Vollwert-Ernährung - Medivere
Vollwert-Ernährung - Medivere
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<strong>Ernährung</strong>sinformationen <br />
• <strong>Ernährung</strong>sinformationen - Energiebedarf /Energiezufuhr<br />
• <strong>Ernährung</strong>sinformationen – Nahrungsbestandteile<br />
• <strong>Ernährung</strong>sinformationen - Nährstoffe / Nährstoffdichte<br />
• Vegetarismus - Allgemeine Infos<br />
• Magen-Darm-Erkrankungen - Verdauung / Nährstoffe<br />
• Magen-Darm-Erkrankungen - Refluxkrankheit<br />
(Sodbrennen)<br />
• Magen-Darm-Erkrankungen – Gastritis<br />
• Magen-Darm-Erkrankungen – Gastritis<br />
• Magen-Darm-Erkrankungen - Magenkrebs /<br />
Magenkarzinom<br />
• Magen-Darm-Erkrankungen – Darmkrebs<br />
• <strong>Vollwert</strong>ige <strong>Ernährung</strong> - Definition / Theorie<br />
• <strong>Vollwert</strong>ige <strong>Ernährung</strong> - <strong>Ernährung</strong>spyramide <br />
Dr. med. Angelika Sprüth<br />
HNO- Fachärtzin<br />
Hauptstrasse 41<br />
50996 Köln <br />
2
<strong>Ernährung</strong>sinformationen<br />
<strong>Ernährung</strong>sinformationen - Energiebedarf<br />
/Energiezufuhr<br />
Warum braucht der Körper Energie?<br />
Der menschliche Organismus braucht, wie jedes andere Lebewesen auch,<br />
Energie und Nährstoffe, um "funktionieren" zu können. Beides erhält der<br />
Körper mit der Nahrung, die im Verdauungstrakt soweit aufgeschlossen wird,<br />
dass ihm die einzelnen Nährstoffe zur Verfügung stehen.<br />
Der Körper benötigt Energie und Nährstoffe, um folgende Aufgaben erfüllen zu<br />
können:<br />
▪ Erhaltung der Körperwärme<br />
▪ Aufrechterhaltung körperlicher Funktionen (Gehen, Muskeltätigkeit,<br />
Verdauung, Organfunktionen etc.)<br />
▪ Aufrechterhaltung geistiger Funktionen<br />
▪ Wachstum<br />
▪ Wiederaufbau verlorengegangener Körperbestandteile (z.B. Haare,<br />
Fingernägel, Haut)<br />
▪ Stoffwechseltätigkeiten<br />
▪<br />
Nährstoffe liefern Energie<br />
Den Bedarf an Energie deckt der Körper aus der Oxidation der Nährstoffe<br />
Kohlenhydrate, Fett, Alkohol und zum Teil auch Eiweiß. Die "Verbrennung"<br />
erfolgt nicht, wie bei einem Ofen plötzlich und unter Flammenbildung, sondern<br />
geht langsam, in vielen Teilschritten vor sich. Die dabei freiwerdende Energie<br />
nutzt der Körper für die oben aufgeführten, vielfältigen Aufgaben.<br />
Die Stoffwechselendprodukte (im Volksmund als "Schlackenstoffe" bezeichnet),<br />
die bei dieser Verbrennung entstehen, werden über die Atmung, über die Niere<br />
oder den Darm ausgeschieden.<br />
Wodurch wird der Energiebedarf bestimmt?<br />
Der Energiebedarf ist von Mensch zu Mensch und von Tag zu Tag verschieden.<br />
Wie viel Energie ein Mensch benötigt, hängt von vielen äußeren und inneren<br />
Einflüssen ab. Der Energiebedarf setzt sich zusammen aus:<br />
Grundumsatz + Leistungsumsatz = Gesamtenergiebedarf<br />
<br />
3
Sowohl der Grundumsatz als auch der Leistungsumsatz werden wiederum von<br />
vielerlei Faktoren beeinflusst, die im folgenden näher erläutert werden.<br />
Grundumsatz<br />
Er wird auch als Ruhe-Nüchtern-Umsatz bezeichnet.<br />
Der Grundumsatz ist die Energiemenge, die ein Mensch in 24 Stunden, in<br />
völliger Ruhe und im Liegen zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur und<br />
für den Grundstoffwechsel (Herztätigkeit, Atmung etc.) im Durchschnitt<br />
benötigt.<br />
Der Grundumsatz ist nicht bei allen Menschen gleich, sondern von Mensch zu<br />
Mensch verschieden und wird von vielen Faktoren beeinflusst. Er stellt den<br />
größten Teil des Energieverbrauchs bei normaler körperlicher Belastung dar.<br />
Die wichtigsten Faktoren, die den Grundumsatz beeinflussen, sind:<br />
▪ Alter<br />
▪ Geschlecht<br />
▪ Größe und Gewicht<br />
▪ Hormone<br />
▪ Prozentuale Körperzusammensetzung (Muskelmasse im Verhältnis zu Fett)<br />
▪ Körperbau<br />
▪ Stress<br />
▪ Fieber<br />
▪ Medikamente<br />
▪ Klima<br />
Der durchschnittliche Grundumsatz wird üblicherweise mit 1 kcal (4,2 kJ) pro<br />
Kilogramm Körpergewicht pro Stunde angegeben.<br />
Beispiel: Ein körperlich gut trainierter 25jähriger Mann mit einer Körpergröße<br />
von 1,85 Meter hat einen höheren Grundumsatz als eine mäßig trainierte<br />
30jährige Frau mit einer Körpergröße von 1,65 Meter.<br />
Leistungsumsatz<br />
Jede weitere Leistung, die ein Mensch zusätzlich zum Grundumsatz vollbringt,<br />
verbraucht weitere Energie. Diese Energiemenge wird als Leistungsumsatz<br />
bezeichnet.<br />
Arbeitsumsatz + Freizeitumsatz = Leistungsumsatz<br />
Die Höhe des Leistungsumsatzes wird ebenfalls durch vielerlei Faktoren<br />
bestimmt. Die wichtigsten sind:<br />
▪ Muskeltätigkeit (z.B. Bewegung, Sport)<br />
▪ Energiebedarf für Wachstum (bei Kindern und Jugendlichen)<br />
▪ Wärmeregulation (bei unterschiedlichen Umgebungstemperaturen)<br />
▪ Verdauungstätigkeit<br />
▪ geistige Tätigkeit (nur geringe Mengen)<br />
4
Berechnung des Energiebedarfs<br />
Angaben über die Höhe der Energiezufuhr oder des Energiebedarfs erfolgen in<br />
Kalorien (kcal) oder Joule (J). Die Umrechnung kann mit Hilfe der folgenden<br />
Formeln erfolgen.<br />
▪ 1 kcal = 4,184 kJ<br />
▪ 1000 kcal = 4,184 MJ (Megajoule)<br />
▪ 1 kJ = 0,239 kcal<br />
▪ 1 MJ = 239 kcal<br />
Die Einheit der Energie ist Kilojoule, jedoch wird heute immer noch die<br />
Kilokalorie als Einheit verwendet. Wenn man von kcal in kJ umrechnet, kann<br />
man den Wert auf "4" abrunden (1 kcal = 4 kJ).<br />
Bestimmung des Grundumsatzes<br />
Der Grundumsatz lässt sich mit Hilfe verschiedener Formeln berechnen. In der<br />
Praxis legt man Referenzmaße zugrunde, die in folgender Tabelle aufgeführt<br />
sind. Es handelt sich dabei um Durchschnittswerte!<br />
Durchschnittliche Höhe des Grundumsatzes<br />
Alter Körpergewicht (kg) Grundumsatz (kcal/Tag)<br />
m w m w<br />
15-19 Jahre 67 58 1820 1460<br />
19-25 Jahre 74 60 1820 1390<br />
25-51 Jahre 74 59 1740 1340<br />
51-65 Jahre 72 57 1580 1270<br />
65 Jahre und älter 68 55 1410 1170<br />
Bestimmung des Leistungsumsatzes<br />
Der Leistungsumsatz schwankt je nach körperlicher Belastung erheblich.<br />
Bei der Arbeitstätigkeit unterteilt man in:<br />
leichte<br />
Tätigkeit<br />
mittelschwere<br />
Tätigkeit<br />
schwere<br />
Tätigkeit<br />
schwerste Tätigkeit<br />
Büroangestellte/<br />
er<br />
Schlosser/in Maurer/in Hochofenarbeiter<br />
Hausfrau/-mann Maler/in<br />
Leistungssportler/ Arbeiter im Steinkohlebau<br />
in<br />
(Hauer)<br />
Lehrer/in Gärtner/in Masseur/in Hochleistungssportler/in<br />
Schneider/in Verkäufer/in Dachdecker/in Waldarbeiter<br />
Pkw-Fahrer/in Autoschlosser/in Zimmermann Stahlarbeiter<br />
Hinzu kommt der Energieumsatz in der Freizeit, der ebenfalls sehr variabel ist<br />
und von Mensch zu Mensch schwankt.<br />
<br />
5
Richtwerte und Empfehlungen für die<br />
Energiezufuhr<br />
Folgender Auszug gibt Ihnen einen Überblick über die durchschnittliche Höhe<br />
der Energiezufuhr pro Tag.<br />
Alter männlich weiblich<br />
15 bis unter 19 Jahre 3100 kcal 2500 kcal<br />
19 bis unter 25 Jahre 3000 kcal 2400 kcal<br />
25 bis unter 51 Jahre 2900 kcal 2300 kcal<br />
51 bis unter 65 Jahre 2500 kcal 2000 kcal<br />
über 65 Jahre 2300 kcal 1800 kcal<br />
Die Werte gelten für Personen, die eine körperlich leichte berufliche Tätigkeit<br />
ausüben.<br />
Für andere Berufsgruppen sind folgende Zuschläge erforderlich:<br />
▪ Mittelschwerarbeiter: ca. 600 kcal<br />
▪ Schwerarbeiter: ca. 1200 kcal<br />
▪ Schwerstarbeiter: ca. 1600 kcal<br />
Körpergewicht<br />
Die Energiezufuhr sollte dem Energiebedarf angepasst sein. Ist dies der Fall,<br />
spricht man vom Normalgewicht. Ist dies nicht der Fall, lässt sich das in der<br />
Regel am Körpergewicht ablesen.<br />
Liegt die Energiezufuhr über dem Bedarf, so nimmt man an Gewicht zu. Man<br />
bezeichnet die Stoffwechselstörung als "Adipositas" (Fettsucht).<br />
Bei einer unzureichenden Zufuhr an Energie erfolgt eine Gewichtsabnahme.<br />
Der Körper erhält die Energie in diesem Fall aus der Verbrennung der eigenen<br />
Fettreserven. Bei einer sehr starken, bewusst herbeigeführten<br />
Gewichtsabnahme spricht man von Magersucht (Anorexie).<br />
Beurteilung des Körpergewichts<br />
Zur Erfassung von Normalgewicht und Übergewicht wurden folgende Größe-<br />
Gewicht-Indizes entwickelt.<br />
Der Broca-Index<br />
Normalgewicht = Körpergröße in cm - 100<br />
Der Body-Mass-Index (BMI)<br />
BMI = Körpergewicht (kg) : Körpergröße (m)2<br />
6
<strong>Ernährung</strong>sinformationen –<br />
Nahrungsbestandteile<br />
Welche Nahrungsbestandteile gibt es?<br />
Allgemeines Nicht nur die angemessene tägliche Energiezufuhr und der<br />
Gesamt-Energiegehalt der Nahrung, sondern auch ihre Zusammensetzung<br />
spielen für die Gesunderhaltung des Körpers eine wichtige Rolle.<br />
Nahrungsmittel entstammen entweder dem Tier- oder dem Pflanzenreich und<br />
enthalten eine unterschiedliche Nährstoffverteilung.<br />
Maßgebend für die Bewertung eines Nahrungsmittels ist neben dem<br />
Energiegehalt der Nährstoffgehalt.<br />
Zu den Nährstoffen gehören:<br />
▪ Eiweiß<br />
▪ Fett<br />
▪ Kohlenhydrate<br />
▪ Vitamine<br />
▪ Spurenelemente<br />
▪ Mineralstoffe<br />
▪ Ballaststoffe<br />
Weitere Nahrungsbestandteile sind u.a.:<br />
▪ Farb-, Duft- und Geschmacksstoffe<br />
▪ Wasser<br />
▪ Cholesterin<br />
▪ Purine<br />
Informationen über die empfohlene Höhe der Nährstoffzufuhr erhalten Sie auf<br />
der Seite "Empfehlungen für die Nährstoffzufuhr".<br />
Nährstoffe im Einzelnen<br />
Jeder Nährstoff hat im Körper sowie im Stoffwechselgeschehen ganz<br />
spezifische Aufgaben zu erfüllen.<br />
Hierbei handelt es sich um ein komplexes Zusammenspiel aller Nährstoffe<br />
untereinander. So wird z.B. das Vitamin B1 für die Verstoffwechslung von<br />
Kohlenhydraten benötigt.<br />
Werden Nährstoffe in unzureichender Menge zugeführt, so hat das in Kürze<br />
negative Auswirkungen auf das Stoffwechselgeschehen und somit auf die<br />
Gesundheit.<br />
Kohlenhydrate<br />
Kohlenhydrate (chemisch: Saccharide = Zucker) machen im Vergleich zu den<br />
übrigen Nährstoffen mengenmäßig den Hauptanteil aller Nahrungsbestandteile<br />
aus.<br />
Zusammen mit den Fetten sind sie für die Sättigung verantwortlich. Die<br />
<br />
7
Sättigungswirkung ist bei den so genannten komplexen Kohlenhydraten<br />
(Polysacchariden = Mehrfachzucker) am größten. Kohlenhydrate werden durch<br />
Photosynthese mit Hilfe der Sonnenenergie in der Pflanze gebildet.<br />
Nähere Informationen zu den Aufgaben, dem Energiegehalt, dem Bedarf der<br />
Kohlenhydrate erfahren Sie auf den folgenden Seiten.<br />
Name Vertreter Eigenschaften Vorkommen<br />
Monosaccharide<br />
(Einfachzucker)<br />
Disaccharide<br />
(Zweifachzucke<br />
r)<br />
Polysaccharide<br />
(Vielfachzucker<br />
)<br />
Polysaccharide<br />
(Ballaststoffe)<br />
Glucose -<br />
Traubenzucker<br />
Fructose -<br />
Fruchtzucker<br />
Galactose<br />
Saccharose -<br />
Haushaltszuck<br />
er<br />
Maltose -<br />
Malzzucker<br />
Lactose -<br />
Milchzucker<br />
Stärke<br />
Glykogen<br />
Cellulose<br />
Pektin<br />
leicht löslich; werden<br />
sehr schnell ins Blut<br />
aufgenommen;<br />
schmecken süß<br />
schmecken schwach<br />
süß bis süß; sind gut<br />
löslich; werden schnell<br />
ins Blut aufgenommen<br />
müssen erst gespalten<br />
werden; gehen<br />
langsam ins Blut;<br />
schmecken nicht süß<br />
sind unverdaulich;<br />
erhöhen das<br />
Stuhlvolumen; binden<br />
Giftstoffe<br />
Bauteile der Mehrfachzucker; Glucose<br />
und Fructose kommen in Obst und<br />
Honig vor<br />
Saccharose kommt u.a. in Zuckerrüben<br />
vor; Maltose u.a. in keimender Gerste;<br />
Laktose u.a. in Milch<br />
Stärke kommt u.a. in Getreide,<br />
Gemüse u. Kartoffeln vor; Glykogen ist<br />
ein "Speicherkohlenhydrat";<br />
Vorkommen in der Leber und in<br />
Muskeln<br />
kommen in pflanzlichen Lebensmitteln<br />
vor (Getreide, Obst, Gemüse,<br />
Hülsenfrüchten etc.)<br />
Eiweiß<br />
Eiweiße (Proteine) sind aus Aminosäuren aufgebaut. Acht dieser Aminosäuren<br />
(Lysin, Leucin, Isoleucin, Methionin, Valin, Tryptophan, Threonin, Phenylalanin,<br />
) sind essentiell (lebensnotwendig). Das bedeutet, der Körper braucht sie zum<br />
Leben, kann sie aber nicht selber herstellen. Andere, als nicht-essentiell<br />
eingestufte Aminosäuren (z.B. Histidin) können jedoch unter bestimmten<br />
Umständen (z.B. Kindheit) lebensnotwendig sein.<br />
Sie spielen eine bedeutende Rolle, da die Zellen zum Großteil aus Proteinen<br />
aufgebaut sind, die einem kontinuierlichen Auf- und Abbau unterliegen. Somit<br />
müssen ständig Aminosäuren zugeführt werden.<br />
Eiweiß kommt in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln vor. Das tierische<br />
Protein ist für den Menschen wertvoller (höhere "biologische Wertigkeit"), da<br />
es in seinem Aufbau dem Eiweiß des menschlichen Körpers ähnlicher ist und<br />
daher körpereigene Substanz leichter aufgebaut werden kann. Die biologische<br />
Wertigkeit wird durch den Gehalt an lebensnotwendigen Aminosäuren<br />
bestimmt.<br />
Die tägliche Nahrung sollte jedoch aus einer Mischung tierischen und<br />
pflanzlichen Proteins zusammengesetzt sein. So wertet das tierische Eiweiß das<br />
