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Die schöne Seiten

Es soll Menschen geben, die ihre Wohnzimmerwände mit falschen Buchrücken schmücken. Buchrücken, die in goldenen Lettern verkünden, dass man in den Büchern, die sie angeblich zieren, etwas über Madame Bovary, einen jungenWerther oder Zauberberge erfahre. Doch hinter den entzückenden Rücken klafft nichts als eine gähnende Leere aus billigem Karton. Viele würden sich eine solche Dreistigkeit wohl nie erlauben, schrecken jedoch nicht davor zurück, Bücher ins Regal zu stellen, in denen man tatsächlich blättern kann, deren Inhalt ihnen aber weitgehend unbekannt ist. Schliesslich kann, wer etwas auf sich hält, nicht ein ganzes Möbel mit Kristalltieren und Familienfotos füllen. Und vor der Leere des Regals fürchten sich mindestens so viele Menschen wie vor der Entdeckung ihrer

Es soll Menschen geben, die ihre Wohnzimmerwände mit falschen Buchrücken schmücken. Buchrücken, die in goldenen Lettern verkünden, dass man in den Büchern, die sie angeblich zieren, etwas über Madame Bovary, einen jungenWerther oder Zauberberge erfahre. Doch hinter den entzückenden Rücken klafft nichts als eine gähnende Leere aus billigem Karton. Viele würden sich eine solche Dreistigkeit wohl nie erlauben, schrecken jedoch nicht davor zurück, Bücher ins Regal zu stellen, in denen man tatsächlich blättern kann, deren Inhalt ihnen aber weitgehend unbekannt ist. Schliesslich kann, wer etwas auf sich hält, nicht ein ganzes Möbel mit Kristalltieren und Familienfotos füllen. Und vor der Leere des Regals fürchten sich mindestens so viele Menschen wie vor der Entdeckung ihrer

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Geschichten<br />

aus derSchatulle<br />

Schmuckkanneine gute Wertanlage sein.Für vieleist<br />

das Lieblingsstück aber deutlich mehr: Glücksbringer,<br />

Beschützer,Erbstück oder Kraftspender. SechsMenschen<br />

erzählen von ihrenKleinoden<br />

Kantig,massiv und schlicht –auf den ersten<br />

Blick scheint der Ehering von Daniel<br />

Ledermann wenig spektakulär.Doch wie bei<br />

so vielen Kostbarkeiten entdeckt man die<br />

eigentliche Besonderheit erst bei genauerem<br />

Hinsehen, in diesem Fall sogar nur,wenn das<br />

Schmuckstück nicht getragen wird: Inwendig<br />

birgt der Ring graue Diamanten.Auch das<br />

Material hateine Geschichte zu erzählen.<br />

DasGold, welches zu den beiden Eheringen<br />

36 «z –die <strong>schöne</strong>n seiten» ausgabe 2/13<br />

Daniel Ledermann<br />

verarbeitet wurde,stammt von einer Kette<br />

mit Buddha-Anhänger,die Ledermann als<br />

Schulbub von seiner thailändischen Mutter<br />

geschenkt bekommen hat. Dass der Designer<br />

und Familienvater keinen Ehering von<br />

der Stange,sonderneine Einzelanfertigung<br />

am Ringfinger trägt,verwundert nicht.<br />

Privat wie auch beruflich sind Pragmatismus,<br />

Zweckmässigkeit und Individualität<br />

bezeichnend für seinen Stil.(tbe.)<br />

AyanaElam<br />

<strong>Die</strong> Schneiderin und Textilschaffende<br />

Ayana Elam aus Zürich,trägt ihre Hand-,<br />

Hosen- und Jackentaschen voll mit<br />

Schmuckstücken. «Das habe ich wohl von<br />

meinen Vorfahren übernommen, diese<br />

investierten in handliche Wertsachen, die<br />

jederzeit mitgeführt werden konnten», sagt<br />

sie.Besonders ein Schmuckstück darfbei ihr<br />

niemals fehlen: ein Armband, das aus der<br />

Kette einer Taschenuhr ihres Grossvaters<br />

angefertigt wurde.<strong>Die</strong> junge Fahrende<br />

jüdischer Abstammung und ihre Mutter sind<br />

beide im Besitz einer solchen Taschenuhr-<br />

Kette.Ein Erbstück, das an einen stattlichen<br />

Mann erinnert,der in Zürich eine Modeboutique<br />

führte und in Sachen Stil viele Jahre<br />

lang Generationen von Kunden beraten hat.<br />

Für Ayana Elam hatGeschmeide verschiedene<br />

Bedeutungen. Einerseits schmückt sie sich<br />

gerne,egal, ob mit Hochwertigem oder<br />

Kitschigem, das gibt ihr ein glamouröses<br />

Gefühl; andererseits glaubt sie an die<br />

schützenden Kräfte,die von den glänzenden<br />

Accessoires ausgestrahlt werden. «Wenn ich<br />

mich an bestimmten Tagen nicht besonders<br />

stark und resistent gegenüber meiner Umwelt<br />

fühle,trage ich viel Schmuck. <strong>Die</strong>ser spiegelt<br />

die negativen Energien zurück an den Sender<br />

und schützt mich vor ihnen.» (tbe.)

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