Projekt Comenius 2009-2011 - Berufliche Oberschule Regensburg
Projekt Comenius 2009-2011 - Berufliche Oberschule Regensburg
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Bildung und Kultur<br />
Programm für lebenslanges Lernen<br />
Education and Culture<br />
Program for Lifelong Learning<br />
<strong>Comenius</strong><br />
<strong>2009</strong> - <strong>2011</strong><br />
<strong>Projekt</strong> - Thema:<br />
Astronomisches Jahr <strong>2009</strong> – Kepler und Galilei zwei<br />
bedeutende europäische Astronomen<br />
ROM – REGENSBURG<br />
ISTITUTO D´ISTRUZIONE BERUFLICHE OBERSCHULE<br />
SUPERIORE REGENSBURG<br />
VIA ASMARA 28 STAATLICHE FACHOBERSCHULE<br />
ROMA REGENSBURG
ISTITUTO D´ISTRUZIONE<br />
SUPERIORE<br />
“VIA Asmara 8”<br />
Roma<br />
De Angelis Wendy<br />
Degollar Cuyuri Angelica Maria<br />
Domenicano Jessica<br />
Forestiere Davide<br />
Frontoni Alessandra<br />
Hedhli Jamila<br />
Lucatelli Giulia<br />
Pambianchi Chiara<br />
Pastacaldi Rachele<br />
Peduto Maura<br />
Risa Noemi<br />
Sordi Fabiana<br />
Soverino Francesca<br />
De Noto Roberta<br />
Das <strong>Projekt</strong>team<br />
<strong>Projekt</strong>teilnehmer:<br />
Verantwortliche Leiter der Schulen:<br />
Emilia Oppido, Prof. ssa, `L Dirigente Scolastico, Roma<br />
Karl- Heinz Kirchberger, OStD, Schulleiter, <strong>Regensburg</strong><br />
Koordinatoren und Betreuer:<br />
Rom: Anna Bandiera, Rosario Maccarone, Cristian Rosa<br />
<strong>Regensburg</strong>: Hartwig Grasse, Dr. Klaus Fischer<br />
2<br />
BERUFLICHE OBERSCHULE<br />
REGENSBURG<br />
Landshuter Str. 61<br />
<strong>Regensburg</strong><br />
Bice Aaron<br />
Cebe Dilan<br />
Dotzhauser Lisa<br />
Eger Andreas<br />
Gürbüz Ayla<br />
Kancelista Pamela<br />
O´Shea David<br />
Oliva Pena Bianca<br />
Pazulla Ewa<br />
Sendler Nick<br />
Venus Daniel<br />
Yusupov Ashab<br />
Zikeli Ludwig
Inhaltsverzeichnis<br />
Seite<br />
Vorwort 5<br />
1. Das heliozentrische und geozentrische Weltbild im Vergleich 7<br />
1.1 Das geozentrische Weltbild (Rgbg)<br />
1.2 Das heliozentrische Weltbild (Rgbg)<br />
1.3 Kopernikus und Giordano Bruno als Wegbereiter des heliozentrischen<br />
Weltbildes und deren Kritiker (Rom)<br />
1.3.1 Das Kopernikanische System (Rom)<br />
1.3.2 Giordano Bruno der hartnäckige Ketzer (Rom)<br />
2. Galilei als Vertreter des heliozentrischen Weltbildes 18<br />
2.1 Das Leben des Galileis<br />
2.1.1 Jugend (Rgbg)<br />
2.1.2 Die Zeit in Pisa (Rgbg)<br />
2.1.3 Professor in Padua (Rgbg)<br />
2.1.4 Als Hofmathematiker in Florenz (Rgbg)<br />
2.1.5 Galileos Reisen nach Rom (Rom)<br />
2.1.6 Das Weltbild des Galilei im Gegensatz zur katholischen Kirche (Rom)<br />
2.1.7 Galileos Dialog (Rgbg)<br />
2.1.8 Der Inquisitionsprozess (Rom)<br />
2.1.9 Hausarrest (Rgbg)<br />
2.1.10 Rehabilitation des Galilei durch die Katholische Kirche (Rom/Rgbg)<br />
3. Kepler und das heliozentrische Weltbild 48<br />
3.1 Das Leben des Johannes Kepler (Rom)<br />
3.2. Kepler als kaiserlicher Mathematiker im Gegensatz zum Luthertum<br />
und zur Katholischen Kirche<br />
3.2.1 Kepler im Gegensatz zum Luthertum (Rgbg)<br />
3.2.2 Kepler im Gegensatz zur Katholischen Kirche (Rgbg)<br />
3.2.3 Zusammenfassung (Rgbg)<br />
3
4. Kepler und Galilei im Dialog (Rgbg) 57<br />
5. Das Astronomisches Jahr <strong>2009</strong> - eine Würdigung Galileis<br />
und Keplers 61<br />
5.1 Forschungsergebnisse und methodischer Ansatz des Erkenntnis-<br />
gewinns von Galilei<br />
5.1.1 Astronomische Forschungen und Erkenntnisse von Galilei (Rom)<br />
5.1.2 Galilei als Förderer der Methode der modernen Wissenschaft (Rom)<br />
5.2 Astronomische Forschungen und methodischer Ansatz des<br />
Erkenntnisgewinns von Kepler<br />
5.2.1 Astronomische Forschungen von Kepler (Rgbg)<br />
5.2.2 Methodischer Ansatz des Erkenntnisgewinns durch Kepler (Rgbg)<br />
5.2.3 Kepler´sche Gesetze (Rgbg)<br />
5.2.4 Anwendung der Kepler`schen Gesetze in der Satellitentechnik (Rgbg)<br />
5.3 Galilei und Kepler, die Vertreter der neuzeitlichen naturwissen-<br />
schaftlichen Forschung (Rgbg)<br />
6. Einfluss der Erkenntnisse beider Astronomen auf die<br />
kulturelle, religiöse und gesellschaftliche Entwicklung 87<br />
6.1 Stellungnahme der <strong>Regensburg</strong>er Arbeitsgruppe (Rgbg)<br />
6.2 Vortrag von StR Ulrich Betz am 16.03.2010 zum Thema „Gesell-<br />
schaftliche Relevanz der Forschungen von Kepler und Galilei“ (Rgbg)<br />
4
Vorwort<br />
Die <strong>Berufliche</strong> <strong>Oberschule</strong> <strong>Regensburg</strong> und das Istituto d`Istrutione Superiore Via Asmara 28<br />
Roma sind Partnerschulen.<br />
Beide Schulen kamen überein, ein bilaterales <strong>Comenius</strong> <strong>Projekt</strong> im Antragszeitraum<br />
<strong>2009</strong>/<strong>2011</strong> zu realisieren.<br />
Im Januar <strong>2009</strong> wurde auf Initiative von Italien von der UNESCO das internationale Jahr der<br />
Astronomie eröffnet.<br />
Es bot sich geradezu an, dass beide Schulen diese Thematik als Grundlage ihrer<br />
Partnerschaft im Rahmen des <strong>Comenius</strong> Programms der EU auswählten.<br />
Als herausragende europäische Persönlichkeiten stehen hier Galilei und Kepler im<br />
Mittelpunkt. Galilei wirkte unter anderem in Rom und Kepler verstarb in <strong>Regensburg</strong>.<br />
Als <strong>Projekt</strong>thema legten die Teilnehmer folgende Formulierung fest:<br />
„Astronomisches Jahr <strong>2009</strong> – Kepler und Galilei zwei bedeutende europäische<br />
Astronommen“<br />
Genau vor 400 Jahren, im Jahre 1609, setzte Galilei sein Teleskop zur astronomischen<br />
Beobachtung ein und Kepler veröffentlichte sein Werk „Astronomia Nova“. 1610 beobachtete<br />
Galilei die Monde des Jupiters.<br />
Beide leiteten einen Paradigmenwechsel ein. Das geozentrische Weltbild wurde, wenn auch<br />
mit erheblichen Auseinandersetzungen, in der damaligen Wissenschaft und in der religiösen<br />
Vorstellung vom heliozentrischen Weltbild abgelöst. Es entwickelten sich die neuzeitlichen<br />
Methoden des Erkenntnisgewinns in der modernen Naturwissenschaft, die bis heute ihre<br />
Gültigkeit haben. Die Gesetzmäßigkeiten der Bewegung der Planeten um die Sonne, die<br />
insbesondere Kepler entwickelte, sind Grundlage der heutigen Satellitentechnik. Vergangen-<br />
heit und Gegenwart begegnen sich.<br />
5
Das transnationale Arbeitsteam recherchierte zu dieser Thematik während zweier Jahre<br />
nach dem Prinzip der Arbeitsteilung in der Literatur, im Internet, in Observatorien, in Stern-<br />
warten, bei gemeinsamen Besuchen der Wirkungsstätten von Galilei in Rom, in Florenz<br />
sowie bei Besichtigungen der Arbeitsstätten von Kepler in Prag und beim Aufenthalt in<br />
<strong>Regensburg</strong>, dem Sterbeort Keplers.<br />
Bei jeweils zwei Begegnungstreffen in Rom und <strong>Regensburg</strong> wurden die Ergebnisse der<br />
Recherchen aufeinander abgestimmt. In Form von Theatervorstellungen, jeweils in Rom und<br />
<strong>Regensburg</strong>, wurde die <strong>Projekt</strong>arbeit von den Gruppenmitgliedern den Mitschülern<br />
vorgestellt. Die <strong>Projekt</strong>arbeit wurde zu einem <strong>Projekt</strong> der gesamten Schulgemeinschaften.<br />
Die Öffentlichkeit erfuhr durch Empfänge bei den städtischen Schulbehörden mit Anteil-<br />
nahme der Presse von dem <strong>Projekt</strong>.<br />
Das erstellte Kompendium wird in der Homepage der Schulen vorgestellt.<br />
Es sei drauf hingewiesen, dass das Kompendium nicht den Anspruch einer wissen-<br />
schaftlichen Arbeit erhebt. Es handelt sich hierbei um die Zusammenstellung der<br />
Recherchen, um eine Schülerarbeit. Die Verfasser haben sich bemüht, die Quellen ihrer<br />
Recherchen anzugeben. Der Leser mögen verzeihen, falls einige sachliche Fehler und<br />
Schwächen in der Darstellung vorliegen und die Quellenangaben nicht vollständig sein<br />
sollten.<br />
Ein wesentlicher Punkt in der <strong>Projekt</strong>arbeit war die Erkenntnis, dass bereits in der Zeit der<br />
Renaissance ein Zusammenwirken in der Wissenschaft über die Ländergrenzen hinaus in<br />
Europa praktiziert wurde. Diese kulturelle europäische Zusammenarbeit konnte durch diese<br />
gemeinsame Arbeit hautnah nachempfunden werden. Das transnationale Arbeitsteam wuchs<br />
zu einem europäischen <strong>Projekt</strong>team zusammen. Es leistete einen Beitrag zur europäischen<br />
Integration. Es wurde erkannt, dass Europa gemeinsame kulturelle Wurzeln vorweisen kann.<br />
Kulturelle und gesellschaftliche Unterschiede konnten durch Toleranz und gemeinsam<br />
entwickelte Lösungsansätze ausgeglichen werden.<br />
Die Einführung in die jeweilige nationale Sprache erleichterte die Zusammenarbeit.<br />
Mai <strong>2011</strong><br />
Das Schüler-Arbeitsteam<br />
6
1. Das heliozentrische und das geozentrische Weltbild im<br />
Vergleich<br />
1.1 Das geozentrische Weltbild<br />
(griechisch γεοκεντρικό, geokentrikó, „erdzentriert“; von Γη, altgriechische Aussprache Gē,<br />
„Erde“)<br />
Das Geozentrische Weltbild war im griechischen Altertum, im<br />
alten China und in der islamischen Welt die astronomische<br />
Weltanschauung. Es beschreibt den Gedanken, dass die<br />
damals schon kugelförmige Erde als Mittelpunkt des Univer-<br />
sums zu betrachten ist, während alle anderen Himmelskörper<br />
(auch die Sonne) sich in geometrischen Kreisen um diese<br />
bewegen.<br />
Es wurde von dem Gelehrten von Nikaia oder Aristoteles im alt-griechischen Raum gelehrt.<br />
Jedoch der wichtigste Verfechter, der die von Hipparchos entwickelte Vorstellung der<br />
Planeten vertrat, war der Ägypter Ptolemäus, nach dem das geozentrische Weltbild benannt<br />
wurde. Diese Vorstellung wurde mit dem Begriff der Schwerkraft begründet, in der alles<br />
Schwere seinem natürlichem Ort, dem Mittelpunkt der Erde, zustrebt, wobei die Planeten<br />
aus einem „fünften Element“ bestehen sollten, das sich natürlicherweise in Kreisbahnen<br />
bewegen muss.<br />
7
Im 4 Jahrhundert v. Chr. kritisierte Aristoteles, der altgriechische Gelehrte, die Lehre der<br />
Pythagoräer, welche besagt: die Erde dreht sich so wie Sonne und alle anderen Himmels-<br />
körper um das Feuer(nicht entsprechend der Sonne) . Aristoteles stand dem geozentrischen<br />
Weltbild zustimmend gegenüber.<br />
Eine Herausforderung für das geozentrische Weltbild war die<br />
plötzliche scheinbar rückwärtige Bewegung der äußeren<br />
Planeten, beispielsweise des Jupiters, gegen den Sternen-<br />
hintergrund. Sie führt insgesamt aus der Erdperspektive zu<br />
einer scheinbaren Schleifenbewegung des Planeten. Dieses<br />
auch als „retrograde Bewegung“ bezeichnete Phänomen<br />
tritt gerade dann auf, wenn der Planet der Erde am nächsten<br />
ist. Um die astronomischen Beobachtungen mit dem<br />
geozentrischen Weltbild in Einklang zu bringen, wurde es notwendig, einen Teil der<br />
Himmelskörper auf ihren Bahnen weitere Kreise um diese Bahn ziehen zu lassen. Ptolemäus<br />
konstruierte zur noch genaueren Planetenbahnvorhersage ein erweitertes System in dem die<br />
Planetenbahnen auf Epizyklen in Epizyklen verliefen; Berechnungen innerhalb dieses<br />
Modells waren sehr kompliziert. (Im heliozentrischen Weltbild sind Epizykeln überflüssig.)<br />
Das geozentrische Weltbild war bis in die Renaissance der Grundsatz auf dem die<br />
Astronomie aufbaute.<br />
1.2 Das heliozentrische Weltbild<br />
(ἥλιος helios, „Sonne“, κέντρον kentron, „Mittelpunkt“)<br />
In diesem Weltbild steht die Sonne im Mittelpunkt des Universums und alle anderen Plane-<br />
ten, sowie die Erde, drehen sich um sie und ihre eigene Achse. Später wurde beigefügt,<br />
dass sich diese auch nicht kreisförmig sondern auf Ellipsenbahnen um die Sonne bewegen.<br />
Das Heliozentrische Weltbild, das auch als das kopernikanische Weltbild bekannt ist, kam<br />
erstmals 600 v. Chr. im alten Indien auf, erregte jedoch erst bei Aristarch von Samos<br />
(3. Jahrhundert v. Chr.) der als einer der ersten ein heliozentrisches Weltbild vorgeschlagen<br />
haben soll, aufsehen doch seine Dokumente gingen verloren. Aristarchs heliozentrisches<br />
Modell wurde von Archimedes im „Sandrechner“ analysiert. Der Zweck dieser Arbeit war<br />
der Nachweis, dass extrem große Zahlen (wie die Anzahl Sandkörner, die zum Füllen des<br />
Universums nötig wären) mathematisch ausgedrückt werden können und nicht vage als<br />
„unendlich“ bezeichnet werden müssen.<br />
8
Zu diesem Zweck nahm er das größte vorhandene Modell des Universums (das von<br />
Aristarch), um die Menge des Sandes zu errechnen, die sogar dieses Universum füllen<br />
würde. Er unterstrich, dass es mathematisch wenig sinnvoll sei, eine Beziehung herzustellen<br />
zwischen der Oberfläche einer Sphäre und ihrer Mitte, sofern diese keine Größe hat.<br />
Archimedes nahm an, dass der Abstand von Fixsternen im gleichen Verhältnis zum Durch-<br />
messer der Erdbahn steht wie diese Bahn in Beziehung zur Größe der Erde selbst. Unter<br />
diesen Bedingungen lässt sich zeigen, dass die stellare Parallaxe über die damaligen<br />
Beobachtungsfähigkeiten hinausging. Doch gibt es keinen Hinweis, ob Aristarch oder Archi-<br />
medes ausdrücklich das Problem der stellaren Parallaxe ansprachen, um festzustellen, ob<br />
die Erde sich wirklich bewegte.<br />
Erst in der Renaissance gewann der Heliozismus durch Nicolaus Copernicus wieder an<br />
Bedeutung. Er entwickelte als erstes ein richtiges(jedoch immer noch fehlerhaftes) Modell<br />
des Sonnensystems, das aber erst kurz vor seinem Tod veröffentlicht wurde. Die Christli-<br />
chen Krichen waren mit dem nun neuen Weltbild nicht einverstanden und erklärten es für<br />
falsch.<br />
Tycho Brahe hatte zwei Jahrhunderte später das ptolemäische und das kopernikanische<br />
Weltbild vereint.<br />
Er stellte die Erde in den Mittelpunkt und die Sonne kreiste um sie, jedoch ließ er die<br />
restlichen Planeten um die Sonne kreisen.<br />
Grab von Tycho Brahe (Teyn Kirche zu Prag)<br />
Weltbild von Tycho Brahe<br />
9<br />
Fixsterne<br />
Sonne<br />
Planeten<br />
Erde
Durch Auswertung der Messdaten der Marsbahn Tycho Brahes kam Kepler mathematisch<br />
gesehen zwingend zum Schluss, dass bei der Wahl der Sonne als Bezugpunkt die Bahnen<br />
der Planeten um die Sonne als Ellipsen gesehen werden müssen. Er kam jetzt ohne die<br />
komplizierten Epizykloiden der Vorgänger aus., die das geozentrische System erforderte.<br />
Galileo Galilei unterstützte das neue System und entdeckte mit Hilfe seines Teleskops bei<br />
der Beobachtung der Jupitermonde, dass es stimme, dass nicht alle Planeten um die Erde<br />
kreisen.<br />
Die Theorie mit der Sonne als zentrales Gestirn und den Ellipsenbahnen der Planeten löste<br />
das alte System ab.<br />
Geozentrisches Weltbild Heliozentrisches Weltbild<br />
Die Erde ist der Mittelpunkt des Universums Die Sonne ist der Mittelpunkt unseres<br />
Alle Planeten bewegen sich ausschließlich<br />
um die Erde<br />
Sonnensystems<br />
Die Planeten bewegen sich um die Sonne<br />
Die Planeten bewegen sich auf Kreisbahnen Die Planeten umkreisen die Sonne auf<br />
Die Himmelskörper bewegen sich mit<br />
gleichmäßiger Geschwindigkeit<br />
Ellipsenbahnen<br />
Die Geschwindigkeit der Himmelskörper ist<br />
abhängig vom Abstand zur Sonne<br />
Die Erde bewegt sich nicht Auch die Erde kreist um die Sonne und um<br />
ihre eigene Achse<br />
Einzelne Gestirne besitzen Monde, die um<br />
die jeweiligen Gestirne kreisen<br />
Anziehungskräfte zwischen den Planeten<br />
sorgen dafür, dass sie ihre Bahnen nicht<br />
verlassen<br />
Verfasser: Nick Sendler, Ashab Yusupov, Andreas Eger<br />
Quellen: Helio- und Geozentrische Weltbild<br />
Text:<br />
http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Geozentrisches_Weltbild.html<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Geozentrisches_Weltbild<br />
http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Heliozentrisches_Weltbild.html<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Heliozentrisches_Weltbild<br />
Kopernikus und Kepler – Zwei bedeutende Europäer verbinden Deutschland, Polen und Tschechien(Staatliche Fachoberschule<br />
<strong>Regensburg</strong>)<br />
Bilder:<br />
http://upload.wikipedia.org/wikipedia/commons/a/a6/Tychonian_system.svg<br />
http://www.goethe.lb.bw.schule.de/faecher/physik/physik/physik-11/astronomie/_geozentr_weltbild.jpg<br />
http://tiburski.de/cybernautenshop/virtuelle_schule/dfu/Astonomie/weltbild-ptolemaeus.jpg<br />
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/bc/Geoz_wb_de.jpg<br />
Eigne Fotographien in Prag(Ludwig Zikeli)<br />
10
1.3 Kopernikus und Giordano Bruno als Wegbereiter<br />
des heliozentrischen Weltbildes und deren Kritiker<br />
1.3.1 Das Kopernikanische System<br />
http://it.wikipedia.org/wiki/File:Nikolaus<br />
_Kopernikus.jp<br />
Im Jahre 1543 wurde das Werk „De Revolutionibus Coeles-<br />
tium“, geschrieben und von Kopernikus, veröffentlicht.<br />
Dieses Werk beschrieb korrekt die damalige Auffassung<br />
vom Aufbau des Sonnensystems. Kopernikus formulierte<br />
von neuem die Theorie des heliozentrischen Weltbildes, um<br />
die Theorie des Ptolemäus vollständig zu ersetzen. Es ist<br />
nun die Sonne und nicht die Erde, die das Zentrum des<br />
Sonnensystems darstellt.<br />
Die Hypothesen von Kopernikus basierten auf astronomische Berechnungen und wahr-<br />
scheinlich auf Erkenntnisse arabischer Studenten, die die griechischen Vorstellungen wieder<br />
aufgenommen haben.<br />
Um die Komplexität der notwendigen Berechnungen für Voraussagen der Positionen der<br />
Planeten zu reduzieren, stellte er letztendlich die neue Theorie auf. Auf Grund dieser astro-<br />
nomischen Reform kam es in der damaligen geltenden physikalischen Ordnung zu Proble-<br />
men: die Erde als Zentrum im astronomischen und metaphysischen Sinne ist nicht mehr vor-<br />
handen. Der Mensch wird in ein unendliches Universum versetzt, ohne Zentrum und Begren-<br />
zung (im Gegensatz zur aristotelischen festgefügten Physik) überall den physikalischen und<br />
mathematischen Gesetzen unterworfen.<br />
Kopernikus begann in Wahrheit im Jahre 1506 sein Werk(s.o.) zu schreiben und beendete<br />
es 1530. Es wurde aber allerdings bis zum Jahre seines Todes nicht veröffentlicht.<br />
Obwohl sich durch das Werk formale Probleme mit der Kirche ergaben, hat er das Werk<br />
Papst Paul II gewidmet. Die gedruckte Version enthielt ein Vorwort von Ossaiander, das<br />
dieser aber nicht unterzeichnete. In dem Vorwort wurde behauptet, dass das von Kopernikus<br />
beschriebene System nur ein einfaches mathematisches Werkzeug darstellt, dass nicht die<br />
Realität repräsentiert. Gerade Dank des Vorworts gab die Arbeit keinen Anlass zu großen<br />
Diskussionen im Gegensatz zu den möglichen Häresien auf diesem Gebiet in den folgenden<br />
60 Jahren.<br />
11
1.3.2 Giordano Bruno der "hartnäckige Ketzer"<br />
http://it.wikipedia.org/wiki/File:Giordano_<br />
Bruno_Campo_dei_Fiori.jp<br />
Rom, am Donnerstag, den 17, Februar 1600 in der Morgen-<br />
dämmerung. Eine Prozession verlässt durch eine schreiende<br />
Menschenmenge das Gefängnis „Tor di Nona“ zum „Campo<br />
de Fiori“. Giordano Bruno, 52 Jahre alt, Philosoph, Schrift-<br />
steller und Dominikanermönch, gekleidet in einem Armen-<br />
sünderhemd (sanbenito) wurde von Mitbrüdern begleitet, die<br />
eine Litanei sprachen. Eine Mundsperre hinderte ihn am<br />
Sprechen. Diese Maßnahme wurde wegen „Sagens hässli-<br />
cher Worte“ durch die kirchlichen Autoritäten verhängt.<br />
Zeugen sagen, dass er entblößt mit Würde und großem Mut<br />
den Scheiterhaufen betrat. Gefesselt an einem Pfahl ver-<br />
weigerte er die religiöse Unterstützung. Er wurde lebend ver-<br />
brannt. Angeblich stirbt Giordane Bruno beim Schließen der<br />
Augen unter Erscheinung eines Kreuzes unter den Flammen.<br />
Giordano Bruno, war der Gelehrte, durch den die unbewegliche Sphäre der Fixsterne in die<br />
Brüche ging. Selbst Kopernikus wagte dies nicht anzurühren.<br />
Er griff damit das ptolemäische System an, dass für die Menschen des Altertums und des<br />
Mittelalters als perfektes System galt: ein begrenztes Universum, geschlossen, komfortabel<br />
rückführbar auf Gott.<br />
Für den Philosophen, aus Nola stammend, befinden sich die Sterne in keinem unbewegli-<br />
chen Himmelsgebäude mehr. Es gibt unendlich viele Sterne, verteilt in einem unendlichen<br />
Universum, das einem Triumph der Unvollständigkeit, Unvollkommenheit, dem Chaos<br />
gleicht. Für Bruno ist im Universum alles bewegt, alles belebt. Das ganze Universum ist für<br />
ihn buchstäblich mit einer göttlichen Seele erfüllt, das sich selbst genügt.<br />
Diese Gedanken standen erheblich im Widerspruch zur Inquisition.<br />
Vor dem Inquisitionsprozess führten ihn seine Wege zunächst nach Frankreich. Dort führten<br />
ihn seine Thesen, die im Konflikt mit Aristoles standen, zu Auseinandersetzungen mit dem<br />
akademischen Establishment. In Deutschland stand er der Intoleranz der Calvinisten kritisch<br />
gegenüber und er wurde von den Lutheranern exkommuniziert.<br />
Er war ein unbequemer Denker, für uns Internetnutzer unglaublich modern. Er war ein<br />
Prophet des Gitternetz-Universums, in dem jeder Punkt der offenen Struktur sowohl Zentrum<br />
sein als auch an der Peripherie liegen kann.<br />
12
„Es gibt unzählige Sonnen; unzählige Erden, die ähnlich wie unsere sieben Planeten unsere<br />
Sonne auch ihre Sonne umkreisen. Diese Welten sind von Lebewesen bewohnt."<br />
Diese Auffassung kann als einen verbindenden roten Faden zur Gedankenwelt des Epikurs<br />
und dessen Zeitgenossen Metrodorus betrachtet werden: „Bedenke, nichts ist so absurd wie<br />
der Glaube, dass die Erde die einzige bewohnte Welt im unendlichen Raum ist, so absurd<br />
wie die Annahme, dass ein einziges Korn gesät in einem Feld auf Meilen keimt.“<br />
Die Verhaftung<br />
Es scheint, dass Mocenigo (venezianisches Adelsgeschlecht) mit der Lehre Brunos nicht<br />
zufrieden war, weil er nicht wollte, dass seine Erkenntnisse durch Brunos Auffassung in den<br />
Hintergrund treten würden. Mit Beharrlichkeit versuchte er ihn zurück zu halten, als der<br />
Philosoph ankündigte, nach Frankfurt zu gehen. Er ließ ihn mit Gewalt mit Hilfe seiner Diener<br />
in der Nacht zum 22. Mai 1592 auf einen Dachboden einsperren.<br />
Am nächsten Tag schrieb Movenigo eine Beschwerde mit schweren Anschuldigungen an die<br />
heilige Inquisition in Venedig an Giovanni Gabriele di Saluzzo.<br />
“Am Abend des 23 Mai wurde Giordano Bruno aus dem Haus von Mocenigo geführt und in<br />
das Gefängnis von Sant`Uffizio in San Domenico di Castello gebracht. Dieses Gefängnis,<br />
das nicht mehr existiert, stand in der heutigen Via Garibaldi. Bruno teilte seine Zelle mit<br />
sieben anderen Gefangenen. Es war unvermeidlich, dass viele von Ihnen mit ihm sprachen<br />
und man sich gegenseitig anvertraute. Diese Vertrautheit wird Bruno bald zur bitteren<br />
Erfahrung werden.“<br />
Mit Beharrlichkeit versuchte er ihn zurück zuhalten, als der Philosoph ankündigte, nach<br />
Frankfurt zu gehen. Er ließ ihn mit Gewalt mit Hilfe seiner Diener in der Nacht zum 22. Mai<br />
1592 auf einem Dachboden einsperren.<br />
Am nächsten Tag schrieb Movenigo eine Beschwerde mit schweren Anschuldigungen an die<br />
Heilige Inquisition in Venedig an Giovan Gabriele di Saluzzo [...].<br />
Die Anklage<br />
Nach einer zweiten Beschwerde durch Mocenigo, der eigentlich keine neuen Beschwerden<br />
und Vorwürfe hinzugefügt wurden, kam es zu einem Verhör vor der Leitung des Rates der<br />
Zehn. Matteo d´Avonzo, der Buchhändler Goivani Battista Ciotti und Giacomo Brictano<br />
berichteten am 26. Mai vom Streit mit Mocenigo.<br />
Bruno erzählt von seinem Leben und erinnerte daran wie er als Dominikaner Mönch ordiniert<br />
wurde, er zweimal in Neapel vor Gericht war und sein Ordenskleid abgelegt hat.<br />
13
Am 29. Mai reichte Mocenigo eine dritte Beschwerde ein. Als neues Element gab er an, dass<br />
Bruno den Frauen sehr zugetan sei, auch wenn er noch nicht die Zahl an Frauen vorweisen<br />
könne wie Salomo und das dies vor der Kirche eine große Sünde sei, nämlich die Sünde der<br />
Natur zu dienen.<br />
Am 30. Mai, in der zweiten Versammlung, beendete Bruno die Erzählung über sein Leben<br />
mit einem Bericht über den Großteil seines Lebens, den er in der Schweiz, in England und<br />
Deutschland verbrachte, wo er kompromittierende Details verschwieg, zum Beispiel seine<br />
Konversion zum Calvinismus.<br />
Nach drei Anklagen und zwei Befragungen ergaben sich folgende Hauptbeschuldigungen:<br />
1. Kontroverse Ansichten, die im Gegensatz zur katholischen Kirche stehen<br />
2. Ketzerische Ansichten über die Trinität, die Gottheit und Menschwerdung Christi<br />
3. Ketzerische Ansichten über Christus<br />
4. Ketzerische Anschauungen bezogen auf die Eucharistie und Messe<br />
5. Glaube an die Existenz mehrerer unendlicher Welten<br />
6. Glaube an die Seelenwanderung<br />
7. Ausübung von Wahrsagerei und Magie<br />
8. Unglauben an die Jungfräulichkeit Marias<br />
9. Lüsternheit<br />
10. Lebensführung in der Art der protestantischen Ketzer<br />
Die Verteidigung<br />
In der dritten Sitzung vom 2. Juni, präsentiert Bruno eine schriftliche Aufstellung seiner<br />
Werke. So wollte er sich gegen verschiedene Anklagen der Häresie mit der Abgrenzung<br />
seiner intellektuellen Arbeiten, auf der Basis des Rechtsgebrauches zu Fragen der christ-<br />
lichen Glaubenshaltung, verteidigen: „Der Inhalt all dieser Bücher, allgemein gesprochen, ist<br />
philosophischer Art und, entsprechend dem Titel dieser Bücher, verschieden, wie man ihnen<br />
entnehmen kann: in allen habe ich immer philosophisch argumentiert sowohl entsprechend<br />
den Prinzipien als auch dem gesunden Menschenverstand, wobei ich kein besonderes<br />
Augenmerk darauf richtete, woran man sich gemäß dem Glauben richten muss; und ich<br />
glaube, dass in ihnen nichts gefunden werden kann, weswegen ich angeklagt werden<br />
könnte, öffentlich lieber die Religion anzufechten als die Philosophie zu verherrlichen,<br />