pflanzliche in seiner biologischen Wertigkeit auf.<br />
Eiweißlieferanten unserer <strong>Ernährung</strong> sind:<br />
▪ Fleisch, Fisch, Eier<br />
▪ Milch und Milchprodukte<br />
▪ Sojaprodukte<br />
▪ Hülsenfrüchte<br />
8
▪ Getreide und Getreideprodukte<br />
Fette<br />
Fette (chemisch:. Lipide) bestehen aus Glycerin und Fettsäuren. Fette<br />
enthalten eine Reihe weiterer Bestandteile, wie z.B. die fettlöslichen Vitamine<br />
und das Cholesterin (letzteres nur in tierischen Fetten). Die Anzahl und die Art<br />
der Fettsäuren bestimmen die Eigenschaften eines Fettes und die Bedeutung<br />
für den menschlichen Körper.<br />
Man unterscheidet zwischen:<br />
▪ gesättigten Fettsäuren (z.B. die Stearinsäure, Vorkommen z.B. in Fleisch und<br />
Wurst)<br />
▪ einfach ungesättigten Fettsäuren (z.B. die Ölsäure, Vorkommen z.B. in<br />
Olivenöl)<br />
▪ mehrfach ungesättigte Fettsäuren (z.B. die Linolsäure, Vorkommen z.B. in<br />
Sonnenblumenöl)<br />
Einige mehrfach ungesättigte Fettsäuren wie die Linolsäure und die<br />
Linolensäure, im Säuglingsalter wahrscheinlich auch noch die Arachidonsäure,<br />
sind für den Körper essentiell. Er kann sie nicht selbst aufbauen und muss sie<br />
über die Nahrung erhalten.<br />
Die im Körper am häufigsten vorkommenden Lipide sind die "Neutralfette"<br />
(Triglyceride). Sie lassen sich im Blut bestimmen. Mit der Nahrung<br />
aufgenommene Fette dienen der Energieversorgung und als Speicherfett. Die<br />
essentiellen Fettsäuren dienen u.a. dem Aufbau von Zellmembranen.<br />
Der Körper vermag überschüssige Energie (z.B. aus Alkohol) in der Leber zu<br />
Fett umzubauen und dieses dann als Depotfett zu speichern.<br />
Depotfett in geringer Menge ist für den Körper notwendig, z.B. als Schutz für<br />
innere Organe. In größerer Menge bedeutet es eine Belastung für Herz und<br />
Kreislauf (vgl. Bluthochdruck) und kann zu Übergewicht führen.<br />
Vitamine<br />
Ohne sie läuft nichts, denn Vitamine wirken wie Katalysatoren, die für viele<br />
Stoffwechselvorgänge gebraucht werden.<br />
Somit sind Vitamine essentielle Nährstoffe, die mit der Nahrung zugeführt<br />
werden müssen. Einige Vitamine können aus einer Vorstufe, dem so genannten<br />
Provitamin (z.B. ß-Carotin zu Vitamin A) aufgebaut werden.<br />
Grundsätzlich unterteilt man sie in wasserlösliche und fettlösliche Vitamine.<br />
Die fettlöslichen Vitamine kann der Körper nur in Kombination mit Fett<br />
resorbieren. Vitamine kommen sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen<br />
Lebensmitteln vor. Eine unzureichende Zufuhr führt zu<br />
Vitaminmangelerkrankungen.<br />
Bei einigen Vitaminen (z.B. Vitamin A) kann sich jedoch auch eine überhöhte<br />
Zufuhr negativ auswirken und zu Vergiftungserscheinungen führen.<br />
Vitamine sind sehr empfindlich gegenüber Wasser, Hitze und Licht. Dies sollte<br />
beim Einkauf, bei der Lagerung und Zubereitung beachtet werden.<br />
Mineralstoffe/Spurenelemente<br />
Mineralstoffe und Spurenelemente sind anorganische Bestandteile unserer<br />
Nahrung. Auch sie sind lebensnotwendig, mit vielfältigen Aufgaben für<br />
Wachstum und Stoffwechsel.<br />
Aufgrund der Zufuhrmenge unterscheidet man zwischen:<br />
▪ Mengenelementen (z.B. Calcium, Kalium, Magnesium)<br />
<br />
9
▪ Spurenelementen (z.B. Jod, Selen, Zink)<br />
Ballaststoffe Hierbei handelt es sich um Kohlenhydrate, die im Dünndarm nicht<br />
aufgeschlossen werden können und somit den Dickdarm erreichen und dort<br />
u.a. für eine ausreichende Füllung sorgen.<br />
Ballaststoffe kommen nur in pflanzlichen Lebensmitteln vor, hauptsächlich in<br />
Getreide und Vollkorn-Getreideprodukten, Gemüse, Obst und Hülsenfrüchten.<br />
Nähere Informationen finden Sie auf unseren Seiten<br />
"Fettstoffwechselstörungen" und "vollwertige <strong>Ernährung</strong>".<br />
<strong>Ernährung</strong>sinformationen - Nährstoffe /<br />
Nährstoffdichte<br />
Einteilung der Nährstoffe<br />
Folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Zusammensetzung von<br />
Lebensmitteln.<br />
Nährstoffe<br />
energieliefernde<br />
Wirkstoffe<br />
ohne Energie<br />
Ballaststoffe<br />
Farb-, Duft-,<br />
Geschmacksstoffe<br />
Eiweiß Mineralstoffe Cellulose Blattgrün<br />
Fett Spurenelemente Hemicellulose Röststoffe<br />
Kohlenhydrate Vitamine Lignin sekundäre Pflanzenstoffe<br />
lebensnotwendig<br />
funktionell wichtig<br />
10
Aufgaben der Nährstoffe<br />
Jeder Nährstoff hat im Organismus ganz spezifische Aufgaben zu erfüllen,<br />
damit alle Stoffwechselvorgänge reibungslos ablaufen. Mangelzustände führen<br />
zu Funktionseinschränkungen und begünstigen das Entstehen von Krankheiten.<br />
Wasser ist zwar kein Nährstoff im eigentlichen Sinne, aber zwingend<br />
erforderlich für das Stoffwechselgeschehen. Es wird daher in der folgenden<br />
Tabelle mit aufgeführt.<br />
Nährstoff/Wirkstoff Aufgaben im Körper Mangelzustände<br />
Eiweiß<br />
Fett<br />
Kohlenhydrate<br />
Vitamine<br />
Mineralstoffe/Spurenelement<br />
e<br />
Ballaststoffe<br />
Wasser<br />
Aufbau der Körperzellen;<br />
Erhalt der Körperzellen<br />
Energielieferant; Lieferant<br />
der essentiellen Fettsäuren;<br />
Träger der fettlöslichen<br />
Vitamine<br />
Energielieferant;<br />
Aufrechterhaltung der<br />
Körpertemperatur<br />
Regelung von<br />
Stoffwechselabläufen<br />
Aufbau und Erhalt des<br />
Körpers; Regelung von<br />
Stoffwechselabläufen<br />
Verdauungsfördernde<br />
Wirkung; Verhütung von<br />
Darmerkrankungen;<br />
Vermeidung von<br />
Funktionsstörungen im<br />
Darmtrakt; langanhaltende<br />
Sättigung<br />
Transport- und<br />
Lösungsmittel für Nährstoffe<br />
etc.; Aufbau und Erhalt von<br />
Körperzellen; Ausscheidung<br />
harnpflichtiger Substanzen<br />
Störungen der körperlichen u.<br />
geistigen Entwicklung;<br />
Störungen der<br />
Leistungsfähigkeit;<br />
Nachlassen der<br />
Widerstandsfähigkeit<br />
Untergewicht; Vitaminmangel<br />
der fettlöslichen Vitamine;<br />
ekzematöse Hautkrankheiten<br />
Beeinträchtigung der<br />
Stoffwechselfunktionen;<br />
Vitaminmangelkrankheiten<br />
Abbau von Körpersubstanz;<br />
Spezifische<br />
Mangelerkrankungen<br />
Verdauungsstörungen;<br />
Begünstigung der Entstehung<br />
von Darmerkrankungen;<br />
Begünstigung der Entstehung<br />
von Stoffwechselstörungen<br />
und -erkrankungen<br />
Zurückhalten harnpflichtiger<br />
Substanzen; Bluteindickung<br />
bis hin zum<br />
Kreislaufversagen; Mangel an<br />
Nährstoffen<br />
Nährstoffdichte<br />
Die Nährstoffdichte eines Lebensmittels ist das Verhältnis vom Nährstoffgehalt<br />
bezogen auf die Energie. Anhand der Nährstoffdichte lässt sich die Qualität<br />
eines Lebensmittels und somit der gesundheitliche Wert beurteilen.<br />
Sie kann nach folgender Formel berechnet werden:<br />
Nährstoffdichte = Nährstoffgehalt (g/mg/µg in 100g) : Energiegehalt (kcal)<br />
Je höher die Nährstoffdichte ist, um so günstiger ist das Verhältnis zwischen<br />
dem Nährstoff- und dem Energiegehalt.<br />
Die Nährstoffgröße ist ein wichtiges Kriterium, wenn es um eine<br />
<br />
11
energiebegrenzte <strong>Ernährung</strong> (z.B. Reduktionskost) geht, die aber dennoch alle<br />
Nährstoffe in ausreichender Menge enthalten soll.<br />
Um in diesem Fall ausreichend versorgt zu sein, muss der Speiseplan<br />
überwiegend Lebensmittel mit hoher Nährstoffdichte enthalten.<br />
Beispiel<br />
Eiweißgehalt von unterschiedlichen Fleischstücken Schweinefilet, 100g: 21,5 g<br />
Eiweiß : 104 kcal = 0,21 g pro kcal Eisbein, 100g: 19,0 g Eiweiß : 186 kcal =<br />
0,10 g pro kcal<br />
Die Nährstoffdichte in Bezug auf Eiweiß liegt bei Schweinefilet mit 0,21g pro<br />
kcal höher als bei Eisbein mit 0,10 g pro kcal.<br />
Energiegehalt der Nährstoffe<br />
Der Energiegehalt der Lebensmittel wird in Kilojoule bzw. Kilokalorien<br />
angegeben. Werden Nährstoffe im Körper oxidiert bzw. "verbrannt", wird<br />
Energie freigesetzt.<br />
Unterschieden wird zwischen energieliefernden Nährstoffen und solchen, die<br />
keine Energie liefern.<br />
Nährstoffe mit Energie<br />
Eiweiß<br />
Fett<br />
Kohlenhydrate<br />
Alkohol<br />
Nährstoffe ohne Energie<br />
Ballaststoffe (nicht verwertbar)<br />
Vitamine<br />
Mineralstoffe/Spurenelemente<br />
Wasser<br />
Die Nährstoffe Eiweiß, Fett, Kohlenhydrate und Alkohol enthalten<br />
unterschiedlich hohe Energiewerte.<br />
Energiegehalt der Hauptnährstoffe:<br />
1g Eiweiß<br />
4,2 kcal<br />
1g Fett<br />
9,3 kcal<br />
1g Kohlenhydrate<br />
4,2 kcal<br />
1 g Alkohol 7,0 kcal<br />
1 Gramm Fett liefert also mehr als doppelt so viel Energie wie die gleiche<br />
Menge Eiweiß oder Kohlenhydrate!<br />
<strong>Ernährung</strong>sinformationen -<br />
Nährstoffverteilung/ -relation <br />
Nährstoffverteilung / Nährwertrelation<br />
Eine ausgewogene <strong>Ernährung</strong> sollte die Grundnährstoffe Eiweiß, Fett und<br />
Kohlenhydrate im angemessen Verhältnis enthalten.<br />
Ist dies nicht der Fall, kann dies zu ernährungsabhängigen Erkrankungen<br />
führen. Liegt z.B. der Fettanteil der <strong>Ernährung</strong> weit über 30% (in der<br />
12
Bundesrepublik Deutschland laut Studien im Durchschnitt bei 40%), kann dies<br />
zu Übergewicht und Fettstoffwechselstörungen führen.<br />
Wenn die Kohlenhydratzufuhr weit unter 55% liegt und die verzehrten<br />
kohlenhydrathaltigen Lebensmittel zusätzlich arm an Ballaststoffen sind, so<br />
kann auch dies Probleme mit der Sättigung, Verdauungsstörungen und<br />
Übergewicht verursachen.<br />
Die Deutsche Gesellschaft für <strong>Ernährung</strong> (DGE) empfiehlt folgende<br />
Nährstoffverteilung für Erwachsene:<br />
Bei Kindern und Jugendlichen bis 19 Jahre weicht diese Nährstoffrelation beim<br />
Eiweiß und Fett leicht ab, da Kinder und Jugendliche einen höheren<br />
Energiebedarf haben und noch Körpersubstanz aufbauen, wozu mehr Eiweiß<br />
benötigt wird.<br />
Nährstoffbedarf<br />
"Der Nährstoffbedarf wird als diejenige Menge eines Nährstoffs definiert, die<br />
aus objektivierbaren, naturwissenschaftlichen Gründen für die<br />
Aufrechterhaltung aller Körperfunktionen des Organismus und somit für<br />
optimale Gesundheit und Leistungsfähigkeit benötigt wird." (Ketz 1984)<br />
Bei der Berechnung der Höhe der Nährstoffzufuhr für Erwachsene geht man<br />
von der oben aufgeführten Empfehlung der Nährstoffverteilung aus.<br />
Gesamtenergie = 100% davon:<br />
▪ 55-60% Kohlenhydrate<br />
▪ 10-15% Eiweiß<br />
▪ 30% Fett<br />
Beispiel<br />
Energiebedarf 2000kcal - Nährstoffverteilung wie oben<br />
55% Kohlenhydrate (von 2000 kcal) = 1100 kcal = 262 g 30% Fett (von 2000<br />
kcal) = 600 kcal = 65 g 15% Eiweiß (von 2000 kcal) = 300 kcal = 71 g<br />
Bei einem Energiebedarf von 2000 kcal pro Tag sollten also Lebensmittel mit<br />
insgesamt 262g Kohlenhydrate, 65g Fett und 71g Eiweiß verzehrt werden.<br />
Die Zahlen sind Durchschnittswerte, da der Energie- und Nährstoffbedarf von<br />
<br />
13
Mensch zu Mensch und von Tag zu Tag verschieden sind.<br />
Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe in der <strong>Ernährung</strong><br />
Wie bereits ausgeführt sind Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, Wasser<br />
und Ballaststoffe weitere lebensnotwendige (essentielle) Stoffe, die täglich mit<br />
der Nahrung zugeführt werden müssen.<br />
Sie enthalten im Gegensatz zu den Hauptnährstoffen Eiweiß, Fett und<br />
Kohlenhydraten keine Energie.<br />
Auch für sie wurde, im Rahmen ernährungswissenschaftlicher Forschungen,<br />
der tägliche Bedarf ermittelt und darauf basierend Empfehlungen für die Höhe<br />
der Zufuhr ausgesprochen.<br />
Die Empfehlungen für die Flüssigkeitszufuhr sowie der Zufuhr an Ballaststoffen<br />
sollten möglichst jeden Tag eingehalten werden, während die Bilanz für die<br />
Zufuhr von Mineralstoffen, Vitaminen und Spurenelementen im Rahmen einer<br />
Woche ausgeglichen sein sollte.<br />
Empfehlungen für die Nährstoffzufuhr<br />
Folgende Tabelle gibt Ihnen einen Überblick über die empfohlene Zufuhr<br />
ausgewählter Nährstoffe pro Tag. Hierbei handelt es sich um Mittelwerte für<br />
Erwachsene in jüngeren und mittleren Jahren.<br />
14 <br />
Nährstoff (-gruppe)<br />
Menge<br />
Zufuhr/Tag<br />
männlich<br />
weiblich<br />
Eiweiß 15% der Energie 0,8 g/kg/KG 0,8 g/kg/KG<br />
Fett 30% der Energie abhängig von der Energiezufuhr<br />
Kohlenhydrate 55% der Energie abhängig von der Energiezufuhr<br />
Ballaststoffe g 30 30<br />
Flüssigkeit Liter 1,5 - 2 1,5 - 2<br />
Calcium mg 1000 1000<br />
Magnesium mg 350 300<br />
Kalium mg 2000 2000<br />
Eisen mg 10 15<br />
Jod µg 200 200<br />
Zink mg 15 12<br />
Selen µg 20-100 20-100<br />
Vitamin A mg 1 0,8<br />
Vitamin E mg 14-15 14-15<br />
Vitamin B1 mg 1,2 1<br />
Vitamin B2 mg 1,4 1,2<br />
Vitamin B6 mg 1,5 1,2<br />
Vitamin B12 µg 3 3<br />
Folsäure µg 400 400<br />
Vitamin C mg 100 100<br />
Zufuhrempfehlungen für alle Nährstoffe finden Sie in den "Empfehlungen für<br />
die Nährstoffzufuhr", siehe Literaturliste.<br />
Empfehlung für die Praxis<br />
Bei der <strong>Ernährung</strong>slehre handelt es sich um theoretisches Wissen über unsere<br />
<strong>Ernährung</strong>. Entscheidend für die Gesundheit und das Wohlbefinden ist<br />
letztendlich jedoch die Umsetzung in die Praxis.
