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Kapitel 3.2.pdf - Institut für Friedenspädagogik Tübingen

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Lehrer,Eltern<br />

3. LERNFELDER UND ANSATZPUNKTE<br />

M15 Mit Bildung gegen Gewalt<br />

Maßstäbe <strong>für</strong> Bildung<br />

1. Abscheu und Abwehr von Unmenschlichkeit<br />

Wir wehren uns gegen das Unmenschliche,<br />

das wir in aller Regel sofort erkennen. Das<br />

Unmenschliche kommt vom Menschen.<br />

Das Unmenschliche ist schlecht, das Mensch-<br />

liche darum noch nicht gut. Es gibt keinen sicheren<br />

Maßstab <strong>für</strong> „Menschlichkeit“ – außer<br />

in der Verneinung der Unmenschlichkeit.<br />

2. Die Wahrnehmung von Glück<br />

Wo keine Freude ist, ist auch keine Bildung,<br />

und Freude ist der alltägliche Abglanz des<br />

Glücks. Hat der Vorgang, den wir Bildung<br />

nennen wollen, einem Menschen keinen<br />

Grund, keinen Anlaß, keine Fähigkeit zur<br />

Freude gegeben, war er verfehlt.<br />

Bildung soll Glücksmöglichkeiten eröffnen,<br />

Glücksempfänglichkeit, eine Verantwortung<br />

<strong>für</strong> das eigene Glück.<br />

3. Die Fähigkeit und der Wille, sich zu verständigen<br />

Verständigung ist eine hohe Kunst … Und<br />

doch genügt eine solche Verständigungskunst<br />

mit allem, was zu ihr gehört nicht –<br />

eine geübte Sprache und Diplomatie, dialo-<br />

gische Kultur und runder Tisch, Gruppendynamik<br />

und Gemeinwesenarbeit –, es muss<br />

der Wille zur Verständigung vorhanden sein.<br />

Ein Entwicklungs- und Bildungsgang, der<br />

nicht erreicht hat, dass man die Verständigung<br />

aktiv und unaufdringlich sucht, wäre<br />

wieder einmal „fehlgeschlagen“.<br />

4. Ein Bewusstsein von der Geschichtlichkeit<br />

der eigenen Existenz<br />

Geschichtlichkeit ist ein Bewusstsein von<br />

uns vererbten allgemeinen Zwecken wie der<br />

Aufrechterhaltung des Friedens oder der Ver-<br />

wirklichung der res publica, der Vervollkommung<br />

der Gerechtigkeit, der Sozialpflichtigkeit<br />

des Eigentums, der Befreiung<br />

Handbuch – Gewaltprävention II<br />

284<br />

des Menschen aus der selbstverschuldeten<br />

Unmündigkeit, der Solidarität mit den Geplagten,<br />

Verfolgten, Vernachlässigten in der<br />

Welt.<br />

5. Wachheit <strong>für</strong> letzte Fragen<br />

Wir können nicht aufhören, sie zu stellen:<br />

Warum bin ich? Warum bin ich ich? Bin ich<br />

frei, von jenem Plan abzuweichen? Wohin<br />

führt das alles? Was kommt danach? Der<br />

Mensch muss sich mit diesen Fragen auseinandersetzen.<br />

Sie geben ihm ein Bewusstsein<br />

von der Grenze der menschlichen Vernunft<br />

und nötigen zugleich zu deren äußerster<br />

Anstrengung.<br />

6. Die Bereitschaft zur Selbstverantwortung<br />

Selbstverantwortung bedeutet Rechenschaft<br />

geben, also jemandem Rede und Antwort<br />

stehen. Ich schulde meinen Mitbürgern<br />

Rechenschaft nicht <strong>für</strong> alles, aber <strong>für</strong> alles,<br />

was auch sie betrifft. Und ich bin insofern<br />

<strong>für</strong> mich verantwortlich.<br />

Darum ist eine Bildung, die nicht zur Politik<br />

führt, mich also nicht zur Wahrnehmung meiner<br />

Rolle – oder Verantwortung – im Gemeinwesen<br />

angeleitet und befähigt hat, eben keine<br />

„Bildung“. Gemeint sind die Befähigung zur<br />

Prüfung, Erörterung, Beratung, Beurteilung<br />

politischer Sachverhalte und die daraus folgenden<br />

Entscheidung. Dazu gehört auch die<br />

Tapferkeit gegenüber den Freunden, die Zivilcourage<br />

gegenüber den Vielen, den Oberen und<br />

Stärkeren.<br />

Hartmut von Hentig: Bildung. München/Wien 1996,<br />

S. 78 ff., Auszüge.<br />

©2010, <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Friedenspädagogik</strong> <strong>Tübingen</strong> e.V. – WSD Pro Child e.V.

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