obwohl ich möglicherweise viele begründet gottlose Dinge nach meinem Persönlichen<br />
Gefühl dargelegt habe.“<br />
Er stritt ab, jemals direkt gegen den katholischen Glauben doziert zu haben, allenfalls<br />
indirekt, so wie es auch Aristoteles und Platon getan hätten, die keine Christen sind. Mit<br />
besonderer Deutlichkeit fasste er sein eigenes Weltbild zusammen, von dem seine letzten<br />
14
Bücher handelten, De minimo, De monade, De immenso et innumerabilibus und De compo-<br />
sitione imaginum:<br />
„Und in diesen Büchern kann man besonders meine Absicht und meine Einstellung<br />
erkennen, die kurz und gut darin besteht, dass ich an einem unendlichen Universum<br />
festhalte, d.h. Ergebnis der göttlichen Macht, weil ich eine Sache der göttlichen Güte und<br />
Macht unwürdig halte, die, obwohl sie außer dieser Welt eine andere schaffen könnte und<br />
viele weitere unendliche, eine endliche geschaffen hat. Es ist richtig, dass ich besondere<br />
Welten als unendlich definiert habe, Welten, die der Erde ähnlich sind, die ich, wie<br />
Pythagoras, als Gestirn bezeichne und dem Mond, anderen Planten und anderen Sternen<br />
ähnlich sind, die unendlich sind; und alle diese Körper sind Welten ohne Zahl und sie stellen<br />
die allumfassende Unendlichkeit dar in einem unendlichen Raum; und das bezeichnet man<br />
als unendliches Universum, in dem sich unzählige Welten befinden. […]“ „Außerdem siedle<br />
ich in diesem Universum eine allumfassende Vorsehung an, aufgrund derer alles lebt,<br />
gedeiht, sich bewegt und in Perfektion existiert; diese Vorsehung verstehe ich auf zwei<br />
Arten, einmal auf die Art und Weise wie die Seele im Körper existiert, vollständig in allem<br />
und in jedem Teil, und das bezeichne ich als Natur, Schatten und Spur der Göttlichkeit; zum<br />
anderen auf die unsagbare Art und Weise, wie Gott als Wesen, Gegenwärtigkeit und Macht<br />
in allem und über allem existiert, nicht als Teil, nicht als Seele, sondern auf unerklärliche<br />
Weise […]“ „In Bezug auf die Merkmale des Glaubens – ohne philosophisch zu sprechen -,<br />
um auf den individuellen Charakter in den Heiligen zu sprechen zu kommen, jene Weisheit<br />
und jenem Abkömmling des Geistes, der von den Philosophen Intellekt genannt wird und von<br />
den Theologen „das Wort“, das nach dem Glauben Fleisch geworden ist, habe ich nicht, um<br />
bei den philosophischen Begriffen zu bleiben, interpretiert, sondern angezweifelt und ohne<br />
festen Glauben betrachtet. Ich kann mich nicht erinnern, davon schriftlich oder mündlich<br />
kund getan zu haben[…] Was den Heiligen Geist als dritte Person betrifft, habe ich nie<br />
verstehen können, auf welche Weise man daran glauben soll; aber nach Art des Pythagoras,<br />
die auch der des Salomon entspricht, habe ich ihn verstanden als Seele des Universums,<br />
d.h. Beistand des Universums […]“ „Ausgehend von diesem Geist, den ich als Seele des<br />
Universums verstanden habe, beabsichtige ich mit meiner Philosophie auszudrücken, dass<br />
das Leben und der Geist einer jeden Sache unsterblich sind, wie auch jeder Körper. Was die<br />
Substanz angeht, ist alles unsterblich, es gibt keinen Tod als den durch Teilung.“<br />
Nach einer Pause wurde er erneut befragt: zur Frage der Dreieinigkeit, er bekannte deutlich,<br />
an einen Gott zu glauben, an den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, aber er gibt zu,<br />
nicht verstanden zu haben, wie es sein kann, „dass sie für diese einen Namen erfinden<br />
könnten. Da mir nicht scheint, dass dieser Name aus der Göttlichkeit kommt, tröste ich mich<br />
mit den Worten des Heiligen Augustinus.“<br />
15
Auch seine Zweifel an der Wiedergeburt Christi wurden durch philosophische Schluss-<br />
folgerungen erklärt „weil zwischen der unendlichen und der göttlichen Materie wie zwischen<br />
der endlichen und menschlichen gibt es nicht das Verhältnis wie zwischen dem Geist und<br />
dem Körper. Entschieden verneinte er, jemals an Wundern gezweifelt, Christus, die Apostel,<br />
den katholischen Glauben und seine Theologen verschmäht zu haben, er bezeugte seinen<br />
Glauben an die Notwendigkeit guter Taten um Rettung zu erlangen, an die heilige Eucha-<br />
ristie (Wandlung) und an die Güte der Beichte und der heiligen Messe, obschon er zugab,<br />
diese seit 16 Jahren nicht mehr gefeiert zu haben, weil er religiöse Gewohnheiten abgelegt<br />
hatte. Er gab zu, aus Leichtsinn und in gelegentlich müßigen Reden erwogen zu haben,<br />
lässliche Fleischessünden erwogen zu haben und gestand, aus purer Neugierde die Bücher<br />
Melanchthons, Luthers und Calvin gelesen zu haben. Er erklärte jedoch die „oben genannten<br />
Häretiker und ihre Doktrinen“, missachtet zu haben. „Denn sie verdienen nicht Theologen<br />
genannt zu werden. Eher schon Wortklauber.“<br />
Auf die Frage nach der Unsterblichkeit der Seele und ihrem möglichen Übergang auf einen<br />
anderen Körper antwortete er zurückhaltend dass „die Seele unsterblich ist und dass die<br />
Materie weiter existiert. Das heißt, die geistige Seele, katholisch gesprochen, nicht in jeden<br />
Körper übergeht, sondern entweder in das Paradies, in das Fegefeuer oder in die Hölle.“ […]<br />
Einen Tag später, am 03.Juni, gestand er, das Fasten gebrochen zu haben während er sich<br />
an ketzerischen Orten aufhielt. Nur deshalb, damit es ihm nicht übel werde, als er nur aus<br />
reiner Neugierde ihren Predigten lauschte, aber niemals habe er mit ihnen die heilige<br />
Eucharistie gefeiert. Weiter gestand er, Königin Elisabeth gepriesen zu haben, indem er sie<br />
„Göttin“ nannte. Dies tat er in seinem Buc“De la causa, principio et un“, nicht aus Gründen<br />
der Häresie sondern aus literarischer Schmeichelei. Allerdings stritt er ab, jemals Heinrich<br />
von Navarra gekannt zu haben und ihn auch nicht gelobt zu haben, auch nicht, um von ihm<br />
einen Gefallen zu bekommen, so wie es bei dessen Vorgänger gewesen war. Des weiteren<br />
leugnete er, jemals magische Künste praktiziert oder auch nur Bücher solcher Art besessen<br />
zu haben, die er verschmähte, so gab er an. Eigentlich wollte er nur Sterndeutung studieren,<br />
doch dafür hatte er nie die Zeit. Diesbezüglich präzisierte Bruno tags darauf dass er „in<br />
Padua das Buch Über die Siegel der Hermeneutik von Ptolemäus und anderen<br />
abgeschrieben (habe), „und ich weiß es nicht sicher, ob darin, außer von der Wahrsagerei<br />
noch von anderen Dingen der Verdammnis die Rede war. Und ich habe das Buch deshalb<br />
transkribiert, damit es mir gerichtlich nützt (?); aber ich habe es noch nicht gelesen, sondern<br />
mir nur beschafft, weil es Albertus Magnus in seinem Buch „De Mineralibus“ erwähnt und es<br />
da lobt, wo es sich mit De imaginibus lapidum befasst.“<br />
16
Der Prozess schien an einen toten Punkt gekommen zu sein: die Richter wussten von der<br />
häretischen Vergangenheit Brunos und schienen von seiner Offenheit nicht überzeugt zu<br />
sein, aber sie hatten keine konkreten Anhaltspunkte, die ausreichten, um zu einem Urteil zu<br />
gelangen: Am 23.Juni bezeugte der Adelige Andrea Morosini, ein venezianischer<br />
Geschichtsforscher, der regelmäßig mit dem Philosophen Nolano (?) verkehrte, dass Bruno<br />
niemals häretische Lehren verbreitet hätte. In der siebten und letzten Sitzung, am 30.Juli<br />
1592 verlangte man von ihm, sein Gewissen „zu reinigen“, von dem Moment an als er vor<br />
vielen Jahren aus der Kirche austrat, weil er dem heiligen Glauben misstraut hatte (?). Bruno<br />
antwortete, er habe „seine Fehler sofort zugegeben“ und er sei hier „in den Händen<br />
eueres/unseres vornehmsten Herren, um mein Seelenheil zu erlangen; ich kann nicht sagen,<br />
wie sehr ich meine Verfehlungen bereue und auch kann ich meine Gedanken nicht so<br />
ausdrücken, wie ich es wünsche.“<br />
Dann kniete er nieder: „Ich bitte Gott und alle hier anwesenden vornehmen Herren um<br />
Verzeihung für alle die von mir gestandenen Verfehlungen, ich stehe bereit um größte<br />
Nachsicht in Ihrer Entscheidung zu bitten, eine Rettung für meine Seele zu finden, und mir<br />
mit der Barmherzigkeit des Herrgotts und der ehrenwerten Herren hier das Leben geschenkt<br />
wird, ich gelobe, mein Leben grundlegend zu ändern und dass ich bestrebt bin, den (…)<br />
Skandal wieder gut zumachen.“<br />
Der Prozess, der venezianischen Inquisition, schien gut ausgegangen zu sein, aber der römi-<br />
sche musste erst noch beginnen.<br />
AUTORI: Rachele Pastacaldi<br />
FONTI:<br />
http://it.wikipedia.org/wiki/Giordano_Bruno<br />
http://it.wikipedia.org/wiki/Copernico<br />
17
2. Galilei als Vertreter des heliozentrischen Weltbildes<br />
2.1 Das Leben des Galilei<br />
2.1.1 Jugend<br />
Galileo Galilei wurde am 15. Februar 1564 als Sohn einer<br />
verarmten Florentiner Patrizierfamilie in Pisa geboren. Sein Vater<br />
Vincenzo Galilei war Musiker und Musiktheoretiker. Galilei wurde<br />
als Novize im Kloster erzogen und zeigte auch Interesse, später in<br />
der Benediktinerorden einzutreten, jedoch schickte ihn sein Vater<br />
1580 oder 1581 zum Medizin-Studium nach Pisa. Dieses brach er<br />
aber bald ab und ging zurück in seine Heimat, Florenz, um dort<br />
Mathematik zu studieren. Seinen Lebensunterhalt bestritt er<br />
während seiner Studiumszeit mit Privatunterricht.<br />
2.1.2 Die Zeit in Pisa<br />
Im Alter von fünfundzwanzig Jahren begann er als Mathematikprofessor in Pisa zu lehren. In<br />
Pisa untersuchte Galilei die Pendelbewegungen, entwickelte ein (noch sehr ungenau<br />
arbeitendes) Thermometer und beschäftigte sich mit den Fallgesetzen. Es wird auch<br />
behauptet Galilei habe Fallversuche vom Schiefen Turm aus durchgeführt, jedoch lässt sich<br />
dies nicht historisch belegen. Die Ergebnisse seiner Untersuchen verfasste Galilei in einem<br />
Manuskript, dem „De motu antiquiora“. In diesem Manuskript finden sich auch Angriffe auf<br />
Aristoteles, was seine konservativen Kollegen in Pisa verärgerte. Seine Anstellung wurde<br />
1592 nicht verlängert.<br />
2.1.3 Professor in Padua<br />
Deswegen folgte Galileo Galilei einem Ruf an<br />
die Universität von Padua. In Padua, das<br />
damals zur reichen und liberalen Republik<br />
Venedig gehörte, blieb Galilei achtzehn Jahre<br />
seines Lebens. Obwohl sein Gehalt hier<br />
deutlich besser war, gab er weiter Privatunter-<br />
richt. 1597 schrieb er Kepler einen Brief,<br />
indem er deutlich zu erkennen gab, dass er<br />
das heliozentrische Weltbild, dem geozentrischen vorziehe. Während seiner Zeit in Padua<br />
entwickelte er einen Proportionszirkel, den er auch vertrieb, baute das Fernrohr des<br />
Holländers Jan Lippershey nach und stellte dies der venezianischen Regierung vor.<br />
18
Diese erhöhte daraufhin sein Gehalt und erteilte Galilei das alleinige Recht zur Herstellung<br />
dieses Instruments. Mit dem neuen Teleskop wurde die Astronomie reformiert. Galileo Galilei<br />
konnte nun viel genauer den Himmel beobachten. Er entdeckte, dass die Oberfläche des<br />
Mondes rau und uneben ist sowie bergig, nicht selbst leuchtend sondern von der Sonne<br />
angeleuchtet wird. Er stellte außerdem fest, dass die Sterne als Scheiben zu sehen sind und<br />
entdeckte die vier größten Monde des Jupiters, die er, vor seinem bevorstehenden Wechsel<br />
an den Medici-Hof, „Mediceische Gestirne“ nannte. Seine Beobachtungen der Milchstraße<br />
ergaben, dass diese nicht wie zuvor angenom-<br />
men ein nebliger Schleier ist, sondern aus<br />
unzähligen Sternen besteht. Seine Erkenntnis-<br />
se über die Mondoberfläche schrieb Galilei<br />
nieder. Sein Werk „Sidereus Nuncius“ (Sternen-<br />
bote) war nach nur wenigen Tagen vergriffen<br />
und machten ihn von einem auf den anderen<br />
Tag berühmt. Galileis Vorlesungen in Padua<br />
waren stets gut besucht und später soll er die<br />
Zeit dort als glücklichste Zeit seines Lebens<br />
beschrieben haben.<br />
2.1.4 Als Hofmathematiker in Florenz<br />
1610 berief Cosimo de Medici, der Großherzog der Toskana<br />
und Galileis ehemaliger Schüler, Galilei zu sich nach Florenz.<br />
Der Großherzog ernannte Galilei zum Hofmathematiker, zum<br />
Hofphilosophen und zum ersten Mathematikprofessor in Pisa.<br />
Als dieser hatte er keinerlei Lehrverpflichtungen. Cosimo de<br />
Medici räumte Galilei somit jegliche Freiheiten ein, um sich<br />
seiner Forschungen zu widmen. Bei seinem Umzug nach<br />
Florenz trennte sich Galilei von seiner Haushälterin, mit der er<br />
drei Kinder hatte: Virginia, Livia und Vincenzio. Seine beiden<br />
Töchter brachte er im Kloster unter, denn sie hatten als<br />
uneheliche Kinder kaum Aussichten auf eine standesgemäße<br />
Cosimo de Medici<br />
Hochzeit. Seinen Sohn aber nahm er mit nach Florenz. Ihn legitimierte er später. In den<br />
nächsten Jahren machte Galilei immer mehr astronomische Entdeckungen. Unter anderem<br />
beobachtete er, dass die Venus ähnliche Phasen wie der Mond hatte. Er begründete dies<br />
derart, dass die Venus zeitweise jenseits der Sonne steht und zeitweise zwischen Erde und<br />
Sonne. Die kosmologische Konsequenz daraus war, dass das ptolemäische Weltbild nicht<br />
mehr länger haltbar war.<br />
19<br />
Zeichnung des Mondes von Galilei und Vergleichsfoto
Zwischen 1610 und 1611 beobachtete Galileo mit seinem Teleskop erstmalig dunkle Flecken<br />
auf der Sonne. Er ging davon aus, dass die Sonnenflecken entstehen und wieder vergehen<br />
und veröffentlichte diese Erkenntnis in seinem Werk „Lettere solari“, dem ersten in<br />
Umgangssprache und nicht in Latein veröffentlichten Buch.<br />
Galileis Ansicht nach, stützten seine Entdeckungen zwar das heliozentrische Weltbild, es<br />
fehlten aber noch überzeugende mathematische Beweise. Alle seine Beobachtungen waren<br />
auch mit dem Planentensystem von Tycho Brahe vereinbar, bei dem Sonne und Mond um<br />
die Erde, die restlichen Planeten jedoch um die Sonne kreisen. Da der Inquisition fehlerhafte<br />
Informationen über Galileis Standpunkte zugespielt wurden, entschloss sich Galilei,<br />
persönlich nach Rom zu reisen um dort seine Standpunkte zu vertreten.<br />
Als 1616 gegen den Kleriker Foscarini nach Veröffentlichung eines Buches, das beweisen<br />
sollte, dass das heliozentrische Weltbild nicht der heiligen Schrift widerspricht, ein Verfahren<br />
eingeleitet wurde, in dessen Lauf das Buch verboten wurde, entschied Galilei sich mit<br />
Aussagen über das heliozentrische Weltbild zurückzuhalten. Dies führte zu einer Ermahnung<br />
Galileos durch die Inquisition, obwohl dieser gar nicht aktiv an dem Verfahren beteiligt war.<br />
1618 wurde ein alter Förderer Galileis, Kardinal Maffeo Barberini, zum Papst gewählt. Er war<br />
fortan als Urban VIII. bekannt. Galileo Galilei widmete ihm in diesem Jahr sein Buch<br />
„Saggiatore“, eine Polemik gegen den Jesuitenpater Orazio Grassi. Im folgenden Jahr reiste<br />
Galileo nach Rom und wurde insgesamt sechsmal von dem neuen Papst empfangen, der ihn<br />
dazu ermunterte, Werke über das kopernikanische System zu veröffentlichen, solange er<br />
dieses als Hypothese behandle.<br />
Verfasser: Nick Sendler, Andreas Eger, Ashab Yusupov<br />
Quellen: Das Leben des Galilei<br />
Text:<br />
http://www.ethbib.ethz.ch/exhibit/galilei/galileo1a.html<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Galileo_Galilei<br />
http://bildung.freepage.de/fbs/de_galil.htm<br />
http://www.weltchronik.de/bio/cethegus/g/galilei.html<br />
http://www.dieterwunderlich.de/Galileo_Galilei.htm<br />
Bilder:<br />
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/08/Galileo_portrait_oval.png<br />
http://www.ethbib.ethz.ch/exhibit/galilei/images/A5_Padua.jpg<br />
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/ff/CosimoIIMedici1.jpg<br />
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/2e/Galileos_Moon.jpg<br />
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/8e/Galilei-weltsysteme_1-621x854.jpg<br />
http://www.leifiphysik.de/web_ph10_g8/geschichte/03galilei/inquisition.jpg<br />
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/95/GallileoTomb.jpg<br />
Eigene Fotos aus Florenz (Ludwig Zikeli)<br />
20
2.1.5 Galileos Reisen nach Rom<br />
1.Reise nach Rom<br />
Galileo fuhr, als er 23 Jahre alt war, das erste Mal nach Rom. Bei dieser Gelegenheit hat er<br />
den deutschen Astronomen und Mathematiker Clavius kennen gelernt. Beide standen im<br />
Briefwechsel und pflegten eine intensive<br />
Freundschaft. Clavius kritisierte die theoreti-<br />
schen Studien von Kopernikus, die aber<br />
Galileos wissenschaftliches Fundament dar-<br />
stellten. Nach Clavius’ Meinung waren diese<br />
Ansichten unvereinbar mit der heiligen Schrift.<br />
Clavius war seit 1555 Mitglied des Ordens der<br />
Jesuiten und lehrte im römischen Kollegium<br />
Mathematik. Man sagte, dass Galileo dieses<br />
Kollegium oft besuchte.<br />
Sehr häufig fanden dort Diskussionen zwischen Galileo und den gelehrten Jesuiten statt.<br />
Einer dieser berühmten Jesuiten war Segnati. 1551 wurde von dem Begründer des Jesuiten<br />
Ordens, Ignazio de Loyola, das römische Kollegium errichtet.<br />
Als Grund für die Errichtung dieses Kollegiums sah Loyola zunächst in der Notwendigkeit, für<br />
den Klerus eine Bildungsstätte zu schaffen. Außerdem war es seiner Ansicht nach not-<br />
wendig, neue öffentliche Bildungsstätten einzurichten, die als Brücke zwischen der elemen-<br />
taren Grundbildung und der Universität zu betrachten wären. Der Palast Collegio Romano<br />
war ein kleines gemietetes Gebäude mit vielen Studenten. Es war zu klein und deshalb hat<br />
Ignazio entschieden, ein neues Gebäude zu mieten, das hinter der heutigen Tribüne der<br />
Kirche Santa Stefano del Cacco lag und später wurde es „Casa die Frangipani“ genannt, weil<br />
die Frau Laura Frangipani dieses Gebäude gekauft hat.<br />
Man lehrte Theologie, Philosophie und humanistische Wissenschaft, daneben die Sprachen<br />
Latein, Griechisch und Hebräisch. Einige berühmte Persönlichkeiten, die diese neue<br />
Bildungsstätte besucht haben, waren Edmund Augerio und Giovanni Egnazi, der erstere aus<br />
Frankreich und der zweite aus Florenz.<br />
Der Sitz des Kollegiums wurde oft gewechselt, da die Zahl der Studenten stetig zunahm. Im<br />
Jahre 1550 übersiedelte das Kollegium für vier Jahre in das Haus von Batista Salvitati.<br />
Danach wurden viele Pläne für einen Neubau entwickelt. 1584 wurde als endgültiger Sitz der<br />
Bildungsstätte ein Gebäude errichtet, wo sich heute der Platz „Piazza Collegio Romano“<br />
befindet. Diese Entscheidung wurde vom Papst Gregorio XIII. Boncopagni getroffen.<br />
21<br />
Collegio Romano
2.Reise nach Rom<br />
1611 war Galileo wieder in Rom, zuerst als Gast des Botschafters von Toscana Giovanni<br />
Stemma Accademia dei<br />
Lincei<br />
Niccolini’s und danach des Grossherzogs von Toscana Cosimo II. in der<br />
Villa Medici.<br />
Im April des Jahres wurde er von Monsignor Malavisia zum Essen einge-<br />
laden. Bei dieser Gelegenheit stellte er seine neuen Instrumente den<br />
Mitgliedern der Akademie vor, die zunächst als „Perspicillium “und später<br />
vom Berater Giovanni Demissiani als „telescopio“ bezeichnet wurden. Er<br />
lud die Tischgäste ein, das Teleskop gegen den Himmel zu richten, um<br />
die Monde des Jupiters und den Saturn zu beobachten und außerdem<br />
die in die Kirche San Giovanni in Laterano in 3 km Entfernung<br />
gemeißelte Inschrift von Papst Sisto V „Sixtus V. Pontifex Maximus<br />
Anno Primo“ zu beobachten. Damit konnte er beweisen, dass man mit seinen Instrumenten<br />
Dinge sehen konnte, die mit bloßem Auge unsichtbar waren. Der bedeutendste und<br />
wichtigste Ort, den er besuchte, war die „Accademia dell’Lincei“.<br />
Er wurde am 25. April 1611 Mitglied dieser Akademie und war dort Gast des Naturwissen-<br />
schaftlers Frederico Cesi, der 1603 die Akademie begründete. Der Name der Akademie<br />
bezog sich auf den scharfsinnigen „Luchs“ (L’Accademia Lincer’). Einige berühmte Gäste<br />
dieser Zeit waren Faber Della Porta und Galileo. In diesem Gebäude lehrte man Botanik,<br />
Physik und Astronomie. Nach dem Tod Cesi 1630 verlor die Institution ihre Funktion, auch<br />
wenn einige Gelehrte wie Cassiono Dal Pozzo versucht haben, die Einrichtungen und Geräte<br />
zu bewahren. Am 13. Mai 1611 wurde Galileo vom Kardinal Farnese zu einem Banquet zu<br />
seinen Ehren in die Villa di caprarola Farnese eingeladen, deren Räume zum Studium der<br />
Geographie und Astronomie benutzt wurden. Einer dieser Räume hieß „La Sala Mappo-<br />
mond“(Globussaal), der mit Fresken von Giovanni Antonio da Varese ausgestattet war, die<br />
die vier bekannten Kontinente und 48 Sternbilder darstellten.<br />
3.Reise nach Rom<br />
Am 24. Februar 1616 kam er auf Forderung des „Tribunale del Sant’ Uffizio“ nach Rom. Das<br />
heilige Uffizio war eine Einrichtung der römischen Kirche, die im Jahre 1542 durch Paolo III.<br />
auf Grund einer päpstlichen Bulle „Licet initio“ geschaffen wurde. Ihr Ziel war, den Glauben<br />
zu bewahren und Irrtümer zu überprüfen. Tomaso Caccini hat den Briefwechsel zwischen<br />
Galileo und Bendetto Castelli gelesen in dem ein Satz stand („La terra secondo sé tutta si<br />
muove, etiam di moto diurno é sole immobile- die Erde bewegt sich in einem Tag um sich<br />
selbst und die Sonne steht still), der mit der heiligen Schrift unvereinbar war.<br />
22
Ein weiterer Grund für die Aufforderung war die Beschuldigung, dass Galileo Beziehungen<br />
mit deutschen Protestanten und mit Frederico Cesi hatte. Auf Befehl des Papstes Paolo V.<br />
wurde Galileo während eines Monats befragt und danach von Kardinal Bellarmino ermahnt,<br />
diese „Unwahrheiten“ nicht mehr zu verteidigen und zu lehren unter Androhung der Haft bei<br />
Unterlassung. Galileo versprach gehorsam zu sein, um einer Demütigung zu entgehen,<br />
obwohl er inoffiziell arbeiten konnte.<br />
4.Reise nach Rom<br />
Kardinal Barberini wurde als Papst Urban VIII. gewählt. Galileo hoffte nun, dass die neue<br />
Wissenschaft durch die römische Kirche unterstützt werden würde einschließlich seiner<br />
neuen Entdeckungen. Er begann sein wichtigstes Werk „Dialogo sopra i del massimi sistemi<br />
del mondo“ im Jahre 1630 zu beenden. Aus diesem Grunde kam er wieder nach Rom. Er<br />
konferierte insgesamt sechsmal mit dem Papst.<br />
5.Reise nach Rom<br />
Bei dieser Reise hoffte er, die Erlaubnis zur Veröffentlichung seiner Werke zu bekommen.<br />
Da die Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Vatikans sehr groß waren, ließ der Papst<br />
zu, dass gegen Galileo nach dem Willen der Jesuiten, der Prozess eingeleitet wurde.<br />
Am 23. Februar 1633 wurde Galileo vor das Tribunal der Inquisition geladen, dessen Sitz im<br />
Palazzo della Minerva neben dem Pantheon und der Kirche Santa Maria Minverva war.<br />
Vorher war seit dem 7. Jahrhundert dort ein Oratorium und später im 12. Jahrhundert hat die<br />
Bruderschaft der Dominikaner diesen Bereich vergrößert. Diese Gebäude wurden mehrmals<br />
verändert und am Ende bildete sich der Renaissancestil heraus. Die Kirche setzt sich aus<br />
3 Schiffen, dem Querschriff, der Kapelle und dem Chorraum<br />
zusammen. Eine Besonderheit ist die neben dem Chorraum<br />
stehende Statue der Auferstehung Christi, die Michelangelo<br />
begonnen hatte und Raffaele da Monte Lupo im Jahre 1521<br />
beendete. Im Zentrum des Platzes steht ein 5,47m hoher Obelisk<br />
aus rotem Granit mit kleinen von Bernini geplanten und von Ercole<br />
Ferrata geschaffene Elefanten. Durch eine Inschrift von Papst<br />
Alessandro VII. wird erklärt: „Man benötigt einen robusten<br />
Verstand, um eine solide Intelligenz zu stützen.“<br />
(Ci vuole una mente robusta per sostenere una solida intelligenza)<br />
23<br />
Piazza della Minerva: obelisco
Der heutige Palazzo della Minerva wurde im 15. Jahrhunder nach der Entscheidung des<br />
Dominikaners Vincenzo Giustinani gebaut und wurde von dem Tribunal der Inquisition als<br />
Sitz der Prozesse benutzt. Der berühmteste dieser Prozesse war der gegen Galileo.<br />
Villa Medici<br />
Während des Prozesses wurde Galileo verurteilt,<br />
abzuschwören. Die Verurteilung führte zur Isolation<br />
in der Villa Medici als sein letzter Sitz in Rom, als<br />
Ergebnis der Verurteilung am 26. Juni in Santa<br />
Maria Sopra Minerva.<br />
Die Villa Medici liegt auf dem Hügel del Pincio, wo die Lucallianischen Horti liegen.<br />
Diesen Gärten wurden nach dem Entwurf von Lucinio Lucollo in der Zeit von 66 bis 63 vor<br />
Christi geschaffen.<br />
Nach Verwahrlosung dieses Geländes übernahm der Kardinal Ferdinando de Medici den<br />
Palast und Garten und restaurierte ähnlich der Paläste mit den Gärten von Pisa und Florenz<br />
diese Anlage.<br />
Säule in der Viale di Trinita (Schülerfoto)<br />
Als im Jahre 1587 der Kardinal Grossherzog von<br />
Toscana wurde, war die Villa Medici eine der<br />
wichtigsten Prestigeobjekte von Rom und hatte<br />
die Funktion einer richtigen Botschaft und<br />
beherbergte die wichtigsten Politiker von Florenz<br />
als Gäste. Im Jahre 1887 ließ Oreste Tomassini<br />
als Erinnerung an Galileo eine Säule in der<br />
Strasse Viale di Trinita’ dei Monte mit der<br />
Inschrift: „Der letzte Palast von der Familie<br />
Medici war Galileo Galilei’s Gefängnis“. Sein<br />
Vorgehen war, dass die Erde sich um die Sonne<br />
bewegt hat. (Il prossimo plazzo gia de medici fu<br />
prigione a Galileo Galilei reo di aver veduto la<br />
terra volgersi intorno a sole“)<br />
24
Verfasser: Roberta De Notto<br />
Quellen:<br />
www.wikipedia.it<br />
www.liceoqvisconti.it<br />
http://www.lincei.it/<br />
http://www.romasegreta.it<br />
http://villamedici.it<br />
http://roma.repubblica.it<br />
„Letteratura e Scienza Nuova: Galileo Galilei: . La vita e le opere“ da „Dal testo alla storia dalla storia al testo, volume C: dal<br />
Barocco all’illuminismo“, Guido Baldi, Vilsiva Giusso, Mario Razetti, Giuseppe Zaccaria, 1999 Paravia.<br />