In unsere Seiten zur "vollwertigen <strong>Ernährung</strong>" und "<strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong>" sind<br />
oben aufgeführte Empfehlungen für die Praxis umgesetzt.<br />
Dort erhalten Sie ausführliche Informationen über eine gesunderhaltende<br />
<strong>Ernährung</strong>.<br />
Vegetarismus - Allgemeine Infos<br />
Definition<br />
Die vegetarische <strong>Ernährung</strong>sweise geht auf den griechischen Philosophen<br />
Pythagoras (6. Jh. v. Chr.) zurück. Vegetarier ernähren sich ausschließlich oder<br />
vorwiegend von pflanzlichen Lebensmitteln und verzichten weitestgehend auf<br />
tierische Lebensmittel.<br />
Man unterscheidet verschiedene Formen des Vegetarismus, die sich nach dem<br />
Anteil tierischer Lebensmittel sowie nach der Art und Zubereitung der<br />
pflanzlichen Lebensmittel abgrenzen lassen. Da sich hierdurch große<br />
Unterschiede ergeben, sollte eine vegetarische <strong>Ernährung</strong> in Bezug auf jede<br />
einzelne Gruppe ernährungsphysiologisch bewertet werden.<br />
In Deutschland ernähren sich schätzungsweise 5,5 Mio Menschen vegetarisch,<br />
die meisten davon ovo-lakto-vegetabil.<br />
Einteilung<br />
Gruppe 1 – empfehlenswert<br />
Die unter dieser Gruppe aufgeführten vegetarischen <strong>Ernährung</strong>sformen sind<br />
bei angemessener Planung ernährungsphysiologisch unbedenklich und im<br />
Rahmen einer gesunden <strong>Ernährung</strong> empfehlenswert.<br />
▪ Teil- und Halb-Vegetarier Diese verzichten nur teilweise auf Fleisch (&<br />
Geflügel), Fisch und Meerestiere sowie daraus hergestellte Produkte.<br />
Die "klassischen Drei"<br />
▪ Ovo-Lacto-Vegetarier Neben pflanzlicher Kost werden auch Milch und<br />
Milchprodukte sowie Eier verzehrt, jedoch enthalten sich Ovo-Lacto-<br />
Vegetarier des Verzehrs von Fleisch (darunter auch Geflügel), Fisch und<br />
Meerestieren.<br />
▪ Lacto-Vegetarier Die <strong>Ernährung</strong> ähnelt der von Ovo-Lacto-Vegetariern,<br />
jedoch wird zusätzlich der Genuss von Eiern aufgegeben.<br />
▪ Veganer Die <strong>Ernährung</strong> des Veganers besteht ausschließlich aus<br />
Pflanzenkost. Tierische Produkte wie Fleisch, Fisch und Meerestiere, Milch<br />
und Milchprodukte, Eier und sogar Honig werden abgelehnt.<br />
! Die vegane <strong>Ernährung</strong> ist nach DGE-Empfehlung nur für gesunde<br />
Erwachsene als dauerhafte <strong>Ernährung</strong>sweise geeignet.<br />
! Veganer sollten sich unbedingt detaillierte <strong>Ernährung</strong>skenntnisse<br />
<br />
15
aneignen, da es durch diese <strong>Ernährung</strong>sform leicht zu einem Nährstoff-<br />
Mangel kommen kann.<br />
Gruppe 2 - wenig bis nicht empfehlenswert<br />
Diese Gruppe ernährt sich durch den Ausschluss von Lebensmitteln, die durch<br />
andere alternativ verzehrte Lebensmittel (evtl.) nicht ausreichend ersetzt<br />
werden, eher einseitig und geht somit gesundheitliche Risiken durch Nährstoff-<br />
Unterversorgungen ein.<br />
▪ Rohköstler (strenge Vegetarier) evtl. vegan ausgerichtet, essen<br />
ausschließlich ungekochte und nicht verarbeitete Lebensmittel, darunter<br />
Früchte, Gemüse, Nüsse, Samenfrüchte sowie gesprosstes Getreide und<br />
Hülsenfrüchte. Bei seltenen Gelegenheiten verzehren Rohköstler auch<br />
unpasteurisierte Milchprodukte und evtl. sogar rohes Fleisch und rohen<br />
Fisch.<br />
▪ Makrobiotiker Die <strong>Ernährung</strong> stützt sich hauptsächlich auf Getreide,<br />
Hülsenfrüchte und Gemüse. In etwas geringerem Umfang werden auch<br />
Früchte, Nüsse und Samen gegessen. Manche Makrobiotiker verzehren<br />
geringe Mengen Fisch.<br />
Gruppe 3 - abzulehnen<br />
Diese Sondergruppe riskiert durch eine stark einseitige <strong>Ernährung</strong> leicht<br />
Mangelerscheinungen.<br />
▪ Fructaner / Frugivoren Strenge Form der Veganer, verzehren<br />
ausschließlich Früchte, Nüsse und Samen<br />
▪ "Pudding-Vegetarier" Diese ernähren sich weitgehend von verarbeiteten<br />
und erhitzten Fertigprodukten.<br />
▪<br />
Gründe und Ziele<br />
Vegetarier verbinden mit der Wahl ihrer <strong>Ernährung</strong>sweise meist auch der<br />
<strong>Ernährung</strong> übergeordnete Motive, wobei Gründe und Ziele, die hinter dem<br />
Vegetarismus stehen, recht unterschiedlich ausfallen können.<br />
Hierunter nennen Vegetarier am häufigsten:<br />
▪ gesundheitliche Aspekte<br />
▪ Umweltschutz<br />
▪ tierethische Gründe<br />
▪ ökonomische Gründe<br />
▪ ethische Gründe<br />
▪ Problem des Welthungers<br />
▪ religiöse Überzeugungen<br />
<strong>Ernährung</strong>sberatung von Vegetariern<br />
Beratungsanlässe und -inhalte<br />
<strong>Ernährung</strong>sfachkräfte können Vegetarier, v. a. Neulinge auf diesem Gebiet, bei<br />
der Planung einer ausgewogenen vegetarischen <strong>Ernährung</strong> beraten. Dazu<br />
sollten sie über aktuelle Informationen zu diesem Thema verfügen.<br />
Die Informationen sind individuell anzupassen. Zu berücksichtigen sind hierbei<br />
die gewählte Form der vegetarischen <strong>Ernährung</strong>, die Lebenslage und das Alter<br />
16
des Klienten, seine Koch-Fähigkeiten und daneben auch der ihm verfügbare<br />
Zeitrahmen sowie seine <strong>Ernährung</strong>sgewohnheiten. Zu den Informationen, die<br />
der Berater geben könnte, gehören z. B. Grundwissen zur<br />
Nahrungszubereitung und zum Nährstoffgehalt einer Vielzahl an<br />
Getreidekörner, Bohnen, Sojaprodukten, Fleischersatzprodukten und<br />
angereicherten Lebensmitteln. Wichtig sind auch Kenntnisse zur Zubereitung<br />
und Nutzung häufig innerhalb einer vegetarischen <strong>Ernährung</strong> verwendeter<br />
Lebensmittel.<br />
Eine <strong>Ernährung</strong>sberatung ist sinnvoll, falls sich gesundheitliche Probleme z. B.<br />
durch eine schlechte Lebensmittelauswahl einstellen, oder auch, falls<br />
Erkrankungen wie ein Diabetes, eine Hyperlipidämie oder ein Nierenleiden<br />
vorliegen, die spezielle Empfehlungen fordern. Auch in besonderen<br />
Lebenslagen kann eine Beratung dabei unterstützen, das Erfüllen der<br />
Nährstoff-Bedarfe sicherzustellen.<br />
Gesunde <strong>Ernährung</strong>splanung für Vegetarier<br />
▪ Nutzen Sie die gesamte Bandbreite an Lebensmitteln: Vollkorn (-<br />
produkte), Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen und (falls<br />
gewünscht) Milchprodukte und Eier.<br />
▪ Verzichten Sie möglichst oft auf stark gesüßte, Natrium-reiche, Fettreiche<br />
Lebensmittel (v. a. Lebensmittel mit trans-Fettsäuren und<br />
gesättigten Fettsäuren.<br />
▪ Wählen Sie aus der großen Auswahl an Obst und Gemüse!<br />
▪ Als (Ovo-)Lacto-Vegetarier sollten Sie fettarme Milchprodukte aussuchen<br />
und (Eier &) Milchprodukte mäßig verzehren<br />
▪ Gerade als Veganer sollten Sie regelmäßig eine Vitamin B12-Quelle<br />
zuführen und falls Sie sich nur wenig im Freien aufhalten, wäre es<br />
sinnvoll, mit Ihrem Arzt abzuklären, ob Sie evtl. Vitamin D-<br />
Supplemente brauchen.<br />
Nährstoffbedarf<br />
Gut geplant ist eine vegetarische <strong>Ernährung</strong> ("die klassischen Drei") nach<br />
Einschätzung der "Amerikanischen Gesellschaft für <strong>Ernährung</strong>" für jeden<br />
empfehlenswert. Denn durch eine ausgewogene Auswahl ist es auch<br />
Vegetariern möglich, ihre Energie- und Nährwert-Bedarfe zu decken. Mögliche<br />
kritische Nährstoffe infolge eines Fleisch- und Meerestier-Verzichts (sowie<br />
eines Verzichts auf weitere tierische Lebensmittel) sind Protein, Omega-3-<br />
Fettsäuren, Eisen, Zink, Jod, Calcium, Vitamin D und Vitamin B12. Wegen<br />
individueller Unterschiede in der <strong>Ernährung</strong> ist es sinnvoll, im einzelnen Fall<br />
abzusichern, ob der Bedarf gedeckt wird. Bisweilen können<br />
Nahrungsergänzungsmittel oder angereicherte Lebensmittel angebracht sein.<br />
Protein<br />
Gerade Veganer riskieren leicht einen Protein-Mangel. Insbesondere dann,<br />
wenn die Proteine hauptsächlich aus eher schlecht verdaulichen<br />
Lebensmittelquellen bezogen werden, wie einigen Getreidesorten und manchen<br />
Hülsenfrüchten, kann sich evtl. der Bedarf erhöhen.<br />
Im Allgemeinen ist es möglich, den Proteinbedarf durch eine vegetarische<br />
<br />
17
<strong>Ernährung</strong> zu erfüllen. Hierbei ist vor allem Abwechslung gefragt. Werden<br />
vielfältige Lebensmittel gewählt, kann die Versorgung mit allen essentiellen<br />
Aminosäuren erreicht werden. Veganer sollten regelmäßig Lysin-haltige<br />
Sojaprodukte und Bohnen verzehren, da die essentielle Aminosäure Lysin in<br />
pflanzlichen Lebensmitteln überwiegend fehlt.<br />
Omega-3-Fettsäuren<br />
Statt der typischen ω3-Fettsäure-Quellen (Fisch, Fischprodukte und Eier)<br />
können diese essentiellen Fettsäuren auch über angereicherte Lebensmittel (z.<br />
B. Sojamilch) und bei erhöhtem Bedarf über Nahrungsergänzungsmittel aus<br />
Mikroalgen zugeführt werden.<br />
Da α-Linolensäure (ALA) in geringem Umfang (
oxalatarmes Gemüse wie Brokkoli, Chinakohl, und Grünkohl. Auch mit Calcium<br />
angereicherte Fruchtsäfte kommen in Frage. Gute Quellen sind Kuh- und<br />
Sojamilch, Tofu sowie Calcium-reiche Mineralwässer. Einen mäßigen Beitrag<br />
können Sesam, Mandeln und getrocknete Bohnen leisten.<br />
Vitamin D<br />
Wenn die körpereigene Bildung und die Aufnahme über angereicherte<br />
Lebensmittel (z. B. Sojamilch, Frühstückscerealien, Orangensaft) den Bedarf<br />
nicht decken, sollten Supplemente eingesetzt werden.<br />
Vitamin B12<br />
Pflanzliche Lebensmittel enthalten von Natur aus eher vernachlässigbare<br />
Mengen an Vitamin B12. Dies trifft, entgegen früherer Meninung, auch auf<br />
viele fermentierte Produkte wie z.B. Sauerkraut zu. Veganer, die auf Milch und<br />
Milchprodukte sowie Eier verzichten, sind deshalb auf angereicherte<br />
Lebensmittel angewiesen. Eine vegetarische <strong>Ernährung</strong> ist Folat-reich, wodurch<br />
die Folgen eines Vitamin B12-Mangels oft maskiert werden, bis neurologische<br />
Symptome auftreten. Hier ist bei Vegetariern besondere Vorsicht geboten,<br />
damit sich kein Mangel einstellt.<br />
Besondere Lebenslagen<br />
In besonderen Lebenslagen weichen die Nährstoffbedarfe von den allgemeinen<br />
Empfehlungen ab. Hierunter fallen Schwangere und Stillende, Säuglinge und<br />
Kleinkinder, Kinder, Heranwachsende sowie ältere Menschen und Sportler.<br />
e können ihren Bedarf und den ihres Kindern laut Schwangere und Stillend<br />
Aussage der Amerikanischen Gesellschaft für <strong>Ernährung</strong> auch über die<br />
klassischen Drei decken. Die Deutsche Gesellschaft für <strong>Ernährung</strong> (DGE)<br />
hingegen rät von einer veganen <strong>Ernährung</strong> Schwangerer und Stillender<br />
vorsichtshalber ab.<br />
Säuglinge und Kleinkinder, die bereits sehr früh vegetarisch ernährt wurden,<br />
entwickeln sich normal, was Größe und Gewicht angeht. Die DGE äußert<br />
auch hier Bedenken. Sie meint, dass eine vegane <strong>Ernährung</strong> für<br />
Säuglinge und Kleinkinder in der Regel ungeeignet sei, da eine<br />
ausreichende Nährstoffversorgung kaum bzw. nicht sichergestellt<br />
werden könne.<br />
Kinder und Heranwachsende können über eine vegetarische <strong>Ernährung</strong> zu<br />
einem dauerhaft gesunden <strong>Ernährung</strong>smuster finden. Sie haben im Vergleich<br />
zu Nicht-Vegetariern bessere Blutfettwerte, nehmen mehr Obst und Gemüse<br />
und dadurch auch mehr Ballaststoffe zu sich, so die Schlussfolgerung der<br />
Amerikanischen Gesellschaft für <strong>Ernährung</strong>.<br />
Ältere Menschen haben unabhängig von ihrer <strong>Ernährung</strong>sweise einen erhöhten<br />
Nährstoffbedarf, da sie die zugeführten Nährstoffe schlechter ausnutzen<br />
können. Grundsätzlich ist es auch für sie möglich, sich vegetarisch zu<br />
ernähren.<br />
Auch Sportler können über eine vegetarische <strong>Ernährung</strong> ihren Nährstoffbedarf<br />
(darunter auch ihren Eiweißbedarf) decken.<br />
<br />
19
Schwangere und Stillende<br />
Vegetarierinnen haben in der Schwangerschaft bezüglich aller Nährstoffe einen<br />
vergleichbaren Bedarf wie Mischköstlerinnen mit Ausnahme von Eisen. Hier<br />
liegt der Bedarf bei Vegetarierinnen höher. Hinsichtlich der Hauptnährstoff-<br />
Versorgung konnten bei Vegetarierinnen und Nicht-Vegetarierinnen keine<br />
klinisch bedeutsamen Unterschiede festgestellt werden, allerdings liegen hierzu<br />
für Veganerinnen keine Daten vor. Vegetarierinnen leiden oft unter einem B12-<br />
Mangel und bei sehr hoher Calcium-Aufnahme kann evtl. ein Zink-Mangel<br />
auftreten (wegen der Wechselwirkung zwischen Calcium, Zink und Phytat).<br />
Die ω3-Fettsäure DHA spielt eine Rolle bei der Schwangerschaftsdauer und der<br />
Entwicklung von Augen und Gehirn des Kindes. Sich vegetarisch ernährende<br />
Schwangere und Stillende haben wegen der geringeren DHA-Aufnahme einen<br />
erhöhten Bedarf an dieser ω3-Fettsäure.<br />
Weitere Empfehlungen für Stillende finden Sie hier.<br />
Evtl. kritische Nährstoffe für<br />
Schwangere<br />
Stillende<br />
Vitamin B12, Vitamin D, Eisen, Folat, (Zink)<br />
Vitamin B12, Vitamin D, Calcium, Zink<br />
Säuglinge und Kleinkinder<br />
Die Brustmilch von Vegetarierinnen ist in ihrer Zusammensetzung<br />
ernährungsphysiologisch gleichwertig zu der von Nicht-Vegetarierinnen.<br />
Alternativ zur Muttermilch sollten handelsübliche Säuglingsmilch-<br />
Zubereitungen verwendet werden, wenn das Kleinkind vor dem ersten<br />
Lebensjahr entwöhnt wird. Selbst zusammengestellte Zubereitungen,<br />
Soja-, Reismilch o.ä. sind als Ersatz für die Muttermilch ungeeignet.<br />
Werden feste Lebensmittel eingeführt, so sind gute Energie- und Nährstoff-<br />
Quellen auszuwählen, damit das Wachstum normal verläuft. Mit festen<br />
Lebensmitteln sollte in der gleichen Reihenfolge begonnen werden wie bei<br />
