einem Autisten sei aber sich dem Besucher ein kunterbuntes Zuckerbeileibe<br />
nicht nur anstrengend, unterstreicht reich: Bonbons, Lollis, Lakritz, saure Zungen,<br />
Banton während der Fahrt. Selbst wenn Dean Schaumgummifrösche und vieles mehr stapeln<br />
wirklich keine Freundschaften knüpfen kann, sich mannshoch in turmartigen Plexiglasboxen.<br />
wie die Familie fürchtet, und auch wenn sich sei- Dean ist wie elektrisiert, er teilt mit seinem Vater<br />
ne Feinmotorik nicht verbessern sollte <strong>–</strong> wie sich eine besondere Schwäche für Naschereien. Im<br />
Autisten mit den Jahren entwickeln, ist indivi- Nu hat er sich eine große Tüte Gummibärchen<br />
duell unterschiedlich <strong>–</strong>, so gibt er den Bantons gekrallt und kreist jetzt, Runde um Runde, die<br />
auch viel zurück, findet der Vater: „Er belohnt uns Süßigkeitenberge ein. Nach etwa 20 Minuten hat<br />
täglich mit seinem Lächeln und seiner Zufrieden- er genug Bärchen beisammen, wir können weiter.