Capitolo VI „Il nome del telescopia“ da „Galileo astronomo 1603-<strong>2009</strong>“, Gabriele Vanin. Edizione di Dicembre 2008, Edizioni<br />
DBS.<br />
www.villediroma.comvisiteinprogramma.html<br />
www.natura.com/.../nrm0601_475a_bx4.html<br />
www.rome-roma.net/piazza-della-minerva.html<br />
25
2.1.6 Das Weltbild des Galilei im Gegensatz zum Weltbild der<br />
Katholischen Kirche<br />
Das Besondere im Lebenslauf des Galilei war neben seiner Entdeckungen in der Physik und<br />
Astronomie die Entwicklung der Methoden der neuen, modernen Wissenschaft, die Gesetze<br />
der Integration von Erfahrung und Begründung, von Beobachtung und Mathematik oder wie<br />
er sagen würde ’’die gute Erfahrung und die notwendige Demonstration“.<br />
Als Grundlage der neuen Methode wurde die Kritik an der Autorität der Kirche gesetzt wie<br />
auch die Kritik der Gewohnheit, sich auf die Autorität der Kirche und ihrer Tradition zu<br />
berufen. (repräsentiert durch die heiligen Lehrbücher des Aristoteles).<br />
Diese Kritik ist eine der Säulen der Methode Galileis, weil sie den Gegensatz der zwei<br />
unterschiedlichen Systeme darstellt.<br />
Das Wissen, dass sich auf das Prinzip der Autorität der Kirche bezog, bedingte ein<br />
Bewusstsein, welches Galilei als Papierwelt kritisierte, ein weitschweifiges, rhetorisches<br />
Buchwissen, eine abstrakte und sterile Konstruktion, die im Fokus der traditionellen Exegese<br />
steht ohne wirklichen Bezug zur Realität.<br />
In dieser Welt wird die Erfahrung negiert, die Beobachtung verbannt, die Reflexion verkannt<br />
und an ihrer Stelle dominieren leere Worte sowie leerer Formalismus der syllogistischen<br />
Logik ohne Überprüfung in der Realität. Dieses traditionelle Wissen wurde von Galilei als<br />
Essentialismus und Finalismus beurteilt und verurteilt.<br />
Essentialismus, weil dieses Wissen nach dem Wesen oder inneren Charakter der natürlichen<br />
Phänomene sucht. Galilei urteilt darüber, dass dies ein Unterfangen sei, dass die Möglich-<br />
keiten der menschlichen Erkenntnis bei Weitem überschreitet. Ein Einverständnis über<br />
gesicherte Erkenntnisse wäre notwendig.<br />
Finalismus, weil diese Betrachtung Teile der physikalischen Natur mehr nutzorientiert<br />
beschreibt im Hinblick zur höheren Ehre Gottes.<br />
26
Die Galileische Methode ist vor allem durch Konzentration auf die Beobachtung der<br />
natürlichen Phänomene charakterisiert. Die Beobachtung ist jedoch keine bloße Sammlung<br />
von empirischen Daten, sondern wird von Anfang an vom theoretischen Interesse bewegt.<br />
Daher ist die Beobachtung eine grundlegende Methode für Galileo, die er harten Angriffen<br />
seitens der unwissenschaftlichen theologischen Dogmatikern ausgesetzt sieht.<br />
Die Beobachtung muss nach Galilei durch die Vernunft geführt werden, die durch einen<br />
quantitativen und mathematischen Charakter geprägt ist. Manchmal können in der Tat die<br />
Sinne täuschen, das erfordert eine notwendige Demonstration, auch eine Hypothese, die auf<br />
die Realität basiert, diese hat die Aufgabe die theoretische Lösung der physikalischen<br />
Probleme zu erforschen. Letztere muss aber durch eine experimentellen Überprüfung<br />
einschließlich der damit zusammenhängenden Auswirkungen verifiziert werden.<br />
Die Galileiische Methode besteht aus drei Teilen: der „sinnlichen Erfahrung“, der „not-<br />
wendigen Demonstration“ und der “Überprüfung“. Die Beobachtung allein ist nicht genug,<br />
auch wenn sie wichtig ist. Sie muss von der Hypothese und mathematischer Deduktion<br />
beleuchtet werden. Letztendlich profitieren beide durch den Verweis auf die Beobachtung<br />
und beide müssen durch das Experiment getestet werden, dass die Wissenschaftler<br />
durch Einsatz von Technologie ermöglichen. Das Teleskop, das Galilei verdienstvoller<br />
Weise gegen den Himmel richtete, ist eine Demonstration von folgendem: Die koperni-<br />
kanische Hypothese wurde durch diesen Test einer experimentellen Verifizierung unter-<br />
worfen. Mit großer Originalität ist es Galilei gelungen, in einem Kreislauf von Beobach-<br />
tung, Experiment und Theorie oder allgemein physikalische Nachforschungen mit<br />
mathematischen Hypothesen, Sensibilität und Vernunft zu verbinden.<br />
Die wissenschaftliche Methode Galileis setzt eine mathematische Konzession des<br />
Universums der Natur voraus.<br />
Diese Konzession rechtfertigt und fundiert die Möglichkeit der menschlichen Erkenntnis<br />
in der Prozedur der Beobachtungen und Hypothesen.<br />
In dieser Tatsache spiegelt sich in bewundernswürdiger Weise die quantitative<br />
mathematische Struktur der physikalischen Realität wider. Der Wissenschaftler muss die<br />
Natur von jeder qualitativen und subjektiven Betrachtung berauben, um nur die<br />
quantitativen und mathematischen Beziehungen zu studieren (objektive Qualität).<br />
Die moderne Wissenschaft beschäftigt sich nicht mehr mit den Essenzen und der<br />
Qualität des Gegenständlichen, sondern mit deren objektiven und messbaren Eigen-<br />
schaften und deren kausalen Beziehungen.<br />
27
Während seiner wissenschaftlichen Forschungen zwang sich Galilei sich auch in die<br />
Texte der Heiligen Schriften zu vertiefen. Er behauptet, dass die Bibel nur einen<br />
ethischen und religiösen und keinen wissenschaftlichen Zweck hat. Diese will den Men-<br />
schen nicht den Menschen zeigen wie der Himmel gemacht ist, sondern wie man in den<br />
Himmel kommt.<br />
Dies hat die Konsequenz, dass kein Konflikt zwischen der religiösen Wahrheit und der<br />
wissenschaftlichen Wahrheit entstehen kann, weil es sich hier um zwei unterschiedliche<br />
Wahrheiten handelt. In der Tat hat Gott in zwei verschiedenen Arten die sich nicht<br />
widersprachen gesprochen:<br />
1) mittels der Heiligen Schriften<br />
2) mittels dem Geschehen der Schöpfung<br />
Die Zuständigkeit für die richtige Auslegung der Heiligen Schrift obliegt der Kirche, während<br />
die Interpretation der Struktur der Natur Aufgabe der Wissenschaft ist.<br />
Zwischen Wissenschaft und Glauben gibt es somit keinen Konflikt, sondern eine Art Gewal-<br />
tenteilung. Sie können als zwei verschiedene Sphären mit zwei unterschiedlichen Sprachen<br />
verstanden werden, auch wenn sich beide auf den Plan des Schöpfers zurückführen lassen.<br />
Die Bibel enthält die Wahrheiten des Glaubens, nicht die der Wissenschaft, denn Gott wollte<br />
nicht verraten wie die Welt ist, sondern wie die Seele zu retten ist.<br />
Die religiöse Wahrheit ist in der Tat in eine Hülle von Wörtern und Begriffen eingewickelt, die<br />
die heiligen Verfasser in die Bibel während einer bestimmten historischen Epoche geschrie-<br />
ben haben, eine Epoche, die durch eine gewisse Armut in der wissenschaftlichen Erkenntnis<br />
charakterisiert war.<br />
Im Jahre 1623 schrieb Galileo „Il saggiatore“, ein Werk, dass als Manifest der neuen<br />
Wissenschaft interpretiert werden kann. Es richtete sich gegen die Irrtümer und<br />
Unwahrheiten des Dogmatismus.<br />
Das Ergebnis dieser Periode ist auch das reife und bedeutende Werk – Der Dialog über<br />
die beiden hauptsächlichen Weltsysteme, dem ptolemäischen und kopernikanischen.<br />
Dieses Werk wurde im Jahre 1633 in der Volkssprache in Dialogform geschrieben, war der<br />
Öffentlichkeit zugänglich und hatte das Ziel, zu siegen ohne das Zulassen von Zweifeln an<br />
der Wahrheit der kopernikanischen Wissenschaft.<br />
Ideatori: Alessandra Frontoni & Maura Peduto 4 C formazione.<br />
Fonti: “Domenico Massaro: La comunicazione filosofica – 2 Il pensiero moderno –” .it.wikipedia.org/wiki/Metodo_scientifico<br />
28
2.1.7 Galileos Dialog<br />
Galilei arbeitete bis 1630, unterbrochen von immer wieder-<br />
kehrenden Krankheiten, an seinem Werk „Dialogo di Galileo<br />
Galilei sopra i due Massimi Sistemi del Mondo Tolemaico e<br />
Copernicano (Dialog über die zwei wichtigsten Weltsysteme,<br />
das Ptolemäische und das Kopernikanische)“. Vom Papst und<br />
der Inquisition erhielt er unter Auflagen der Zensur eine Druck-<br />
erlaubnis. Im Februar 1632 erschienen die ersten Exemplare<br />
des „Dialogs“. Jedoch beging Galilei bei der Veröffentlichung<br />
zwei Fehler: Er machte sich erstens über einen Lieblings-<br />
gedanken des Papstes lustig, und zweitens legte er die Schluss-<br />
rede zugunsten des Ptolemäischen Systems, die er aufgrund<br />
einer Auflage schreiben musste, dem Dummkopf Simplicio in<br />
den Mund. Dies verärgerte den Papst so sehr, dass er mit voller<br />
Härte reagierte.<br />
Verfasser: Nick Sendler, Andreas Eger, Ashab Yusupov<br />
Quellen: Das Leben des Galilei<br />
Text:<br />
http://www.ethbib.ethz.ch/exhibit/galilei/galileo1a.html<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Galileo_Galilei<br />
http://bildung.freepage.de/fbs/de_galil.htm<br />
http://www.weltchronik.de/bio/cethegus/g/galilei.html<br />
http://www.dieterwunderlich.de/Galileo_Galilei.htm<br />
Bilder:<br />
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/08/Galileo_portrait_oval.png<br />
http://www.ethbib.ethz.ch/exhibit/galilei/images/A5_Padua.jpg<br />
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/ff/CosimoIIMedici1.jpg<br />
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/2e/Galileos_Moon.jpg<br />
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/8e/Galilei-weltsysteme_1-621x854.jpg<br />
http://www.leifiphysik.de/web_ph10_g8/geschichte/03galilei/inquisition.jpg<br />
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/95/GallileoTomb.jpg<br />
Eigene Fotos aus Florenz (Ludwig Zekeli)<br />
29<br />
Aristoteles, Ptolemäus und<br />
Kopernikus diskutieren auf dem<br />
Titelblatt Galileis Dialog
2.1.8 Der Inquisitionsprozess<br />
Zwischen 1613 und 1615 steht Galileo dem schwierigen Problem gegenüber, die heliozentri-<br />
sche Theorie und die Hl. Schriften miteinander in Einklang zu bringen. Damit beschäftigt er<br />
sich im ersten seiner vier Briefe an Kepler, wo er die Stichhaltigkeit und Wahrhaftigkeit dieser<br />
Hypothese beweist, die die Sonne in den Mittelpunkt unseres astronomischen Systems stellt<br />
(Brief an Don Benedetto Castelli 21.Dez.1613). Darin legt er seinem Schüler Castelli eine<br />
rationale Lösung des schwierigen Problems dar, das entstanden ist durch die Unvereinbar-<br />
keit seiner Beobachtungen mit den Hl. Schriften; aber eine derartige Lösung kann von der<br />
Kirche nicht akzeptiert werden, da sie nur die von ihr selbst vorgeschlagenen Lektürekriterien<br />
zulässt. Darüber hinaus verbirgt Galileo nicht, dass er dazu tendiert, aus den faktischen<br />
Gegebenheiten der Natur sicherere Erkenntnisse zu gewinnen als aus der menschlichen<br />
Natur, die immer verschiedenen Interpretationen ausgesetzt sind je nach dem Grad der<br />
Intelligenz, die von Mensch zu Mensch variiert. Im Wesentlichen behauptet Galileo, dass es<br />
korrekter ist, vom methodologischen Standpunkt aus, die Natur betreffende Dinge gemäß<br />
den Beobachtungen und Erfahrungen und nicht gemäß der Hl. Schrift zu beobachten.<br />
Gerade dieser Brief fällt seinen Gegnern in die Hände und belastet ihn sowie stärkt die<br />
gegen ihn vorgebrachten Anklagen.<br />
Am 20. Dez. 1614 erklärt der Dominikanermönch Tommaso Caccini, dass die Ideen des<br />
Kopernikus der Hl. Schrift widersprechen und entzündet somit einen Funken, der die<br />
Aufmerksamkeit des Hl. Stuhls erweckt. Im darauffolgenden Jahr(25 Feb.) prüft der<br />
Ausschuss des Vatikans die Briefe, die von Caccini angezeigt wurden, In der Zwischenzeit<br />
schickt Galileo, der über die Maßnahmen des Gerichts informiert wurde, eine Kopie seines<br />
Briefes an Castelli dem Monsignor Dini mit der Bitte, diesen dem Pater Grimberger und dem<br />
Kardinal Bellarmino vorzulegen.<br />
Letzterer bestätigt, dass es keine Verurteilung geben darf, wenn das heliozentrische Weltbild<br />
mit wissenschaftlichen Beweisen belegt werden kann, Im Gegenteil, es sei gut, die<br />
traditionelle Interpretation der Hl. Schrift zu überdenken. Der Vatikan verurteilt Galilei, die<br />
Hauptanklagepunkte sind:<br />
„Es wird behauptet dass Galileo die Vorschriften überschritten hat, indem er von unseren<br />
Hypothesen abwich und behauptete, dass die Erde sich bewege und die Sonne statisch sei.<br />
Ebenso hat er das existierende Fließen und Zurückfließen des Meeres falsch in Verbindung<br />
gebracht mit der Unbeweglichkeit der Sonne und der Beweglichkeit der Erde, die es nicht<br />
gibt. Dies sind die Hauptpunkte (…) was das Buch betrifft ist folgendes als weiterer<br />
Anklagepunkt zu betrachten: kein ordnungsgemäßer Druck, ohne Einholung der<br />
Genehmigung für die Veröffentlichung (…).<br />
30
Viele Irrtümer und Abweichungen von unserer Hypothese im Werk selber und Behauptungen<br />
bezüglich der Beweglichkeit der Erde und Unbeweglichkeit der Sonne; Verunglimpfung der<br />
Schriftsteller, die gegenteiliger Meinung sind und der Hl. Kirche besser dienen.“<br />
In den folgenden Jahren gelangt Galileo zu der Überzeugung, dass die Kirche dazu gebracht<br />
werden könnte, die Doktrinen des Ptolemäus fallen zu lassen und im Jahr 1631 gelingt es<br />
ihm, die Erlaubnis für den Druck seines „Dialogo sopra i due massimi sistemi“ (Dialog über<br />
die zwei größtes Systeme) zu erhalten. Dieses Mal schafft er es nicht, eine Anklage in einem<br />
weiteren Inquisitionsprozess gegen den „Kopernikanismus“ zu vermeiden. So beginnt 1632<br />
die Beweiserhebung im Prozess. Gerade jetzt wird Papst Urban VIII in dieser Sache wichtig.<br />
Der Papst, verärgert wegen des Geredes über ihn, verändert allmählich seine Einstellung zu<br />
Galileo, da er den Eindruck hat, umgangen worden zu sein in anbetracht der Tatsache, dass<br />
seine Anweisungen, einige Korrekturen vor dem Druck und der Veröffentlichung an dem<br />
Werk vorzunehmen, nicht befolgt wurden. Besonders zwei Faktoren stören Urban VIII:<br />
Der erste ist persönlicher Art und beruht auf der Tatsache, dass seine Empfehlungen nicht<br />
befolgt wurden, die darauf abzielen, die kopernikanische Theorie als reine mathematische<br />
Theorie darzustellen. In der Tat wird in dem hitzigen Dialog zwischen den drei<br />
Hauptpersonen – Salviati, Simplicio und Sagredo – der Leser dahin geführt, die Heliozentri-<br />
sche Hypothese als plausibel anzuerkennen. Der Papst ist außerdem verärgert, weil die vati-<br />
kanischen Lästerzungen unterstellt hatten, dass Galileo ihn im Dialog mit Simplicio identifi-<br />
ziert habe, der mit linkischer Gerissenheit die Theorie von der Erde als Mittelpunkt verteidigt.<br />
Der zweite Faktor, der dazu beigetragen hat, die Haltung von Papst Urban VIII zu versteifen,<br />
war politischer Art und beruhte auf den Gegensätzen, die aufgetreten waren anlässlich des<br />
Konsistoriums am 8. März 1632, in dem Kardinal Borgia den Papst öffentlich angeklagt hatte.<br />
Urban VIII beschließt, den Fall Galileo persönlich zu untersuchen. Deshalb befiehlt er am<br />
23. September, nachdem er einen Bericht über den Druck des Buches gelesen hat, dem<br />
Inquisitor von Florenz zu schreiben, damit er Galileo nach Rom zitiere.<br />
Der Inquisitor von Florenz antwortete am 2.Oktober 1632 dem Gericht, dass der Angeklagte<br />
bereit sei, zu erscheinen und bitte, dass das Verhör in Florenz stattfinde oder dass ihm für<br />
die Reise nach Rom Aufschub gewährt werde, sodass man einen geachteten Mann<br />
vorgerückten Alters, der obendrein krank war, nicht zwinge, eine Reise mitten im Winter auf<br />
sich zu nehmen und ihn damit demütigen.<br />
31
Der Aufschub des Verhörs brachte unglücklicherweise keine Vorteile, obwohl der genannte<br />
Großherzog unterstützt wurde von Pater Castelli und Michelangelo Buonarroti. Bei der<br />
Versammlung am 11.November hatte der Papst angeordnet, dass Galileo sich nach Rom<br />
begeben muss und im Falle einer Weigerung mit Gewalt gezwungen wird.<br />
Der Inquisitor von Florenz beantragt einen Aufschub von 30 Tagen, dem er eine ärztliche<br />
Bescheinigung beilegt, die den Schweregrad seiner gesundheitlichen Beschwerden bestätigt<br />
und der Aufschub wird genehmigt. Am 2o. Januar 1633 unternimmt Galileo seine Reise nach<br />
Rom und erreicht die Stadt am 13. Februar. Hier logiert er im Haus des Botschafters<br />
Niccolini, was ihm die Gefangenschaft im Kerker des Castel Sant’ Angelo erspart, wo die<br />
Angeklagten der Inquisition vor dem Verhör und dem Prozess gewöhnlich untergebracht<br />
wurden. Galileo wartet zwei Monate, bevor er aufgefordert wird, vor Gericht zum ersten<br />
Verhör am 12. April unter dem Vorsitz des Paters Vincenzo Maculano zu erscheinen.<br />
Während des Verhörs erinnerte der Wissenschaftler daran, dass er 1616 freiwillig nach Rom<br />
gekommen war, weil er über die Diskussionen bezüglich der Theorien des Kopernikus<br />
informiert war und erklären wollte, dass diese Meinung nicht im Widerspruch stand zu den<br />
Lehren der Kirche. Somit gelang es ihm, sich recht gut zu verteidigen.<br />
Der Wissenschaftler erklärte, dass sein Dialog die Theorien des Kopernikus nicht verteidigte<br />
indem er folgendermaßen argumentierte:<br />
„Ich habe mit diesem Buch weder an der Meinung über die Beweglichkeit der Erde und die<br />
Unbeweglichkeit der Sonne festgehalten noch habe ich sie verteidigt, vielmehr zeige ich in<br />
diesem Buch das Gegenteil der obengenannten Auffassung des Kopernikus und zeige auf,<br />
dass seine Begründungen ungültig und unhaltbar sind.“<br />
Der Prozess war aber, wie Pater Maculano sagte, am Ende angekommen, weswegen man<br />
einen Ausweg finden musste. Er war sich der Tatsache bewusst, dass der Papst Galileo<br />
verurteilen wollte. Maculano setzte somit bei der Vatikanischen Kongregation die Erlaubnis<br />
durch, dass er „mit Galileo außergewöhnlich verfahren könne, um ihm seinen Irrtum bewusst<br />
zu machen, damit er ihn nach dieser Erkenntnis zugebe.“<br />
Deshalb übernahm der Vorsitzende des Gerichts persönlich die Aufgabe, Galileo klar zu<br />
machen, dass er von seinen Erklärungen, die im Widerspruch zu den kirchlichen Auffassun-<br />
gen stehen, abweichen müsse, um neue Komplikationen zu vermeiden und zu einem<br />
Abschluss des Prozesses zu kommen, in dem er öffentlich bekennt, sich geirrt zu haben.<br />
32
Am 10. Mai wird Galileo vor den Hl. Stuhl zitiert und der Vorsitzende teilt ihm mit, dass er<br />
eine Frist von 8 Tagen habe, um seine Verteidigung vorzubringen. Außerdem solle er seine<br />
Absicht kundtun, ob er sich verteidigen wolle oder nicht. Daraufhin erklärt Galileo, dass er<br />
bewiesen hat, dass von seiner Seite her keine Umgehung der Vorschriften stattgefunden hat,<br />
um auf betrügerische Weise den Druck seines Dialogs zu erreichen.<br />
Er glaubte, dass die einzige Möglichkeit, den Prozess zu beenden darin bestehe, sein Werk<br />
mit einigen Korrekturen zu versehen. Aber der Papst war anderer Meinung. Nachdem er sich<br />
über den Fortgang des Prozesses informiert hatte, ordnete er am 16.Juni an, Galileo ein<br />
weiteres Mal zu befragen und zu einer Kerkerstrafe wegen des Verdachts der Häresie zu<br />
verurteilen, wenn er unter Drohung keine zufriedenstellende Antwort geben und abschwören<br />
würde.<br />
Das letzte Verhör fand am 21 Juni 1633 statt. Der Wissenschaftler wurde aufgefordert, unter<br />
Eid die Wahrheit zu sagen:<br />
F (Frage):“ Was haben Sie noch zu sagen?“<br />
A (Antwort):“ Ich habe dem, was ich schon gesagt habe, nichts mehr hinzuzufügen.“<br />
F:“ Seit wann behaupten Sie schon, dass die Sonne der Mittelpunkt der Welt ist und dass die<br />
Erde es nicht ist und dass diese sich in täglichem Rhythmus bewegt?“<br />
A:“ Schon sehr lange, d.h. bevor die Hl. Kongregation diesbezüglich Entscheidungen<br />
getroffen har und Vorschriften festgelegt wurden, war ich neutral und hatte zwei Meinungen,<br />
d.h. die von Ptolemäus und die von Kopernikus, über die man diskutieren konnte, da in<br />
Wirklichkeit sowohl die eine als auch die andere wahr sein konnte;<br />
Aber nachher wich in mir, bestärkt durch die Klugheit der Oberen, jeder Zweifel und ich hielt<br />
die Meinung Ptolemäus, d.h. die Unbeweglichkeit der Erde und die Beweglichkeit der Sonne,<br />
für wahr und unanfechtbar, so wie ich es heute tue.“<br />
F:“ Aus dem Buch kann man aber schließen, dass Sie der Meinung des Kopernikus auch<br />
nach diesem Zeitpunkt anhafteten.“<br />
A:“ Beim Schreiben des Dialogs, der schon veröffentlicht ist, habe ich nicht behauptet, die<br />
Meinung des Kopernikus für wahr zu halten; ich wollte nur eine allgemeine Erklärung geben<br />
und habe deshalb die Gründe bezüglich der Natur und Astronomie dargelegt, die man<br />
sowohl für die eine Seite als auch für die andere anführen könnte. Ich wollte dabei aber auch<br />
deutlich machen, dass auch diese weder für die eine noch die andere Meinung einen<br />
definitiven Beweis liefern können, und dass man deshalb, um Sicherheit zu haben,<br />
zurückgreifen müsse auf die Entscheidung der erhabensten Doktrinen. Dies ist an sehr<br />
vielen Stellen des Dialogs ersichtlich.<br />
33
Ich sehe also in mir selber, dass ich nach der Entscheidung der Oberen die verurteilte<br />
Meinung weder teile noch geteilt habe.“<br />
F:“ Ich muss nachdrücklich darauf hinweisen, dass aus dem Buch und den Gründen, die<br />
angeführt werden bezüglich der Bewegung der Erde, zu entnehmen ist, dass Sie die<br />
Meinung des Kopernikus vertreten oder wenigstens vertreten haben. Ich fordere Sie deshalb<br />
auf, die Wahrheit zu sagen, ansonsten werden wir gezwungen sein, falls nötig, auf die vom<br />
Gesetz vorgesehenen Mittel, d.h. die Folterung, zurückzugreifen.“<br />
A:“ Ich teile die Meinung des Kopernikus nicht, noch habe ich sie geteilt, nachdem mir mit<br />
der Vorschrift nahegelegt wurde, dass ich sie aufgeben muss; ansonsten bin ich in Ihren<br />
Händen, tun Sie, was Ihnen gut dünkt.“<br />
F:“ Ich muss darauf bestehen, daran zu erinnern, dass wir auf die Folter zurückgreifen<br />
müssen, wenn Sie nicht die Wahrheit sagen.“<br />
A:“ Ich bin hier um zu gehorchen; und ich habe diese Meinung nach der Entscheidung nicht<br />
geteilt, wie ich schon gesagt habe.“<br />
Das Protokoll endet mit der folgenden Anmerkung:„Da man nichts anderes erreichen konnte<br />
zur Durchführung des Dekrets, wurde er nach Unterzeichnung an seinen Platz<br />
zurückgeschickt.“<br />
Wie aus dem Verhör hervorgeht waren die Richter nicht zufrieden mit den Antworten des<br />
Wissenschaftlers, der trotz Androhung der Folter zwei Mal zu seiner Verteidigung seine<br />
These bekräftigt hat, dass er sich die Theorie des Kopernikus nie aneignete.<br />
Am darauffolgenden Tag nahmen an der Versammlung des Vatikan zum Erlass des Urteils<br />
nur sieben Kardinäle von zehn teil. Die Abwesenden waren: Gaspare Borgia, Francesco<br />
Baberini, Laudavio Zacchia. Diese nahmen an der Sitzung nicht teil, weil sie ihre Gründe<br />
hatten, die These des Kopernikus nicht als falsch, irrig und der Hl. Schrift widersprechend zu<br />
verurteilen und zuzustimmen, dass Galileo auferlegt wurde, feierlich abzuschwören.<br />
Erst 377 Jahre später erkannte die Kirche den im Jahr 1633 begangenen Fehler.<br />
AUTRICI : Wendy De Angelis, Chiara Pambianchi, Francesca Soverino<br />
FONTI: “Dal testo alla storia Dalla storia al testo “ volume C, Paravia, Guido Baldi, 2000; Wikipedia :<br />
http://it.wikipedia.org/wiki/Galileo_Galilei<br />
34
2.1.9 Hausarrest<br />
Galilei blieb nach dem Prozess zunächst unter Hausarrest in Rom. Nach Umwegen über<br />
Siena stand er in seiner Villa in Arcetri bei Florenz bis zu seinem Tod unter Hausarrest.<br />
Während des Hausarrestes wurden seine sozialen Kontakte stark eingeschränkt. Galilei war<br />
es jedoch gestattet, mit seinen weniger kontroversen Forschungen fortzufahren, aber<br />
Veröffentlichungen waren ihm verboten. Er führte regen Briefwechsel mit Freunden und<br />
Gelehrten im In- und Ausland und durfte später sogar Besucher empfangen.<br />
Galileo Galileis letztes Werk, die „Discorsi“ wurde über Umwege 1636 im Ausland<br />
veröffentlicht. Die „Discorsi“ beinhaltet rein physikalische Themen. Galilei behandelt darin die<br />
Elastizitätstheorie und Kinematik.<br />
Galilei, der schon lange Probleme mit den Augen hatte, erblindete im Jahre 1638 vollständig.<br />
Die Frage, ob die Ursache dafür genetische Veranlagung oder das ungeschützte Beobach-<br />
ten des Sonnenlichts war, ist ungeklärt.<br />
Am 8. Januar 1642 stirbt Galileo Galilei einige Woche vor seinem 78. Geburtstag. Eine<br />
feierliche Beerdigung und ein prunkvolles Grab, wie zu erst geplant, wurde unterbunden. Die<br />
heutige Grabstätte Galileis findet man heute in Santa Croce in Florenz.<br />
Galeis Grab in Santa Croce in Florenz<br />
Verfasser: Nick Sendler, Andreas Eger, Ashab Yusupov<br />
Bilder: Schülerfotos in Florenz<br />
Quellen: http://de.wikipedia.0rg/wiki/Gallileo_Galilei<br />
35
2.1.10 Rehabilitation des Galilei durch die Katholische Kirche<br />
Galilei vor dem Heiligen Offizium<br />
Der Prozess von Galilei, ein Anhänger der Kopernikanischen Theorie bezogen auf die<br />
Bewegung der Himmelskörper im Gegensatz stehend zur Ptolemäischen Aristotelischen<br />
Theorie, die von der katholischen Kirche unterstützt wurde, fing am 12. April 1633 an und<br />
endete am 12. Juni 1633 mit der Verurteilung wegen Ketzerei und mit seiner Abschwörung<br />
von seinem astronomischen Vorstellungen.<br />
Den Beginn der Rehhabilitation des Wissenschaftlers durch die katholische Kirche kann man<br />
im Jahre 1822 datieren, d.h. 180 Jahre nach seinem Tod mit der Imprimatur des Werkes<br />
„Elementi di ottica e astronomia“ von dem Kanoniker Settele, der das Kopernikanische<br />
System festigte und es mit dem christlichen Glauben vereinbarte. Als Demonstration dieses<br />
Vorganges wurden alle Werke über das Kopernikanische System aus der neuen Ausgabe<br />
des Index im Jahre 1846 entfernt. Aber trotzdem entschied Papst Johannes Paul II, dass die<br />
Theologen und Wissenschaftler diesen historischen Vorfall vertiefen sollten, um die Fehler<br />
aufrichtig aufzulösen. Deshalb wurde am 3. Juli 1981 eine extra wissenschaftliche<br />
Kommission eingesetzt.<br />
