Ausgabe 1 - Fachschaft Raumplanung
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St.u.P.i.D. 1/2012<br />
neuen Stadtquartiere für die wachsende Bevölkerung strategische Leitlinien für<br />
die Erdgeschoßzone beinhalten. Insbesondere auf lokalem Maßstab spielen jedoch<br />
nicht zuletzt eine Vielzahl von soziokulturellen Projekten und Initiativen sowie<br />
auch immer wieder privates Engagement eine bedeutende Rolle bei der attraktiven<br />
Nutzung und damit Belebung der Erdgeschoßzone und ihrem Umfeld. 16<br />
Im Sinne einer nachhaltigen und langfristig gedachten Stadtentwicklung ist es<br />
jedenfalls an der Zeit, das Thema „Erdgeschoßzone“ aufzugreifen und das hohe<br />
Potential hinreichend aufzuzeigen. Die Auseinandersetzung mit einer derartigen<br />
thematischen Querschnittsmaterie erfordert jedoch eine entsprechend multiperspektivische<br />
Herangehensweise. Es gilt nicht nur der Entwicklung dieses speziellen<br />
„Stadt-, Lebens- und Wirtschaftsraumes“ auf den Grund zu gehen sondern den<br />
Fokus gezielt auf das Potential der Erdgeschoßzone zu richten.<br />
Eine transparente Vernetzung zwischen Stadt, Stakeholdern, privaten Initiativen<br />
und BürgerInnen könnte hierzu etwa passende Initialzündung und Chance für<br />
einen künftig effizienteren Umgang mit der Erdgeschoßzone sein.<br />
Wien kann hier eine Vorreiterrolle in Europa einnehmen, das hohe stadtentwicklungsrelevante<br />
Potential welches die „Erdgeschoßzone“ birgt, nachhaltig zu<br />
nutzen. <br />
1 Heute wohnen in 2.000 städtische Wohnanlagen auf 18.000 Stiegen in 220.000<br />
Wohnungen ca. 800.000 Menschen, 50.000 Pkw-Stellplätze nicht zu vergessen. Darüber<br />
hinaus werden in den Gemeindebauten 4.067 Lokale mit 467.000 m² Mietfläche<br />
2 bewirtschaftet. (ÖIR – Prjekthaus, 2011, S. 264f)<br />
Nicht alle Leerstände sind für reguläre Nutzungen verfügbar, da es aufgrund von Erbstreitigkeiten,<br />
oder überzogenen Mietpreisvorstellungen der Hauseigentümer und –verwaltungen,<br />
die auch oftmals missverständlicher Weise auf steuerliche Vorteile bei einer Nichtvermietung<br />
abzielen, zur Subnutzung der Erdgeschoßzonen als Lagerflächen kommt. (Sabine Gruber und<br />
3 Christiane Klerings/ OVERVIEW, 2009, S.2-5)<br />
Das Erdgeschoß wird entfunktionalisiert, indem es in seiner ursprünglichen Nutzungsstruktur<br />
aufgelöst wird. Besonders betroffen sind Wohnungen und Gassenlokale abseits florierender<br />
4 Geschäftsstraßen. (Angelika Psenner, 2011a, S. 196)<br />
Ein ambivalentes Nutzungsangebot und dichtes Nebeneinander von Möglichkeiten gegensätzlicher<br />
Interferenzen des öffentlichen und privaten Lebens in der Erdgeschoßzone bestimmen<br />
die Attraktivität des öffentlichen Raums. Verliert die Erdgeschoßzone die transparente<br />
Fassadengestaltung durch Einbau von Kleingaragen, oder durch Plakatierung, Verhängung<br />
oder Zumauerung von Öffnungen, kommt es zu einer visuellen und erfahrbaren Homogenisierung<br />
5 der „Sphäre“ des öffentlichen Raums (Angelika Psenner, 2011a, S. 196)<br />
6 Sabine Gruber und Christiane Klerings/ OVERVIEW, 2009, S.11<br />
In Wien gab es und gibt es, wie in der Studie Perspektive Erdgeschoß nachzulesen ist, eine<br />
Reihe von Projekten zur Revitalisierung von Geschäftsstraßen, welche über soziokulturelle<br />
Aufwertungsstrategien und Initiativen zum Aufbau lokaler Netzwerke vorhandene Raumressourcen<br />
zu aktivieren suchen und Neunutzungskonzepte für Leerstände initiieren (Theresa<br />
Schütz/ Wiener Referenzen, 2011, S. 95-97). Den Anfang machte das Kunstprojekt<br />
„SOHO in Ottakring“, im Brunnenviertel des 16. Wiener Gemeindebezirks, mit der räumlichen<br />
Nutzung leerer Lokale, mit der Zwischennutzung in Betrieb stehender Geschäfte und<br />
der Mehrfachnutzung des öffentlichen Raums für ein Jahresprogramm und jährliches Festival<br />
für Kooperationsprojekte mit lokalen, wienweiten und internationalen KünstlerInnen, Initiativen<br />
7 und Institutionen. (SOHO in Ottakring, 2011, S. 95)<br />
Anhand eines Nolli-Plans (Giovanni Battista Nolli, Rom, 1748), welcher alle der Öffentlichkeit<br />
unzugänglichen Gebäude weiß und alle zugänglichen öffentlichen Räume schwarz<br />
zeigt, würde sich das bauliche und soziale Potenzial von Erdgeschoßzonen auch grafisch<br />
darstellen lassen. Die gewerblich und halböffentlich genützten Bereiche in der Erdgeschoß-<br />
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