nichtvegetarisch ernährten Kleinkindern. Fleisch wird dabei durch pürierten<br />
oder zerdrückten Tofu, pürierte Hülsenfrüchte, Soja- oder Milchjoghurt,<br />
gekochtes Eigelb und Hüttenkäse ersetzt. Im Alter von 7-10 Monaten können<br />
gewürfelter Käse oder Sojakäse und kleingeschnittene vegetarische Bratlinge<br />
gegeben werden. Mit dem Alter von einem Jahr kann normal wachsenden und<br />
abwechslungsreich ernährten Kindern als erstes Getränk vollfette,<br />
angereicherte Sojamilch oder pasteurisierte Kuhmilch angeboten werden.<br />
Nach dem Abstillen bieten sich energie- und nährstoffreiche Lebensmittel wie<br />
Hülsenfrucht-Aufstriche, Tofu und pürierte Avocado an. Nahrungsfett sollte bei<br />
Kindern, die jünger als zwei Jahre alt sind, nicht eingeschränkt werden.<br />
Empfehlungen zu Nahrungsergänzungsmitteln folgen denen von nichtvegetarisch<br />
ernährten Kindern. Falls stillende Mütter nicht ausreichend Vitamin<br />
B12 aufnehmen sollten, können Supplemente nötig werden. Auch eine<br />
Supplementierung von Zink kann evtl. angebracht sein. Über eine<br />
Supplementierung zu entscheiden obliegt der <strong>Ernährung</strong>sfachkraft/dem<br />
behandelnden (Kinder-)Arzt.<br />
20
Kinder<br />
Ovo-lacto-vegetarisch ernährte Kinder wachsen in vergleichbarer Weise wie<br />
nicht-vegetarisch ernährte Kinder. Zu der Entwicklung vegan-ernährter Kinder<br />
liegen allerdings nur sehr wenige Daten vor. Vegan ernährte Kinder sind evtl.<br />
etwas dünner als nicht-vegetarisch ernährte Kinder, befinden sich aber in der<br />
Regel im normalen Bereich, was Gewicht und Größe betrifft. Mehrere über den<br />
Tag verteilte Mahlzeiten und der Einsatz angereicherter Lebensmittel können<br />
vegetarisch ernährten Kindern dabei helfen, ihren Nährstoff- und Energie-<br />
Bedarf zu decken. Die Proteinzufuhr der Kinder liegt meist im oder über der<br />
Zufuhrempfehlung. Vegan ernährte Kinder haben wegen der anderen<br />
Verdaulichkeit und Aminosäure-Zusammensetzung rein pflanzlicher Protein-<br />
Quellen evtl. einen etwas höheren Protein-Bedarf.<br />
Jugendliche/Heranwachsende<br />
Das Wachstum Jugendlicher ist bei einer ovo-lacto-vegetabilen und einer nichtvegetarischen<br />
<strong>Ernährung</strong> vergleichbar. Es wird diskutiert, ob bei vegan<br />
ernährten Mädchen evtl. die erste Regelblutung etwas später eintritt, dem<br />
widersprechen jedoch neuere Studienergebnisse. Für Heranwachsende kann<br />
eine vegetarische <strong>Ernährung</strong> viele Vorteile bieten. Im Vergleich zu Nicht-<br />
Vegetariern nehmen sie über die Nahrung mehr Ballaststoffe, Eisen, Folsäure,<br />
Vitamin A und Vitamin C zu sich. Außerdem essen sie tendenziell mehr Obst<br />
und Gemüse und weniger Süßigkeiten, Fast Food und salzige Snacks.<br />
Nährstoffe, die evtl. kritisch werden, sind: Calcium, Vitamin D, Eisen, Zink und<br />
Vitamin B12. Eine vegetarische <strong>Ernährung</strong> erzeugt bei Heranwachsenden keine<br />
Essstörung. Jedoch setzen essgestörte Heranwachsende diese<br />
<strong>Ernährung</strong>sweise häufig als Camouflage ein. Deshalb ernähren sich essgestörte<br />
Heranwachsende etwas häufiger vegetarisch als nicht-essgestörte<br />
Heranwachsende.<br />
Ältere Menschen<br />
Trotz abnehmenden Energiebedarfs im Alter, steigt der Bedarf für manche<br />
Nährstoffe. Dies gilt für Calcium, Vitamin D und Vitamin B6. Auch<br />
Mikronährstoffe werden teilweise schlechter aufgenommen. Evtl. ist auch die<br />
Vitamin B12-Aufnahme vermindert. Um eine gute Proteinversorgung zu<br />
bewerkstelligen, sollte auf eine abwechslungsreiche Lebensmittelwahl und den<br />
täglichen Einsatz von Sojaprodukten bzw. Hülsenfrüchten geachtet werden.<br />
Sportler<br />
Eine <strong>Ernährung</strong>, die den Energiebedarf deckt und gute Proteinquellen<br />
miteinbezieht, kann den Protein-Bedarf eines Sportlers auch ohne Protein-<br />
Supplemente decken. Da die Kreatin-Aufnahme bei Vegetariern niedriger liegt,<br />
könnten hier Supplemente unterstützend wirken. Weil vegetarisch ernährte<br />
Sportlerinnen eher unter einer Amenorrhoe leiden, kann es für diese<br />
Sportlerinnen sinnvoll sein, auf eine ausreichende Energie- und Fettversorgung<br />
zu achten. Auch Calcium und Eisen sollten in ausreichenden Mengen<br />
aufgenommen werden.<br />
<br />
21
Bewertung<br />
Vegetarier essen<br />
mehr<br />
▪ Obst und Gemüse<br />
▪ Vollkornprodukte<br />
▪ Nüsse<br />
▪ Sojaprodukte<br />
▪ Ballaststoffe<br />
▪ Sekundäre Pflanzenstoffe<br />
▪ Magnesium, Kalium<br />
▪ Vitamin C<br />
▪ Vitamin E<br />
▪ Folsäure<br />
▪ Carotinoide<br />
weniger<br />
vorteilhaft:<br />
▪ Gesättigte Fettsäuren<br />
▪ Cholesterin<br />
▪ Gesamtfett<br />
nachteilig:<br />
▪ Vitamin B12<br />
▪ (Calcium)<br />
▪ Vitamin D<br />
▪ Zink<br />
▪ ω3-Fettsäuren<br />
Vorteile<br />
Vegetarische Kostformen können eine Reihe von gesundheitlichen Vorteilen<br />
bieten. Die folgende Übersicht bezieht sich nur auf "die klassischen Drei" .<br />
▪ Über die pflanzlich ausgerichtete <strong>Ernährung</strong> nehmen Vegetarier mehr<br />
sekundäre Pflanzenstoffe zu sich, denen vorteilhafte Wirkungen auf die<br />
Gesundheit zugeschrieben werden.<br />
▪ Durch eine niedrig-kalorische, ballaststoffreiche <strong>Ernährung</strong> fällt bei<br />
Vegetariern i.d.R. das Körpergewicht niedriger aus.<br />
▪ Vegetarier haben (bei guter Versorgung mit Vitamin B12) ein geringeres<br />
Risiko, an ischämischen Herzerkrankungen zu sterben. Diese<br />
Wirkung besteht unabhängig von dem niedrigeren BMI.<br />
▪ Durch den niedrigeren BMI treten bei Vegetariern seltener Bluthochdruck<br />
und weniger Typ 2-Diabetes auf (evtl. unterstützen auch Kalium,<br />
Calcium und Magnesium, die reichlich über die pflanzlichen Lebensmittel<br />
zugeführt werden, die Blutdruck-senkende Wirkung.)<br />
▪ Eine vegetarische <strong>Ernährung</strong> kann die Wirksamkeit von Insulin verbessern<br />
und bei einem Diabetes zu einer besseren Blutzuckerkontrolle<br />
beitragen.<br />
▪ Vegetarier haben bessere Blutfettwerte (niedrigeres LDL, niedrigeres<br />
Gesamt-Cholesterin, evtl. auch höheres HDL ("gutes" Cholesterin))<br />
▪ Das Risiko für eine Verstopfung und die damit verbundenen<br />
Folgeerkrankungen (z. B. Darmkrebs, Hämorrhoiden) werden durch eine<br />
ballaststoffreiche Kost vermindert.<br />
Eine vegetarische Kostform kann somit einen Beitrag leisten, um<br />
gesundheitlichen Problemen bei Erwachsenen vorzubeugen.<br />
Nachteile<br />
Rohköstler und Fructaner<br />
▪ Die Rohkost- und die frugivore <strong>Ernährung</strong> können zu Defiziten an Energie,<br />
Protein sowie einigen Mineralstoffen und Vitaminen führen und<br />
sind daher für Säuglinge, Kleinkinder und Kinder ungeeignet.<br />
▪ Rohes Fleisch und roher Fisch sind oftmals Träger von<br />
krankheitsauslösenden Keimen, die erst durch den Kochprozess<br />
zerstört werden. Rohköstler, die rohe tierische Lebensmittel verzehren,<br />
haben hierdurch ein erhöhtes Erkrankungsrisiko.<br />
22
Alle Gruppen<br />
▪ Vegetarier laufen durch eine unsachgemäßge Handhabung beim Eigenanbau<br />
von Obst und Gemüse und beim Keimen-lassen von Sprossen Gefahr,<br />
krankheitserregende E.coli und Salmonellen aufzunehmen.<br />
▪ Insbesondere Rohköstler und Fructaner, (aber auch klassische Vegetarier)<br />
verzehren einen Großteil der Nahrung naturbelassen und riskieren<br />
dadurch den Ausbruch von Lebensmittelallergien. Besonders gefährdet<br />
sind Pollenallergiker, die größtenteils zu einer Kreuzallergie neigen. Eine<br />
vorherige Hitzebehandlung (z. B. durch Kochen) macht viele Allergene<br />
unwirksam, worauf die entsprechenden Lebensmittel meist vertragen<br />
werden.<br />
▪ Veganer haben evtl. eine niedrigere Proteinaufnahme. Um einer<br />
Mangelversorgung mit essentiellen Nährstoffen vorzubeugen, ist deshalb<br />
auf einen großen Anteil an Leguminosen (insbesondere Sojabohnen,<br />
Nüsse, sonstige Samenfrüchte) in der Kost zu achten. Veganer sollten<br />
zudem, wie (ovo-)lacto-Vegetarier auch, auf eine ausreichende Calcium-,<br />
Vitamin D-, Vitamin K-, Kalium- und Magnesiumversorgung achten, um<br />
einer Osteoporose vorzubeugen.<br />
▪ Bei der vegetarischen <strong>Ernährung</strong>sweise ergeben sich in Bezug auf die<br />
Versorgung mit Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen<br />
Nachteile. Daher ist auf eine geeignete, abwechslungsreiche<br />
Lebensmittelauswahl zu achten. Evtl. wird eine Supplementation<br />
notwendig.<br />
Fazit<br />
Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht sind die ovo-lacto-vegetabile und die<br />
lacto-vegetabile (und bedingt auch die vegane) Kost als Dauerkost zu<br />
empfehlen und hinsichtlich der Prophylaxe von Übergewicht und Bluthochdruck<br />
zu befürworten. Auch in besonderen Lebenslagen kann eine vegetarische<br />
<strong>Ernährung</strong> in aller Regel beibehalten werden.<br />
Voraussetzung ist allerdings ein guter bis sehr guter Kenntnisstand über den<br />
ernährungsphysiologischen Wert der Lebensmittel, eine sorgfältige<br />
Lebensmittelauswahl und -kombination und evtl. die Verwendung geeigneter<br />
Supplemente (z. B. Vitamin B12), um mit einer vegetarischen <strong>Ernährung</strong> den<br />
Bedarf an Grundnährstoffen, Vitaminen und Mineralstoffen zu decken.<br />
Aber<br />
Ein Verzehr mäßiger Mengen an Fleisch und Fett bei gleichzeitig hohem Obstund<br />
Gemüseverzehr mit reichlich Vollkornprodukten (gemäß den 10 Regeln der<br />
DGE), ergänzt durch eine gesunde Lebensweise (Sport, wenig bzw. kein<br />
Alkohol- und Nikotin) ist aus gesundheitlichen Gründen ebenfalls<br />
empfehlenswert.<br />
<br />
23
Magen-Darm-Erkrankungen - Verdauung /<br />
Nährstoffe<br />
Allgemein<br />
Die Aufgabe der Verdauung besteht darin, die mit der Nahrung<br />
aufgenommenen Nährstoffe aufzuspalten und somit die Aufnahme der<br />
Nährstoffe zu ermöglichen. Dieses wird durch ein komplexes Zusammenwirken<br />
physikalischer, chemischer und enzymatischer Prozesse gewährleistet.<br />
Mund<br />
Die Verdauung der Speisen beginnt bereits im Mund. Mit Hilfe der Zähne wird<br />
die Nahrung mechanisch zerkleinert. Durch den Speichel wird sie gleitfähig<br />
gemacht und damit für den Weitertransport in die Speiseröhre (Ösophagus)<br />
vorbereitet. Von diesem in den Speicheldrüsen gebildeten Sekret werden<br />
täglich ca. 1-1,5 Liter gebildet und in die Mundhöhle abgegeben.<br />
Mit dem Speichel wird auch das Enzym a-Amylase ausgeschüttet. Dieses<br />
spaltet komplexe Kohlenhydrate (Stärke, Glykogen, Dextrine) in kleinere<br />
Untereinheiten (Oligosaccharide, Malzzucker). Dies ist auch der Grund, warum<br />
Brot süßlich schmeckt, wenn es längere Zeit gekaut wird! Durch verschiedene<br />
Gewürze (z.B. Pfeffer, Chili, Curry, Paprika, Senf) wird die Aktivität der a-<br />
Amylase und die Speichelproduktion erhöht.<br />
Eine weitere wichtige Aufgabe des Speichels ist die Reinigung der Zähne und<br />
die Neutralisation im Mund entstandener oder mit der Nahrung zugeführter<br />
Säuren (z.B. aus Fruchtsaft). Dies ist bei der Kariesprophylaxe von besonderer<br />
Bedeutung.<br />
Magen<br />
Der Speisebrei wird mit Hilfe peristaltischer Bewegungen durch die Speiseröhre<br />
in den Magen geleitet und dort mit dem Magensaft vermischt, von dem täglich<br />
1,5-3 Liter gebildet werden. Der niedrige pH-Wert des sauren Magensaftes<br />
wirkt bakterienabtötend und führt zu einer Ausflockung (Denaturierung) von<br />
Eiweiß, wodurch dieses durch Enzyme besser "angreifbar" wird.<br />
Bier und Weißwein sind starke Stimulatoren der Magensäuresekretion. Von den<br />
Nährstoffen ist das Eiweiß der intensivste Säurelocker, während Fett die<br />
Säureproduktion eher hemmt. Der in den Nebenzellen produzierte Schleim<br />
schützt die Magenwand vor dem Angriff der aggressiven Magensäure.<br />
Durch die Magenwand werden in geringem Maße fettverdauende, aber vor<br />
allem eiweißspaltende Enzyme in den Magen abgegeben. Dabei handelt es sich<br />
um das Enzym Pepsin, das aus seiner Vorstufe (Pepsinogen) gebildet wird. Die<br />
Verdauung der Kohlenhydrate, die bereits im Mund durch den Speichel<br />
beginnt, wird im Magen lediglich fortgesetzt. Der Magen produziert selbst keine<br />
kohlenhydratverdauenden Enzyme.<br />
In den Belegzellen der Magenschleimhaut wird der sogenannte Intrinsic-Faktor<br />
24
gebildet, der für die Resorption von Vitamin B12 notwendig ist. Ein Mangel an<br />
dieser Verbindung führt zu einer Unterversorgung mit dem B-Vitamin, was eine<br />
perniziöse Anämie (spezielle Form der Blutarmut) zur Folge haben kann.<br />
Die Verweildauer der Nahrung im Magen ist von verschiedenen Faktoren<br />
abhängig. So verzögert z.B. ein hoher Fettanteil die Magenentleerung. Einfluss<br />
haben weiterhin die Konsistenz, die Temperatur und die Teilchengröße des<br />
Nahrungsbreis (dünner Speisebrei passiert schneller den Magen). Durch den<br />
Magenpförtner (Pylorus) wird die Nahrung in den Zwölffingerdarm (Duodenum)<br />
weitergeleitet.<br />
Dünndarm<br />
Spaltung der Nährstoffe<br />
Der Dünndarm ist ein Verdauungsorgan. Mit Hilfe von Enzymen werden die<br />
Nahrungsbestandteile, die in Mund und Magen bereits vorverdaut wurden,<br />
weiter zerlegt.<br />
Die Kohlenhydrate werden im Dünndarm durch spezielle Enzyme<br />
(Disaccharidasen) in ihre kleinsten Bestandteile zerlegt, d.h. sie spalten zum<br />
Beispiel den Haushaltszucker in ein Molekül Traubenzucker und ein Molekül<br />
Fruchtzucker. Ein Mangel an diesen Enzymen führt zu<br />
Unverträglichkeitsreaktionen wie z.B. der Laktoseintoleranz.<br />
Die Fettverdauung findet überwiegend in den oberen Teilen des Dünndarms<br />
statt. Die von der Leber gebildete Gallenflüssigkeit wird in der Gallenblase<br />