Nach 11 Jahren, d.h. 359 Jahre nach der Verurteilung, am 31.Oktpober 1992, schreibt der<br />
Kardinal Poupard, dass die Verurteilung des Jahres 1633 falsch, war weil die Theologie und<br />
die Kosmologie jener Zeit rückständig war, die vorherige Verurteilung jedoch gerechtfertigt<br />
wurde, weil Galilei eine Theorie radikal und revolutionär unterstützte, ohne die<br />
wissenschaftlichen Prüfungen vorzuweisen, die die katholische Kirche dazu veranlasste,<br />
diese These nicht anzuerkennen.<br />
Am 12. April 1633 erschien Galileo vor dem Heiligen Offizium und am 22. Juni 1633 endete<br />
der Prozess mit seinem Widerruf.<br />
36
Der Prozess bringt ihm im Jahre 1633 die Drohung der<br />
Inquisition ein, nicht nur seine Schriften auf den Index zu<br />
setzen, sondern ihn auch als Ketzer zum Tode zu verurteilen.<br />
Daraufhin schreibt er folgenden berühmten Widerruf:<br />
•"Ich, Galileo, Sohn des Vinzenz Galilei aus Florenz, siebzig<br />
Jahre alt, stand persönlich vor Gericht und ich knie vor Euch<br />
Eminenzen, die Ihr in der ganzen Christenheit die lnquisitoren<br />
gegen die ketzerische Verworfenheit seid. Ich habe vor mir die<br />
heiligen Evangelien, berühre sie mit der Hand und schwöre,<br />
dass ich immer geglaubt habe, auch jetzt glaube und mit Gottes Hilfe auch in Zukunft<br />
glauben werde, alles was die heilige katholische und apostolische Kirche für wahr hält,<br />
predigt und lehrt. Es war mir von diesem Heiligen Offizium von Rechts wegen die Vorschrift<br />
auferlegt worden. dass ich völlig die falsche Meinung aufgeben müsse, dass die Sonne der<br />
Mittelpunkt der Welt ist, dass die Erde nicht der Mittelpunkt der Welt ist und dass sie sich<br />
bewegt. Es war mir weiter befohlen worden. dass ich diese falsche Lehre nicht vertreten<br />
dürfe, sie nicht verteidigen dürfe und dass ich sie in keiner Weise lehren dürfe weder in Wort<br />
noch in Schrift. Es war mir auch erklärt worden, dass jene Lehre der Heiligen Schrift zuwider<br />
sei. Trotzdem habe ich ein Buch geschrieben und zum Druck gebracht, in dem ich jene<br />
bereits verurteilte Lehre behandele und in dem ich mit viel Geschick Gründe zugunsten<br />
derselben beibringe, ohne jedoch zu irgendeiner Entscheidung zu gelangen. Daher bin ich<br />
der Ketzerei in hohem Maße verdächtig befunden worden, darin bestehend, dass ich die<br />
Meinung vertreten und geglaubt habe, dass die Sonne Mittelpunkt der Welt und unbeweglich<br />
ist. Wenn ich aber einen Ketzer kenne, oder jemanden der Ketzerei verdächtig weiß, so<br />
werde ich ihn diesem Heiligen Offizium anzeigen oder ihn dem Inquisitor oder der kirchlichen<br />
Behörde meines Aufenthaltsortes angeben. Ich möchte mich nun vor Euren Eminenzen und<br />
vor jedem gläubigen Christen von jenem schweren Verdacht, den ich gerade näher<br />
bezeichnete, reinigen. Daher schwöre ich mit aufrichtigem Sinn und ohne Heuchelei ab<br />
verwünsche und verfluche jene Irrtümer und Ketzereien und darüber hinaus ganz allgemein<br />
jeden irgendwie gearteten Irrtum, .geartete Ketzerei und Sektiererei, die der Heiligen Kirche<br />
entgegen steht. Ich schwöre, dass ich in Zukunft weder in Wort noch in Schrift etwas<br />
verkünden werde, das mich in einen solchen Verdacht bringen könnte.<br />
• Ich schwöre auch, dass ich alle Bußen, die mir das Heilige Offizium auferlegt hat oder noch<br />
auferlegen wird, genauestens beachten und erfüllen werde. Sollte ich irgendeinem meiner<br />
Versprechen und Eide, was Gott verhüten möge, zuwiderhandeln, so unterwerfe ich mich<br />
allen Strafen und Züchtigungen, die das kanonische Recht und andere allgemeine und<br />
besondere einschlägige Bestimmungen gegen solche Sünder festsetzen und verkünden.<br />
37
Dass Gott mir helfe und seine heiligen Evangelien, die ich mit den Händen berühre. Ich,<br />
Galileo Galilei, habe abgeschworen, geschworen, versprochen und mich verpflichtet, wie ich<br />
eben näher ausführte. Zum Zeugnis der Wahrheit habe ich diese Urkunde meines<br />
Abschwörens eigenhändig unterschrieben und sie Wort für Wort verlesen, in Rom im Kloster<br />
der Minerva am 22. Juni 1633. Ich, Galileo Galilei, habe abgeschworen und eigenhändig<br />
unterzeichnet."<br />
Am 31 Oktober 1992 wurde Galilei von der Katholischen Kirche rehabilitiert.<br />
Beim Abschluss der Vollversammlung der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften<br />
präsentierte Card. Poupard das Ergebnis der zehnjährigen interdisziplinären Forschung zum<br />
Fall Galilei. Kardinal Poupard hat dargelegt, dass das Urteil von 1633 nicht unwiderruflich ist,<br />
weshalb Galileo Galilei ab heute als rehabilitiert gilt.<br />
Am Ende seines Referates nannte Card Pouoard die Richter Galileis als verantwortliche für<br />
das Unrecht, die kopernikanische Lehre verboten und Galilei Leid zugefügt zu haben<br />
(Poupard 1992, vgl. Segre 1997). Der Kardinal appellierte an Papst Paul II. : „(..) dieses<br />
Unrecht muss ehrlich anerkannt werden, so wie Sie es, Heiliger Vater, gefordert haben“.<br />
Abweichend vom Text des römischen Verfassers sei hier nicht der Beitrag des Kardinals<br />
aufgenommen sondern der offizielle Text der Ansprache von Papst Paul II zur Rehabilitation<br />
von Galilei:<br />
www.kepler-gesellschaft.de/Kepler-<br />
Foerderpreis/2006/Platz1_<br />
Faecheruebergreifend/Ansprache<br />
Papst Johannes Paul II.html<br />
38
„ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II.<br />
AN DIE TEILNEHMER DER VOLLVERSAMMLUNG DER<br />
PÄPSTLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN<br />
31. Oktober 1992<br />
Meine Herren Kardinäle, Exzellenzen, meine Damen und Herren!<br />
1. Der Abschluß der Vollversammlung der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften bietet<br />
mir die willkommene Gelegenheit, ihre ehrenwerten Mitglieder zu treffen in Anwesenheit<br />
meiner wichtigsten Mitarbeiter und der Chefs der diplomatischen Missionen, die beim<br />
Heiligen Stuhl akkreditiert sind. Allen gilt mein herzlicher Gruß. Meine Gedanken richten sich<br />
in dieser Stunde an Professor Marini-Bettólo, der aus Krankheitsgründen nicht unter uns<br />
weilen kann; ich wünsche ihm von Herzen alles Gute für baldige Genesung und versichere<br />
ihn meines Gebetes.<br />
Begrüßen möchte ich ferner jene Persönlichkeiten, die zum erstenmal an eurer Akademie<br />
teilnehmen; ich danke ihnen, dass sie zugestimmt haben, zu euren Arbeiten mit ihrem<br />
Fachwissen beizutragen.<br />
Ferner begrüße ich gern den hier anwesenden Professor Adi Shamir, Professor am<br />
»Weizmann- Institut der Wissenschaften« in Rehovot (Israel), dem die Akademie die<br />
Goldmedaille Pius’ XI. verliehen hat. Ich spreche ihm zugleich meine herzlichsten<br />
Glückwünsche aus.<br />
Auf zwei Themen ist heute unsere Aufmerksamkeit gerichtet. Sie sind eben fachkundig<br />
vorgestellt worden, und ich möchte Kardinal Paul Poupard und Pater George Coyne für ihre<br />
Darlegungen danken.<br />
2. An erster Stelle möchte ich die Päpstliche Akademie der Wissenschaften dazu<br />
beglückwünschen, daß sie auf ihrer Vollversammlung ein ebenso wichtiges wie aktuelles<br />
Thema behandeln wollte: nämlich die komplexen Verhältnisse auf den Gebieten der<br />
Mathematik, Physik, Chemie und Biologie.<br />
Das Thema der komplexen Verhältnisse bedeutet wahrscheinlich in der Geschichte der<br />
Naturwissenschaften einen ebenso wichtigen Abschnitt wie jener, der mit dem Namen Galilei<br />
verbunden ist. Damals glaubte man, man müsse ein eindeutiges Ordnungsmodell vorlegen.<br />
Die komplexen Verhältnisse weisen aber gerade darauf hin, dass wer den Reichtum der<br />
Wirklichkeit berücksichtigen möchte, notwendig eine Vielzahl von Modellen braucht.<br />
39
Diese Feststellung wirft eine Frage auf, die Naturwissenschaftler, Philosophen und<br />
Theologen gleichermaßen anspricht: Wie soll man die Erklärung der Welt – ausgehend von<br />
den elementaren Seinsformen und Erscheinungen — mit der Anerkennung der Tatsache<br />
verbinden, dass »das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile«?<br />
Will der Wissenschaftler streng und formal die Erfahrungstatsachen beschreiben, ist er<br />
gezwungen, auf über die strenge Wissenschaft hinausreichende Begriffe zurückzugreifen,<br />
deren Verwendung gleichsam von der Logik seines Vorgehens gefordert ist. Natürlich muss<br />
die Natur dieser Begriffe exakt verdeutlicht werden, denn sonst gelangt man zu<br />
unangemessenen Grenzüberschreitungen, die die streng wissenschaftlichen Entdeckungen<br />
mit einer Weltanschauung oder ideologischen oder philosophischen Aussagen verknüpft, die<br />
keineswegs streng dazugehören. Hier wird erneut die Wichtigkeit der Philosophie deutlich,<br />
die sowohl die Erscheinungen als auch ihre Deutung in Betracht zieht.<br />
3. Denken wir zum Beispiel an die Erarbeitung neuer wissenschaftlicher Theorien, die das<br />
Leben erklären sollen. Streng methodisch darf man sie nicht unmittelbar im einheitlichen<br />
Rahmen der Wissenschaft deuten. Zumal wenn man jenes Leben, das der Mensch ist, und<br />
sein Gehirn betrachtet, darf man nicht sagen, diese Theorien würden für sich allein schon ein<br />
Ja oder Nein zur Geistseele bedeuten, oder auch, sie würden einen Beweis für die Lehre von<br />
der Schöpfung bieten oder im Gegenteil sie überflüssig machen.<br />
Das Bemühen um weitere Deutung ist notwendig. Und eben dies ist die Aufgabe der<br />
Philosophie: die Suche nach dem globalen Sinn der Erfahrungen und Phänomene, die die<br />
Wissenschaften zusammengetragen und analysiert haben.<br />
Die heutige Kultur erfordert ein ständiges Bemühen um eine Synthese der Erkenntnisse und<br />
eine Integration des Wissens. Gewiss verdanken wir der Spezialisierung der Forschungen<br />
sichtbare Erfolge. Doch wenn sie nicht durch ein aufmerksames Bedenken der<br />
verschiedenen Akzente des Wissens im Gleichgewicht gehalten wird, besteht die große<br />
Gefahr, eine »Kultur der Bruchstücke« zu erreichen, die tatsächlich einer Leugnung echter<br />
Kultur gleichkäme. Echte Kultur ist nämlich ohne Menschlichkeit und Weisheit nicht<br />
vorstellbar.<br />
4. Ähnliche Anliegen hatte ich am 10. November 1979 aus Anlass der ersten Jahrhundert-<br />
feier seit der Geburt von Albert Einstein, als ich vor dieser gleichen Akademie den Wunsch<br />
aussprach, »dass Theologen, Gelehrte und Historiker, vom Geist ehrlicher Zusammenarbeit<br />
beseelt, die Überprüfung des Falles Galilei vertiefen und in aufrichtiger Anerkennung<br />
40
des Unrechts, von welcher Seite es auch immer gekommen sein mag, das Misstrauen<br />
beseitigen, das dieses Ereignis noch immer bei vielen gegen eine fruchtbare<br />
Zusammenarbeit von Glaube und Wissenschaft, von Kirche und Welt hervorruft« (AAS<br />
71,1979, S. 1464–1465). Am 3. Juli 1981 wurde eine entsprechende Studienkommission<br />
eingesetzt. Nun aber, gerade im Jahr, wo der 350. Jahrestag des Todes von Galilei<br />
wiederkehrt, legt die Kommission nach Abschluss ihrer Arbeiten eine Reihe von<br />
Publikationen vor. Ich möchte Kardinal Poupard meine lebhafte Wertschätzung dafür<br />
aussprechen, dass er in der Abschlussphase die Forschungsergebnisse der Kommission<br />
koordiniert hat. Allen Fachleuten aber, die irgendwie an den Arbeiten der vier Gruppen dieser<br />
die Fächer übergreifenden Studien teilgenommen haben, spreche ich meine tiefe<br />
Genugtuung und meinen lebhaften Dank aus. Die in über zehn Jahren geleistete Arbeit<br />
entspricht einer vom Zweiten Vatikanischen Konzil erlassenen Weisung und lässt die<br />
verschiedenen wichtigen Punkte der Frage besser hervortreten. In Zukunft wird man die<br />
Ergebnisse der Kommission berücksichtigen müssen.<br />
Vielleicht wird man sich darüber wundern, dass ich am Ende einer Studienwoche der<br />
Akademie zum Thema der Komplexität der verschiedenen Wissenschaften auf den Fall<br />
Galilei zurückkomme. Ist dieser Fall denn nicht längst abgeschlossen, und sind die<br />
begangenen Irrtümer nicht längst anerkannt?<br />
Gewiss stimmt das. Doch die diesem Fall zugrundeliegenden Probleme betreffen sowohl die<br />
Natur der Wissenschaft wie die der Glaubensbotschaft. Es ist daher nicht auszuschließen,<br />
dass wir uns eines Tages vor einer analogen Situation befinden, die von beiden Teilen ein<br />
waches Bewusstsein vom eigenen Zuständigkeitsbereich und seinen Grenzen erfordern<br />
wird. Das Thema der Komplexität könnte dann einen Hinweis liefern.<br />
5. Bei der Auseinandersetzung, in deren Mittelpunkt Galilei stand, ging es um eine doppelte<br />
Frage. Die erste betrifft das Verstehen und die Hermeneutik der Bibel. Hier sind zwei Punkte<br />
zu betonen. Vor allem unterscheidet Galilei wie der Großteil seiner Gegner nicht zwischen<br />
dem wissenschaftlichen Zugang zu den Naturerscheinungen und der philosophischen<br />
Reflexion über die Natur, die sie im allgemeinen erfordern. Daher lehnte er den ihm<br />
nahegelegten Hinweis ab, das kopernikanische System bis zu seiner durch unwiderlegliche<br />
Beweise erwiesenen Geltung als Hypothese vorzutragen. Das war im übrigen eine<br />
Forderung seiner experimentellen Methode, die er genial eingeführt hatte. Ferner war die<br />
geozentrische Darstellung der Welt in der Kultur der Zeit allgemein als vollkommen der Lehre<br />
der Bibel entsprechend anerkannt, in der einige Aussagen, wenn man sie wörtlich nahm, den<br />
Geozentrismus zu bestätigen schienen.<br />
41
Das Problem, welches sich die Theologen der Zeit stellten, war also die Übereinstimmung<br />
des Heliozentrismus mit der Heiligen Schrift. So zwang die neue Wissenschaft mit ihren<br />
Methoden und der Freiheit der Forschung, die sie voraussetzte, die Theologen, sich nach<br />
ihren Kriterien für die Deutung der Bibel zu fragen. Dem Großteil gelang dies nicht.<br />
Merkwürdigerweise zeigte sich Galilei als aufrichtig Glaubender in diesem Punkte<br />
weitsichtiger als seine theologischen Gegner. Er schreibt an Benedetto Castelli: »Wenn<br />
schon die Schrift nicht irren kann, so können doch einige ihrer Erklärer und Deuter in<br />
verschiedener Form irren« (Brief vom 21. Dezember 1613, in der »Edizione nazionale delle<br />
Opere di Galileo Galilei«, hrsg. von A. FAVARO, Neuausgabe 1968, Band V, S. 282). (Im<br />
weiteren zitiert als: Werk. Bekannt ist ferner sein Brief an Christina von Lorena, 1615, der<br />
einem kleinen Traktat zur Hermeneutik der Bibel gleichkommt, ebd., S. 307–348).<br />
6. Schon hier können wir eine Schlussfolgerung ziehen. Wenn eine neue Form des Studiums<br />
der Naturerscheinungen auftaucht, wird eine Klärung des Ganzen der Disziplinen des<br />
Wissens nötig. Sie nötigt sie zur besseren Abgrenzung ihres eigenen Bereiches, ihrer<br />
Zugangsweise und ihrer Methoden, wie auch der genauen Tragweite ihrer Schluß-<br />
folgerungen. Mit anderen Worten, dieses Neue verpflichtet jede Disziplin, sich genauer ihrer<br />
eigenen Natur bewusst zu werden.<br />
Die vom kopernikanischen System hervorgerufene Umwälzung machte also eine Reflexion<br />
darüber notwendig, wie die biblischen Wissenschaften zu verstehen sind, ein Bemühen, das<br />
später überreiche Früchte für die modernen exegetischen Arbeiten bringen sollte, die ferner<br />
in der Konzilskonstitution Dei Verbum eine Bestätigung und neuen Impuls erhalten haben.<br />
7. Die Krise, die ich eben angedeutet habe, ist nicht der einzige Faktor, der auf die Deutung<br />
der Bibel Auswirkungen gehabt hat. Wir berühren hier den zweiten, nämlich pastoralen<br />
Aspekt des Problems. Kraft der ihr eigenen Sendung hat die Kirche die Pflicht, auf die<br />
pastoralen Auswirkungen ihrer Predigt zu achten.<br />
Vor allem muss klar sein: Diese Predigt muss der Wahrheit entsprechen. Zugleich muss man<br />
es verstehen, eine neue wissenschaftliche Tatsache zu berücksichtigen, wenn sie der<br />
Wahrheit des Glaubens zu widersprechen scheint.<br />
Das pastorale Urteil angesichts der Theorie des Kopernikus war in dem Maße schwierig zu<br />
formulieren, wie der Geozentrismus scheinbar selbst zur Lehre der Heiligen Schrift gehörte.<br />
42
Es wäre nötig gewesen, gleichzeitig Denkgewohnheiten zu überwinden und eine neue<br />
Pädagogik zu entwickeln, die dem Volk Gottes weiterhelfen konnte. Sagen wir es allgemein:<br />
Der Hirte muss wirklich kühn sein und sowohl eine unsichere Haltung, aber auch ein<br />
voreiliges Urteil vermeiden, da das eine wie das andere großen Schaden hervorrufen könnte.<br />
8. Hier können wir an eine analoge Krise zu der erinnern, von der wir sprechen. Im<br />
vergangenen Jahrhundert und zu Beginn des unseren hat der Fortschritt der historischen<br />
Wissenschaften neue Kenntnisse über die Bibel und ihr Umfeld möglich gemacht. Der<br />
rationalistische Kontext aber, in dem die Ergebnisse meist dargestellt wurden, konnte sie für<br />
den christlichen Glauben schädlich erscheinen lassen. So dachten manche, die den Glauben<br />
verteidigen wollten, man müsse ernsthaft begründete historische Schlussfolgerungen<br />
abweisen. Das war aber eine voreilige und unglückliche Entscheidung. Das Werk eines<br />
Pioniers wie P. Lagrange verstand die notwendigen Unterscheidungen aufgrund sicherer<br />
Kriterien anzubieten.<br />
Hier wäre das zu wiederholen, was ich oben gesagt habe. Es ist eine Pflicht der Theologen,<br />
sich regelmäßig über die wissenschaftlichen Ergebnisse zu informieren, um eventuell zu<br />
prüfen, ob sie diese in ihrer Reflexion berücksichtigen oder ihre Lehre anders formulieren<br />
müssen.<br />
9. Wenn die heutige Kultur von einer Tendenz der Wissenschaftsgläubigkeit gekennzeichnet<br />
ist, war der kulturelle Horizont der Zeit des Galilei einheitlich und von einer besonderen<br />
philosophischen Bildung geprägt. Dieser einheitliche Charakter einer Kultur, der an sich auch<br />
heute positiv und wünschenswert wäre, war einer der Gründe für die Verurteilung des Galilei.<br />
Die Mehrheit der Theologen vermochte nicht formell zwischen der Heiligen Schrift und ihrer<br />
Deutung zu unterscheiden, und das ließ sie eine Frage der wissenschaftlichen Forschung<br />
unberechtigterweise auf die Ebene der Glaubenslehre übertragen.<br />
Wie Kardinal Poupard dargelegt hat, war Robert Bellarmin, der die wirkliche Tragweite der<br />
Auseinandersetzung erkannt hatte, seinerseits der Auffassung, daß man angesichts<br />
eventueller wissenschaftlicher Beweise für das Kreisen der Erde um die Sonne »bei der<br />
Erklärung der Schriftstellen, die gegen (eine Bewegung der Erde) zu sprechen scheinen«,<br />
sehr vorsichtig sein und »vielmehr sagen müsse, wir möchten das, was bewiesen wird, nicht<br />
als falsch hinstellen« (Brief an R.A. Foscarini, 12. April 1615, vgl. zit. Werk, Band XII, S.<br />
172).<br />
43
Vor ihm hatte die gleiche Weisheit schon den heiligen Augustinus schreiben lassen: »Wenn<br />
jemand die Autorität der Heiligen Schriften gegen einen klaren und sicheren Beweis<br />
ausspielen würde, fehlt ihm das Verständnis, und er stellt der Wahrheit nicht den echten Sinn<br />
der Schriften entgegen, er hat diesen vielmehr nicht gründlich genug erfasst und durch sein<br />
eigenes Denken ersetzt, also nicht das, was er in den Schriften, sondern das, was er bei sich<br />
selber gefunden hat, dargelegt, als ob dies in den Schriften stände« (Brief 143, Nr. 7; PL 33,<br />
col. 588). Vor einem Jahrhundert hat Papst Leo XIII. diesen Gedanken in seiner Enzyklika<br />
Providentissimus Deus aufgegriffen: »Da eine Wahrheit unmöglich einer anderen Wahrheit<br />
widersprechen kann, darf man sicher sein, dass ein Irrtum in der Deutung der heiligen Worte<br />
oder bei einem anderen Diskussionsgegenstand nur behauptet wurde« (Leonis XIII Pont.<br />
Max., Acta, vol. XIII, 1894, S. 361).<br />
Kardinal Poupard hat uns ebenfalls dargelegt, daß das Urteil von 1633 nicht unwiderruflich<br />
war und die weitergehende Auseinandersetzung erst 1820, und zwar mit dem Imprimatur für<br />
das Werk des Kanonikus Settele, geendet hat (vgl. Päpstliche Akademie der<br />
Wissenschaften, Copernico, Galilei e la Chiesa, Fine della controversia [1820]. Die Akten<br />
des Heiligen Offiziums wurden von W. Brandmüller und E.J. Greipl, Florenz, Olschki, 1992<br />
herausgegeben).<br />
10. Ausgehend vom Zeitalter der Aufklärung bis in unsere Tage, hat der Fall Galilei eine Art<br />
Mythos gebildet, in dem das dargelegte Bild der Ereignisse von der Wirklichkeit weit entfernt<br />
war. In dieser Perspektive war dann der Fall Galilei zum Symbol für die angebliche<br />
Ablehnung des wissenschaftlichen Fortschritts durch die Kirche oder des dogmatischen<br />
»Obskurantentums« gegen die freie Erforschung der Wahrheit geworden. Dieser Mythos hat<br />
in der Kultur eine erhebliche Rolle gespielt und dazu beigetragen, zahlreiche Männer der<br />
Wissenschaft in gutem Glauben denken zu lassen, der Geist der Wissenschaft und ihre Ethik<br />
der Forschung auf der einen Seite sei mit dem christlichen Glauben auf der anderen Seite<br />
unvereinbar. Ein tragisches gegenseitiges Unverständnis wurde als Folge eines<br />
grundsätzlichen Gegensatzes von Wissen und Glauben hingestellt. Die durch die jüngeren<br />
historischen Forschungen erbrachten Klärungen gestatten uns nun die Feststellung, dass<br />
dieses schmerzliche Missverständnis inzwischen der Vergangenheit angehört.<br />
11. Der Fall Galilei kann uns eine bleibend aktuelle Lehre sein für ähnliche Situationen, die<br />
sich heute bieten und in Zukunft ergeben können. Zur Zeit des Galilei war eine Welt ohne<br />
physisch absoluten Bezugspunkt unvorstellbar.<br />
44
Und da der damals bekannte Kosmos sozusagen auf das Sonnensystem beschränkt war,<br />
konnte man diesen Bezugspunkt nicht entweder auf die Erde oder auf die Sonne verlegen.<br />
Heute hat keiner dieser beiden Bezugspunkte nach Einstein und angesichts der heutigen<br />
Kenntnis des Kosmos mehr die Bedeutung von damals.<br />
Diese Feststellung betrifft natürlich nicht die Stellungnahme des Galilei in der Auseinander-<br />
setzung; sie kann uns aber darauf hinweisen, dass es jenseits zweier einseitiger und<br />
gegensätzlicher Ansichten eine umfassendere Sicht gibt, die beide Ansichten einschließt und<br />
überwindet.<br />
12. Eine weitere Lehre ist die Tatsache, dass die verschiedenen Wissenschaftszweige<br />
unterschiedlicher Methoden bedürfen.<br />
Galilei, der praktisch die experimentelle Methode erfunden hat, hat, dank seiner genialen<br />
Vorstellungskraft als Physiker und auf verschiedene Gründe gestützt, verstanden, dass nur<br />
die Sonne als Zentrum der Welt, wie sie damals bekannt war, also als Planetensystem,<br />
infrage kam.<br />
Der Irrtum der Theologen von damals bestand dagegen am Festhalten an der Zentralstellung<br />
der Erde in der Vorstellung, unsere Kenntnis der Strukturen der physischen Welt wäre<br />
irgendwie vom Wortsinn der Heiligen Schrift gefordert. Doch wir müssen uns hier an das<br />
berühmte Wort erinnern, das dem Baronius zugeschrieben wird: »Der Heilige Geist wollte<br />
uns zeigen, wie wir in den Himmel kommen, nicht wie der Himmel im einzelnen aussieht.«<br />
Tatsächlich beschäftigt sich die Bibel nicht mit den Einzelheiten der physischen Welt, deren<br />
Kenntnis der Erfahrung und dem Nachdenken des Menschen anvertraut wird. Es gibt also<br />
zwei Bereiche des Wissens. Der eine hat seine Quelle in der Offenbarung, der andere aber<br />
kann von der Vernunft mit ihren eigenen Kräften entdeckt werden. Zum letzteren Bereich<br />
gehören die experimentellen Wissenschaften und die Philosophie. Die Unterscheidung der<br />
beiden Wissensbereiche darf aber nicht als Gegensatz verstanden werden. Beide Bereiche<br />
sind vielmehr einander durchaus nicht fremd, sie besitzen vielmehr Begegnungspunkte.<br />
Dabei gestattet die Methode eines jeden Bereiches, unterschiedliche Aspekte der<br />
Wirklichkeit herauszustellen.<br />
13. Eure Akademie führt ihre Arbeiten in dieser Geisteshaltung weiter. Ihre Hauptaufgabe<br />
besteht darin, die Entwicklung des Wissens gemäß der berechtigten Autonomie der<br />
Wissenschaft zu fördern (Gaudium et spes, 36,2), die der Apostolische Stuhl in den Statuten<br />
eurer Institution ausdrücklich anerkennt.<br />
45
Worauf es bei einer wissenschaftlichen oder philosophischen Theorie ankommt, ist ihre<br />
Wahrheit, oder sie muss wenigstens solide begründet sein. Zielsetzung eurer Akademie ist<br />
es aber gerade, beim derzeitigen Stand der Wissenschaft und auf ihrem eigenen Gebiet das<br />
herauszustellen und zur Kenntnis zu bringen, was als gesicherte Wahrheit oder wenigstens<br />
als derart wahrscheinlich gelten kann, dass es unklug und unvernünftig wäre, es<br />
zurückzuweisen. So lassen sich unnütze Konflikte vermeiden.<br />
Die Ernsthaftigkeit der wissenschaftlichen Information wird daher der beste Beitrag sein, den<br />
die Akademie zur exakten Formulierung und Lösung der dringenden Probleme leisten kann,<br />
die die Kirche kraft ihrer besonderen Sendung beachten muss: Probleme, die nicht nur die<br />
Astronomie, die Physik und Mathematik betreffen, sondern ebenso die relativ neuen<br />
Disziplinen der Biologie und der Biogenetik. Viele neuen wissenschaftlichen Entdeckungen<br />
und ihre möglichen Anwendungen haben mehr denn je eine direkte Auswirkung auf den<br />
Menschen selber, auf sein Denken und Handeln, so dass sie sogar die Grundlagen des<br />
Menschlichen selber zu bedrohen scheinen.<br />
14. Für die Menschheit gibt es eine doppelte Form der Entwicklung. Die erste umfasst die<br />
Kultur, die wissenschaftliche Forschung und Technik oder alles das, was zum Horizont des<br />
Menschen und der Schöpfung gehört und sich mit eindrucksvoller Schnelligkeit entwickelt.<br />
Wenn diese Entwicklung aber dem Menschen nicht rein äußerlich bleiben soll, muss<br />
notwendig das Bewusstsein und seine Anwendung entwickelt werden. Die zweite Weise der<br />
Entwicklung betrifft alles Tiefere im Menschen, insofern er, die Welt und sich selbst<br />
überschreitend, sich dem zuwendet, der der Schöpfer von allem ist.<br />
Nur dieser Weg nach oben kann am Ende dem Sein und Tun des Menschen einen Sinn<br />
geben, weil er ihn mit seinem Ursprung und Ziel in Verbindung bringt. Auf diesem doppelten<br />
