Ausgabe 1 - Fachschaft Raumplanung
Ausgabe 1 - Fachschaft Raumplanung
Ausgabe 1 - Fachschaft Raumplanung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
St.u.P.i.D. 1/2012<br />
Grundbegriffe der <strong>Raumplanung</strong><br />
Teil 1: Der Raum<br />
von Markus Karner<br />
Wie angekündigt möchte ich jetzt meine Serie zu Begriffen der <strong>Raumplanung</strong><br />
beginnen. Den nüchternen Titel möchte ich pathetischeren Formulierungen, wie<br />
sie im letzten Editorial zu finden waren(„Wesen der <strong>Raumplanung</strong>“) vorziehen.<br />
Und auch das gleich vorne weg: Es geht hier auch nicht um die vorbereitenden<br />
Arbeit zu einer Doktorarbeit, sondern eher um ein zaghaftes Herantasten an die<br />
Materie.<br />
In einer ersten, intuitiven Annäherung lässt sich die <strong>Raumplanung</strong> in drei<br />
Teilbereiche unterteilen: den Gegenstand, die Umsetzung und das Ziel. Etwas<br />
technischer ausgedrückt kann man auch von der Empirie, der Methodologie und<br />
der normativen Ebene sprechen. Damit steht das Grundgerüst für die Artikelserie<br />
bereits. In dieser <strong>Ausgabe</strong> steht der Gegenstand der <strong>Raumplanung</strong> im Mittelpunkt:<br />
der Raum.<br />
Mir sind die ersten Seiten der Theorie der <strong>Raumplanung</strong> (Bökemann<br />
1982) untergekommen, wo von der Produktion von Standorten die Rede ist.<br />
Der Standort ist ein bestimmter geografischer Ort, eine Raumstelle, die für eine<br />
bestimmte Nutzung bestimmt ist. Die Aufgabe der <strong>Raumplanung</strong> ist demnach die<br />
Produktion von Standorten, mit der eine Zuweisung von Nutzungen einhergeht.<br />
Dabei muss man sich vor Augen halten, dass der Raum unabdingbare Voraussetzung<br />
jeder raumplanerischer Tätigkeit ist. Der Raum ist da, bevor wir darüber<br />
sprechen können. Immanuel Kant würde sagen, er ist (und mit ihm die Zeit)<br />
a priori, denn jede Existenz wäre ohne räumliche (und zeitliche) Ausdehnung<br />
schlichtweg undenkbar (lassen wir Fragen über Gott lieber beiseite).<br />
So sehr heute der Begriff Entmaterialisierung als Kennzeichen gegenwärtiger<br />
Trends in den Mund genommen wird, so wenig ist eine Raumlosigkeit<br />
aussprechbar. Der Raum wird dadurch auch nicht leerer. Der Virus, der seit<br />
Tagen meinen Laptop lahm legt, besteht nur aus Bits, aus digitalen – nicht<br />
stofflichen – Zeichen, aber was würde er tun, wenn er sich nicht auf meinem<br />
angreifbaren und damit räumlich ausgedehnten Laptop breit machen könnte?<br />
Was würde facebook tun, wenn es keinen räumlich ausgedehnten Server gibt?<br />
Worauf ich hinauswill ist, dass man zwei unterschiedliche Konzepte von<br />
Räumen bedenken sollte. Der physische Raum als Voraussetzung für das Existieren<br />
überhaupt auf der einen Seite, und dem Verständnis eines relationalen<br />
Raumes auf der anderen Seite, der auf Qualitäten eines Raumes und der Verhältnisse<br />
von (Sub-)Räumen zueinander anspielt. Der relationale Raum ist auf<br />
den physischen Raum angewiesen, lässt sich aber nicht auf diesen reduzieren.<br />
Die <strong>Raumplanung</strong> als Wissenschaft muss immer zwischen diesen beiden Polen<br />
hin- und her oszillieren, um gesellschaftliche Entwicklungen im Raum erklären zu<br />
können.<br />
Ein Verschwinden ins Raumlose, eine Entledigung des Körpers wäre der<br />
Tod der <strong>Raumplanung</strong>, weil ihm damit der Gegenstand abhanden gekommen ist.<br />
Aber daran ist nicht zu denken, selbst als Otaku. <br />
92