gespeichert und in den Zwölffingerdarm abgegeben. Die Gallenflüssigkeit ist<br />
wichtig, um die Fette zu emulgieren, wodurch sie von den entsprechenden<br />
Verdauungsenzymen (Lipasen) besser angegriffen werden können.<br />
Die im Magen begonnene Eiweißverdauung wird im Darm fortgesetzt. Die<br />
größeren Eiweißbruchstücke werden durch den Angriff der mit dem Sekret der<br />
Bauchspeicheldrüse ausgeschütteten Enzyme (z.B. Trypsin) in kleinere und<br />
kleinste Moleküle (Peptide, Aminosäuren) abgebaut und in die Blutbahn<br />
aufgenommen.<br />
Nährstoffaufnahme<br />
Die zweite Aufgabe des Dünndarms ist die Aufnahme der aufgespalteten<br />
Nahrungsbestandteile in die Blutbahn. Um diese Funktion optimal erfüllen zu<br />
können, ist die Oberfläche dieses Organs sehr stark vergrößert. Das wird durch<br />
Schleimhautfalten (Kerckring-Falten) erreicht, auf denen fingerförmige<br />
Ausstülpungen in den Darm hineinragen. Auf diesen Dünndarmzotten befindet<br />
sich wiederum der sogenannte Bürstensaum, der die Resorptionsfläche des<br />
Darmes - im Gegensatz zu einem Rohr mit glatter Oberfläche - um den Faktor<br />
600 vergrößert. Dieses entspricht einer Gesamtoberfläche von ca. 200m 2 .<br />
Dickdarm<br />
Im Dickdarm wird dem bis dahin sehr flüssigen Speisebrei Wasser entzogen,<br />
das zusammen mit Mineralstoffen resorbiert wird. Andere Nährstoffe werden in<br />
diesem Darmabschnitt nicht mehr aufgenommen, da der Darminhalt nahezu<br />
nährstofffrei ist und der Dickdarm nicht die Fähigkeit der Resorption besitzt.<br />
Daher können auch die von Bakterien im Dickdarm gebildeten Vitamine (z.B.<br />
Vitamin B12, Niacin) nur unzureichend verwertet werden.<br />
<br />
25
Magen-Darm-Erkrankungen - Refluxkrankheit<br />
(Sodbrennen)<br />
Definition<br />
Unter der Refluxkrankheit versteht man den Rückfluss (Reflux) des sauren<br />
Mageninhalts in die Speiseröhre, dessen Leitsymptom das sogenannte<br />
Sodbrennen ist. Etwa 7% der deutschen Bevölkerung leiden unter täglichem<br />
Sodbrennen.<br />
Ursachen<br />
Grundlegende Ursache des Rückflusses ist die Erschlaffung des unteren<br />
Speiseröhren-Schließmuskels, der normalerweise dafür sorgt, dass der<br />
Speisebrei nicht mehr zurückfließen kann. Dadurch kommt es zum Kontakt des<br />
Speisebreis mit der Schleimhaut der Speiseröhre, was die Beschwerden der<br />
Erkrankung auslöst.<br />
Die Erschlaffung des Schließmuskels ist auf eine herabgesetzte<br />
Muskelspannung (Muskeltonus) zurückzuführen. Die Faktoren, die diesen<br />
Prozess fördern, sind im folgenden kurz dargestellt.<br />
Beschaffenheit der Nahrung<br />
Die Zusammensetzung der Nahrung hat einen großen Einfluss auf die<br />
Muskelspannung des Speiseröhren-Schließmuskels. Eine fettreiche Mahlzeit<br />
reduziert den Muskeltonus um 30%, wahrscheinlich hervorgerufen durch eine<br />
vermehrte Freisetzung des Hormons Cholezystokinin. Kohlenhydrate wirken<br />
weitgehend neutral, während eiweißreiche Mahlzeiten den Druck um etwa 50%<br />
erhöhen.<br />
Besonders kalte Speisen und Getränke verlangsamen den Rücktransport von<br />
bereits in die Speiseröhre übergetretenen Mageninhalt in den Magen, wodurch<br />
die Symptomatik verstärkt wird.<br />
Übergewicht<br />
Aufgrund der vermehrten Leibesfülle bei Übergewicht erhöht sich der Druck im<br />
Bauchraum, wodurch die Druckdifferenz zwischen Speiseröhre und Magen<br />
abnimmt. Dies begünstigt den Rückfluss von Speisebrei, besonders im Liegen.<br />
80% der Refluxkranken sind übergewichtig.<br />
Alkohol<br />
Alkohol senkt zum einen die Muskelspannung des Schließmuskels, zum<br />
anderen finden sich Störungen in den Bewegungen der Speiseröhre.<br />
Kaffee<br />
Der Einfluss von Kaffee und Koffein auf das Ausmaß des Sodbrennens ist nicht<br />
eindeutig geklärt und von individuellen Faktoren abhängig. Wahrscheinlich ist<br />
es weniger das Koffein als vielmehr bestimmte Kaffeeinhaltstoffe, die den<br />
Muskeltonus herabsetzen.<br />
26
Sonstige Faktoren<br />
▪ Nikotin<br />
▪ Stress<br />
▪ Schokolade (durch hohen Fett- und Zuckeranteil, Methylxanthine)<br />
▪ Schwangerschaft (durch Drucksteigerung im Bauchraum, hormonelle<br />
Umstellung)<br />
Symptome<br />
Das Hauptsymptom der Refluxkrankheit ist das Sodbrennen, das sich in einem<br />
brennenden Gefühl hinter dem Brustbein äußert. Weitere Beschwerden sind<br />
saures Aufstoßen, Oberbauchschmerzen und Völlegefühl nach dem Essen.<br />
Besonders stark ausgeprägt ist das Krankheitsbild in horizontaler Lage.<br />
Die Symptomatik wird bei bestehenden Entzündungen durch den Verzehr<br />
sogenannter hyperosmolarer Lösungen (z.B. stark zuckerhaltige Getränke wie<br />
Limonade) verstärkt. Saure Speisen und Getränke haben hingegen nur einen<br />
geringen Einfluss.<br />
Risiken / Komplikationen<br />
Während der Magen gegen Salzsäure und Enzyme geschützt ist, wird die<br />
Schleimhaut der Speiseröhre beim wiederholten Kontakt mit dem Mageninhalt<br />
angegriffen. Dabei wandelt sich sogenanntes Plattenepithel in weniger<br />
widerstandsfähiges Zylinderepithel um. Eine so veränderte Speiseröhre<br />
bezeichnet man als Barrettösophagus.<br />
Diese Umwandlung begünstigt die Entstehung von chronischen Blutungen und<br />
erhöht das Risiko Speisenröhrenkrebs zu entwickeln um den Faktor 50. Jedes<br />
dritte Speiseröhrenkarzinom ist Folge einer Refluxkrankheit und somit durch<br />
eine entsprechende Therapie vermeidbar!<br />
<strong>Ernährung</strong><br />
Erhöhung des Muskeltonus<br />
Oberstes Ziel der Behandlung ist die Steigerung des Druckgefälles zwischen<br />
Speiseröhre und Magen bzw. die Erhöhung des Muskeltonus des Speiseröhren-<br />
Schließmuskels. Um dies zu erreichen, sollten voluminöse und fettreiche<br />
Mahlzeiten vermieden werden (v.a. abends). Sinnvoller ist die Aufteilung der<br />
Nahrung auf mehrere kleine Mahlzeiten (4-6).<br />
Zur Verminderung des gesteigerten Magendrucks sollte bestehendes<br />
Übergewicht abgebaut werden. Diese Maßnahme reicht bei milden Formen<br />
häufig aus, um die Symptome zu beseitigen oder zu lindern.<br />
Der Alkohol- und Koffeinkonsum sollte möglichst eingeschränkt werden, wobei<br />
die individuelle Verträglichkeit zu berücksichtigen ist. Auf extrem heiße und<br />
kalte Speisen und Getränke sowie auf Nikotin sollte möglichst ganz verzichtet<br />
werden.<br />
<br />
27
Weitere Maßnahmen<br />
Durch die Verwendung einer Kopfstütze oder eines zweiten Kopfkissens<br />
erreicht man eine aufrechtere Schlafposition, was die verstärkten Beschwerden<br />
in horizontaler Lage verringern kann.<br />
Maßnahmen zum Stressabbau können ebenfalls helfen das Krankheitsbild zu<br />
verbessern. Schließlich sollten alle Bewegung, die den Druck im Magen<br />
erhöhen (starke Bauchpresse, Bücken), vermieden werden.<br />
Magen-Darm-Erkrankungen - Gastritis<br />
Definition<br />
Unter einer Gastritis versteht man eine akute oder chronische Entzündung der<br />
Magenschleimhaut, die durch organische Schäden der Magenschleimhaut<br />
gekennzeichnet ist. Die Diagnose kann daher nur mit Hilfe feingeweblicher<br />
(histologischer) Untersuchungen gestellt werden.<br />
Im Gegensatz dazu handelt es sich beim Reizmagen um subjektive<br />
Beschwerden in der Magengegend, bei denen keine organischen Schäden<br />
vorliegen. Als Auslöser werden Nahrungsmittelunverträglichkeiten,<br />
Nahrungsmittelallergien und psychische Einflüsse diskutiert.<br />
Ursachen<br />
Schädigungen der Magenschleimhaut entstehen immer dann, wenn ein<br />
Ungleichgewicht zwischen schleimhautschützenden (z.B. Schleim- und<br />
Bicarbonatsekretion) und -schädigenden Mechanismen (verminderte<br />
Schleimhautdurchblutung, bakterielle Infektion, exogene Substanzen) vorliegt.<br />
Akute Gastritis<br />
Die akute Form der Gastritis entsteht häufig durch die Einwirkung von<br />
schleimhautschädigenden Substanzen wie z.B. Alkohol, Bakteriengiften oder<br />
Nicht-steroidalen Antirheumatika. Weitere Ursachen können Traumata (z.B.<br />
Verbrennungen) oder andere schwere Erkrankungen sein (z.B.<br />
Kreislaufschocks). Eine Sonderform stellt die Ätzgastritis nach Aufnahme<br />
starker Säuren oder Laugen dar.<br />
Nach der Beseitigung der auslösenden Grunderkrankung heilt die akute<br />
Gastritis in der Regel ohne bleibende Schäden aus.<br />
28
Chronische Gastritis<br />
Bei der chronischen Entzündung der Magenschleimhaut unterscheidet man je<br />
nach Ursache drei Formen, deren Häufigkeit in der folgenden Tabelle<br />
wiedergegeben ist.<br />
Gastritisform<br />
Häufigkeit<br />
Typ-A-Gastritis (Autoimmungastritis) 5 %<br />
Typ-B-Gastritis 80 %<br />
Typ-C-Gastritis 15 %<br />
Die Ursache der Typ-A-Gastritis liegt in einer Autoimmunerkrankung, also in<br />
einer Fehlreaktion des Immunsystems, die sich gegen körpereigenes Gewebe<br />
richtet. Hierbei werden Antikörper gegen die Belegzellen des Magens und den<br />
sogenannten Intrinsic Faktor gebildet. Dies schädigt die Zellen und führt zu<br />
einer verminderten Ausschüttung von Salzsäure und Intrinsic Faktor.<br />
Der Typ-B-Gastritis liegt eine bakterielle Besiedelung des Magens mit<br />
Helicobacter pylori (>90%) zugrunde, die ebenfalls die Säuresekretion<br />
vermindert. Dieses Bakterium kann im sauren Milieu des Magens überleben, da<br />
es mit Hilfe des Enzyms Urease aus Harnstoff Ammoniak bildet, wodurch die<br />
Säure neutralisiert wird.<br />
Auslöser der Typ-C-Gastritis sind chemische Verbindungen (Noxen), die die<br />
Entzündungen der Magenschleimhaut hervorrufen. Dazu zählen in erster Linie<br />
Alkohol, Medikamente (Nicht-steroidale Antirheumatika, Glucocorticoide) und<br />
Zigarettenrauch.<br />
Symptome<br />
Akute Gastritis<br />
▪ Schmerzen im Oberbauch<br />
▪ Übelkeit<br />
▪ Aufstoßen<br />
▪ Erbrechen<br />
▪ Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens<br />
▪ Appetitlosigkeit<br />
▪ Magenblutungen<br />
▪ Blähungen<br />
▪ unspezifische Verdauungsprobleme<br />
Chronische Gastritis<br />
Die chronische Gastritis verläuft in der Regel sehr symptomarm und<br />
unspezifisch. Wenn gleichzeitig die Symptome der akuten Form vorliegen,<br />
spricht man von einer chronisch aktiven Gastritis (siehe oben).<br />
Bei der Typ-A-Gastritis kommt es als Folge der fehlenden Sekretion von<br />
Intrinsic Faktor zu einer verminderten Resorption von Vitamin B12, was sich<br />
nach längerer Krankheitsdauer in einer speziellen Form der Blutarmut äußert<br />
(perniziöse Anämie).<br />
<br />
29
Risiken / Komplikationen<br />
Neben akuten Komplikationen wie z.B. Magenblutungen ist vor allem die<br />
erhöhte Anfälligkeit gegenüber Magenkrebs bei Patienten mit Typ-A- und Typ-<br />
B-Gastritis zu nennen, die sich auf die Mindersekretion von Salzsäure<br />
zurückführen lässt.<br />
<strong>Ernährung</strong>stherapie<br />
In der <strong>Ernährung</strong>stherapie beschränkt man sich heute darauf, die leichte<br />
Vollkost zu empfehlen. Die leichte Vollkost unterscheidet sich von der<br />
normalen Vollkost lediglich darin, dass die Lebensmittel, die<br />
Unverträglichkeiten auslösen, gemieden werden. Vorsicht ist bei Alkohol- und<br />
Kaffeegenuss geboten, individuelle (Un-) Verträglichkeiten sind dabei zu<br />
berücksichtigen.<br />
Magen-Darm-Erkrankungen - Magengeschwür<br />
Definition<br />
Unter einem Magengeschwür versteht man gutartige Defekte der<br />
Magenwand, bei denen neben der Magenschleimhaut auch tiefere<br />
Wandschichten betroffen sind. Voraussetzung für die Entwicklung ist - im<br />
Gegensatz zum Magenkarzinom - die Anwesenheit von Magensäure und dem<br />
eiweißspaltenden Enzym Pepsin.<br />
Ist das Geschwür im Magen lokalisiert, spricht man von Ulcus ventriculi. Als<br />
Ulcus duodeni bezeichnet man hingegen Geschwüre des Zwölffingerdarms, die<br />
etwa 5mal häufiger vorkommen als Magengeschwüre, und an denen Männer<br />
wiederum 4mal häufiger leiden als Frauen.<br />
Ursachen<br />
Wie bei der Gastritis liegt die grundlegende Ursache des Magen- bzw.<br />
Zwölffingerdarmgeschwürs in einem Missverhältnis zwischen schleimhautschützenden<br />
und -zerstörenden Faktoren. Der negative Einfluss einer<br />
Besiedelung mit dem Bakterium Helicobacter pylori gilt bei Geschwüren des<br />
Zwölffingerdarms als gesichert, bei Magengeschwüren als sehr wahrscheinlich.<br />
Da jedoch nur ein geringer Anteil der Personen, die diesen Keim in sich tragen,<br />
ein Geschwür entwickeln, müssen weitere Ursachen in Betracht gezogen<br />
werden.<br />
30
Alkohol<br />
Obwohl alkoholische Getränke die Säure- und Pepsinsekretion im Magen<br />
fördern, wirken sie sich nicht negativ auf das Krankheitsbild aus. In bislang<br />
keiner epidemiologischen Studie konnte ein Einfluss von Alkohol auf<br />
Entstehung, Verlauf, Abheilung und Rückfallrate von Geschwüren im Magen-<br />
Darm-Trakt nachgewiesen werden.<br />
Kaffee<br />
Beim Kaffee ist es nicht allein das Koffein, sondern vor allem andere beim<br />
Röstprozess entstehende Substanzen, die die Säureproduktion fördern. Dies<br />
wird gestützt durch die Tatsache, dass nur bei hohem Kaffeekonsum - nicht bei<br />
anderen koffeinhaltigen Getränken - eine höhere Magengeschwürhäufigkeit<br />
festgestellt werden konnte.<br />
In welchem Ausmaß Kaffee die Krankheitsentstehung fördert bzw. die<br />
Abheilung verzögert, ist noch unklar. Bei Betroffenen verstärkt Kaffee häufig<br />
die Symptomatik, weshalb viele Patienten mit Magenproblemen ihren<br />
Kaffeegenuss einschränken.<br />
Gewürze<br />
Ein schädigender Effekt von Gewürzen konnte bislang nicht nachgewiesen<br />
werden. Entscheidend für deren Verwendung ist die individuelle Verträglichkeit.<br />
Gewürze, die des öfteren Probleme bereiten, sind Pfeffer, Paprika, Knoblauch,<br />
Meerrettich und scharfer Senf.<br />