horizontalen und vertikalen Weg verwirklicht sich der Mensch voll als geistiges Wesen und<br />
homo sapiens. Zu bedenken ist freilich, dass diese Entwicklung nicht einförmig und<br />
geradlinig erfolgt und der Fortschritt nicht immer harmonisch bleibt. Dies macht die<br />
Unordnung deutlich, die zur Situation des Menschen gehört. Der Wissenschaftler, der diese<br />
Entwicklung zur Kenntnis nimmt und berücksichtigt, trägt zur Wiederherstellung der<br />
Harmonie bei.<br />
Wer sich der wissenschaftlichen und technischen Forschung widmet, nimmt als<br />
Voraussetzung seines Weges an, dass die Welt kein Chaos, sondern ein Kosmos ist, dass<br />
es also innerhalb der Naturgesetze eine Ordnung gibt, die sich erkennen und denken lässt<br />
und die deshalb eine gewisse Verwandtschaft zum Geist aufweist. Einstein pflegte zu sagen:<br />
»Was es in der Welt an ewig Unverständlichem gibt, setzt voraus, dass es verständlich ist«<br />
46
(In »The Journal of the Franklin Institute«, Band 221, Nr. 3, März 1936). Diese Verständ-<br />
lichkeit, die von den atemberaubenden Entdeckungen der Wissenschaft und Technik<br />
bestätigt wird, verweist am Ende auf den transzendenten und ursprünglichen Gedanken, der<br />
allem Sein eingeprägt ist.<br />
Meine Damen und Herren, zum Abschluss dieser Begegnung spreche ich meine besten<br />
Wünsche aus, dass Ihre Forschungen und Überlegungen dazu beitragen, unseren Zeit-<br />
genossen nützliche Hinweise für den Aufbau einer harmonischen Gesellschaft zu geben in<br />
einer Welt, die das Menschliche mehr achtet. Ich danke Ihnen für die Dienste, die Sie dem<br />
Heiligen Stuhl leisten, und ich bitte Gott, er möge Sie mit seinen Gaben erfüllen.<br />
Verfasser (bis auf die obengenannte Einschränkung): Angelica Degollar<br />
Fonti Fonti Fonti<br />
Fonti: http://it.wikipedia.org/wiki/Processo_a_Galileo_Galilei<br />
Original französisch in: L'Osservatore Romano, 1.11.1992;<br />
deutsche Fassung entnommen aus: deutscher L'Osservatore Romano, 13.11.1992, S. 9-1<br />
„ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II.<br />
AN DIE TEILNEHMER DER VOLLVERSAMMLUNG DER<br />
PÄPSTLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN<br />
31. Oktober 1992<br />
47
3. Kepler und das heliozentrische Weltbild<br />
3.1 Das Leben des Johannes Keplers<br />
Johannes Kepler wurde 1571 in der Nähe von Weil (Württemberg)<br />
geboren. Er war ein deutscher Astronom und Philosoph. Seine Familie<br />
zog 1575 nach Leonberg, in eine Stadt ein wenig nördlich von Weil. Die<br />
Familie Kepler war protestantisch und stammte aus einem gut situierten<br />
Geschlecht. Obwohl die Familie aus noblem Hause stammte, war der<br />
Vater lediglich ein Kaufmann für Schneiderbedarf. Seine Mutter Katharina<br />
war ein Waisenkind, wurde von ihrer Tante großgezogen und später als Hexe angeklagt.<br />
Sein Interesse für Astronomie wurde durch seine Mutter geweckt, die ihm den Kometen im<br />
Jahre 1577 und die Sonnenfinsternis 1580 erläuterte. Vor seinem Studium führte Johannes<br />
Kepler mit zwölf Jahren kleinere Arbeiten im kleinen Seminar von Adelsberg aus. Seine<br />
Arbeit und seine Intelligenz ermöglichte ihm ein Stipendium des Herzogs von Württemberg,<br />
um sein Studium an der Universität in Tübingen 1589 fortführen zu können. Diese Universität<br />
wurde gegründet, um die zukünftige protestantische Elite auszubilden. Dort lehrte man<br />
Theologie, Latein, Musik, Mathematik und ergänzend Geometrie und Astronomie.<br />
In Tübingen schulte ihn einerseits ein Philosophie Professor nach der Lehre des Platons und<br />
Pythagoras und andererseits stellte ihm sein Mathematik und Astronomie Professor Michael<br />
Maestlin verbotener Weise privat die Theorie des heliozentrischen Weltbildes von<br />
Kopernikus vor. Diese Doktrin überzeugte Kepler. Leider wurde Kopernikus<br />
verfolgt, obwohl er von dem heliozentrischen Weltbild überzeugt war. Anfangs war<br />
Kepler für eine kirchliche Karriere vorgesehen. Jedoch 1594 fragte die protestantische<br />
Schule in Graz bei der Universität in Tübingen nach einem Mathematiklehrer an. So wurde<br />
Kepler Mathematikdozent in Graz. In dieser Epoche war Graz eine sehr tolerante Stadt in<br />
welcher ohne Schwierigkeiten die protestantische Schule neben der katholischen Universität<br />
bestehen konnte.<br />
Später konvertierte Kepler zum Calvinismus und trennte sich von den Lutheranern. Dieser<br />
Glaubenswandel führte später persönlich zu Schwierigkeiten mit den religiösen Autoritäten<br />
und dies führte zu seiner Exkommunikation seitens der Lutheraner. Er veröffentlichte<br />
regelmäßig ein Almanach und astrologische Horoskope, die sich später als wahr<br />
herausstellten. Dieser Sachverhalt konsolidierte seine Reputation.<br />
Im Jahre 1597 heiratete er Barbara Mühleck, mit der er zwei Kinder Hatte. Seine<br />
Frau starb 1611.<br />
48
Keplermuseum <strong>Regensburg</strong><br />
(Schülerfoto)<br />
Wohnhaus von Kepler in Prag<br />
(Schülerfoto)<br />
Noch im gleichen Jahr publiziert er sein Werk Mysterium<br />
Cosmographicum, in dem er eine erste Beschreibung der<br />
Ordnung des Universums wagt. Diese ist signifikant, da sie<br />
die erste komplette und überzeugende Fassung der<br />
geometrischen Vorteile der kopernikanischen Theorie<br />
darstellt. Zwei Jahre nach der Publikation des Buches im<br />
Jahre 1599, bietet Tycho Brahe Kepler eine Stelle als<br />
Assistent an, die er 1600 antrat und er zog in diesem Jahr<br />
nach Prag um. Dieses Angebot kam ihm sehr entgegen, da<br />
er im gleichen Jahr aus der Steiermark als Protestant<br />
ausgewiesen wurde.<br />
Prager Burg- Hof Rudolfs II(Schülerfoto)<br />
49
Denkmal von Tycho Brahe und<br />
Kepler in Prag (Schülerfoto)<br />
Die Zeit, die Johannes Kepler mit Tycho Brahe arbeitete, war<br />
nur von kurzer Dauer, da die Beziehung auf wissen-<br />
schaftlichem Gebiet der beiden sehr angespannt war. Unter<br />
anderem glaubte Brahe nicht an das heliozentrische Weltbild<br />
von Kopernikus und Kepler lehnte das von Tycho Brahe<br />
entwickelte hybridische System des Weltalls ab.<br />
Kepler erhielt die Aufgabe, die von Tycho Brahe erfassten Daten der Marsbahn auszu-<br />
werten. Zunächst glaubte er diese Aufgabe in acht Tagen zu bewältigen, letztendlich<br />
benötigte er dafür acht Jahre.<br />
Als Brahe 1601 starb, wird Kepler sein Nachfolger als kaiserlicher Mathematiker und<br />
Astronom im Dienste Rudolph II. Keplers Himmelsbeobachtung wurde durch seine Kurz-<br />
sichtigkeit eingeschränkt, außerdem war er von schlechter Gesundheit. Nach und nach<br />
gelang es ihm, die Parameter der Marsbahn herauszufinden. Er verkündete die ersten zwei<br />
Gesetze der planetarischen Bewegung. Die ersten zwei Gesetze werden in seinem Werk<br />
http://www.planetarium-goettingen.de<br />
/Presse/Bilder/Astronomia_Nova.jpg<br />
Astronomia nova seu de motu stellae Martins, 1609 in Prag<br />
veröffentlicht.<br />
Tycho bat Kepler kurz vor seinem Tod sein System, in dem<br />
sich die Sonne um die Erde dreht und die Planeten sich um<br />
die Sonne bewegen, zu verteidigen. Kepler hielt das Ver-<br />
sprechen gleichzeitig wissend, dass dieses System sich nur<br />
wenig von dem Kopernikanischen unterschied.<br />
1612 nach dem Tod des Kaisers Rudolph II. siedelte Kepler<br />
nach Linz um, wo er bis 1626 Mathematik lehrte.<br />
1611 veröffentlichte er das Werk Dioptrica in dem er den<br />
Sehvorgang und die Brechung des Lichts in der Atmosphäre<br />
beschrieb.<br />
50
Schülerfoto Keplermuseum <strong>Regensburg</strong><br />
Schülerfoto Keplermuseum <strong>Regensburg</strong><br />
Sterbehaus von Kepler (Schülerfoto in <strong>Regensburg</strong>)<br />
1619 publizierte er das Werk Harmonices Mundi<br />
in welchem er unter anderem sein drittes Gesetz<br />
erläuterte. Darüber hinaus stellte er diese<br />
Planetenbewegungsgesetze in Beziehung zur<br />
Harmonie der Klänge in der Musik.<br />
Mehr oder weniger in der gleichen Zeit fasste er<br />
während drei Jahren in Epitome Astronomiae<br />
Copernicanae alle seine Erforschungen<br />
zusammen, die einen erheblichen Einfluss auf<br />
die Astronomen dieser Zeit ausübten.<br />
1625 veröffentlichte er seine letzte Arbeit<br />
Tabulae Rudolphinae die auf den wissen-<br />
schaftlichen Daten von Brahe basierte.<br />
Ein Jahr später war er, auf Grund der Verfol-<br />
gung der Protestanten gezwungen, Österreich<br />
zu verlassen. Er zog erst nach Ulm, dann nach<br />
Sagan (Polen) zum Herzog von Wallenstein.<br />
Dort langweilte er sich schon nach kurzer Zeit.<br />
Auf der Suche nach einem interessanteren<br />
Wohnort starb er auf seiner Reise in<br />
<strong>Regensburg</strong> am 15. November 1630.<br />
51
Kepler Denkmal in <strong>Regensburg</strong><br />
an seiner Begräbnisstätte. Das<br />
Grab wurde eingeebnet (Schülerfoto)<br />
Sterbezimmer von Kepler in <strong>Regensburg</strong><br />
Keplermuseum in <strong>Regensburg</strong> (Schülerfoto)<br />
Keplers letztes Werk war für den Mathematiker und Wissenschaftler Isaac Newton von<br />
Nutzen, da es die Basis für die Formulierung des allgemeinen Gravitationsgesetzes war.<br />
Daneben leistete Kepler ein Beitrag zur Optik mit seinem Buch Dioptrice.<br />
Letztendlich entwickelte er ein System der Infinitesimalmathematik.<br />
Verfasser: Giulia Lucatelli, Davide Forestiere<br />
FONTI:<br />
http://www.ips.it/scuola/concorso/keplero/KEPLERO.html<br />
http://www.lafrusta.net/pro_keplero.html<br />
http://www.ildiogene.it/EncyPages/Ency=Keplero.html<br />
http://www.vialattea.net/pagine/astro1/keplero.html<br />
http://it.wikipedia.org/wiki/Keplero<br />
52
3.2. Kepler als kaiserlicher Mathematiker im Gegensatz zum<br />
Luthertum und zur Katholischen Kirche<br />
3.2.1 Kepler im Gegensatz zum Luthertum<br />
Luther hat die Lehre von der persönlichen Vereinigung der beiden Naturen von Brot und<br />
Wein beim Abendmahl vertreten. Er kam zu dem Ergebnis, dass ein Leib auf dreierlei Weise<br />
gegenwärtig sein kann: Gegenständlich wie Dinge, ungegenständlich wie Engel und Geister<br />
und übernatürlich, wie allein Gott gegenwärtig ist. Auf die zweite und erst recht auf die dritte<br />
Weise könne auch der Leib Christi im Abendmahl gegenwärtig sein. Konnte Kepler der<br />
lutherischen Abendmahlslehre in ihrer letzten konfessionellen Zuspitzung nicht folgen und<br />
stimmte er hier eher der calvinistischen Lehre bei, so vermochte er doch auch die<br />
calvinistische Prädestinationslehre nicht nachzuvollziehen. Er hielt sie für unmenschlich. Ein<br />
Gottesbild eines teils als rettenden, anderen teils verdammenden Gott konnte er nicht teilen.<br />
Das von Kepler unterstützte und von ihm weiter entwickelte Weltbild fand bei Luther keine<br />
Zustimmung. Martin Luther sagte einmal:„ Es ist die Rede von einem neuen Astrologen, der<br />
beweisen möchte, dass die Erde sich anstelle des Himmels, der Sonne und des Mondes<br />
bewegt, als ob jemand in einem fahrenden Wagen oder Schiff denken könnte, dass er<br />
stehen bleibt, während die Erde und die Bäume sich bewegen. Aber das ist wie die Sachen<br />
zu Hause sind: Wenn ein Mann gescheit sein möchte, muss er etwas Besonderes empfinden<br />
und die Weise wie er etwas tut, muss die beste sein. Dieser Dummkopf möchte die gesamte<br />
Kunst der Astronomie verdrehen. Jedoch hat das heilige Buch uns erklärt, dass Josua die<br />
Sonne und nicht die Erde bat still zu stehen.“<br />
53
3.2.2 Kepler im Gegensatz zur Katholischen Kirche<br />
An der katholischen Kirche kritisierte er das Papsttum und die damit verbundene Hierarchie.<br />
Vor allem jedoch wandte er sich gegen das kirchliche Lehramt mit seinem Anspruch, die<br />
Schrift allein gültig auslegen zu können und allein die Gültigkeit der dogmatischen Lehren<br />
bestimmen zu können. Nicht Papst und Lehramt waren nach Kepler entscheidend für die<br />
wahrheitsgemäße Auslegung der Schrift, sondern jeder Christ war bei ernsthaftem Studium<br />
dazu imstande. Zur Zeit Keplers war keine religiöse Seite bereit, nur ein wenig nachzugeben.<br />
Gerade diese mangelnde Friedensbereitschaft lehnte Kepler aufs Schärfste ab, und gerade<br />
hier setzte sein eigenes Bekenntnis ein. Kepler ging es in erster Linie um brüderliche Liebe<br />
der Christen untereinander; diese werde durch Verdammungsurteile verletzt! Sein eigent-<br />
liches Ziel war friedliche Harmonie zwischen Konfessionen, ja zwischen den Menschen<br />
schlechthin.<br />
Dass das Kopernikanische Weltbild 1616 von der katholischen Kirche verboten wurde,<br />
bedeutete das gleichzeitig eine Ächtung der Erkenntnisse von Kepler, der ja auf Grund<br />
seiner Arbeit das Kopernikanische Weltbild unterstützte.<br />
Trotz aller Skepsis gegenüber der katholischen Kirche wollte er sich auf keine Konflikt mit<br />
dem heiligen Stuhl einlassen und versah seine Erkenntnisse mit den Vokabeln „bis es<br />
verbessert wird“ oder „ bis es erklärt wird“. Er betonte aber, dass die Bibel kein Lehrbuch der<br />
Astronomie sei. Eine diesbezügliche Auslegung bezeichnete er als Missbrauch der Bibel.<br />
Im Weiteren hatte Kepler Glück, im protestantischen Norden zu leben, der toleranter war. Im<br />
Gegensatz hierzu hatte der streitlustige Galilei in Italien weit aus größere Schwierigkeiten mit<br />
der katholischen Kirche, auf die oben eingegangen wurde.<br />
54
3.2.3 Zusammenfassung<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden: Kepler stand als Theologe zwischen den ver-<br />
schiedenen Fronten der einzelnen Konfessionen. Zwar fühlte er sich als Glied der lutheri-<br />
schen Kirche, doch lehnte er das Kernstück der orthodox- lutherischen Theologie, die All-<br />
gegenwart des Leibes Christi, ab. Das Herzstück des Calvinismus, die Prädestinatinslehre,<br />
lehnte er ebenfalls ab. Bei der katholischen Kirche war es die Ablehnung des Papsttum und<br />
des damit zusammenhängenden Lehramt. Er suchte die Einheit der Kirche, doch dies blieb<br />
ein frommer Wunsch. So widmete er sich dem "Buch der Natur". Er verstand diese Arbeit als<br />
Lobpreis Gottes. Seine Naturkunde gewinnt den Charakter einer Naturtheologie. Sehr ein-<br />
dringlich zeigt dies das Schlussgebet aus Mysterium Cosmographicum.<br />
"Jetzt aber, freundlicher Leser, vergiss nicht den Zweck aller dieser Dinge, das ist die<br />
Erkenntnis, Bewunderung und Verehrung des allweisen Schöpfers. Denn es heißt nichts,<br />
vom äußeren Augenschein zum inneren Sinn, von der sichtbaren Erscheinung zum inneren<br />
Schauen, von der Beobachtung des Weltlaufs zu dem so tiefen Ratschluss des Schöpfers<br />
vorzudringen, wenn du dich nicht in einem Schwung, mit der ganzen Hingabe deines<br />
Herzens aufwärts zur Erkenntnis, Liebe und Verehrung es Schöpfers fortreißen lässt. Drum<br />
stimme lauteren Sinnes und dankbaren Herzens mit mir in das Lob dessen, der das<br />
vollkommendste Werk begründet hat. Gott, du Schöpfer der Welt, unser aller ewiger<br />
Herrscher ! Laut erschallet dein Lob ringsum durch die Weite der Erde ! Groß fürwahr ist dein<br />
Ruhm; Er rauschet mit mächtigen Schwingen durch den herrlichen Bau des ausgebreiteten<br />
Himmels. Schon das Kind verkündet dein Lob; mit lallender Zunge. Satt der Brust seiner<br />
Mutter stammelt es, was du ihm eingibst.’’.<br />
War es möglich, dass der Leib Christi überall dort anwesend sein konnte, wo ein Abendmahl<br />
gereicht wurde? Kepler hielt diese Ubiquität (Allgegenwart) für abwegig und unterschrieb<br />
auch nicht die sogenannte Konkordienformel aus dem Jahre 1577, in der die Ubiquitätslehre<br />
enthalten war. Er hielt sich "auf das allen Laien gegebene Gebot Christi: Tut dies zu meinem<br />
Andenken .." nämlich die Darreichung von Wein und Brot im Abendmahl. Diese Denkweise<br />
entspricht der des Calvinismus. „Beugt durch die Kraft seiner Rede den trotzigen Stolz<br />
deines Feindes."<br />
Keplers Probleme mit der theologischen Lehre jener Zeit waren also nicht wie die Galileis auf<br />
naturwissenschaftliche Streitfragen – wie der des Weltbildes – bezogen, sondern ihm ging es<br />
um die Christologie (= Lehre, die sich mit der Person Jesu Christi beschäftigt und diese<br />
theologisch ausdeutet).<br />
So schrieb er in einem Brief an den Theologieprofessor Matthias Hafenreffer, der nur zehn<br />
Jahre älter war und der ihm in Tübingen am nächsten stand:<br />
55
„Im Jahr 1583 fing ich an soweit einsichtig zu sein, dass, als ich in Leonberg in Württemberg<br />
eine Predigt aus dem Römerbrief von einem jungen Diakon hörte, der überaus weitläufig die<br />
Calvinisten widerlegte, mich tiefer Kummer über die Kirchenspaltung quälte. Immer wieder<br />
geschah es mir, dass mich ein Prediger, der sich über den Sinn der Schriftworte mit seinen<br />
Gegnern auseinander setzte, nicht befriedigte, und wenn ich sie im Text selbst gelesen hat-<br />
te, mir die Auslegung der Gegner, wie ich sie aus der Wiedergabe des Predigers erfahren<br />
hatte, eine gewisse Überzeugungskraft zu haben schien.“ Weiter schrieb er von seiner Adel-<br />
berger Zeit und den dort predigenden Praeceptoren: „Überaus weitläufig widerlegten sie das<br />
Zwinglianische Dogma vom Heiligen Abendmahl. [Anm.: Ulrich Zwingli: schweizerischer<br />
Theologe, der für eine Abschaffung der Traditionen der Kirche war, die nicht biblisch begrün-<br />
det waren, wie z.B. Heiligenbilder, Klöster, Beichte, Fastengebot, Firmung, Prozessionen<br />
und Krankensalbung, und sich damit dem Unmut der Katholischen Kirche aussetzte.] Sie<br />
brachten mich in große Unruhe, und nicht selten hatten ihre dringenden Ermahnungen (näm-<br />
lich wir sollten die Verzerrungen der Calvinisten gut im Auge haben und uns davor in Acht<br />
nehmen) die Folge, dass ich, in die Einsamkeit zurückgezogen, selbst mit mir nach einer<br />
Entscheidung zu suchen begann, was nun eigentlich umstritten sei? Welcher Weise die Teil-<br />
nahme am Leib Christi sei? Und wie ich meine Verstandeskraft anstrengte, brachte ich<br />
gerade die als vernünftigste heraus, die ich später von der Kanzel als die calvinistische<br />
abweisen hörte.“<br />
Im Hinblick auf seine astronomischen Forschungen muss gesagt werden, dass Kepler und<br />
auch sein Kollege Galilei sehr gläubig im christlichen Sinne waren. Kepler vertrat zwar mit<br />
Galilei das Kopernikanische Weltbild, das besonders von der katholischen Kirche bekämpft<br />
wurde. Keplers wissenschaftliche Erkenntnisse waren aber nicht gegen die katholische und<br />
protestantische Kirche gerichtet, sondern er wollte damit Gott und seine Schöpfung ehren.<br />
Kepler und Galilei als Astronomen verstanden sich als Forscher im Dienste Gottes. Sie<br />
wollten die Kirchen anregen, ihre Weltbild auf Grund ihrer gefundenen Erkenntnisse zu<br />
reformieren.<br />
Im Gegensatz zu Galilei hing Kepler einem gewissen Mystizismus an. Als er im Jahr 1604<br />
die Supernova beobachtete, sah er in diesem Ereignis die Vorsehung Gottes, die die<br />
Wiederkunft des Herrn ausdrücken sollte. Auch beschäftigte er sich bei gleichzeitiger Kritik<br />
bezogen auf diese Wissenschaft mit der Astrologie bis an sein Lebensende.<br />
Dieser Mystizismus Keplers erschien dem Rationalisten Galilei sehr zwielichtig. Galilei<br />
verurteilte Keplers Naturphilosophie, die im Zusammenhang mit esoterischen Harmonien<br />
und fernwirkenden Kräften stand.<br />
Verfasser: Dilan Cebe, Lisa Dotzauer<br />
56
Quellen:<br />
http://www.keplerraum.at/Ttheologie.htul-14k<br />
http://www.kepler-gesellschaft.de/kepler-foerderpreis/<strong>2009</strong>/P...-23k<br />
http://www.erft.de/schulen/gymlech/galileo/galilei.htm<br />
http://www.kepler-gesellschaft.de/Kepler-Foerderpreis/2006/Platzl<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Kepler<br />
4. Kepler und Galilei im Dialog<br />
Johannes Kepler und der sieben Jahre ältere Galileo Galilei<br />
bewirkten zusammen einen Umbruch auf dem Gebiet der<br />
Wissenschaften, dementsprechend hatten sie in ihren<br />
wissenschaftlichen Ansichten und ihrer Art auch gewisse<br />
Gemeinsamkeiten:<br />
Beide vertraten das heliozentrische Weltsystem des Nikolaus<br />
Kopernikus und waren bestrebt dieses weiterzuentwickeln<br />
und zu beweisen.<br />
So schrieb Galilei in einem Brief an Kepler aus dem Jahre<br />
1597: „…unser Lehrer Kopernikus, der verlacht wurde".<br />
Außerdem waren beide sehr gläubige Menschen, deren Wissenschaft sich nicht gegen die<br />
Kirche beziehungsweise Gott richten sollte, sondern diesen und seine Welt ehren sollte. Sie<br />
waren also keine „Rebellen“, sondern sahen sich viel mehr als „Forscher in Gottes Sinn“.<br />
Ihre Absicht war es nicht, die Kirche zu widerlegen oder zu spalten, sondern vielmehr<br />
strebten sie nach einer Reform der Weltanschauung in der Kirche . Doch beide wurden von<br />
kirchlicher Seite missverstanden und ihre Werke nicht geachtet.<br />
Doch trotz allem waren die beiden in ihren Eigenschaften und<br />
ihrer Persönlichkeit recht unterschiedlich. Die Zusammenarbeit<br />
Keplers und Galileis funktionierte daher nicht reibungslos und<br />
auch der gemeinsame Briefwechsel wurde im Jahre 1610 von<br />
Seite Galileis abgebrochen. Dies geschah, als er auf mindestens<br />
sechs Briefe des Deutschen nicht mehr antwortete (bis auf eine<br />
kurze Empfehlung im Jahre 1627). Verdeutlicht wird dieses<br />
unharmonische Verhältnis schon zu Beginn des Kontaktes, als<br />
Keplers Mysterium Cosmograhicum erschien:<br />
57
Kepler schickte ein Exemplar an den Kollegen aus Italien, der bisher noch keinen Namen als<br />
Astronom hatte, sondern nur als Physiker bekannt war und war hoch erfreut über dessen<br />
höfliche Antwort, in der sich Galilei zur Lehre des Kopernikus bekannte aber auch seine<br />
Zweifel darlegte, öffentlich dafür einzutreten. Daraufhin antworte Kepler dem neuen, wie<br />
Galilei schrieb, „aufrichtigen Freund“ voller Vorfreude auf einen zukünftigen regen<br />
Gedankenaustausch:<br />
„Seid guten Mutes, Galilei, und tretet hervor. Wenn ich recht vermute, gibt es unter den<br />
bedeutenden Mathematikern Europas wenige, die sich von uns scheiden wollen. So groß ist<br />
die Macht der Wahrheit. [...] Nun möchte ich noch eine Beobachtung von Euch erbitten; da<br />
ich nämlich keine Instrumente besitze, muss ich zu anderen meine Zuflucht nehmen.“<br />
Keplers als seine eigenen ausgegeben hat.<br />
Kepler bat Galilei um die Beobachtungen der Fixsternsphäre<br />
bezüglich der Entfernungen. Doch zu seiner großen Enttäuschung<br />
erhielt er nie eine Antwort auf diesen Brief. Und auch im weiteren<br />
Verlauf der Beziehung verhielt sich Galilei Kepler gegenüber wenig<br />
kollegial. Später erfuhr er sogar, dass Galilei einige Entdeckungen<br />
Doch Kepler reagierte darauf selbstlos und meinte: „Galilei halte sich mitnichten zurück,<br />
meine Sachen für sich in Anspruch zu nehmen. Meine Zeugen sind das helle Tageslicht und<br />
die Zeit. Wer auf diese Zeugen hört – die Gebildeten und Vernünftigen hören darauf –, der<br />
lässt sich nie täuschen.“<br />
Hier wird ein weiterer Unterschied in der Persönlichkeit der beiden Wissenschaftler deutlich:<br />
Während Kepler ein bescheidener und friedlicher Mann war, der nach Anerkennung für die<br />
Sache (also seine Entdeckungen) strebte, war Galilei sehr darauf bedacht, selbst Anerken-<br />
nung und Ruhm zu erlangen und ließ sich gerne auf die eine oder andere Auseinander-<br />
setzung ein. Somit sah zunächst Kepler in Galilei eher einen Gleichgesinnten mit dem er sich<br />
hätte austauschen können, Galilei in Kepler aber eher einen<br />
Rivalen, der seinen eigenen Ruhm schmälern könnte oder der<br />
mit seiner Hilfe selbst zu unverdienter Anerkennung kommen<br />
könnte.<br />
58<br />
Teilnehmerin schaut durch das Fernrohr<br />
nach Galilei im Museum des Vatikans
Bezeichnend hierfür ist auch, dass Galilei sich nicht bereit erklärte, Kepler eines seiner neu<br />
entwickelten Fernrohre zukommen zu lassen, als dieser ihn darum bat. Galilei antwortete auf<br />
Keplers Bitte, er wolle in Zukunft neue Instrumente bauen und sie seinen Freunden schicken,<br />
zu welchen er Kepler anscheinend nicht zählte, denn der deutsche Astronom erhielt nie ein<br />
solches.<br />
Diese Weigerung veranlasste Kepler, sich mit der Optik allgemein zu befassen. Mit dem<br />
1611 erschienenen Werk Dioptrice bildete er die Basis für die Optik. Er entwickelte eines von<br />
der Galileischen – Optik abweichende Konstruktion mit zwei Sammellinsen im Gegensatz zu<br />
Galilei, der mit einer Sammellinse und einer Zerstreuungslinse arbeitete. Dieses von Kepler<br />
entwickelte Fernrohr ist Grundlage für fast alle heutigen Fernrohre, die mit einigen Korrek-<br />
turen arbeiten.<br />
Kepler-Fernrohr<br />
Galilei-Fernrohr<br />
http://www.zeiss.de/de/ophtalmic/comp/home.nsf/0/aa71a34cf7b4a158c12568c0004d8bfb?OpenDocument<br />
Strahlengang des Fernrohrs nach Galilei (http://wapedia.mobi/de/Linsenteleskop)<br />
59<br />
-kleines Gesichtsfeld<br />
-aufrechtes und seitenrichtiges Bild<br />
-kurze Bauweise<br />
-Lokalisierung des Objekts schwierig<br />
(B= Bild, F= Brennpunkt, G =<br />
Gegenstand, L= Linse)
Strahlengang des Fernrohres nach Kepler (http://wapedia.mobi/de/Linsenteleskop)<br />
Die Veröffentlichung der Dioptrice war als Antwort auf Galileis Werk “ Siderus nuncius“<br />
gedacht, das die damalige Astronomie als Beweis für das Kopernikanische Weltbild sah,<br />
ohne dass ein wirklich mathematischer Beweis von Galilei geliefert wurde .<br />
Zuvor hatte Kepler Galileis „Sidereus nuncius“ (Sternenbote / Sternenbotschaft) in einem<br />
offenen Brief durchaus gelobt und stand Galilei damit zur Seite. Wobei er aber in seiner<br />
Vorrede anmerkte, dass sich Galilei nicht sehr solidarisch zu ihm verhalten habe. Ebenso<br />
soll niemand denken, dass die freimütige Zustimmung Kepplers zu Galilei andere beein-<br />
flussen sollte, ebenso zu denken.<br />
Ein Treffen der beiden großen Wissenschaftler fand jedoch nie statt.<br />
Verfasser: Daniel Venus, David O`Shea, Aaron Bice<br />
Quellen<br />
http://www.youtube.com/watch?v=HQpALel5xOM<br />
http://zeis.de/4125680F0052EC92/allBySubject/AA71A34C…<br />
