Auf fremdem Terrain – Wenn Männer pflegen - Bundesministerium ...
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Bei aller Fürsorge und Pflege eines HIV-Patienten, auf die Unterstützung eines lokalen Fahrdienstes<br />
hat Michael Karge keine Angst vor einer Infekti- zählen, ein Anruf genügt und sie werden abgeon?<br />
Karge verneint. Ein Mal nur, da sei es brenzlig holt. Nach einer zwanzigminütigen Fahrt über die<br />
gewesen. Der Notarzt hatte Schröter eine Spritze Autobahn, vorbei an der im Sonnenlicht blitzenverabreicht<br />
und vergessen, die gebrauchten Spritzen<br />
einzusammeln. Als Karge dies erledigen wollte,<br />
den Skyline, sind wir da.<br />
piekste er sich daran. „Drei Monate lang traute ich In der überschaubaren Wohnung, ein Wohnzimmich<br />
nicht einen Test zu machen.“ Doch es ist noch mer mit kleiner Küche und kleinem Bad, schlägt<br />
mal gut gegangen. „Ich trinke aus einem Glas mit einem eine Weichspülerwolke entgegen, Mara,<br />
ihm, esse vom gleichen Teller, das macht mir nix“, die Katze, schwänzelt um Frank Schröters dünsagt<br />
Karge. Er weiß sich zu schützen, hat sich über ne Beine herum. Er muss sich jetzt auf dem Bett<br />
die Krankheit informiert. Geschlechtsverkehr ausruhen, Ausflüge wie der heutige verlangen<br />
hätten sie aber nie gehabt, „höchstens Petting“. ihm viel Kraft ab. An den teilweise untapezierten<br />
Wänden hängt ein Lady-Di-Kalender von 1998,<br />
Seine Mutter habe Karge, bezüglich der Pfle- neben dem Fenster ragt eine offene Steckdose herge<br />
von Frank Schröter, eine Grenze empfohlen: vor. Über einem etwas durchgelegenen Schlaf-<br />
„<strong>Wenn</strong> Frank dich nicht mehr erkennt, muss er ins sofa, aus dem Schröter auch schon mal rausfalle,<br />
Heim.“ Karge schüttelt entschieden den Kopf. Das hängen mehrere farbenfrohe Gemälde von einem<br />
würde er nicht übers Herz bringen. „Ich möchte, befreundeten Künstler. „Ebenfalls HIV-positiv“,<br />
dass er zu Hause sterben kann.“ Frank Schröters sagt Schröter knapp und zieht die Stirn in Fal-<br />
Familie lebt in der Nähe von Karlsruhe und kann ten. Ein Krankenbett stehe ihnen (noch) nicht zu,<br />
oder will sich nicht wirklich um ihn kümmern: bedauert Michael Karge. „Das gibt es erst ab Pfle-<br />
Seine Mutter muss zwei Schlaganfälle verdauen, gestufe 3.“ Eigentlich stehe den beiden eine größeder<br />
Rest scheint mit eigenen Problemen beschäf- re Wohnung zu, habe die Aidshilfe geraten, allein<br />
tigt. Ab und an telefonierten sie. es fehlt Karge „die Kraft“ für den Gang durch die<br />
Ämter. „Man bekommt nichts einfach so, für alles<br />
Generell fordert Michael Karge von Angehörigen<br />
in vergleichbaren Pflegefällen etwas mehr Ein-<br />
muss man kämpfen.“<br />
satz und Hilfsbereitschaft. Ginge es nach ihm, so Michael Karge geht auf den kleinen Balkon und<br />
würden Kinder bereits in der Schule auf die Pfle- blickt auf die nahen Gipfel des Taunus, die sich<br />
gesituation ihrer Eltern vorbereitet. hinter den trostlosen Häusern ihrer Siedlung am<br />
wolkenlosen Horizont abzeichnen. „Morgens und<br />
Gegen 16 Uhr ist es Zeit, nach Hause zu fahren. abends fliegen hier Fischreiher, Gänse und Spechte<br />
Für alle anfallenden Fahrten können die beiden entlang“, sagt er. „Die beobachten wir gerne.“