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren<br />
Eine hohe Zufuhr von mehrfach ungesättigten Fettsäuren (z.B. Linolsäure), die<br />
vor allem in bestimmten Pflanzenölen enthalten sind, scheint sich günstig auf<br />
das Krankheitsbild auszuwirken. Aus ihnen werden im Körper bestimmte<br />
Prostaglandine (PGE1, PGE2) gebildet, die die Durchblutung der Schleimhaut<br />
und damit deren Widerstandskraft fördern. Ulkuskranke weisen im<br />
Durchschnitt niedrigere Linolsäure-Konzentrationen im Unterhautfettgewebe<br />
auf als Gesunde.<br />
Weitere Ursachen<br />
▪ genetische Veranlagung<br />
▪ Medikamente (Nicht-steroidale Antirheumatika)<br />
▪ psychische Faktoren (depressive Grundhaltung, Stress)<br />
▪ hoher Kochsalzkonsum<br />
▪ überschießende Säuresekretion (bei Ulcus duodeni)<br />
▪ Störung der Magen-Darm-Peristaltik, dadurch Rückfluss von Gallenflüssigkeit<br />
▪ verminderte Ausschüttung von neutralisierendem Bicarbonat<br />
▪ Nikotin (durch Steigerung der nächtlichen Säuresekretion)<br />
Symptome<br />
Beim Magen- bzw. Zwölffingerdarmgeschwür liegen zum Teil keine oder nur<br />
<br />
31
sehr unspezifische Beschwerden vor. In der folgenden Aufzählung finden sich<br />
Symptome, die häufig beobachtet werden.<br />
▪ Oberbauchschmerzen<br />
▪ Blutungen (unsichtbar oder als schwarzer Stuhl)<br />
▪ Appetitlosigkeit<br />
▪ Nahrungsmittelunverträglichkeit<br />
▪ Erbrechen (als Zeichen einer Abflussstörung oder einer ausgeprägten<br />
Narbenbildung)<br />
▪ in den Rücken ausstrahlender Schmerz als Zeichen eines<br />
Geschwürdurchbruchs (siehe unten)<br />
Der Einfluss der Nahrungsaufnahme ist sehr unterschiedlich. Während beim<br />
einen Teil der Patienten die Symptomatik verstärkt wird, wirkt sich die<br />
Aufnahme von Lebensmitteln bei anderen schmerzlindernd aus.<br />
Risiken / Komplikationen<br />
▪ Blutungen aus dem Geschwür, dadurch eventuell Blutarmut<br />
▪ Durchbruch eines Geschwürs durch die Magenwand (Perforation) in die freie<br />
Bauchhöhle<br />
▪ Durchbruch eines Geschwürs in ein benachbartes Organ (Penetration), z.B. in<br />
die Bauchspeicheldrüse<br />
▪ Narbenbildung, dadurch eventuell Verengungen, Passagestörungen und<br />
Störungen der Peristaltik<br />
<strong>Ernährung</strong>stherapie<br />
Leichte Vollkost<br />
Die <strong>Ernährung</strong>stherapie entspricht im wesentlichen einer leichten Vollkost. Das<br />
bedeutet, dass der Patient alles essen kann, was er individuell verträgt.<br />
Entgegen früherer Meinung wird bei Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren<br />
heute keine ballaststoffarme <strong>Ernährung</strong> verordnet, da gezeigt werden konnte,<br />
dass diese Schonkosten bzw. Ulkusdiäten wirkungslos sind.<br />
Eine hohe Ballaststoffzufuhr (Vollkornprodukte, Kartoffeln, Gemüse) ist sogar<br />
erwünscht! Zwar kann dadurch die Heilung eines Geschwürs nicht verbessert<br />
werden, Rückfälle (Rezidive) treten jedoch unter ballaststoffreicher Kost<br />
seltener auf. Dies beruht wahrscheinlich auf der Bindung von Gallensäuren.<br />
Scharfe Speisen und Gewürze sollten bei neu entdeckten Geschwüren<br />
gemieden werden, ebenso ein übermäßiger Kaffeekonsum. Als Richtlinie gelten<br />
maximal zwei Tassen Kaffee (auch entkoffeinierter) pro Tag. Individuelle (Un-)<br />
Verträglichkeiten sind zu berücksichtigen.<br />
Obwohl ein positiver Effekt von mehrfach ungesättigten Fettsäuren<br />
angenommen wird, gibt es keine besonderen Empfehlungen für die<br />
Fettsäurezufuhr, sie entsprechen denen einer gesunden vollwertigen<br />
<strong>Ernährung</strong>.<br />
Bei der Gabe von sogenannten H2-Rezeptor-Antagonisten sollte auf eine<br />
Spätmahlzeit verzichtet werden. Dies würde die Säureproduktion in der Nacht<br />
erhöhen, den pH-Wert des Magens senken und damit die Heilung des<br />
Geschwürs verzögern.<br />
Weitere Maßnahmen<br />
32
Durch die Gabe von H2-Rezeptor-Antagonisten in Kombination mit Antibiotika<br />
kann der Besiedelung mit dem Bakterium Helicobacter pylori<br />
entgegengewirkt und das erneute Auftreten der Erkrankung verhindert werden.<br />
▪ Aufgabe des Rauchens<br />
Abbau von Stress<br />
Magen-Darm-Erkrankungen - Magenkrebs /<br />
Magenkarzinom<br />
Definition<br />
Beim Magenkrebs (Magenkarzinom) handelt es sich um eine bösartige<br />
Geschwulst der Magenschleimhaut, die sich in tiefere Schichten der<br />
Magenwand ausbreiten kann. Das Karzinom kann im Laufe der Entwicklung<br />
auch Nachbarorgane und Lymphknoten befallen.<br />
Häufigkeit<br />
Magenkarzinome treten global in unterschiedlicher Häufigkeit auf. In den<br />
westlichen Industrieländern hat das Auftreten in den letzten Jahren stark<br />
abgenommen, während es z.B. in Japan weiterhin sehr häufig ist. Vermutlich<br />
sind <strong>Ernährung</strong>sfaktoren dafür verantwortlich. Als magenkrebsbegünstigend<br />
werden eine schlechte Lebensmittelhygiene, ein hoher Verzehr an gesalzenem,<br />
gepökeltem und geräuchertem Fleisch und Fisch und ein hoher<br />
Kochsalzkonsum angesehen.<br />
Ursachen<br />
Grundsätzlich wirken solche Faktoren magenkrebsfördernd, die das<br />
Abwehrsystems des Magens schwächen, die Durchblutung des Magens<br />
herabsetzen oder die Magensaftbildung und -sekretion reduzieren.<br />
Die chronische Gastritis (vor allem Typ B) gilt als Vorbote des<br />
Magenkarzinoms, da durch sie die Magensaftsekretion reduziert wird und<br />
dadurch eine Besiedlung mit Keimen erleichtert wird.<br />
Lebensmittelhygiene<br />
Bei mangelnder Lebensmittelhygiene wird die Besiedlung der<br />
Magenschleimhaut mit dem Keim Helicobacter pylori begünstigt, woraus<br />
dann eine chronische Gastritis entstehen kann.<br />
Geräucherte Lebensmittel<br />
Die Teerbestandteile, die sich beim Räuchern von Fisch und Fleisch auf den<br />
<br />
33
Lebensmitteln niederschlagen, haben ein starkes krebserregendes Potential.<br />
Heutige Räucherverfahren laufen jedoch schonender ab als früher, bei<br />
Temperaturen zwischen 600 und 700° C, wodurch Kanzerogene wie z.B.<br />
Benzpyrene in geringerem Ausmaß gebildet werden.<br />
Nitrat / Nitrit<br />
Bei unzureichender Magensaftsekretion können sich verstärkt solche Keime<br />
ansiedeln, die das mit der Nahrung aufgenommene Nitrat in Nitrit umwandeln,<br />
aus dem dann die stark krebserregenden Nitrosamine gebildet werden können.<br />
Gepökelte Lebensmittel weisen einen hohen Nitritgehalt auf. Außerdem<br />
enthalten sie viel Salz, das gleichermaßen die Bildung von Magenkrebs fördern<br />
kann.<br />
Kochsalz<br />
Eine sehr salzreiche <strong>Ernährung</strong> begünstigt mit hoher Wahrscheinlichkeit die<br />
Magenkarzinomentstehung, vor allem durch die Bildung einer chronischen<br />
Gastritis im Vorwege. In solchen Ländern, in denen sehr salzreich gegessen<br />
wird, wie in Japan und China, ist die Magenkrebshäufigkeit am höchsten.<br />
Weitere Risikofaktoren<br />
▪ andere Magenerkrankungen<br />
▪ Entfernung eines Teil des Magens<br />
Symptome<br />
Die Beschwerden ähneln denen des Magengeschwürs:<br />
▪ Gewichtsabnahme<br />
▪ Leibschmerzen<br />
▪ Erbrechen<br />
▪ Völlegefühl<br />
▪ Nahrungsverweigerung<br />
Die Symptome sind jedoch zu Beginn meist gering und uncharakteristisch, so<br />
dass die Diagnose oft sehr spät gestellt wird und die Überlebensrate dann eher<br />
gering ist. Besser wäre es, das so genannte Frühkarzinom zu erkennen, das<br />
aber noch kaum Symptome zeigt.<br />
Komplikationen /Komplikationen<br />
Da im Zuge des Tumorwachstums auch benachbarte Organe betroffen werden<br />
können, kann auch deren Funktion gestört werden. Es kann weiterhin zum<br />
Verschluss oder zum Eröffnen von Gefäßen (Blutung), zu Verengungen und<br />
Durchbrüchen im Magen-Darm-Trakt und zu einer gestörten<br />
Nährstoffaufnahme kommen.<br />
Sehr gefährlich sind sogenannte Metastasen (Tochtergeschwülste), die sich an<br />
anderen Organen (hier vor allem an Lymphknoten) bilden und dort<br />
weiterwachsen.<br />
34
Therapie<br />
Die einzige Therapie des Magenkarzinoms ist die partielle oder vollständige<br />
Entfernung des Magens.<br />
Prävention durch <strong>Ernährung</strong><br />
Der Entstehung von Magenkrebs kann durch die <strong>Ernährung</strong> vorgebeugt<br />
werden. Vitamin C und Vitamin E hemmen die Bildung von Nitrosaminen im<br />
Magen, die ja maßgebliche Risikofaktoren für die Krankheit darstellen. Ebenso<br />
scheint Beta-Carotin der Tumorentstehung entgegenzuwirken.<br />
Zur Prävention von Magenkrebs sollte also:<br />
▪ eine optimale Versorgung mit den Vitaminen C und E, sowie mit Beta-Carotin<br />
durch einen hohen Obst- und Gemüseverzehr sichergestellt werden,<br />
▪ der Verzehr von gesalzenen, gepökelten und geräucherten Lebensmitteln<br />
(z.B. Speck, Schinken, Kassler, Pökelfleisch, Räucherfisch) reduziert<br />
werden,<br />
▪ insgesamt der Kochsalzkonsum eingeschränkt werden (Tipps zur<br />
kochsalzarmen <strong>Ernährung</strong>),<br />
▪ eine gute Lebensmittelhygiene gewährleistet sein.<br />
Magen-Darm-Erkrankungen - Darmkrebs<br />
Vorbemerkung<br />
Da die Bildung von Karzinomen im Dünndarm ausgesprochen selten ist, wird<br />
im folgenden nur auf den häufigeren Dickdarmkrebs eingegangen.<br />
Definition<br />
Mit Dickdarmkrebs - auch kolorektales Karzinom genannt - wird das Wachstum<br />
eines bösartigen Tumors im Dickdarm bezeichnet. Betroffen sind in der Regel<br />
die Abschnitte Kolon (Grimmdarm) und Rektum (Mastdarm oder Enddarm).<br />
Das kolorektale Karzinom entwickelt sich meist aus gutartigen Polypen<br />
(Adenomen) aus der Darmschleimhaut heraus. Diese Geschwülste verursachen<br />
allerdings keine Krankheitszeichen, weshalb das Auftreten von Beschwerden<br />
für ein bereits fortgeschrittenes Krankheitsstadium spricht.<br />
Häufigkeit<br />
Darmkrebs ist in Deutschland der häufigste bösartige Tumor des Magen-Darm-<br />
Trakts und nach Lungenkrebs (bei Männern) und Brustkrebs (bei Frauen) die<br />
zweithäufigste Krebstodesursache in Deutschland, und zwar mit 25,5 Toten pro<br />
100 000 Einwohner pro Jahr.<br />
Am häufigsten tritt die Erkrankung in den westlichen Industriestaaten auf, was<br />
sehr wahrscheinlich auf die <strong>Ernährung</strong>sgewohnheiten zurückzuführen ist. In<br />
solchen Ländern, in denen traditionell viele komplexe Kohlenhydrate,<br />
<br />
35
Ballaststoffe und Antioxidantien, und vergleichsweise wenig Fett, raffinierte<br />
Kohlenhydrate und tierisches Protein aufgenommen werden, ist das Auftreten<br />
von Darmkarzinomen relativ selten. Dies trifft auf die meisten afrikanischen,<br />
asiatischen und südamerikanischen Ländern zu.<br />
Ursachen<br />
<strong>Ernährung</strong><br />
Es ist naheliegend, dass die <strong>Ernährung</strong> bei der Darmkrebsentstehung eine<br />
entscheidende Rolle spielt. Eine fettreiche und ballaststoffarme <strong>Ernährung</strong><br />
stellt einen Risikofaktor dar, es gibt aber gleichzeitig auch<br />
Nahrungsinhaltsstoffe, die eine schützende Wirkung besitzen.<br />
Verdauung<br />
Je länger der Stuhl im Darm verweilt und je länger darin enthaltene<br />
krebserregende Substanzen - aus der Nahrung oder im Darm gebildet - die<br />
Darmschleimhaut berühren, desto größer ist das Risiko der Entstehung eines<br />
Dickdarmtumors. Eine wichtige Vorsorgemaßnahme wäre also Verstopfungen<br />
zu vermeiden.<br />
Dies kann hauptsächlich erleichtert werden durch:<br />
▪ eine ausreichende Ballaststoffzufuhr<br />
▪ einer ausreichenden Aufnahme an Trinkflüssigkeit, am besten Wasser<br />
▪ viel Bewegung<br />
Fett<br />
Der Nährstoff Fett trägt maßgeblich zur Entstehung eines kolorektalen<br />
Karzinoms bei. Dies gilt als so gut wie gesichert.<br />
Bei hohem Fettverzehr kommt es infolge einer gesteigerten Gallensekretion zu<br />
einem vermehrten Übertritt von Gallensäuren in den Dickdarm. Die<br />
Darmbakterien verstoffwechseln diese Gallensäuren, wobei Stoffe entstehen,<br />
die krebserregend (kanzerogen) wirken. Vermutlich ändert sich bei einer<br />
fettreichen <strong>Ernährung</strong>sweise auch die Keimflora insofern, als sich solche<br />
Keimgruppen vermehren, die Gallensäuren abbauen und somit verstärkt<br />
Kanzerogene produzieren.<br />
Ebenfalls eine Rolle spielt die Zusammensetzung des Fettes. Gesättigte Fette<br />
tierischen Ursprungs oder mehrfach ungesättigte Omega-6-Fettsäuren (z.B.<br />
Maiskeimöl) fördern die Krebsentstehung stärker als pflanzliche gesättigte und<br />
einfach ungesättigte Fette (z.B. Olivenöl). Mehrfach ungesättigte Omega-3-<br />
Fettsäuren, die vorwiegend im Fischöl enthalten sind, wirken sogar schützend,<br />
indem sie die Bildung von Polypen der Dickdarmschleimhaut hemmen.<br />
Ballaststoffe und komplexe Kohlenhydrate<br />
Ein geringer Verzehr von ballaststoffreichen Lebensmitteln geht mit einem<br />
verstärkten Auftreten von Dickdarmkarzinomen einher.<br />
Folgende schützende Wirkungen von Ballaststoffen werden diskutiert:<br />
▪ Durch eine ballaststoffreiche Kost wird die Passagezeit durch den Dickdarm<br />
verkürzt, wodurch potentielle Kanzerogene (wie aus Gallensäuren<br />
gebildete Stoffe) kürzer mit der Darmschleimhaut in Kontakt sind.<br />
▪ Ballaststoffe vergrößern das Stuhlvolumen durch Bindung von Wasser,<br />
wodurch Kanzerogene verdünnt werden. Außerdem können sie diese<br />
binden, so dass solche schädlichen Stoffe weniger mit der<br />
Darmschleimhaut in Berührung kommen.<br />
36
▪ Wenn den Darmbakterien reichlich Ballaststoffe zur Fermentation zur<br />
Verfügung stehen, ändert sich die Zusammensetzung der Darmflora, die<br />
dann insgesamt weniger Kanzerogene produziert.<br />
▪ Bei dem bakteriellen Abbau von Kohlenhydraten entstehen im Dickdarm<br />
kurzkettige Fettsäuren, die der Krebsentstehung entgegenwirken und<br />
das Wachstum von Karzinomzellen hemmen.<br />