http://astronomy/<strong>2009</strong>.de/ueberblick<br />
http://de.wikipedia.0rg/writer/Johannes_Kepler<br />
http://wapedia.mobi/de/Linsenteleskop<br />
http://www.zeiss.de/de/ophtalmic/comp/home.nsf/0/aa71a34cf7b4a158c12568c0004d8bfb?OpenDocument<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Linsenfernrohr.de<br />
60<br />
- lange Bauweise<br />
- größeres Gesichtfeld<br />
- umgekehrtes Bild um 180 o<br />
gedreht und seitenverkehrt<br />
(1,2 Linsen; 3 Auge,<br />
4 Gegenstand;5 Zwischenbild;<br />
6 Bild; f = Brennweite)
5. Das Astronomische Jahr <strong>2009</strong> - eine Würdigung<br />
Galileis und Keplers<br />
5.1 Forschungsergebnisse und methodischer Ansatz des<br />
Erkenntnisgewinns von Galilei<br />
5.1.1 Astronomische Forschungen und Erkenntnisse von Galilei<br />
Erforschung des Mondes<br />
Die Astronomie von Galilei befasste sich nicht nur mit der Beobachtung und den<br />
mathematischen Konstruktionen, um nach den bisherigen Betrachtungen die richti-<br />
gen Positionen bzw. den Gang der Sterne vorherzusagen, sondern er entwickelte<br />
einen wesentlichen Fortschritt in Richtung der Wissenschaft über die wahre Struktur<br />
des Universums.<br />
Als er im Jahre im Jahre 1609 in Venedig von dem Freund Paolo Sarpi erfahren hatte, dass<br />
ein holländischer Optiker ein optisches Instrument gebaut hatte, welches ermöglichte<br />
Gegenstände aus der Nähe zu betrachten( eine Bestätigung bekam er durch einen Brief von<br />
dem vornehmen Pariser Jaques Badovére), fing er an, Tag Nacht zu arbeiten. Er benutzte<br />
sein eigenen Erkenntnisse in der Optik der Refraktion, um eine bessere Lösung der<br />
Beobachtung mit einem Bleirohr und zwei Linsen, die jeweils an den Enden des Rohres<br />
befestigt hatte, zu finden.<br />
Diese Erkenntnisse setzte er 1609 bei der Beobachtung des Mondes ein.<br />
Der Name „Luna“ kommt von den Römern. Die Griechen nannten den Himmelskörper Sene<br />
und Artemide und in anderen Mythologien gab es viele unterschiedliche Bezeichnungen.<br />
„La Luna“ ist natürlich seit der Vorgeschichte bekannt. Er ist der zweite „strahlende“<br />
Gegenstand nach der Sonne. Weil der Mond sich mit einer bestimmten Monatsperiode um<br />
die Erde dreht, wechselt der Winkel zwischen Erde, Mond und Sonne. Man beobachtet<br />
diesen Sachverhalt an dem Verlauf der Mondphasen. Die Zeit zwischen zwei neuen Mond-<br />
phasen ist 29,5 Tage (709 Stunden). Die Bahn des Mondes ist etwas unterschiedlich (wenn<br />
man die Sterne berücksichtigt), da die Erdbahn in der Zwischenzeit eine größere Entfernung<br />
zur Sonne erreicht hat. Wegen der seiner Dimension und Komposition wird der Mond<br />
manchmal als irdischer „Planet“ zusammen mit Merkur, Venus, Erde und Mars klassifiziert:“<br />
Zuerst reden wir über die Mondhemisphäre, die uns zugewandt ist.<br />
Für ein bessere Deutlichkeit teile ich die Hemisphäre in zwei Teile, die eine hell und die<br />
andere dunkle: Die hellere erscheint kreisförmig, die Hemisphäre voll ausfüllend. Die<br />
dunklere dagegen verdunkelt die gleiche Hemisphäre, so erscheint sie mit vielen Flecken.<br />
61
Diese Flecken sind etwas dunkel und groß genug, so dass sie für jeden sichtbar sind und zu<br />
jeder Zeit feststellbar und deshalb nennen wir dies die großen und alten Flecken zum<br />
Unterschied mit den anderen, die kleiner und sehr häufig sind .Die Flecken bedecken die<br />
ganze sichtbare Mondscheibe, besonders die hellere, die die ganze Mondhemisphäre<br />
ausfüllen, die niemand vor uns gesehen hat.“<br />
Wenn Galilei von den großen Flecken spricht<br />
bezieht er sich natürlicher Weise auf Meere, die<br />
sichtbar sind und die kleinen Flecken bezieht er<br />
auf Mondkrater, die nur mit optischen Instrumen-<br />
ten zu sehen sind.<br />
„Durch mehrmalige Beobachtungen wurden wir<br />
überzeugt, dass die Mondebene nicht eben,<br />
nicht formlos und nicht ganz kugelförmig ist, wie<br />
viele Philosophen vom Mond und anderen<br />
Himmelskörpern gedacht hatten, sondern das<br />
die Mondfläche ungleich, rau mit vielen<br />
Vertiefungen und Spitzen versehen ist, d.h. nicht anders wie die Erde, mit verschiedenen<br />
Gebirgszügen und Tälern.<br />
Insbesondere hat er einige Tagen nach Neumond folgendes zum<br />
ersten Mal beobachtet: die Linie, die den Mond in die dunkele und<br />
helle Hälfte teilt, war nicht regelmäßig sondern gezackt und die<br />
Mondsichel zeigte kleine schwarze Stellen sowie helle beleuchtete<br />
Spitzen, vergleichbar mit dunklen Tälern auf, sowie die beleuchteten<br />
Bergspitzen auf der Erde bei der Morgensonne.<br />
Ferner beschrieb er in poetischer Weise, dass die Mondfläche keine<br />
perfekte Kugelgestalt aufweist, keiner ätherischen göttliche Form<br />
gleicht wie vorher gedacht wurde sondern wie ein gewöhnlicher<br />
Festkörper.<br />
62
Das ascheförmige Licht des Mondes<br />
Dieses Licht ist nichts anderes als die Reflexion der Sonnenstrahlen von der Erde auf den<br />
Mond. Auch wenn die Erde kein Stern und keine eigne Lichtquelle ist, reflektiert sie doch<br />
eine gewisse Menge des Sonnenlichtes, besonders wenn die Bewölkung unserer Erdkugel<br />
dicht ist (natürlich nicht von unserer Beobachtungsposition aus). Dieses aschenförmige Licht<br />
erscheint besonders, wenn der Mond genau zwischen der Sonne und unserem Planeten steht.<br />
Diese Kombination und die vorhandenen Mondphasen müssen genau dosiert sein, damit<br />
dieses Phänomen zu beobachten ist. Diese Erscheinung lässt uns erstaunen.<br />
Sterne und Planeten<br />
Ein paar Tage nach der Neumondphase<br />
sieht man Mond wie eine schmale Sichel<br />
und trotzdem bemerkt man dass sein<br />
dunkler Bereich ein wenig mit einem<br />
weissblauen (ascheförmig) Licht beleuch-<br />
tet ist, das sich langsam auflöst. Galilei<br />
behauptete, dass diese Lichterscheinung<br />
nicht vom Sonnenlicht herrührt, da die<br />
Sonne der Erde gegenüber steht. Auch<br />
von den Sternen kann dieses Licht nicht<br />
kommen, weil sonst diese Erscheinung<br />
ständig beobachtet werden müsste. Auch<br />
die Venus scheidet als Ursache aus, da<br />
die oben geschilderte Position nicht<br />
auftritt.<br />
„Also die Erde gibt dem Mond richtiger Weise<br />
das gleiche Licht, das sie vom Mond in der<br />
finsteren Nacht erhält.“<br />
Die Planeten sind keine eigne Lichtquelle sondern reflektieren der Sonne. In den verschie-<br />
denen Jahreszeiten und auch während des Tages haben sie nicht die gleiche Position im<br />
Gegensatz zu den Sternen, die immer an der gleichen Stelle ihr Licht aussenden. Die Zahl<br />
der Planeten des Sonnensystems sind neun: Merkur und Venus stehen zwischen Erde und<br />
Sonne und dann folgen Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto, die nach der Erde<br />
folgen. „Zu bemerken ist der Unterschied des Aussehens der Planeten und der Fixsterne.<br />
63
Die Planeten sind kugelförmig und erscheinen uns wie kleine beleuchtete Monde und sind<br />
kreisförmig. Das Aussehen der Fixsterne ist nicht fest umrissen kreisförmig sondern<br />
glänzend strahlend flimmernd.....“<br />
Er spricht weiter über Sterne, die mit den Augen nicht sichtbar waren und von der<br />
Milchstraße:<br />
„Neben den Sternen der 6.Größe sieht man mit dem Fernrohr eine große unglaubliche<br />
Anzahl von anderen Sternen: man kann nämlich mit dem Fernrohr wesentlich mehr Sterne<br />
sehen als die gesamten bisher sichtbaren Sterne aller Größen“<br />
Ein überraschendes neues Universum eröffnet sich und ändert die Himmelsgeographie. Die.<br />
im Altertum bekannte Klassifizierung der Konfiguration der Sterne werden eine unförmige<br />
Menge von „Gold- und Silberpulver“. Als Galilei versuchte, die Konstellation des Orions zu<br />
zeichnen stieß er auf Schwierigkeiten, weil er auch die große Zahl der anderen Sterne<br />
einordnen wollte. Es gibt nämlich neben den bekannten Sternen im Winkelfeld von 1 oder<br />
zwei Grad mehr als 500 andere Sterne. Er konnte relativ einfach die Anhäufung der Pleaden,<br />
von denen man bisher nur maximal sieben Sterne bei idealer Sicht beobachten konnte, 36<br />
Sterne mit seinem Fernrohr feststellen. „ Was wir zusätzlich ermittelten ist die Essenz oder<br />
Materie der Milchstraße, die man mit dem Fernrohr so klar sehen kann, dass zum Kummer<br />
der Philosophen alle ihre Auffassungen für lange Zeit gegenstandslos wurden durch die<br />
vernünftige Erfahrung und wir sind frei von unwichtigen Diskussionen. Die Galaxis ist nichts<br />
anderes als eine Anhäufung von unzähligen Sternen, verstreut in Form von vielen<br />
Ansammlungen, die man überall mit dem Fernohr sehen kann, von denen man viele groß<br />
und deutlich sehen kann. Dagegen sind viele kleine Sterne noch unerforscht.“<br />
Was oben von ihm gesagt wurde, ist nichts anderes als eine zusammenstellende Darstellung<br />
der Erforschung unserer Galaxis. Diese Art der Zusammenfassung ist gleichsam eine<br />
Premiere. Das Fernrohr ist noch eine Hilfe, um viele Objekte genauer erkennen zu können,<br />
die früher her als „nebulöse“ Gruppen klassifiziert wurden . Man sieht sie als „Anhäufung“<br />
von Sternen, wie zum Beispiel die Ansammlung der „Krippe“ in der Konstellation des Krebs<br />
(ein typisches Bild des Winter- und Frühlingshimmels). Galilei zog aus Vorsicht noch nicht<br />
die Konsequenz, dass nun der Mensch mit den Augen in der Lage wäre, bis in die Grenzen<br />
des Universums vorzustoßen.. Er sprengte aber damit für immer die damalige Hülle des<br />
Universums .<br />
Planet Jupiter und die Venusphase<br />
„Am 7. Januar des Jahres 1610 um ein Uhr nachts, während ich mit dem Fernrohr die Sterne<br />
beobachtete, erschien mir Jupiter. Weil ich ein exzellentes Instrument vorbereitet hatte, sah<br />
ich (das geschah vorher nicht, da das Vorläuferinstrument zu schwach war), dass um Jupiter<br />
64
3 kleine aber sehr beleuchtete „Sterne“ waren; und wenn ich glaubte, dass sie zu den<br />
Fixsternen zählten, war es für mich ein wirkliches Wunder, weil sie gradlinig und parallel zur<br />
Ekliptik und leuchtender angeordnet waren als andere Sterne gleicher Größe...“<br />
Das „exzellente Instrument“ vergrößerte 30fach und davon zitierte er in seinem Werk<br />
„Siderius Nuntius“ Damit beginnt Galilei in jeder hellen Nacht permanent jene kleinen<br />
„Sterne“ zu beobachten (später entdeckte er einen vierten.)<br />
Die vier Galileischen Monde von oben: Io,Europa,<br />
Ganymed,Kallisto (maßstabgetreue Fotomontage)<br />
Sie schienen sich schwingend um den Planeten<br />
Jupiter wie kleine Monde zu bewegen.<br />
Er verstand, dass diese „Sterne“ Planeten des<br />
Jupiters waren (die Entdeckung wurde Cosimo II de`<br />
Medici gewidmet) und die neuen „Sterne“ wurden<br />
somit Medici Planeten genannt und jeder bekam<br />
einen Namen aus der klassischen Mythologie<br />
beginnend von innen: Io, Europa, Ganimede und<br />
Callisto. Das Problem war, sie bei jeder<br />
Beobachtung zu unterscheiden und damit ihre<br />
orbitale Periode festzulegen und die<br />
Besonderheiten ihrer Bewegungen und Position mit<br />
Hilfe einer Berechnung vorauszusagen. Galilei<br />
erreichte diese nach mehrjähriger Beobachtung<br />
unter Verlust seiner Gesundheit.<br />
Das konnte er nur unter Berücksichtigung des entscheidenden Einflusses der Bewegung der<br />
Erde um die Sonne berechnen. Jupiter ist ein kleines planetarisches System. Um seine<br />
„Scheibe“ kann man 4 größere Satelliten um den Jupiter sehen, die Galleische Satelliten<br />
genannt werden, weil er sie im Jahre 1610 entdeckt hat. Mit Hilfe eines normalen Fernrohres<br />
kann man die Rotation der Monde um den Jupiter sehen und damit die sich verändernde<br />
Position Stunde um Stunde feststellen.<br />
Nach neueren Erkenntnissen hat der Satellit Io einen Durchmesser von 3600 km( ein wenig<br />
mehr wie unserer Mond) und eine Umlaufzeit von 42,5 Stunden mit vulkanischer Aktivität mit<br />
flüssigem Schwefel. Die Oberfläche ist fest und gibt dem Planeten eine rot- orange- gelbe<br />
Farbe. Warum Io noch feurig bist hat man bisher noch nicht verstanden. Eine Theorie<br />
besagt, dass das magnetische System, von Jupiter und anderen Planeten geschaffen, das<br />
Innere von Io schmelzen lässt.<br />
65
Es wird behauptet, dass viel von dem ausgebrochenem Geröll des Jupiters sich auf dem<br />
Almatea, dem ersten Satelliten des Jupiters, abgelagert hat, begründet durch die Farbe auf<br />
diesem (dieser wurde von Galilei nicht gesehen). Almatea hat eine unregelmäßige Form mit<br />
einem Durchmesser von 200km und deshalb kann man ihn mit amateurhaften Fernrohr nicht<br />
sehen.<br />
Europa, der kleinste der Galileischen Satelliten mit einem Durchmesser von 3100 km, ist mit<br />
einer Eisschicht bedeckt, darunter liegend eine felsige Kruste.<br />
Ganimede, der größte und glänzentste Satelliten von Galilei mit einem Durchmesser von<br />
5200 km, ist der größte Mondsatellit des Sonnensystems noch größer als der Planet Merkur.<br />
Callisto, mit einem Durchmesser von 4800 km, hat eine ähnliche eisige und felsige Typologie<br />
wie Ganimede. Die Kruste scheint mit vielen Kratern bedeckt zu sein.<br />
Jupiter hat nach heutigen Gesichtspunkten insgesamt 16 Satelliten, die im Vergleich zu den<br />
Gallieischen sehr kein sind.<br />
Besonders diese Satelliten und die daraus entstehenden Folgerungen überzeugten Galilei<br />
von der Unumstößlichkeit des Kopernikanischen heliozentrischen Weltbildes. Der Beweis<br />
wurde durch die Beobachtung der Venus gefestigt ( die s geschah im Jahre 1610 und wurde<br />
im Buch Siderius Nuncius nicht dokumentiert sondern zu erst in einem Briefwechsel von<br />
Galilei mit Johannes Kepler). Diese Venusphase wird so ähnlich wie die Mondphase durch<br />
die verschiedene wechselnde Beleuchtung durch die Sonne verursacht, da auch die Venus<br />
sich um die Sonne in einer Umlaufbahn dreht, die in Beziehung zur Erdbahn näher der<br />
Sonne ist.<br />
Venusphasen<br />
66
Die kosmologische Himmelsgeographie von Tycho Brahe<br />
Diese Feststellung konnte in jener Zeit auch mit kosmologischen System von Tycho Brahe<br />
erklärt werden. Dieses kosmologische System ist ein Kompromiss zwischen dem geozen-<br />
trischen und heliozentrischen System bei dem die Erde unbeweglich ist und Venus und<br />
Merkur sich um die Sonne drehen und so konnte man auch die Variationen der Beleuchtung<br />
durch die Sonne erklären.<br />
Wo steht nun die Auffassung der Kirche bezogen auf diese neuen Entdeckungen?<br />
Für ein gewisse Zeit lobte die Kirche Galilei, ein Gelehrter, der tief religiös war und die<br />
Autoritäten der Kirche ehrten ihn. Aber als klar wurde, dass seine Arbeite nicht nur mathema-<br />
tische Spielerei war sondern ihn animierte den Geist der Forschung zur Wahrheitsfindung<br />
einzusetzen, bekämpfte sie ihn: der revolutionäre Anstoß seiner Ideen wurde für diejenigen,<br />
die die Wissenschaften an grobe und bequeme Sicherheiten und sowie für diejenigen, die<br />
die Welt an alte Prinzipien,die ihre Privilegien und Macht bestätigten, verankerten, untragbar.<br />
Die Verurteilung durch die katholische Kirche und seine schmerzliche Abschwörung wurde<br />
schnell im Lauf der Geschichte gelöscht.<br />
Verfasser: Jamila Hedhli, Noemi Risa<br />
Fonti:<br />
Venus<br />
Sonne<br />
Stillman Drake,Galileo Galilei pioniere della scienza,Ed. Muzzio,Roma <strong>2009</strong><br />
Galileo Galilei, Dialogo dei massimi sistemi,Grandi classici Oscar Mondadori,Milano <strong>2009</strong><br />
http://www.astrofilitrentini.it/tnp/luna.html<br />
http://saint-andres.blogspot.com/<strong>2009</strong>/11/cose-la-luce-cinerea.html<br />
http://www.funteaching.it/project/tic2003/TIC_03_SistemaSolare/pianeti_e_stelle.htm<br />
http://www.universonline.it/_astronomia/enciclopedia/sistema_solare/giove.php<br />
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Jupitermoon.jpg&filetimestampo-200602210213041<br />
www.brera.inaf.it/guardacheluna/galleria.html<br />
http://www.investireoggi.it/forum/attachments/il-caffe/8220d1236425308-i-colori-che-non-vediamo-cinerea-mag07.jpg<br />
http://www.associazionecrocedelsud.com/vialattea.jpg<br />
http://www.castfvg.it/sistsola/pianeti/planets_iau.jpg<br />
67<br />
Merkur<br />
Erde<br />
Mond
5.1.2 Galilei als Förderer der Methode der modernen Wissenschaft<br />
Galilei war nicht nur ein großer Physiker und Astronom, sondern auch ein Förderer der<br />
Methoden der neuen Wissenschaft, bekannt auch als Galileische Methode.<br />
Auf Grund seiner Erkenntnisse stand er im Gegensatz zu den Visionen der antiken Philoso-<br />
phen insbesondere zu denen des Aristoteles. Das Wissen, das sich auf die Autoritäten<br />
bezog, war nämlich ein Bild des Wissens, dass Galileo in seinem Werk „Il Saggiatore„ als<br />
„Papierwelt“ definierte, ein weitschweifiges Wissen, überladene Buchweisheit, ohne Bezug<br />
zur Realität, in der die Erfahrung negiert wird und die Beobachtung verbannt wird.<br />
Er als Wissenschaftler steht im Gegensatz zum traditionellen Wissen, da dieses nur Essenz<br />
und zweckgebunden war. Diese System schien Galilei besser für die Theologie geeignet als<br />
für die Wissenschaft. Die Methode von Galilei als Wissenschaftler wird durch die Herraustel-<br />
lung der Beobachtung bei der Beschreibung der Naturphänomene charakterisiert. Um dies<br />
zu erreichen, benutzt er alle Sinne, besonders das Sehen. Er definierte diesen Sinn als „<br />
sopra tutti gli altri eminentissimo „ .Die Beobachtung ist aber keine überflüssige Ansammlung<br />
von empirischen Daten, da am Anfang eine von dieser inspirierte Theorie steht. Die von<br />
Galilei durch Beobachtung der Himmelskörper gesammelten Daten, Dank des Fernrohrs,<br />
waren nicht zufällig, sondern wurden aus einer bestimmten Theorie geboren, d.h. er wollte<br />
die Kopernikanische Theorie bestätigen.<br />
Die Beobachtung, auch wenn durch eine Hypothese geführt, ist ein heftiger Angriff gegen die<br />
Doktrin, die seiner Meinung nach unwissenschaftlich und dogmatisch war, vergleichbar mit<br />
der Dogmatik der Theologen. Die Beobachtung nimmt eine wichtige Rolle in der neuen<br />
Methode der Wissenschaft ein. Galilei stellte die Wichtigkeit der Beobachtung für die Medizin<br />
fest. Dank der Praxis in der Anatomie, im Gegensatz zum Studium der Pergamente der Anti-<br />
ke, hatte er vor, die Körper der Tiere und die Kadaver zu sezieren, um mit eigenen Augen<br />
die Struktur der Organe zu analysieren. Aber die Beobachtung ist nicht alles. Sie muss von<br />
der Vernunft geführt werden. Er hatte die Integration von der Erfahrung und Verstand,<br />
Beobachtung und der Mathematik vorgesehen oder wie er selber sagte „Vernunft und<br />
Erfahrung sind notwendig für die Beweisführung.<br />
Die erste Fase des Arbeitsprozesses, die ihn zur Methode der modernen Wissenschaft führ-<br />
te, war die Kritik gegen das Autoritätsprinzip, gegen die Gewohnheit die Wissenschaft auf die<br />
Autorität und Tradition der Kirche zu beziehen. Die Tradition bezieht sich auf die Heilige<br />
Schrift und auf die Ansicht der alten Kirchengelehrten. Im Gegenteil zu diesen braucht man<br />
nach Galilei quantitative Experimente und Auswertung, als notwendige Beweisführung.<br />
Man benötigt zuerst eine Hypothese bezogen auf die Realität und ihre Aufgabe ist es,<br />
theoretisch die Lösung der physikalischen Problemstellung vorauszusagen.<br />
68
Das Trägheitsgesetz sei hier ein Beispiel: ein Körper verharrt solange im Zustand der Ruhe<br />
oder gleichförmigen geradlinigen Bewegung solange keine Kraft auf ihn wirkt. Dieses Gesetz<br />
konnte er zunächst nicht mathematisch belegen, dies erreichte er durch verschiedene<br />
Hypothesen. Diese Hypothesen mussten nämlich vorausgesetzt werden, um die Bewegung<br />
der natürlichen Körper logisch zu erklären. Neben der Beobachtung muss man also die<br />
Hypothese und die mathematische Deduktion einsetzen. Diese Deduktion muss auch heute<br />
einer „zerreißförmigen“ Kontrolle durch experimentelle Verifizierung im Labor unterworfen<br />
werden.<br />
Im Labor müssten die Bedingungen, die der realen Natur entsprechen, zur Verifizierung<br />
geschaffen werden, die aber nicht immer reproduziert werden können; dies gilt insbeson-<br />
dere, wenn man auf die Struktur des Universums Bezug nimmt.<br />
Nach den oben genannten drei Arbeitsschritten, die sinnliche Erfahrung, die notwendige<br />
Beweisführung und Verifizierung folgt die Formulierung der Theorie, die solange gültig ist, bis<br />
sie durch die Diskussion anderer Experimente widerlegt wird. Sollte die Verifizierung die<br />
Hypothese nicht bestätigen, muss das Experiment neu wiederholt werden und nur wenn die<br />
Verifizierung und die Hypothese übereinstimmen, ist es möglich Gesetze zu formulieren.<br />
Für Galilei waren die mathematischen Argumentationen sehr wichtig und notwendige<br />
Beweisführungen, weil er überzeugt war, dass die Struktur des Kosmos mathematisch<br />
beschreibbar wäre. Die Methode der neuen Wissenschaft setzt eine mathematische<br />
Anschauung des Universums sowie der Natur voraus. Diese Anschauung rechtfertigt und<br />
begründet die Möglichkeit der Erweiterung des menschlichen Wissens. Durch seine fort-<br />
schreitende Beobachtungen und Hypothesen spiegelt sich die mathematische quantitative<br />
Struktur physikalischen Realität wider. Davon ist Galilei klar und deutlich überzeugt. Der<br />
Wissenschaftler muss die Natur von jedem qualitativen und subjektiven Charakter befreien,<br />
um nur die quantitativen mathematischen Beziehungen zu analysieren.<br />
Durch mathematische Anschauung des Universums konzipierte er die Physik wie die Mecha-<br />
nik und nicht zufällig ist diese Disziplin als moderne Wissenschaft der heutigen Zeit definiert.<br />
Die neue Wissenschaft, im Unterschied zu derjenigen von Aristoles, die einen qualitativen<br />
zweckgebundenen Charakter hat, ist quantitativ orientiert und desinteressiert an Zweck-<br />
gebundenheit.<br />
Die moderne Wissenschaft interessierte sich nicht mehr für die Essenz und Qualitäten der<br />
Körper sondern nur über ihre objektiven und messbaren Eigenschaften und über ihre kau-<br />
salen Verbindungen.<br />
69
Verfasser: Jessica Domenicano<br />
Fonti: http://www.liceogaribaldi.it<br />
Arbeitsmethoden von Galilei<br />
Domenico Massaro,la comunicazione filosofica,ed. Paravia <strong>2009</strong><br />
http://www.wikipedia.org<br />
Individualisierung des Problems<br />
Individualisierung des Problems<br />
http://ffz.leonardo.it/lofi/UFO-e-metodo-scientifico/D7971147.html<br />
70<br />
Hypothese<br />
Hypothese<br />
Hypothese überprüfen<br />
Experiment zur Überprüfung der Voraussage<br />
Ergebnis<br />
Interpretation und Schlussfolgerung<br />
Beobachtung<br />
Die Hypothese wird nicht bestätigt Die Hypothese wird bestätigt<br />
Weitere Experiment als Folge des Ergebnisses Entwicklung einer Theorie<br />
Prinzip
5.2 Astronomische Forschungen und methodischer Ansatz beim<br />
Erkenntnisgewinn Keplers<br />
5.2.1 Astronomische Forschungen von Kepler<br />
Als bahnbrechendes Werk veröffentliche Kepler 1609 "Astrono-<br />
mia Nova". Es handelt sich um eine Darstellung von Keplers<br />
Erkenntnisprozess mit allen Irrwegen oder besser gesagt, allen<br />
Versuchen, mögliche andere Theorien auszuschließen, die an<br />
ein Tagebuch erinnert. Er versucht nicht, die bestimmte Bahn-<br />
form des Planeten Mars an Brahes empirische Daten anzu-<br />
passen. Vielmehr überprüft Kepler seine unterschiedlichen<br />
Theorien und Ideen mit den statistisch kontrollierten Daten<br />
Brahes und lässt bei der Suche nach den korrekten Bahnge-<br />
setzen letztendlich alles fallen, was nicht mit den Daten in Ein-<br />
klang zu bringen ist. Für Kozhamthadam unterscheidet sich<br />
Kepler von vielen anderen zeitgenössischen Astronomen darin,<br />
dass er einen gewisse innere Freiheit oder Flexibilität bezüglich<br />
philosophischer Ideen besaß. Einführend schrieb Galilei in seinem Werk Astronomia Nova:<br />
„Neue Astronomie ursächlich begründet oder Physik des Himmels dargestellt in Untersu-<br />
chungen über die Bewegungen des Sternes Mars auf Grund der Beobachtungen des Edel-<br />
mannes Tycho Brahe auf Geheiß und Kosten Rudolphs des II in mehrjährigem, beharr-<br />
lichem Studium ausgearbeitet zu Prag von seiner Heiligen Majestät Mathematiker Johannes<br />
Kepler im Jahre 1609 der Dionysischen Zeitrechnung“ (aus dem Lateinischen übersetzt).<br />
Im ersten Teil verglich Kepler die drei Haupthypothesen der Darstellung Planetenbewegung<br />
von Kopernikus, Ptolemäus und Brahe.<br />
Im zweiten Teil fand Kepler heraus, dass die Planetenbahnen keine Kreisbahnen sind.<br />
Im dritten Teil stellte Kepler dar, dass die Sonne das Zentralgestirn ist, um das sich die<br />
Planeten bewegen und die bewegende Kraft im Sonnenkörper liegt. Die bezogen auf die<br />
Planeten im größeren Abstand schwächer und im kleinen Abstand stärker ist.<br />
Im vierten Teil verfeinerte er die Planetenbewegungen.<br />
1619 folgte das Werk Harmonis Mundi mit Erläuterung des dritten<br />
Gesetzes. Hier setzte er die Umlaufzeiten ins Verhältnis zu den<br />
Abständen zur Sonne.<br />
Harmonis Mundi 1619 (Quelle: Keplermuseum <strong>Regensburg</strong>)<br />
71
1627 veröffentlichte Kepler die Rudolphinischen Tafeln. Diese<br />
Berechnungen hatte er mit Tycho Brahe begonnen und nach<br />
dessen Tod fortgesetzt.<br />
Diese Tabulae Rudolphinae dienten als Grundlage für die<br />
Seefahrt und hatten daher eine hohe praktische Bedeutung.<br />
Auf diese drei Werke stützte sich Newton bei der Entwicklung<br />
seines Gravitationsgesetzes. Rudolphinische Tafeln 1627<br />
(Quelle Keplermuseum <strong>Regensburg</strong>)<br />
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Kepler die Erde als Planeten wie die<br />
anderen bereits bekannten betrachtete. Sie bewegt sich um die mit einer bestimmten Exzen-<br />
trizität (Maß für die Abweichung einer elliptischen Umlaufbahn) positionierte Sonne. Der<br />
Mars bewegt sich z. B. auf einer elliptischen Bahn mit einer Neigung von 1°50' zur Erdbahn.<br />
Die Sonne sitzt in einem der zwei Brennpunkte.<br />
Hier bricht Kepler mit dem aristotelischen Dogma der Kreisförmigkeit. Die drei Gesetze nach<br />
Kepler entstehen.<br />
Die „Astronomia Nova“ erscheint erst 1609 im Druck mit einer geringen Auflage und<br />
bekommt vorerst wenig Aufmerksamkeit. Die ablehnende Haltung vieler Astronomen ist nicht<br />
verwunderlich, da in diesem Werk nicht nur das revolutionäre kopernikanische System<br />
Unterstützung fand, sondern zusätzlich auch noch das anerkannte Prinzip der gleichförmigen<br />
Kreisbahnbewegung der Himmelskörper aufgegeben wurde.<br />
Galileos Zurückhaltung gegenüber Kepler ist möglicherweise mit dessen Hang zum<br />
Philosophieren erklärbar. Für Keplers Schaffen spielten nicht nur naturwissenschaftliche<br />
Argumente, sondern auch Religion und Philosophie eine gewisse Rolle.<br />
Hans Lipperhey<br />
Verfasser: Ewa Pazulla<br />
Im selben Jahr als Keplers Astronomia Nova veröffentlicht wird, wird<br />
auch das erste Teleskop (Linsenfernrohr) von Hans Lipperhey in den<br />
Niederlanden erfolgreich präsentiert. Kepler erklärt 1611 den<br />
Strahlengang durch die Linsen in seiner „Dioptrik“ und entwickelte<br />
das von Galelei benutzte und konstruierte Fernglas weiter, das als<br />
Grundlage für fast alle heutigen Ferngläser zu betrachten ist.<br />
Als sich mit Keplers neu berechneten Planetentafeln exaktere<br />
Vorhersagen machen lassen, wird der Widerstand in astronomischen<br />
Fachkreisen allmählich schwächer und die „Astronomia Nova“ wurde<br />
immer mehr akzeptiert.<br />
72
Quellen<br />
http://www.springerlink.com/content/h34h8070v8k45212/<br />
http://www.unet.univie.ac.at/~a9503672/astro/history/kepler.htm<br />
http://www.raumfahrer.net/astronomie/geschichte/kepler.shtml<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Mars_%28Planet%29#Rotation<br />
http://www.astrosurf.com/luxorion/Documents/lipperhey-hans.jpg<br />
http://derweg.org/personen/forschung/kepler.html<br />
http://www.l.shuttle.de/l/kepler-gym/kepler/kepler.htm<br />
http://www.radio.cz/de/artikel/44912<br />
http://www.zeis.de/44125680F0052EC92/allBySubject/AAA71A34C<br />
Bildmaterial: Keplermuseum <strong>Regensburg</strong><br />
Kopernikus und Kepler – Zwei bedeutende europäische Astronomen(Staatliche Fachoberschule <strong>Regensburg</strong><br />
__________________________________________________________<br />
5.2.2 Methodischer Ansatz beim Erkenntnisgewinn Keplers<br />
Der eher theoretisch veranlagte Johannes Kepler gilt mit Galilei als Begründer der modernen<br />
Naturwissenschaften. Als Theologe war seine Denkweise aber vor allem sehr glaubens-<br />
orientiert. In seinem Erstlingswerk „Mysterium Cosmographicum“ von 1596 beruft sich Kepler<br />
auf das Weltbild des Kopernikus, in welchem die Sonne im Mittelpunkt steht und von den<br />
Planeten umkreist wird. Diese setzt er in Beziehung zunächst mit den fünf platonischen<br />
Körpern.<br />
tisch formulierten Gesetzen führt.<br />
Jeder der fünf harmonischen geometrischen Körper für sich,<br />
der klassischen Auffassung entsprechend, ist als Element<br />
darstellbar. Kepler vertrat die Ansicht, dass sich der göttliche<br />
Geist in den harmonisch geordneten Größenverhältnissen des<br />
Weltalls offenbart.<br />
Im Laufe der Entwicklung seiner Gedanken kommt er durch<br />
seine deduktive Methode zur mechanistischen Weltauffassung.<br />
Im Gegensatz zu Kepler steht hier die induktive Methode<br />
Galileis, die durch Beobachtung und Experiment zu mathema-<br />
Kepler ging wie Galilei vom Prinzip der Einfachheit als ewiges Prinzip aus. Kepler will nicht<br />
die Ursachen der Bewegung der Planeten begründen, sondern die Gesetze. Er war generell<br />
der Überzeugung, dass die Natur auf mathematischen Zusammenhängen beruht. Die<br />
Mathematik erleuchtet das Dunkele.<br />
73
Die Wissenschaft muss nach ihm von Hypothesen ausgehen. Galilei hingegen sagt::<br />
„Beweise lernen wir nicht aus logischen sondern aus mathematischen Büchern. Über<br />
Hypothesen als alleinige Begründung konnte Galilei gelegentlich lächeln.<br />
Trotz dieser Gegengesetzlichkeit dieser beiden Astronomen, die auch im Briefwechsel zum<br />
Ausdruck kommt, muss die Arbeit beider Astronomen als Ergänzung gesehen werden, als<br />
Vereinigung von induktiver und deduktiver Methode bei der Erforschung hinsichtlich der<br />
Bahnen der Planeten um die Sonne.<br />
Keplers grundlegende Forschungsweise in der Astronomie war, dass er irdische, bekannte<br />
Gesetze, auf die Himmelskörper anwandte, um universelle Gesetzmäßigkeiten zu finden,<br />
wodurch seine bekanntesten Werke, die drei Kepler’schen Gesetze entstanden sind.<br />
5.2.3 Kepler’sche Gesetze<br />
1. Gesetz – Ellipsengesetz (Astromia Nova 1609)<br />
„Die Bahn eines Planeten ist eine Ellipse, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht.“<br />
- Das Gesetz ist überall im Universum gültig.<br />
- Himmelskörper bewegen sich grundsätzlich auf<br />
elliptischen Bahnen.<br />
- Deren einer Brennpunkt ist der Schwerpunkt des<br />
- Universums, bei uns die Sonne.<br />
- Der zweite Brennpunkt der Ellipse ist leer<br />
2. Gesetz – Flächensatz (Astronovia Nova 1609)<br />
„Die Verbindungslinie Sonne - Planet überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Fläche.“<br />
Das zweite Gesetz sagt aus, dass die gerade Linie, die den Mittelpunkt des Planeten<br />
mit dem Mittelpunkt der Sonne verbindet, in gleichen Zeiten<br />
gleiche Flächen überstreicht. Daraus folgt, dass der<br />
Planet sich in Sonnenferne langsamer bewegt als in<br />
Sonnennähe. Das heißt, dass die Geschwindigkeit des<br />
Planeten mit der Entfernung von der Sonne abnimmt.<br />
74<br />
∆t1<br />
A1<br />
∆t1=∆t2<br />
A1=A2<br />
A2<br />
∆t2=∆t2
Kepler stellte das Gesetz nur im Verhältnis der Erde zur Sonne auf, aber es ist ebenfalls<br />
allgemeingültig und gilt bei jedem sich auf einer Ellipse befindenden Himmelskörper.<br />
Im Sommer ist die Erde langsamer, im Winter schneller, so ist der Sommer 9Tage länger als<br />
der Winter<br />
3. Gesetz nach Kepler (Harmonis Mundi) 1619)<br />
„Das Verhältnis aus den 3. Potenzen der großen Halbachsen und den Quadraten der<br />
Umlaufzeiten ist für alle Planeten konstant“<br />
(T1/T2) 2 = (a1/a2) 3 a1,a2 = Ellipsenachsen<br />
Das Gesetz verdeutlicht den Vergleich der Umlaufzeiten von Trabanten um das gleiche<br />
Zentrum.<br />
- Körper näher an der Sonne bewegen sich schneller<br />
- Körper weiter entfernt bewegen sich langsamer<br />
- Merkur: Umlaufzeit 88 Tage; Pluto: Umlaufzeit 248 Jahre<br />
Später werden die Gesetze durch Newton präzisiert. Das Zentrum der Umlaufbahnen der<br />
Planeten ist hierbei der gemeinsame Schwerpunkt von Zentralstern (Sonne) und Trabant<br />
(Planet). In unserem Sonnensystem liegt aber der gemeinsame Schwerpunkt noch innerhalb<br />
der Sonne. Ferner beeinflussen sich die Planeten entsprechend der Gravitationsgesetze<br />
nach Newton auch noch untereinander, so dass es zu Abweichungen<br />
v on den reinen Ellipsenbahnen kommt.<br />
Trotz allem sind die Keplergesetze Grundlage für die heutige Satellitentechnik.<br />
Verfasser: Ludwig Zikeli<br />
Quellen:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Kepler<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Keplersche_Gesetze<br />
http://www.kepler.fr.bw.schule.de/content/tl/biographie/html/index.html<br />
http://www.kepler-museum.de/?language=deutsch<br />
http://www.muenster.de/~breitens/referate/kepler/physik/kepler.htm<br />
http://www.textlog.de/6394.html<br />
http//www.textlog.de/6240.html<br />
http:://de.wikipedia.0rg/w/index.php?.title=Datei:Kepler-solar-system-1.png&filetimestamp=200050103115414<br />
75
5.2.4 Anwendung der Kepler`schen Gesetze in der Satellitentechnik<br />
Satellitentypen im Überblick<br />
Bereits der deutsche Astronom Johannes Kepler stellte durch Beobachtung der Gestirne<br />
fest, dass die Umlaufgeschwindigkeit der Planeten und damit die Zeit für einen kompletten<br />
Umlauf um die Sonne stark von der Entfernung zur Sonne abhängt. Diese Erkenntnisse<br />
bilden bei der Satellitentechnik die Grundlage. Man unterscheidet folgende Satellitentypen:<br />
Satelliten auf<br />
Kreisbahnen<br />
z.B. geostationäre<br />
Umlaufbahnen<br />
Low-Earth-Orbit-<br />
Satellit<br />
Elliptische Bahn<br />
200-1200 km Höhe<br />
Benannte<br />
Raumfahrt<br />
Spionagesatelliten<br />
Astronomische<br />
Satelliten<br />
Erderkundungssatelliten;<br />
militärische<br />
Satelliten<br />
Globale<br />
Kommunikationssysteme<br />
(Satelliten)<br />
Sende-und<br />
Empfangsanlagen)<br />
Medium-<br />
Earth-Orbit-<br />
Satellit<br />
8000-36000km<br />
Höhe<br />
elliptische<br />
äquatoriale<br />
Bahn<br />
globale<br />
Kommunikation<br />
(Telefon,<br />
Mobiltelefon,<br />
Navigation,<br />
GPS)<br />
Satelliten-Typen<br />
Highly-<br />
Eliptical-<br />
Orbit-Satellit<br />
(0,2 -15)*10 3<br />
(50-400)*10 3<br />
km Höhe<br />
Weltraumteleskope;<br />
Transferbahn<br />
für Raumfahrzeuge<br />
zum Mond<br />
Wichtige Satellitenarten für die Praxis sind die geostationären und polaren Satelliten.<br />
76<br />
Geostationer<br />
Satellit<br />
(äquatorial)<br />
36000km Höhe<br />
nahezu<br />
kreisförmige<br />
Bahn<br />
Kommunikation,Wettersatelliten,<br />
Fernsehen,<br />
Rundfunk,<br />
Fernsprechverkehr<br />
Satelliten auf ellipti<br />
schen Bahnen<br />
z.B. polare<br />
Umlaufbahnen<br />
Sonnensynchroner<br />
Satellit-<br />
polarer<br />
Satellit<br />
400-1000km<br />
Elliptische<br />
Bahnen<br />
Erderkundung<br />
und<br />
Wettersatellit<br />
Forschung-<br />
satelliten
Einsatz eines geostationären Satelliten (Geostationary Earth Obiter)<br />
Geostationäre Bahn -36000km<br />
Höhe- z.B. Meteosat<br />
Quelle: www.ipn.uni-kiel.de/projekt/a7_2/umlauf.htm<br />
Geostationäre Satelliten sind Satelliten am Himmelskörper, mit fester Position. Deshalb<br />
können mit einer dauerhaft installierten Anlage permanent Bilder empfangen werden. Der<br />
bekannteste Geostationäre Satellit ist METEOSAT. Dieser sendet ununterbrochen Grau-<br />
stufen-Bilder zur Erde. Hauptsächlich werden diese Bilder von Nachrichtenstationen<br />
meteorologisch ausgewertet. Die fotografischen Aufnahmen der Erde werden zunächst an<br />
eine Bodenstation gesendet, wo sie durch Hinzufügen von Kontinent-Umrisslinien ver-<br />
vollständigt und wieder an den Satelliten zurückgeschickt werden. Dieser sendet an-<br />
schließend die retuschierten Bilder zurück an die Erde.<br />
Da sich der METEOSAT-Satellit in 35.790 km Entfernung zur Erde befindet, sind die<br />
empfangenen Bilder der Erde entsprechend grob in der Auflösung. Ein Pixel entspricht etwa<br />
einer tatsächlichen Größe von 14 x 14 Km.<br />
Satelliten, die ca. 36.000 km von der Erde entfernt sind, haben die gleiche Winkelgeschwin-<br />
digkeit wie die Erde so dass ihre Umlaufzeit um die Erde genau einer Erdumdrehung (also<br />
1 Tag - genau 23 Stunden, 56 Minuten und 4 Sekunden ) entspricht. Daher scheint der<br />
Satellit fest über einem Punkt auf dem Äquator still zu stehen. Dazu gehören v.a. Rundfunk-<br />
und Kommunikationssatelliten, aber auch z.B. Wettersatelliten. Durch drei oder vier Satelliten<br />
auf dieser Umlaufbahn wird jeder Punkt der Erde erreicht.<br />
77<br />
Polare<br />
Umlaufbahn<br />
Geostationäre<br />
Umlaufbahn
Meteosat - 2. Generation<br />
Aufnahme vom Meteosat 9 aus der geostationären Position über dem Äquator bei Guinea<br />
0° nördliche Breite und 0° östliche Länge - Aufnahme vom 10.10.2007-10-10<br />
Quelle: http://members.vol.at/vorarlberg-wetter/meteosat.htm http://members.vol.at/vorarlberg-wetter/meteosat.htm<br />
Satelliten auf geostationärer Bahn<br />
Die internationale Fernmeldeunion teilt Frequenzen und Satellitenpositionen zur Verfügung,<br />
damit Satelliten sich nicht gegenseitig stören. Früher betrug der Abstand 4° zum Nachbar-<br />
satelliten, der auf der gleichen Frequenz strahlte. Wegen der großen Nachfrage nach<br />
Satellitenpositionen wurden die Abstände auf 2°, entsprechend 1.400 Kilometer, reduziert.<br />
Die eigentliche zugeteilte Satellitenposition ist eine Box, in der die Betreiber ihre Satelliten<br />
auf ± 0,14° positionieren müssen, gleichbedeutend mit einer Ost-West-Drift von weniger als<br />
100 Kilometern.<br />
Die Radialdrift darf nicht mehr als um 75 Kilometer variieren.<br />
78<br />
Wettergeschehen<br />
in Deutschland<br />
Wettergeschehen<br />
in Italien
Ein geostationärer Satellit bezieht seine Energie nahezu ganzjährig vollständig aus Solar-<br />
zellen. Die Knoten der geostationären Umlaufbahn liegen zu Frühlings- und Herbstbeginn in<br />
der Nähe der Verbindungslinie Sonne-Erde und damit im Erdschatten. Deshalb steht er von<br />
März bis Mitte April und September bis Mitte Oktober nachts für maximal 70 Minuten im<br />
Erdschatten. Während der Zeit dieser Eklipse beziehen die Satelliten ihre Energie aus<br />
Akkumulatoren, die zuvor von den Solarzellen aufgeladen wurden, oder schränken ihre<br />
Leistung ein (Beispiel: TV-SAT). Wenn Satellit, Erde und Sonne auf einer Linie liegen, steht<br />
die Sonne an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen für wenige Minuten dicht beim Satelli-<br />
ten. Die Mikrowellenstrahlung der Sonne überlagert die des Satelliten und es kommt für<br />
wenige Minuten zur Unterbrechung der Satellitenverbindung.<br />
Satellit auf geostationärer Bahn<br />
Quelle:http://www.mpifr-<br />
bonn.mpg.de/staff/bklein/SpaceDebrisDE/ar01s10.html<br />
Einsatz eines Satelliten in polarer Bahn<br />
polarer Satellit z.B. MetOp in 820 km Höhe<br />
Quelle: www.ipn.uni-kiel.de/projrkt/a7_2/umlauf.htm<br />
79<br />
Polare Umlaufbahn<br />
Geostationäre Umlaufbahn
Geostationäre Satelliten erfassen zwar die ganze Erde, aber der Empfang ist in polaren<br />
Gegenden schwach, da die weit vom Äquator liegenden Polargebiete unter einem flachen<br />
Winkel gemessen werden. Darunter leidet die Auflösung der Bilder.<br />
Die erdnahen polaren MetOp - Satelliten sind eine ideale Ergänzung der geostationären<br />
Wettersatelliten METEOSAT, da sie eine höhere Auflösung der Bilder der Polar- und<br />
Nordatlantikregion vorweisen.<br />
Die polare Umlaufbahn ist eine Kreisbahn auf der sich ein Satellit in geringer Höhe über die<br />
Pole bewegt. Der Satellit überfliegt den Globus längenparallel von Norden nach Süden,<br />
währenddessen dreht sich die Erde von Westen nach Osten. So wird jeder Punkt der Erde<br />
erfasst, dies allerdings relativ selten. Polare Bahnen sind deshalb für Fernerkundung wie<br />
zum Beispiel: Landvermessung, Umweltbeobachtung, Wetterbeobachtung und militärische<br />
Aufklärung geeignet.<br />
Der Satellit auf polarer Bahn soll möglichst immer bei Tageslicht zur selben Zeit das gleiche<br />
Gebiet der Erde erfassen. Hier tritt aber ein Problem auf, denn im Laufe eines Erdumlaufes<br />
um die Sonne wird die Erde auf Grund der Neigung der Erdachse zur Bahnebene in unter-<br />
schiedlicher Weise von der Sonne beschienen (Jahreszeiten) bezogen auf die Dauer der<br />
Sonneneinstrahlung und die Größe des Einstrahwinkels. Eine Korrektur ist erforderlich. Der<br />
polare Satellit wird in eine sonnensynchrone Umlaufbahn geschossen. Ein Steuerungsmanö-<br />
ver sorgt dafür, dass sich die Umlaufebene des künstlichen Satelliten unabhängig von der<br />
Jahreszeit immer im gleichen Verhältnis zur Sonneneinstrahlung einstellt (sonnensynchron).<br />
Herbst<br />
Winter<br />
Sonne<br />
Bahnebene des<br />
Satelliten<br />
Sommer<br />
80<br />
Erde<br />
Frühling
Einsatz von MetOp-A als Satellit auf polarer Bahn<br />
Quelle: http://www.dlr.de/caf/desktopdefault.aspx/tabid-5519/9216_read-17725/<br />
Ein Beispiel für die Nutzung eines Satelliten auf polarere Umlaufbahn ist der Satellit MetOp –<br />
A. MetOp (Meteorological Operational Satellite) heißt eine Serie von drei europäischen<br />
Wettersatelliten mit erdnaher polarer Umlaufbahn. MetOp wird vom europäischen Wetter-<br />
satelliten-Betreiber EUMETSAT und der europäischen Weltraumagentur ESA in Zusammen-<br />
arbeit mit dem Unternehmen EADS, der französischen Weltraumagentur CNES und der US-<br />
Wetterbehörde NOAA für das EUMETSAT Polar System (EPS) entwickelt. Das EPS dient<br />
der operationellen Meteorologie und der Klimabeobachtung.<br />
Durch höhere Auflösung der Bilder, bessere Beobachtung der Polar- und Nordatlantikregion<br />
und durch Messung der Temperatur- und Feuchtigkeitsverteilung in bislang unerreichter<br />
Genauigkeit wird MetOp dazu beitragen, das zuverlässige Vorhersageintervall von drei auf<br />
fünf Tage zu verlängern.<br />
Die erdnahe polare Umlaufbahn der MetOp-Satelliten macht sie zu einer idealen Ergänzung<br />
der geostationären Wettersatelliten der Meteosat- Reihe. Durch die geringe Höhe von nur ca.<br />
820 km ist die Auflösung der abbildenden Sensoren wesentlich besser als bei geostationären<br />
Satelliten. Allerdings verkleinert sich im gleichen Maßstab das Blickfeld der Instrumente.<br />
Satelliten mit polarer Umlaufbahn können innerhalb eines Tages nahezu die gesamte<br />
Erdoberfläche abtasten.<br />
81
Der erste Satellit (MetOp-A) mit einer Startmasse von 4.093 kg startete am 19. Oktober 2006<br />
Uhr MESZ in Baikonur. Als Trägerrakete diente die modifizierte Sojus-2-1a/Fregat. 69<br />
Minuten nach dem erfolgreich verlaufenen Start wurde MetOp-A von der Fregat-Oberstufe<br />
ausgesetzt und hat nun ab Anfang 2007 den Betrieb aufgenommen.<br />
Der Nachfolgesatellit MetOp-B soll nach derzeitiger Planung 2012 ebenfalls mit einer Sojus-<br />
Rakete starten. Der Start des dritten Satelliten MetOp-C ist für 2015 vorgesehen.<br />
Der Satellit besteht aus zwei Modulen: Das Servicemodul (service module) ist für die<br />
Energieversorgung, die Lageregelung und die Steuerung (S-Band Übertragung der Teleme-<br />
trie und Telekommandos) zuständig und wurde von der EADS in Frankreich auf Basis der<br />
SPOT- Erdbeobachtungssatelliten entwickelt.<br />
Das Nutzlastmodul (payload module) enthält die Instrumente und die Datenübertragung der<br />
Nutzlastdaten zum Boden (im Wesentlichen X-Band) und wurde von der EADS in Deut-<br />
schland (Friedrichshafen) entwickelt.<br />
Der Satellit beobachtet mit seinen 13 Instrumenten das Wettergeschehen. Zusätzlich liefert<br />
MetOp Umweltdaten. Dazu vermisst er hochgenau die Temperatur- und Feuchtigkeitsvertei-<br />
lung, ebenso Spurengase in der Atmosphäre wie Ozon, CO und CO2, Stickoxide, Schwefel-<br />
dioxid und Methan.<br />
Verfasser: Olivia Pena Bianca<br />
Quellen:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Geostation%C3%A4rer_Satellit<br />
http://www.wendeling.net/scanner/geostat.html<br />
htpp://members.vol.at/vorarlberg.wetter/meteosat.htm<br />
www.ipn.uni-kiel.de/projekte/a7_2/umlauf.htm<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Internationale_Fernmeldeunion<br />
<strong>Projekt</strong> Staatliche Fachoberschule <strong>Regensburg</strong> (Kopernikus und Kepler - zwei bedeutende Europäer verbinden Deutschland,<br />
Polen und Tschechien)<br />
82
5.3 Galilei und Kepler, die Vertreter der neuzeitlichen<br />
naturwissenschaftlichen Forschung<br />
Beginn der neuen naturwissenschaftlichen Forschung<br />
Die heutige Naturwissenschaft ist im 17. Jahrhundert unter dem wesentlichen Einfluss der<br />
Zeitgenossen Kepler und Galilei entstanden. Ihr wissenschaftliches Arbeiten beruht auf dem<br />
Zwist der Begriffe Wahrheit und Hypothese. Die Erkenntnisse dieser beider Astronomen sind<br />
für unsere Kommunikationsgesellschaft und die Entwicklung bis ins Jahr <strong>2009</strong> von großer<br />
Bedeutung.<br />
Genau 400 Jahre zuvor richtete Galileo Galilei erstmals ein zuvor in den Niederlanden<br />
erfundenes Fernrohr zum Nachthimmel und machte so erstaunliche Entdeckungen, die die<br />
Menschheit, aus dem Mittelpunkt, an den Rand des Universums drängten. Diese neuen<br />
Erfahrungen über Sterne, Berge und Krater auf dem Mond sowie die Jupitermonde<br />
veränderten die Vorstellung der Menschheit von der Welt, grundlegend. Kepler<br />
veröffentlichte im selben Jahr in seinem Buch „Astronomia Nova“ die grundlegenden Geset-<br />
ze der Planetenbewegung.<br />
Galilei und Kepler führten zu einem Paradigmenwechsel in Beziehung zu unserem<br />
Sonnensystem.<br />
Galileo als Beobachter<br />
Fernrohr nach Galilei im Vatikanischen Museum<br />
(Foto: Ludwig Zekeli)<br />
Galilei, gilt als Begründer des experimentellen Denkens aller Naturwissenschaftler. Seine<br />
Beobachtungen und Erkenntnisse und deren mathematische Analyse schufen die Basis für<br />
die Entwicklung der neuen Naturwissenschaften, die das mathematisch auswertbare<br />
Experiment einführten und noch Isaac Newton beeinflusste.<br />
83
Den Beitrag für die Wissenschaft leistete er, indem er statt nach dem "warum" eines Vor-<br />
gangs, nach dem "wie" fragte. So stellte er seine Fragen an das Experiment und nicht an die<br />
Spekulation. Er war der erste, der die Gesetze der Physik in mathematische Formeln um-<br />
setzte. Die wahre Naturwissenschaft besteht in der Verbindung des Experiments mit mathe-<br />
matischem Denken. Eine Reihe wissenschaftlich kontrollierter Experimente ist für ihn ein<br />
Beweis für eine Gesetzmäßigkeit.<br />
Mit der Entdeckung der 4 Jupitermonde und der Phasen der Venus bestätigt sich endgültig<br />
seine sympathisierende Haltung zur Kopernikanischen Lehre vom heliozentrischen Welt-<br />
system und verhalf dieser zu weiterem Auftrieb.<br />
Jupitermonde Io, Europa, Ganymed und Callisto<br />
Bild: Galileo, RPIF<br />
Die vier großen Jupitermonde Io, Europa, Ganymed und Callisto werden nach ihrem Entdecker auch die Galileischen<br />
Monde genannt. Io ist der vulkanisch aktivste Körper im Sonnensystem, und seine Oberfläche verändert<br />
sich zum Teil innerhalb von Wochen. Die Oberfläche von Europa besteht größtenteils aus Wassereis. Ganymed<br />
ist der größte Mond im Sonnensystem und sogar größer als der Planet Merkur. Callisto schließlich ist mit zahllosen<br />
Einschlagskratern übersät und die Oberfläche scheint von einer dicken Staubschicht bedeckt zu sein.<br />
(http://www.google.de/imgres?imgurl=http://berlinadmin.dlr.de/HofW/nr/268/Jupitermonde.jpg&imgrefurl=http://berlinadmin.dlr.d<br />
e/HofW/nr/268/&h=397&w=600&sz=55&tbnid=ml90NE0wJYyH1M:&tbnh=89&tbnw=135&prev=/images%3Fq%3DJupitermonde<br />
&hl=de&usg=__TW5euRdXoEh7LXEGmy3Sf3CTwKI=&sa=X&ei=g0ITTL3WOI-NOPHvob0M&ved=0CC8Q9QEwAw)<br />
Zu weitreichenden Konsequenzen für das religiös-philosophische Weltbild der Zeit führte<br />
jedoch seine Erforschung des Sonnensystems, die bereits 1514 von Nikolaus Kopernikus<br />
entwickelt worden war. Er war sich sicher, dass das ptolemäische- geozentrische Weltbild,<br />
das auch von der Kirche vertreten worden war, nicht stimmen kann. Damit verhalf er der<br />
sogenannten “kopernikanischen Wende” in der Weltsicht, im menschlichen Selbstverständ-<br />
nis und in der Wissenschaftstheorie der beginnenden Neuzeit sich durchzusetzen.<br />
84
Er begründete damit das neue Zeitalter der Wissenschaft und versuchte so diese Wahr-<br />
heiten von der scholastisch traditionellen Lehre der Kirche abzugrenzen. Die Scholastik<br />
erwartete nämlich von der Wissenschaft den Beweis des religiösen Glaubens, was Galilei in<br />
den Zwiespalt mit der Kirche trieb. Um 1757 die Lehre von Kopernikus und Galilei anzuer-<br />
kennen und ihre Werke aus dem Index der verbotenen Bücher zu nehmen brauchte die<br />
Kirche noch mehr als ein Jahrhundert.<br />
Obwohl Galileos Beitrag zur Entwicklung der modernen Physik und damit auch der Astro-<br />
physik allein schon durch die Aufstellung der Fallgesetze unermesslich wertvoll ist, begnügte<br />
er sich in der Planetentheorie mit Kreisbahnen, welche Kepler ablehnte. Hier zeigt sich, dass<br />
Galileo mehr Physiker als Astronom war. Ferner sorgte er durch Verwendung der italieni-<br />
schen Sprache zur allgemeinen Verbreitung seiner Forschungen in der Öffentlichkeit. Kepler<br />
dagegen verwendete Latein als wissenschaftliche Sprache, die die allgemeine Bevölkerung<br />
nicht verstand und so fand die Verbreitung der Erkenntnisse von Kepler nur in wissenschaft-<br />
lichen Kreisen und bei der Kirche statt.<br />
Kepler als Theoretiker<br />
Regelbares Fernrohr nach Galilei<br />
Vatikanische Museen Rom<br />
(Foto: Ludwig Zekeli)<br />
Kepler legte mit seinen Gesetzen für die späteren Gravitationstheorien Isaac Newtons den<br />
Grundstein. Er veröffentlichte im Jahre 1609 seine „Astronomia nova“, eines der bahnbre-<br />
chensten Bücher über unser Sonnensystem. Keplers Wissenschaft diente in erster Linie dem<br />
Erkenntnisgewinn und war von religiösen Zwangsvorstellungen losgelöst. Ihm gelang als<br />
erstem die korrekte Beschreibung der Planetenbahnen. An die Stelle des im Altertum ver-<br />
götterten Kreises als vollkommenste geometrische Figur setzte er die Ellipse, als die allein<br />
tatsächliche mathematisch begründbare Planetenbewegungsbahn. So wurde aus dem<br />
kosmographischen Mysterium bei Keplers gedanklicher Entwicklung eine „Physica<br />
coelestis“(Himmelsphysik), d.h. die neue Astronomie. Die Mathematik erhellt das Dunkele im<br />
Verständnis des Weltalls.<br />
85
Bei Kepler gilt zwar als Voraussetzung der Erkenntnis zunächst die Hypothese (deduktive<br />
Methode), vermittels derer sich der Zusammenhang der Dinge in der Natur ohne Widerspruch<br />
erklären lässt. Ergänzend hierzu ist Galilei zu sehen, der die mathematische Physik als<br />
selbständige Wissenschaft etablierte, die allgemein zur heutigen mathematischen Natur-<br />
wissenschaft führte. Galilei entdeckt durch das Experiment die Natur(induktive Methode).<br />
Hierbei spiegelt sich die Natur im mathematisch Bestimmbaren wider. Das Quantitative steht<br />
im Mittelpunkt, d.h. die Natur wird mathematisch messbar.<br />
Kepler, der als Theoretiker die Beobachtungen von Tycho Brahe, den er im Jahre 1600 in<br />
Prag besuchte und seine langjährigen Beobachtungen über die Stellung der Himmelskörper<br />
rein mathematisch auswertete, entwickelte die Gesetzmäßigkeiten der Umlaufbahnen der<br />