Proteine<br />
Ein hoher Fleischkonsum steht im Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko<br />
an Dickdarmkrebs zu erkranken. Neben der Wirkung des Fettes scheint der<br />
hohe Proteingehalt eine zusätzliche Rolle zu spielen.<br />
Bei hoher Proteinzufuhr treten vermehrt Proteine und andere Eiweißstoffe in<br />
den Dickdarm über. Diese werden von den Darmbakterien zu Ammoniak<br />
abgebaut, das die Krebsentwicklung begünstigt. Bei einer ballaststoff- und<br />
stärkereichen Kost wird dieser Ammoniak von der Keimflora wieder zu<br />
Proteinen aufgebaut und damit unschädlich gemacht, ein weiterer protektiver<br />
Effekt der Ballaststoffe.<br />
Calcium<br />
Bei Bevölkerungsgruppen mit hoher Calciumzufuhr findet sich eine<br />
vergleichsweise geringe Häufigkeit von Kolonkarzinomen.<br />
Das mit der Nahrung aufgenommene Calcium wird nur zu 30% resorbiert, also<br />
in den Körper aufgenommen. Folglich gelangt der Großteil in den Dickdarm, wo<br />
das Calcium vermutlich an Gallensäuren und langkettige Fettsäuren<br />
(potentielle krebserregende Stoffe) bindet und damit deren Wirkung aufhebt.<br />
Pflanzensterine<br />
Pflanzensterine (Phytosterine) sind das pflanzliche Pendant zum Cholesterin.<br />
Im Tiermodell vermindern Pflanzensterine die Rate an Kolonkarzinomen. Beim<br />
Menschen finden sich bei Gruppen, die einen hohen Gehalt an Pflanzensterinen<br />
im Stuhl haben (vor allem Vegetarier), ein verringertes Risiko für<br />
Dickdarmkrebs.<br />
Vitamine<br />
Vermutlich haben Vitamin C und Vitamin D eine schützende Wirkung auf die<br />
Entstehung und Entwicklung von Kolonkrebs.<br />
Alkohol<br />
Es gibt verschiedene Hinweise darauf, dass - speziell für das Rektumkarzinom<br />
(Enddarmkrebs) - ein hoher Alkoholkonsum einen Risikofaktor darstellt.<br />
Die hier genannten <strong>Ernährung</strong>sfaktoren dürfen nicht isoliert betrachtet werden,<br />
da sich die verschiedenen Nahrungsinhaltsstoffe gegenseitig beeinflussen und<br />
die Wirkungen dadurch modifiziert werden.<br />
Vererbung<br />
Genetische Faktoren spielen bei den meisten Darmkrebsfällen eine<br />
untergeordnete Rolle. Eine gewisse Veranlagung für die Erkrankung kann<br />
allerdings vererbt werden, da auch familiäre Häufungen auftreten.<br />
Es existieren seltene Gendefekte, die mit hoher Wahrscheinlichkeit - schon in<br />
jungen Jahren - einen Darmkrebs zur Folge haben.<br />
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen<br />
Bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ist das Risiko an einem Darmkrebs zu<br />
erkranken höher als bei der Normalbevölkerung.<br />
<br />
37
Darmpolypen<br />
Vorhandene Darmpolypen sind meist Vorläufer eines kolorektalen Karzinoms.<br />
Wenn sie entdeckt werden, können sie mit dem Endoskop vollständig entfernt<br />
werden. Die Früherkennung ist daher entscheidend.<br />
Symptome<br />
Die Beschwerden bei Dickdarmkrebs treten erst spät auf. Viele Patienten haben<br />
zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits Metastasen (Tochtergeschwülste),<br />
die häufig in der Leber zu finden sind.<br />
Verdächtige körperliche Zeichen sind:<br />
▪ Änderungen in Häufigkeit und Art der Stuhlentleerung. Es kann zu einem<br />
Wechsel von Verstopfung und Durchfall sowie zu vermehrtem Stuhldrang<br />
kommen<br />
▪ Blutbeimengungen im Stuhl, meist nicht sichtbar (okkult)<br />
▪ Eisenmangelerscheinungen aufgrund von Blutverlusten durch den Darm<br />
führen zu Müdigkeit und Schwäche<br />
▪ Bauchschmerzen und -krämpfe<br />
▪ Gewichtsverlust<br />
Früherkennung<br />
Da der Dickdarmkrebs sehr langsam wächst und die Symptome meist erst in<br />
einem fortgeschritteneren Stadium auftreten, kommt der Früherkennung eine<br />
entscheidende Bedeutung zu.<br />
Ab dem 45. Lebensjahr sollten einmal im Jahr Früherkennungsuntersuchungen<br />
durchgeführt werden. Diese bestehen aus einer Abtastung des Enddarms durch<br />
den Arzt und einer Untersuchung des Stuhls auf unsichtbare<br />
Blutbeimengungen (Haemoccult-Test). Der Nachweis von okkultem Blut kann<br />
aber auch andere Ursachen haben.<br />
Die Durchführung einer Spiegelung der unteren Anteile des Dickdarms<br />
(Rektosigmoidoskopie) ist ab dem 50. Lebensjahr sinnvoll. Es wird für<br />
Menschen ab 50 weiterhin empfohlen, alle 10 Jahre eine komplette<br />
Dickdarmspiegelung (totale Koloskopie) durchführen zu lassen und<br />
Gewebeproben aus verdächtigen Arealen entnehmen und untersuchen zu<br />
lassen.<br />
Diese Maßnahmen geben mit ziemlich großer Sicherheit Auskunft darüber, ob<br />
ein Dickdarmkrebs vorliegt oder nicht.<br />
Sind in der Familie schon Dickdarmkrebsfälle aufgetreten, sollten<br />
Früherkennungsmaßnahmen schon in jüngeren Jahren und in kürzeren<br />
Abständen getroffen werden.<br />
38
Therapie<br />
Die Therapie der Wahl ist die Operation.<br />
Je nach Ort und Stadium des Karzinoms müssen Teile des Darm oder auch der<br />
gesamte untere Darmbereich entfernt werden. Liegt der Tumor mehr als 8 cm<br />
oberhalb des Schließmuskels, kann der natürliche Darmausgang erhalten<br />
bleiben, bei tieferer Lage wird ein künstlicher Darmausgang (Anus praeter)<br />
angelegt. Ergänzend wird eine Chemotherapie, speziell beim Mastdarmkrebs<br />
(Rektumkarzinom) auch eine Strahlentherapie durchgeführt. Auch Metastasen<br />
werden operativ entfernt.<br />
Die Heilungschancen beim Dickdarmkrebs haben in den letzten 40 Jahren<br />
kontinuierlich zugenommen. In über der Hälfte der Fälle gilt er als heilbar.<br />
Prävention durch <strong>Ernährung</strong><br />
Da die <strong>Ernährung</strong> mit großer Wahrscheinlichkeit einen großen Beitrag zur<br />
Krebsentstehung im Dickdarm spielt (siehe "Ursachen"), wurden von der<br />
Deutschen Gesellschaft für <strong>Ernährung</strong> und anderen nationalen und<br />
internationalen Gremien "<strong>Ernährung</strong>sempfehlungen zur Verminderung des<br />
Krebsrisikos" formuliert:<br />
▪ Gemüse und Vollkornprodukte sollten in größeren Mengen verzehrt werden<br />
und zum Hauptbestandteil der <strong>Ernährung</strong> werden.<br />
▪ Fisch und Geflügel sollten gegenüber rotem Fleisch bevorzugt werden.<br />
▪ Der Alkoholkonsum sollte die Menge von 20 g/Tag nicht übersteigen.<br />
▪ Eine exzessive Energieaufnahme sollte vermieden werden.<br />
Zu körperlicher Aktivität wird geraten.<br />
Magen-Darm-Erkrankungen - Pankreatitis<br />
Definition<br />
Bei der Pankreatitis handelt es sich um entzündliche Erkrankungen der<br />
Bauchspeicheldrüse. Man unterscheidet zwei Formen:<br />
▪ akute Pankreatitis<br />
▪ chronische / chronisch rezidivierende Pankreatitis<br />
Aktute Pankreatitis<br />
Die akute Pankreatitis wird durch eine plötzlich einsetzende Selbstverdauung<br />
(Autodigestion) der Bauchspeicheldrüse ausgelöst, die auf eine Aktivierung von<br />
inaktiven Verdauungsenzymen zurückzuführen ist. Es ist eine sehr<br />
schmerzhafte und schwere Erkrankung, die stationär behandelt werden muss.<br />
Unterschieden wird zwischen einer ödematösen (Ansammlung von Wasser)<br />
und einer hämorrhagisch-nekrotisierenden (Blutungen, lokaler Gewebstod)<br />
Verlaufsform. Bei der ödematösen Form treten in der Regel keine<br />
<br />
39
Komplikationen auf. Die hämorrhagisch-nekrotisierende Verlaufsform kann<br />
hingegen mit einer hohen Sterblichkeit einhergehen.<br />
Auslöser<br />
Hauptursachen für eine akute Pankreatitis sind vor allem Alkoholmissbrauch<br />
und Gallenerkrankungen. Bei Kindern kann eine akute Pankreatitis außerdem<br />
durch virale Erkrankungen ausgelöst werden.<br />
Symptome<br />
In erster Linie treten plötzlich schwere Oberbauchschmerzen auf. Weitere<br />
auftretende Symptome und ihre Stärke sind vom Ausmaß der<br />
Bauchspeicheldrüsen-Zerstörung abhängig.<br />
▪ Blutdruckabfall<br />
▪ Darmlähmung (Ileus)<br />
▪ Beeinträchtigung der Nierenfunktion<br />
▪ Erhöhung des Blutzuckers (ein Diabetes in Folge einer akuten Pankreatitis ist<br />
jedoch selten)<br />
▪ erhöhte Serumkonzentrationen der Pankreasenzyme Amylase und Lipase<br />
▪ Wasseransammlungen (Ödeme)<br />
▪ Austreten von Flüssigkeiten (Exsudationen)<br />
▪ Fettgewebsnekrosen<br />
Therapie<br />
Bei einer Pankreatitis sollte zur Behandlung eine Ruhigstellung des Organs<br />
erfolgen. Dies wird am besten durch Nahrungskarenz erreicht. Die<br />
Wiedereinführung der Nahrung erfolgt durch einen Stufenplan:<br />
▪ Stufe 1: Nahrungskarenz; keine orale Nährstoff- und Flüssigkeitszufuhr<br />
▪ Stufe 2: Kohlenhydrate; gesüßter Tee, Zwieback, Schleimsuppe<br />
▪ Stufe 3: fettarmes Protein; Magermilchprodukte, Weißbrot, Fleisch und Fisch<br />
(fettarm)<br />
▪ Stufe 4: Ballaststoffe; ballaststoffreiche Lebensmittel, Kartoffeln, Gemüse,<br />
größere Portionen<br />
▪ Stufe 5: Fettzulage in kleinen Portionen; Käse und Milch (fettarm), Ei, Fleisch<br />
und Fisch<br />
▪ Stufe 6: leichte Vollkost; Vollkornprodukte, keine Rohkost, keine blähenden<br />
Gemüse und Hülsenfrüchte; 6 – 8 kleine Mahlzeiten, die schonend<br />
zubereitet sein sollten: Garen und Dünsten, Braten mit wenig Fett<br />
Nach dem Abklingen der Symptome wird in der Regel eine sogenannte leichte<br />
Vollkost verordnet. Das bedeutet, dass der Patient alles das essen kann, was<br />
er individuell verträgt. Weitere Informationen zu leichten Vollkost sowie eine<br />
Liste mit geeigneten und weniger geeigneten Lebensmitteln finden Sie im<br />
Kapitel "Morbus Crohn". Diese Auflistung ist jedoch nicht als Verbotsliste zu<br />
verstehen, sondern als Grundlage für eigene Erfahrungswerte. Möglichst<br />
verzichtet werden sollte lediglich auf Alkohol.<br />
40
Chronische Pankreatitis<br />
Im Rahmen einer chronischen Pankreatitis kommt es zu einer Zerstörung des<br />
Drüsenapparats der Bauchspeicheldrüse. Dies äußert sich sowohl in einer<br />
fehlenden Sekretion von Verdauungsenzymen (exokrine Funktion), als auch in<br />
der unzureichenden Produktion von Bauchspeicheldrüsenhormonen wie z.B.<br />
dem Insulin (endokrine Funktion).<br />
Ursachen<br />
Bei Erwachsenen sind wie auch bei der akuten Pankreatitis Alkoholmissbrauch<br />
und Gallenerkrankungen die häufigste Ursache. Zusätzlich kann die chronische<br />
Pankreatitis auch durch Mangelernährung (Malnutrition) ausgelöst werden. Bei<br />
Kindern ist meist eine Mukoviszidose die Ursache.<br />
Symptome<br />
Die chronische Pankreatitis ist im Anfangsstadium meist symptomlos.<br />
Oberbauchschmerzen wie bei der akuten Verlaufsform treten vereinzelt auf.<br />
Mit zunehmender Zerstörung des Drüsenapparats kommt es zu einer<br />
diabetischen Stoffwechsellage und Verdauungsstörungen, in deren Folge es zu<br />
▪ Gewichtsabnahme<br />
▪ Fettstuhl (Steatorrhö)<br />
▪ Durchfall<br />
▪ Meteorismus (verstärkte Blähungen)<br />
kommen kann.<br />
Therapie<br />
Bei einer chronischen Pankreatitis sollte die Nahrung leicht verdaulich, reich an<br />
Kohlenhydraten und fettarm sein. Schwer verdauliche Speisen sind zu meiden<br />
(siehe leichte Vollkost). Häufig werden mehrere kleine Mahlzeiten besser<br />
vertragen als wenige voluminöse.<br />
Wenn trotz Reduktion der Fettzufuhr Fettstühle auftreten, kann der Einsatz von<br />
Spezialfetten (Mittelkettige Fettsäuren, MCT) angezeigt sein. Auf eine<br />
ausreichende Versorgung mit fettlöslichen Vitaminen (A, D, E und K) ist zu<br />
achten. Weiterhin wird eine lebenslange Alkoholkarenz gefordert.<br />
Die Durchführung des Stufenplans bzw. der <strong>Ernährung</strong> bei chronischer<br />
Pankreatitis sollte stets mit einem Arzt und einer <strong>Ernährung</strong>sfachkraft<br />
abgesprochen werden.<br />
<br />
41
<strong>Vollwert</strong>ige <strong>Ernährung</strong> - Definition / Theorie<br />
Was ist vollwertige <strong>Ernährung</strong>?<br />
Definition<br />
Bei der vollwertigen <strong>Ernährung</strong> werden Lebensmittel und Getränke sorgfältig<br />
und bewusst gesund ausgewählt, schonend zubereitet und möglichst wenig<br />
behandelt verzehrt.<br />
Bei dieser <strong>Ernährung</strong>sweise werden keine Kalorien und Nährstoffe berechnet,<br />
sondern die Empfehlungen beziehen sich auf ganze Lebensmittel. Wir kaufen<br />
und essen ja nicht einzelne Nährstoffe, sondern Lebensmittel.<br />
Die vollwertige <strong>Ernährung</strong> verknüpft in idealer Weise altbewährte Erfahrungen<br />
mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen.<br />
Und zu guter Letzt: <strong>Vollwert</strong>ige <strong>Ernährung</strong> schmeckt!<br />
Unterschied zur <strong>Vollwert</strong>ernährung<br />
Die vollwertige <strong>Ernährung</strong> nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft<br />
für <strong>Ernährung</strong> (DGE) unterscheidet sich in einigen Punkten vom Konzept der<br />
<strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> nach Prof. Leitzmann und Mitarbeitern.<br />
Die <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> empfiehlt nicht nur eine gesunderhaltende<br />
<strong>Ernährung</strong>sweise wie es die DGE tut. Sie bezieht zusätzlich zu den<br />
<strong>Ernährung</strong>sempfehlungen technologische, soziale und ökologische Aspekte bei<br />
der Bewertung von Lebensmitteln mit ein. So ergeben sich abweichende<br />
Empfehlungen in den Auswahlkriterien.<br />
Hier finden Sie nähere Informationen zur <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong>.<br />
Warum vollwertig essen und trinken?<br />
Eine sinnvoll zusammengesetzte <strong>Ernährung</strong> ist eine wichtige Voraussetzung,<br />
um körperlich und geistig gesund und leistungsfähig zu sein. Der Organismus<br />
erhält so die notwendigen Nährstoffe in ausreichender Menge, die er für alle<br />
seine Funktionen braucht. Die Nahrung sollte alle diese Nährstoffe in<br />
ausreichender Menge enthalten.<br />