Planeten ohne sie durch Beobachtungen zunächst begründen zu können. Obwohl Kepler<br />
und Galileo beide Anhänger des Heliozentrismus waren, erhielt Kepler, wie oben schon<br />
dargelegt, trotz mehrfacher Aufforderung kein Fernrohr von Galilei, welches er gerne zur<br />
Bestätigung seiner Theorien einsetzen wollte. Zudem benutzte Kepler, wie andere Wissen-<br />
schaftler, Latein als Sprache der Wissenschaft. Sie wollten damit verhindern, dass das<br />
einfache Volk von ihren Lehren etwas mitbekam und vielleicht zu fragen begann. Galilei<br />
hingegen war bestrebt, seine Erkenntnisse möglichst zu seinem Vorteil wirtschaftlich<br />
umzusetzen und versuchte so, die Menschen zu überzeugen und sie zum eigenen Denken<br />
anzuregen und verwendete in seinen Werken die italienische Sprache.<br />
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Exaktheit der theoretischen Auswertungen der<br />
Messdaten von Tycho Brahe durch Kepler zwar allgemein anerkannt und von manchen<br />
Fachkollegen bewundert aber nicht unbedingt neuen Einsichten zugeschrieben wurde, eben<br />
als Hypothese bewertet wurden.<br />
Jedoch beide, Kepler und Galilei leiteten bezogen auf die naturwissenschaftliche Forschung<br />
zur Neuzeit über. Ihre beiden unterschiedlichen methodischen Ansätze bestimmen bis in die<br />
heutige Zeit den Erkenntnisgewinn in der Naturwissenschaft.<br />
Verfasser: Ayla Gürbüz<br />
Quellen:<br />
http://philosophieblog.de/heichele/zum-internationalen-astronomiejahr-<strong>2009</strong><br />
http://bildung.freepage.de/fbs/de_galil.html<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Internationales_Jahr_der_Astronomie_<strong>2009</strong><br />
http;//kepler-gellschaft.de/kepler-Foederpreis/2006/Platzl....<br />
http:://www.textlog.de/6394html<br />
http://www.erft.de/schulen/gymlech/galileo/galilei.htm<br />
86
6. Einfluss der Erkenntnisse beider Astronomen auf die<br />
kulturelle, religiöse und gesellschaftliche Entwicklung<br />
6.1 Stellungnahme der <strong>Regensburg</strong>er Arbeitsgruppe<br />
Zur damaligen Zeit, diente die Wissenschaft der religiösen Vor-<br />
stellung. Man hatte zudem die Aufgabe mit Hilfe der Forschung,<br />
all die Aussagen der Bibel zu beweisen. Galilei und Kepler waren<br />
die Vertreter dieser so genannten neuzeitlichen Naturwissen-<br />
schaft, d.h. sie waren am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit in<br />
der Wissenschaft beteiligt. Hauptsächlich waren beide an der<br />
Verselbständigung der Wissenschaft tätig.<br />
Anhand eines Zitats von Goethe/Faust lässt sich sagen:<br />
„Der Mensch wollte wissen, was die Welt im innersten zusammenhält“.<br />
Galilei und Kepler waren beide daran gebunden, die Wissen-<br />
schaft von der religiösen Vorstellung zu lösen. Beide haben<br />
das heliozentrische Weltbild vertreten sowie versucht, dieses<br />
zu beweisen. (Spätere Beweisführung durch Newton). Diese<br />
Vorstellung führte die Erde mit den Menschen aus dem<br />
Zentrum an den Rand des damaligen Universums. In dieser<br />
Zeitepoche fühlte sich der Mensch sozusagen verloren, da<br />
diese Einstellung im Widerspruch zur damaligen religiösen<br />
Auffassung stand. Die „Kopernikanische Wende“, die durch Galilei und Kepler endgültig<br />
eingeleitet wurde, konnten damals nur wenige Gelehrte geistig nachvollziehen.<br />
Keplers Entdeckungen und die Formulierung der drei Gesetze, die die Planetenbewegung im<br />
Sonnensystem erklären, brachten großen Nutzen. Dank dieser Entdeckungen kann man<br />
heute unter anderem jede Planetenbahn messen und<br />
mit der Erde vergleichen sowie künstliche Satelliten<br />
einsetzen. Außerdem wurden die drei Gesetze zum<br />
Ausgangspunkt der Formulierung relativ einfacher<br />
Gleichungen der Planetenbewegungen. Ohne diese<br />
Gesetze wäre es schwierig, neue Planeten in neuen<br />
Planetensystemen zu entdecken.<br />
87<br />
Unsere Sonne mit den Planeten
Ganze Jahrhunderte dachte man, dass die Erde im Mittelpunkt des Universums steht. Diese<br />
Ansicht schien logisch zu sein, denn es sieht wirklich so aus, wenn man den Himmel<br />
beobachtet, als ob Planeten, Sterne und die Sonne, die täglich auf- und untergeht, die Erde<br />
umkreisen würden.<br />
Warum dachte man, dass gerade die Erde im Mittelpunkt allen Geschehens steht? Warum<br />
sollten alle Planeten und sogar die Sonne die Erde umkreisen?<br />
Die Antwort ist unserer Meinung nach in der Kirchenlehre zu suchen, die die Weltentstehung<br />
wie folgt erklärt:<br />
„Gott schuf die Welt, er trennte das Licht von der Dunkelheit und den Himmel vom Wasser.<br />
Dann schuf er Lichter am Himmel, die den Tag und die Nacht voneinander trennen und nach<br />
denen man die Jahreszeiten und auch die Tage und Jahre bestimmen kann. Sie sollen die<br />
Erde erhellen. Gott schuf zwei große Lichter, die Sonne für den Tag und den Mond für die<br />
Nacht, dazu alle Sterne. Im Mittelpunkt steht der Kirchenlehre nach die Erde.“<br />
Schon im Altertum gab es die ersten Theorien, die besagten, dass im Mittelpunkt des<br />
Universums die Sonne steht (Aristarchos). Diese Theorien wurden schon im Altertum von<br />
der herrschenden Priesterkaste abgelehnt und verboten. Im 16. Jahrhundert (Renaissance)<br />
kam es nun durch Galilei und Kepler zum Durchbruch der neuen Theorien über die<br />
Bewegungen der Himmelskörper um die Sonne.<br />
Diese Theorien beeinflussten bedeutend die bisherige Wissenschaft und Gesellschaft. Die<br />
Kirche protestierte gegen diese Theorien und Gesetze und es gelang ihr, sie allmählich zu<br />
verbieten. Trotzdem beeinflussten Kopernikus, Galilei und Kepler die Denkweise der ganzen<br />
Gesellschaft und die Entwicklung der Wissenschaft bis in die heutige Zeit.<br />
88
Viele Wissenschaftler gingen später von den Theorien Kopernikus sowie Keplers und<br />
Galileos aus. Isaac Newton in seiner Gravitationstheorie bediente sich der heliozentrischen<br />
Theorie Kopernikus, Keplers und Galileis.<br />
Die Keplerschen Gesetze als Basis sind bis heute gültig. Wir können dank dieser Gesetze es<br />
ermöglich, dass die Erde von künstlichen Satelliten umkreist wird.<br />
Jeder weiß, dass unsere Sonne als Bezugspunkt unseres Planetensystems gesehen wird<br />
und dass die Planeten die Sonne umkreisen. Dank Galileo Galilei und Newton wissen wir,<br />
dass die Sonne und ihre Planeten durch die Gravitation in Wechselwirkung zu einander<br />
stehen.<br />
Die Erkenntnisse, die wir heutzutage über das Sonnensystem und die Planetenbewegungen<br />
haben, ergeben sich aus den Gesetzen von Johannes Kepler aus dem Anfang des 17.Jh.<br />
Diese Gesetze beeinflussen das Leben eines jeden. Man findet sie in jeder Enzyklopädie<br />
und man lernt in der Schule in Physik oder Geografie, dass die Sonne als Bezugspunkt<br />
unseres Sonnensystems gilt und die Planeten die Sonne in elliptischen Bahnen umkreisen.<br />
Dieses Modell unseres Sonnensystems wird als grundlegende Erkenntnis anerkannt. In der<br />
modernen weiteren Entwicklung dieser Erkenntnisse wurde und wird das Modell weiter<br />
verfeinert. Man weiß heute, dass die Sonne nicht in der geometrischen Mitte der Planeten-<br />
bahnen steht, da die Planeten, die sich um die Sonne bewegen, sich gegenseitig beein-<br />
flussen. Heute wird als Bezugspunkt unseres Sonnensystems der gemeinsame Massen-<br />
schwerpunkt der Sonne und Planeten (Baryzentrum) gesehen. Dieser Punkt liegt zwar noch<br />
in der Sonne, aber abweichend vom Schwerpunkt der Sonne.<br />
Hinzu kommt noch die Aussage des Relativitätsprinzips nach Einstein, das bezogen auf das<br />
Universum keinen Punkt kennt, der von allen anderen ausgezeichnet ist und als absoluter<br />
Bezugspunkt gesehen werden könnte.<br />
Entsprechend dieser Relativitätstheorie kommt man sogar zum Schluss, dass die<br />
mathematisch formulierten Gesetze bezogen auf das heliozentrische System nach Kepler<br />
rein rechnerischer Natur sind und eine gewisse aber praktikable Vereinfachung in der<br />
Handhabung z.B. auch in der Satellitentechnik darstellt.<br />
Fred Hoyle schrieb, dass nach der Hauptlehre von Einstein alle Möglichkeiten der Wahl des<br />
Bezugspunke völlig äquivalent sind, sofern diese Möglichkeiten miteinander über die<br />
Koordinatenumwandlung verbunden sind.<br />
In dieser Auffassung spiegelt sich die Relativität im philosophischen Sinne wider, die damit<br />
aber auch wieder im Gegensatz zur religiösen Auffassung steht, die ja nach der absoluten<br />
Wahrheit, d.h. auch nach dem absoluten Bezugspunkt fragt und einem Relativismus<br />
skeptisch gegenüber steht.<br />
89
Heutzutage können wir das Gefühl der Unsicherheit, welche die Menschen früher (16. -17.<br />
Jahrhundert) im Zusammenhang mit den Theorien von Kopernikus und Kepler verspürten, so<br />
nicht mehr teilen, da diese Vormachtstellung des Menschen im Universum aufgrund des<br />
wissenschaftlichen Fortschritts, wodurch auch der Glaube in den Hintergrund rückte, nicht<br />
mehr essentiell ist.<br />
Laut Meinung unserer Gruppe war es ein reiner Zufall der Ereignisse, dass Lebensformen<br />
auf der Erde entstanden sind. Dazu gehören unter anderem: Unser Zentralgestirn gehört<br />
zu einer der kleineren Sonnen, verbrennt also den Wasserstoff aufgrund des nicht allzu<br />
hohen Innendrucks langsamer, so dass die Lebensdauer ausreicht, damit sich Leben ent-<br />
wickeln konnte.<br />
Außerdem war es reiner Zufall, dass unser Planet in den Anfängen der Entstehung unseres<br />
Sonnensystems mit einem anderen Planeten kollidiert ist und somit den Mond aus unserem<br />
Planeten geschlagen hat. (Die beiden Planeten vereinigten sich aufgrund der hohen Ener-<br />
gien zu einem Planeten, die Erde). Der Mond bremst die Erde in der Drehgeschwindigkeit,<br />
so dass ein für Leben nötiger Tag – Nacht – Rhythmus entstanden ist.<br />
Die Liste solcher zufälligen Gegebenheiten könnte noch viel weiter ausgedehnt werden. Der<br />
im Mittelalter vorherrschende Gedanke von Himmel-Erde-Hölle und dass der Mensch ein<br />
Unikat, die einzigartige Schöpfung Gottes ist, geht mit diesem Gedanken weitestgehend<br />
verloren. Ausgelöst durch die Gedanken von Kopernikus, Kepler und Galilei entwickelte sich<br />
die wissenschaftliche Erforschung des Universums bis in das „Unendliche“.<br />
Ausgehend von unserer Galaxie, erforscht man die Galaxien, die sich nahezu dem<br />
Unendlichen befinden. Es entwickeln sich Theorien, die nicht nur von einem Universum<br />
ausgehen, sondern von vielen anderen, dem so genannten Multiversen.<br />
Der Mensch rückt, rein naturwissenschaftlich betrachtet, an den Rand eines riesigen, unper-<br />
sönlichen Universums. Da man keinen absoluten Bezugspunkt in naturwissenschaftlichen<br />
Sinne bisher gefunden hat, empfindet sich der heutige Mensch von der objektiven Außenwelt<br />
getrennt. Seine Stellung ist im Kosmos scheinbar unwiderruflich relativiert.<br />
Nach Richard Tarnas „Wissen des Abendlandes“ ist die einzige<br />
Wirklichkeit, zu der der Mensch unmittelbaren Zugang hat, die eigene<br />
Erfahrung, das heißt die wahrgenommene Welt ist somit nur eine<br />
Interpretation des Geistes von der Welt.<br />
Der Geist kann nur Phänomene erfahren, nicht Dinge an sich; nur<br />
Erscheinungen, keine unabhängige Wirklichkeit. Im modernen<br />
Universum sei menschlicher Geist allein. (Der postmoderne Mensch -<br />
Double- bind Zustand des Menschen.)<br />
90
Historisch gesehen kann die Denkweise des Menschen ausgehend vom Mittelalter<br />
bis heute wie folgt gesehen werden:<br />
Die Forderung nach Selbstverantwortung sowie die Verantwortung für den Mitmenschen und<br />
die Gesellschaft sollte heute im Mittelpunkt des heutigen Denkens und Handelns stehen.<br />
Der Einsatz von Weltbildern, die wertvoll sind und verbessernde Konsequenzen für die<br />
Menschheit hervorbringen, sind erforderlich.<br />
Verfasser: Pamela Kancelista<br />
Quellen:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Kosmologie<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Feinabstimmung_der_Naturkonstanten<br />
http://www.phillex.de/wende.htm<br />
Richard Tarnas „Wissen des Abendlandes“<br />
http://de.wikipedia.org/writer/Heliozentrisches_Weltbild<br />
Kopernikus und Kepler-Zwei bedeutende Europäer verbinden Deutschland, Polen und Tschechien (Staatl. FOS <strong>Regensburg</strong>)<br />
91
6.2. Vortrag von StR Ulrich Betz am 16.03.2010 zum Thema<br />
„Gesellschaftliche Relevanz der Forschungen von Kepler<br />
und Galilei „<br />
Liebe Anwesende!<br />
Man könnte Hartwig Grasses Weisheit, in seiner Eigenschaft als <strong>Projekt</strong>koordinator, bei der<br />
Auswahl des Referenten durchaus in Zweifel ziehen: 17 Physiklehrer kann Ihm die Schule<br />
bieten, die die 3 Kepler'schen Gesetze wesentlich besser erklären könnten als ich mit<br />
meinen Fächern katholische Religionslehre und Mathematik.<br />
Man könnte seine Weisheit auch bei der Themenstellung in Zweifel ziehen, denn man kann<br />
m. E. überhaupt nicht über Kepler und Galilei sprechen. Und damit scheint mein Vortrag<br />
aufgrund personeller wie inhaltlicher Defizite von vornherein zum Scheitern verurteilt.<br />
Da Du, lieber Hartwig, mit bezwingendem Charme und taktischem Geschick mich trotzdem<br />
für diese Veranstaltung rekrutiert hast, begann ich Nachforschungen anzustellen und fand<br />
heraus, dass einer meiner Schutzbefohlenen, Kepler und einer seiner Vorgänger,<br />
Kopernikus nicht in erster Linie oder zumindest nicht ausschließlich Physiker, sondern wie<br />
ich Mathematiker und Theologen waren:<br />
Kopernikus studierte u. a. Mathematik in Krakau und Kirchenrecht in Bologna und Ferrara,<br />
bekleidete ein Amt als Domherr und betrieb die Astronomie nebenbei als Privatvergnügen.<br />
Kepler wurde von dem dänischen Astronomen Tycho Brahe nicht seines astronomischen,<br />
sondern seines mathematischen Talents wegen nach Prag berufen, fühlte sich als über-<br />
konfessioneller Christ, ließ sich trotz beruflicher Nachteile nie von seinem protestantischen<br />
Glauben abbringen und verfasste eine religiöse Unterweisung für seine Kinder, die sogar in<br />
gedruckter Form erhalten ist.<br />
Auf dem Hintergrund dieser Erkenntnisse begann ich, meinen Auftrag mit anderen Augen zu<br />
sehen: Wenn Hartwig einen Mathematik– und Religionslehrer über einen religiösen Mathe-<br />
matiker reden lässt, auch wenn dieser der Nachwelt vor allem durch seine physikalischen<br />
Arbeiten bekannt ist, dann will er vielleicht gar nicht, dass dieser Mathematik– und Religions-<br />
lehrer ausschließlich oder auch nur vorwiegend über physikalische Ergebnisse redet.<br />
Und damit sind wir beim zweiten eingangs angeschnittenen Problem: Man kann nicht über<br />
die zwei Astronomen Galilei und Kepler reden. Man muss m. E. über mindestens 2 weitere<br />
Astronomen – Kopernikus und Newton – reden.<br />
92
Man kann auch nicht einfach über das Verhältnis von Flächen, Zeiten und Halbachsen<br />
reden.<br />
Man muss über das Verhältnis von Vernunft, Wissenschaft und Glaube reden, wenn man der<br />
Problematik, die mit Kepler und Galilei ihren Anfang nimmt, gerecht werden will.<br />
Dem Domherrn Nikolaus Kopernikus (1473 – 1543) schrieb der Theologe Osiander ein Vor-<br />
wort in dessen "Kreisbewegung der Himmelsbahnen", ohne Kopernikus zu informieren, um<br />
Erlaubnis zu fragen oder dieses Vorwort als von ihm, Osiander, stammend, zu kennzeich-<br />
nen. In diesem Werk widerspricht Kopernikus dem ptolemäischen System, das die Erde zum<br />
Mittelpunkt des Planetensystems erklärt. Diese Lehre wurde schon länger bezweifelt, Koper-<br />
nikus selbst verweist auf Aristarchos von Samos, einen griechischen Astronomen des 4. und<br />
3. Jh. v. C. Kopernikus kommt aber das Verdienst zu, die Ablehnung des Geozentrismus als<br />
erster klar formuliert zu haben.<br />
Das erwähnte Vorwort des Theologen Osiander relativiert dieses klare Nein jedoch dahin-<br />
gehend, dass die heliozentrische Vorstellung (also die Sonne als Mittelpunkt) nur ein astro-<br />
nomisches Denkmodell sei und nicht die wirklichen Verhältnisse wiedergebe. Tatsächlich<br />
war die Grundlage der Argumentation Kopernikus', dass das geozentrische Modell für die<br />
mathematische Vorhersage der Planetenbahnen ungeeigneter sei als das heliozentrische. Er<br />
blieb jedoch einen hieb- und stichfesten Beweis schuldig – diesen sollte erst 1839 der<br />
Königsberger Astronom Bessel erbringen. Auch hielt Kopernikus an der seit Aristoteles<br />
üblichen, aber falschen Theorie, die Planetenbahnen seien kreisförmig, fest.<br />
Hier kommt Johannes Kepler (1571 – 1630) ins Spiel: Mit Hilfe der Daten des 1601 ver-<br />
storbenen Tycho Brahe fand Kepler die 3 nach ihm benannten Gesetze:<br />
1) Die Planetenbahnen sind Ellipsen mit der Sonne als einem Brennpunkt.<br />
2) Die Verbindungslinien Sonne – Planet überstreichen in gleichen Zeiten gleich große<br />
Flächen.<br />
3) Die Quadrate der Umlaufzeiten verhalten sich wie die dritten Potenzen der großen<br />
Halbachsen.<br />
Daraus entwickelte er Anfänge einer Theorie der Gravitation, die Newton später<br />
vervollkommnen sollte.<br />
Kepler, Kopernikus, Newton und die Wissenschaft sind damit genannt, wo bleiben Galilei,<br />
der Glaube und vor allem die Vernunft?<br />
93
Wir haben gehört, dass Kopernikus' Erkenntnisse von dem Theologen Osiander "entschärft"<br />
wurden.<br />
Kepler war Neuplatoniker und sah es erklärtermaßen als sein Ziel an, mit der Astronomie<br />
Gott zu dienen und zwar dadurch, dass er nachweise, dass der Schöpfer die bestmögliche<br />
aller Welten geschaffen habe, indem er die ihr verborgen zugrunde liegenden<br />
mathematischen Muster aufdecke. Im Gegensatz zu Kopernikus setzte er selbst seinem<br />
Werk Mysterium Cosmographicum eine Einleitung über die Verträglichkeit der<br />
Kopernikanischen Lehre mit der Heiligen Schrift voraus. Der Tübinger Senat verbot es<br />
allerdings trotzdem.<br />
Auch Tycho Brahe nahm Rücksicht auf die Kirche, wenn er behauptete, dass sich zwar alle<br />
Planeten um die Sonne bewegten, diese aber wie der Mond um die Erde kreist.<br />
So ging alles relativ gut, bis Galilei mit der Untersuchung der Jupitermonde und der Licht-<br />
phasen der Venus einen neuen Hinweis auf die Bewegung der Erde um die Sonne fand (wir<br />
erinnern uns: der endgültige Beweis gelang Bessel im 19. Jh.) und nicht vorsichtig – oder<br />
bescheiden? – genug war, damit hinter dem Berg zu halten. Dies trug ihm bekanntermaßen<br />
1616 einen Inquisitionsprozess ein, der in einer zweiten Auflage 1633 mit lebenslangem<br />
Hausarrest endete. Interessant ist, dass im Zusammenhang mit Galileis erstem Prozess<br />
auch lange vorher erschienene Werke von Kopernikus auf den Index gesetzt wurden. Kepler<br />
war schon 1613 der Ketzerei bezichtigt worden, 1626 wurde seine Bibliothek wegen ketze-<br />
rischer Inhalte beschlagnahmt. Auf den Index musste ihn die katholische Kirche nicht setzen,<br />
da er Protestant war und denen glaubte man als strammer Katholik im 17.Jh. ohnehin nichts.<br />
Mit diesen Verurteilungen bin ich an dem Punkt angelangt, auf den ich Ihr Augenmerk<br />
vornehmlich richten will: Den Konflikt zwischen dem Glauben auf der einen und Wissen-<br />
schaft und Technik auf der anderen Seite, den man so bei Galilei zum ersten Mal deutlich<br />
erkennen kann.<br />
In der römischen Antike stellt sich die Frage aufgrund eines zunehmend sinnentleerten,<br />
schwachen Glaubens nicht, im christlichen Mittelalter stagniert bzw. verkommt die Wissen-<br />
schaft und stellt keinen ernstzunehmenden Gegner für den aufblühenden Glauben dar. Erst<br />
mit Beginn der Neuzeit wird zunächst vom Renaissance-Humanismus ein Vorrang der Ver-<br />
nunft vor dem Glauben eingefordert, in der Moderne sind es dann vor allem Naturwissen-<br />
schaft und Technik, die die kirchlichen Lehren infrage stellen.<br />
94
Denken Sie an Fragen der Empfängnisverhütung, der künstlichen Befruchtung, des Klonens,<br />
der Stammzellenforschung, aber auch des Lebensendes und der Apparatemedizin. Bevor<br />
wir auf diese aktuellen Bezüge eingehen können, gilt es jedoch, den ursprünglichen Konflikt<br />
genauer zu analysieren:<br />
Dem modernen Menschen stellt sich die Frage, wieso sich die Kirche überhaupt für astro-<br />
physikalische Probleme interessierte. Dafür gab es vor allem zwei Gründe:<br />
Zunächst widersprach das heliozentrische System dem biblischen Buch Josua. Dort heißt es<br />
in Kapitel 10, Vers 12: "Sonne, bleib stehen über Gibeon<br />
und du, Mond, über dem Tal von Ajalon.<br />
Und die Sonne blieb stehen und der Mond stand still,<br />
bis das Volk an seinen Feinden Rache genommen hatte."<br />
Zudem befürchtete die Kirche psychologische Auswirkungen: Der Mensch müsse sich von<br />
Gott verlassen vorkommen, wenn er, die Krone der Schöpfung, nicht mehr im Mittelpunkt der<br />
Welt stehe.<br />
Die Kirche hat ihren Irrtum eingesehen – zugegebenermaßen sehr spät. Kopernikus wurde<br />
1835 vom Index genommen, Galilei 1992 von Papst Johannes Paul II. rehabilitiert. Ich<br />
glaube aber, dass die Auseinandersetzung damit keineswegs beendet ist. Im Bewusstsein<br />
vieler Zeitgenossen ist die Kirche nur ein ärgerliches Hindernis auf dem Weg des Fort-<br />
schritts, die Vernunft steht auf der Seite von Wissenschaft und Technik. Die Rehabilitation<br />
Galileis von 1992 so zu deuten wäre aber m. E. verfehlt. Man fiele damit nur von einem<br />
Extrem ins andere: Dem Glauben die Deutungshoheit über wissenschaftliche Forschungs-<br />
ergebnisse einzuräumen war falsch, also folgert man, das Verhältnis müsse sich umkehren:<br />
Wissenschaft und Technik haben die Oberhoheit über den Glauben. Doch dabei wird etwas<br />
Wesentliches übersehen: Wissenschaft und Technik sind wie auch der Glaube oder das<br />
Wirtschaftssystem keine Herren. Sie sind Diener. Diener des Menschen.<br />
In seiner neuesten Enzyklika Caritas in Veritate vom Juni <strong>2009</strong> greift Benedikt XVI. einen<br />
Gedanken des II. Vatikanischen Konzils auf und erweitert ihn:<br />
Der Mensch ist Urheber, Mittelpunkt und Ziel aller Wirtschaft und Wissenschaft, der Politik<br />
und der Medien.<br />
Und Benedikt verdeutlicht:<br />
Glaube ohne Wissenschaft oder Vernunft ist in der Gefahr, fundamentalistisch zu werden.<br />
Aber auch Wissenschaft ohne Glaube und Weisheit ist in Gefahr, kalt und unmenschlich zu<br />
werden.<br />
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Die Kirche darf nicht wie 1616 Forschungsergebnisse der Wissenschaft unterdrücken. Bei<br />
der technischen Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse auf den Menschen aber hat sie<br />
und haben alle gesellschaftlichen Gruppen – Umweltorganisationen, Menschenrechtler,<br />
Gewerkschaften, Vertreter der Interessen von Kindern, Senioren und Armen – durchaus<br />
mitzureden. Die bloße wissenschaftlich– technische Machbarkeit eines Vorgehens wie des<br />
Klonens und menschliche Neugier und Forscherdrang allein stellen noch keine moralische<br />
Rechtfertigung dar. Es ist die Aufgabe von Wissenschaft, Wirtschaft, Religion und Politik, in<br />
einen sachlichen und vernünftigen Dialog miteinander zu treten und dem Menschen und der<br />
Menschheit als Ganzes zu dienen, ähnlich wie es Kepler in der Sprache seiner Zeit<br />
formulierte: "Gott zu dienen" – und der hat immer das Wohl der Menschen im Sinn.<br />
Ich möchte diesen Gedanken des notwendigen Dialogs mit einem Bild verdeutlichen.<br />
Nehmen wir z.B. eine Konservendose. Wenn Sie sie mit einer Lampe von oben beleuchten,<br />
wirft sie einen kreisförmigen Schatten. Beleuchten Sie sie aber von der Seite, hat der<br />
Schatten die Form eines Rechtecks. Die Schatten bilden einen Widerspruch: Ein Objekt<br />
kann nicht gleichzeitig ein Kreis und ein Rechteck sein. So scheint es sich auch mit Wissen-<br />
schaft und Glaube zu verhalten: entweder hat Galileo recht oder der Papst. Aber beide, Kreis<br />
und Rechteck, kommen von derselben Quelle, der Konservendose. Und ebenso sind<br />
Wissenschaft und Glaube beide Abbilder der Welt, der Wirklichkeit. Und es ist eben nicht<br />
einer von beiden die wahre Aussage über die Welt, beide sind nur verzerrte Abbilder, farb-<br />
lose Schatten. Kombiniert man aber beide, erfährt man mehr über die Welt, als einer von<br />
beiden alleine aussagen könnte.<br />
Zu dieser gegenseitigen Ergänzung sollten Glaube und Wissenschaft umso mehr bereit sein,<br />
als sie beide rückblickend Fehler eingestehen müssen. Über die kirchlichen wurde bereits<br />
gesprochen, die der Wissenschaft müssen noch einmal hervorgehoben werden: So irrte<br />
Ptolemäus (100–160 n. C.) mit seiner geozentrischen Theorie. Aber seine Aussagen über<br />
Exzentrizität, Epizykel, mathematische Musiktheorie und Optik behielten Gültigkeit bis<br />
mindestens ins 17. Jh. und z. T. darüber hinaus. Und Kopernikus, der ihn verbesserte, hielt<br />
wie er an der falschen Annahme von Kreisbahnen fest. Dies zeigt, dass Wissenschaft eben<br />
nicht, wie gerne angenommen, das Bewiesene und Feststehende ist, sondern sich durch<br />
Irrtümer und Vorläufigkeiten weiterentwickelt und sich nie sicher sein kann, in ihren Theorien<br />
von einer nahen oder fernen Zukunft widerlegt zu werden.<br />
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Um es noch einmal zusammenzufassen: Man kann nicht über Kepler und Galilei reden. Man<br />
muss darüber reden, dass Galilei zwar keine falschen oder für den Menschen schädlichen<br />
oder gefährlichen Erkenntnisse hatte, wie ihm unterstellt wurde; dass aber an diesem<br />
historischen Punkt diese der Wissenschaft innewohnende Gefahr zum ersten Mal erkannt<br />
und debattiert wurde: Dass Wissenschaft nicht alles darf, was sie kann.<br />
Wenn diese Dimension wissenschaftlicher Forschung in Ihren zukünftigen Arbeiten zu Kepler<br />
und Galilei ihren Platz findet, würde es mich freuen.<br />
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit<br />
Verfasser: Ulli Betz, <strong>Berufliche</strong> <strong>Oberschule</strong> <strong>Regensburg</strong><br />
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