Eine falsch zusammengesetzte <strong>Ernährung</strong> wird dieser Aufgabe nicht gerecht<br />
und kann zu ernährungsabhängigen Erkrankungen führen. Die Folgen falschen<br />
<strong>Ernährung</strong>sverhaltens werden meist nicht in näherer Zukunft spürbar, sondern<br />
oft erst nach Jahrzehnten. In Industrieländern sind ernährungsabhängige<br />
Erkrankungen heutzutage für einen Großteil der Todesfälle mitverantwortlich,<br />
in vielen Fällen sogar alleinverantwortlich.<br />
Folgende Tabelle gibt eine Überblick über die häufigsten<br />
Stoffwechselerkrankungen und deren Bezug zur <strong>Ernährung</strong>.<br />
42
Erkrankung/Störung<br />
Verstopfung<br />
Erhöhte Blutfette<br />
Diabetes mellitus<br />
(Zuckerkrankheit)<br />
Bluthochdruck<br />
Arteriosklerose<br />
Übergewicht<br />
Gicht<br />
Karies<br />
Begünstigende Faktoren/Mangel an<br />
Ballaststoffen<br />
Cholesterin, übermäßige Fettzufuhr, Alkohol<br />
Übergewicht, Bewegungsmangel<br />
Übergewicht, Überernährung, Alkohol, Kochsalz<br />
Übergewicht, Überernährung, erhöhte Blutfette,<br />
Rauchen<br />
Überernährung, mangelnde Bewegung, Alkohol<br />
Überernährung, purinreiche Lebensmittel, Alkohol<br />
einfache Kohlenhydrate (z.B. Zucker), mangelnde<br />
Zahnhygiene<br />
Nach heutigen Erkenntnissen bietet eine vollwertige <strong>Ernährung</strong> die besten<br />
Voraussetzungen für eine optimale körperliche und geistige Leistungsfähigkeit<br />
und trägt damit entscheidend zum Wohlbefinden bei.<br />
Ziele<br />
Die optimale Versorgung des Körpers mit allen lebensnotwendigen<br />
Nahrungsinhaltsstoffen wie Eiweiß, Fett, Kohlenhydraten, Ballaststoffen,<br />
Vitaminen, Mineralstoffen und sogenannten sekundären Pflanzenstoffen. Dies<br />
hat zur Folge:<br />
▪ Gesunderhaltung durch optimale Ausbildung von Abwehrkräften gegenüber<br />
Krankheiten<br />
▪ Optimale Leistungsfähigkeit<br />
▪ Aktivierung der Verdauungsorgane (überwiegend durch Ballaststoffe)<br />
<strong>Vollwert</strong>ige <strong>Ernährung</strong> - 10 Regeln der DGE<br />
Grundsätze der vollwertigen <strong>Ernährung</strong><br />
<strong>Vollwert</strong>ige <strong>Ernährung</strong> ist nicht - wie viele glauben - eine "bittere Medizin" oder<br />
"karge Körnerkost". <strong>Vollwert</strong>ige <strong>Ernährung</strong> ist vielmehr eine sehr schmackhafte<br />
Küche, die immer mehr Anhänger findet.<br />
In der Regel ist sie vielseitiger und abwechslungsreicher als die so genannte<br />
"gutbürgerliche Küche". Sie bietet eine Fülle von Möglichkeiten, alles was Feld<br />
und Garten zu bieten haben, zu leckeren und gesunden Gerichten zu<br />
verarbeiten.<br />
Folgende Grundsätze sind bei der vollwertigen <strong>Ernährung</strong> zu beachten:<br />
▪ Eine vollwertige <strong>Ernährung</strong> sollte in ihrem Energiegehalt den individuellen<br />
Energiebedarf berücksichtigen.<br />
▪ Sie sollte alle lebensnotwendigen (essentiellen) Nährstoffe in ausreichender<br />
Menge enthalten und den Nährstoffbedarf decken.<br />
<br />
43
▪ Bei der vollwertigen <strong>Ernährung</strong> gibt es keine Ge- oder Verbote, sondern<br />
Empfehlungen, bestimmte Produkte zu bevorzugen und andere eher zu<br />
meiden.<br />
▪ Eine vollwertige <strong>Ernährung</strong> besteht zum Großteil aus pflanzlichen<br />
Lebensmitteln wie z.B. Brot, Getreidegerichten, Kartoffeln,<br />
Hülsenfrüchten, Gemüse und Obst.<br />
▪ Die vollwertige <strong>Ernährung</strong> kann mit Fleisch oder aber als vegetarische<br />
Kostform - ohne Fleisch - praktiziert werden (dann bezeichnet man sie<br />
als "ovo-lakto-vegetabil" = mit Eiern und Milchprodukten).<br />
▪ Abwechslungsreich, vielseitig und ausgewogen sollte sie sein, damit die<br />
Zufuhr aller notwendiger Substanzen gewährleistet ist.<br />
▪ Verwendet werden sollen nur qualitativ hochwertige Lebensmittel, möglichst<br />
in frischer bzw. tiefgekühlter Form.<br />
Die 10 Regeln der DGE<br />
Die folgenden Empfehlungen sind nach den neuen 10 Regeln (Stand 2004) für<br />
eine vollwertige <strong>Ernährung</strong> der Deutschen Gesellschaft für <strong>Ernährung</strong> (DGE)<br />
zusammengestellt.<br />
Vielseitig essen<br />
Die Nahrungsmenge (Energiegehalt) sollte Ihrem Bedarf angemessen sein,<br />
damit Sie weder über- noch untergewichtig werden. Nähere Informationen<br />
hierzu finden Sie auf den Seiten zum Thema Adipositas (Übergewicht).<br />
Je vielfältiger die Speisen und Mahlzeiten zusammengesetzt sind, um so mehr<br />
Nährstoffe erhalten Sie.<br />
Kein Lebensmittel liefert alle Nährstoffe in ausreichender Menge. Damit der<br />
Körper alle Nährstoffe erhält, müssen die Lebensmittel kombiniert werden. Wie<br />
das in der Praxis möglich ist, erfahren Sie auf der Seite praktische<br />
<strong>Ernährung</strong>stipps.<br />
Getreide mehrmals am Tag und reichlich Kartoffeln<br />
Vollkorn bietet mehr...<br />
▪ Ballaststoffe<br />
▪ Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente<br />
▪ Sättigung<br />
▪ eine bessere Verdauung<br />
Wichtige Gründe, mehr Vollkornprodukte wie Vollkornbrot, Naturreis,<br />
Vollkornnudeln, Getreidegerichte, Getreideflocken und Müsli zu essen!<br />
In der vollwertigen <strong>Ernährung</strong> werden pflanzliche Eiweißlieferanten wie<br />
Kartoffeln, Getreide und Hülsenfrüchte empfohlen, da sie weder Fett noch<br />
Cholesterin enthalten. Aber auch fettarme Milchprodukte und Fisch enthalten<br />
wertvolles Eiweiß, welches das pflanzliche durch die Zusammensetzung der<br />
Aminosäuren in seiner Wertigkeit ergänzt.<br />
44
5 mal am Tag Obst und Gemüse<br />
Gemüse, Obst, Kartoffeln und Hülsenfrüchte gehören in den Mittelpunkt<br />
unserer <strong>Ernährung</strong>, da auch sie reich an wertvollen Inhaltstoffen sind. Ein Teil<br />
sollte roh, in Form von Rohkost oder Salat verzehrt werden. Auch Obst enthält<br />
die Inhaltsstoffe am vollständigsten in roher Form, als "Frischobst". Obst<br />
und/oder Gemüse sollten in jeder Mahlzeit des Tages enthalten sein.<br />
Milch, Fleisch und Eier<br />
Die meisten tierischen Lebensmittel enthalten neben Eiweiß relativ viel Fett,<br />
Cholesterin und Purine. Bei dem derzeitigen hohen Fleisch-, Wurst- und<br />
Eierverzehr nehmen wir neben zuviel Fett auch zuviel Eiweiß zu uns. Daher<br />
sollte der Konsum von Fisch, Fleisch, Wurstwaren sowie Eier auf einmal/Woche<br />
beschränkt werden.<br />
Bevorzugt werden sollten fettarme Milch und Milchprodukte.<br />
Wenig Fett und fettreiche Lebensmittel<br />
Bei der Empfehlung für den Verzehr von Fett und fettreichen Lebensmitteln<br />
sind zwei wichtige Kriterien zu beachten:<br />
▪ die Fettmenge<br />
▪ die Art des Fettes<br />
Wir essen zu viel Fett. Zu viel Fett begünstigt die Entstehung von Übergewicht<br />
und Fettstoffwechselstörungen. Die Empfehlung lautet, täglich nicht mehr als<br />
ca.1g pro Kilogramm Normalgewicht an Fett aufzunehmen, das sind im<br />
Durchschnitt ca. 60-80g Fett pro Tag, aufgeteilt in Streichfett, Koch- und<br />
Bratfett sowie verstecktes Fett in Lebensmitteln. Bei der vollwertigen<br />
<strong>Ernährung</strong> wird empfohlen, pflanzlichen Fetten den Vorzug zu gegeben.<br />
Sie enthalten einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren, die für den<br />
Körper lebensnotwendig sind.<br />
Zucker und Salz in Maßen<br />
Zucker sowie Lebensmittel und Getränke, die Zucker enthalten, stehen heute<br />
auf der Beliebtheitsskala ganz oben. Dabei ist allgemein bekannt: Zucker<br />
enthält kaum Nährstoffe und liefert eine Menge leerer Kalorien und begünstigt<br />
nebenbei noch die Kariesentstehung.<br />
Wer häufig und zu viel Süßes isst, lässt dafür andere Lebensmittel mit hohem<br />
Nährstoffgehalt ungeachtet, was zu Mangelerscheinungen führen kann.<br />
Außerdem bringt Zucker den Blutzuckerspiegel aus dem Gleichgewicht,<br />
wodurch der Hunger schneller wiederkommt. Wenig und selten Süßes und<br />
zuckerreiche Getränke. Der Gaumen gewöhnt sich nach einer Weile daran!<br />
Wenn das Bedürfnis auf Süßes kommt - genießen Sie hin und wieder eine<br />
kleine Portion. Auf zuckerhaltige Getränke sollten Sie möglichst ganz<br />
verzichten.<br />
Mit Salz sollten Sie sehr sparsam umgehen, denn ein hoher Salzkonsum kann<br />
Bluthochdruck mit verursachen. Die meisten Lebensmittel enthalten von Natur<br />
aus Salz. Verwenden Sie Salz sehr sparsam und benutzen sie, wenn<br />
überhaupt, jodiertes Kochsalz. Durch den Einsatz von frischen Kräutern<br />
schmecken Speisen auch ohne Salz!<br />
<br />
45
Reichlich Flüssigkeit<br />
Der Körper benötigt für all seine Funktionen ausreichend Flüssigkeit. Aber auch<br />
die richtige Auswahl der Getränke ist wichtig! Die meisten Erwachsenen trinken<br />
jedoch zu wenig, v.a. ältere Menschen.<br />
Die Empfehlung lautet: täglich 1,5 bis 2 Liter Flüssigkeit, bevorzugt<br />
kalorienarme bzw. -freie Getränke wie Wasser, Mineralwasser, verdünnte Säfte<br />
und ungesüßte Tees.<br />
Schmackhaft und schonend zubereiten<br />
Nicht nur die bewusste Auswahl der Lebensmittel ist für eine vollwertige<br />
<strong>Ernährung</strong> wichtig, sondern auch die Lagerung und Zubereitung.<br />
Viele lebensnotwendige Inhaltsstoffe sind sehr empfindlich gegenüber<br />
Sauerstoff, Licht und Wasser. Durch eine falsche Lagerung, unsachgemäße<br />
Vorbereitung und Zubereitung werden viele Nährstoffe zerstört.<br />
Lagern Sie frische Lebensmittel wie z.B. Obst und Gemüse dunkel und kühl.<br />
Zerkleinern Sie es erst nach dem Waschen und verarbeiten Sie es sofort, ohne<br />
es lange in Wasser liegen zu lassen. Halten Sie zubereitete Speisen nicht<br />
warm, sondern kühlen Sie sie rasch ab und erwärmen Sie diese bei Bedarf<br />
wieder.<br />
Nehmen Sie sich Zeit, genießen Sie Ihr Essen<br />
Essen Sie nicht in Hektik oder Zwischendurch sondern nehmen Sie Ihre<br />
Mahlzeiten in Ruhe ein. Denn in Eile isst man oft mehr als man eigentlich<br />
möchte, denn das Sättigungsgefühl tritt erst nach einigen Minuten ein.<br />
Außerdem sollte man sich die Zeit nehmen, die Speisen gut kauen, denn: "gut<br />
gekaut ist halb verdaut".<br />
Achten Sie auf Ihr Gewicht und bleiben Sie in Bewegung<br />
Unter einer gesunden ausgewogenen <strong>Ernährung</strong> ist auch zu verstehen, dass<br />
die Energiezufuhr dem individuellen Energiebedarf angepasst werden sollte,<br />
denn Übergewicht aber auch Untergewicht ist auf Dauer ungesund.<br />
Regelmäßige körperliche Aktivität ist in seiner gesundheitserhaltenden, und<br />
fördernden Wirkung durch nichts zu ersetzen. Sie ist daher ebenso wie die<br />
richtige <strong>Ernährung</strong> unabdingbarer Bestandteil einer gesunden Lebensführung.<br />
<strong>Vollwert</strong>ige <strong>Ernährung</strong> - <strong>Ernährung</strong>spyramide <br />
Die <strong>Ernährung</strong>spyramide<br />
Die <strong>Ernährung</strong>spyramide (siehe unten) zeigt, dass die Verzehrsmenge aus<br />
jeder einzelnen Lebensmittelgruppe (z.B. Getreidegruppe) stimmen sollte, um<br />
sich vollwertig zu ernähren. Jede Gruppe enthält bestimmte lebensnotwendige<br />
Inhaltsstoffe in unterschiedlicher Menge. So enthält z.B. die Gruppe 1<br />
(Getreideprodukte, Nudeln etc.) als Inhaltsstoff hauptsächlich Kohlenhydrate.<br />
Die einzelnen Segmente der <strong>Ernährung</strong>spyramide sind unterschiedlich groß,<br />
46
was den wünschenswerten Anteil in der täglichen <strong>Ernährung</strong> verdeutlichen soll.<br />
Je größer ein Feld ist, desto höher soll der Anteil dieser Lebensmittel im<br />
täglichen Speiseplan sein. Ferner wird das Verhältnis der Lebensmittelgruppen<br />
untereinander deutlich.<br />
In den Verzehrsempfehlungen erhalten Sie Informationen über die tägliche<br />
Verzehrsmenge.<br />
Verzehrsempfehlungen<br />
Die Menge macht's<br />
Benutzen Sie die <strong>Ernährung</strong>spyramide als Checkliste für den Tag und wählen<br />
Sie aus den verschiedenen Lebensmittelgruppen die richtige Menge aus.<br />
Achten Sie auf Abwechslung und darauf, dass die Lebensmittel frisch sind und<br />
möglichst aus biologischem Anbau stammen.<br />
Was Sie täglich verzehren sollten<br />
5 Scheiben Vollkornbrot oder 3-4 Scheiben Vollkornbrot und 1 Müsli 1 Portion<br />
<br />
47
Vollkornreis oder Vollkornnudeln (roh ca. 80g, gekocht ca. 250g) oder 1<br />
Portion Kartoffeln (4-5 mittelgroße = ca. 250g), häufig als Pell- oder<br />
Salzkartoffeln<br />
Tipp Probieren Sie "neue" Getreidegerichte aus, z.B. mit Hirse, Grünkern,<br />
Gerste oder Hafer. Mindestens 1 Portion Gemüse (ca. 250g) davon die Hälfte<br />
als Rohkost bzw. als Salat<br />
Tipp Essen Sie zum Brot immer etwas Frisches, z. B. Tomaten, Gurken,<br />
Radieschen oder selbstgezogene Keimlinge.<br />
2 Stücke/Portionen Obst (ca. 300g insgesamt), Auswahl abwechslungsreich<br />
und je nach Saisonangebot.<br />
Tipp Frisches Obst eignet sich sowohl als Zwischenmahlzeit, als auch als<br />
Dessert oder zu einer Scheibe Brot.<br />
1,5 - 2 Liter ungesüßt<br />
Tipp Die Trinkmenge sollte möglichst über den Tag verteilt getrunken werden.<br />
Wenn Ihnen das schwer fällt, trinken Sie stündlich ein Glas (0,2 Liter). So lässt<br />
sich die zugeführte Menge gut überblicken und Ihr Körper bekommt die<br />
empfohlene Menge.<br />
1 Glas Milch, Buttermilch, Molke 1 Becher Joghurt, Dickmilch oder Kefir (ca.<br />
200g) 2 Scheiben (ca. 50g) Käse<br />
Tipp Achten Sie bei Milch und Milchprodukten auf den Fettgehalt.<br />
Maximal 40g Streich- und Kochfett 2 Esslöffel Butter oder Pflanzenmargarine<br />
und 1 Esslöffel hochwertiges Pflanzenöl (Sonnenblumenöl, Olivenöl)<br />
Tipp Achten Sie bei der Fettauswahl auf die Qualität. Der Rest der Fettzufuhr<br />
erfolgt als "verstecktes Fett" über die Lebensmittel.<br />
Was Sie wöchentlich essen sollten<br />
1-2 Portionen Seefisch (je 150g) 2-3 Portionen Fleisch (je max. 150g) 2-3<br />
Portionen Wurst (je max. 50g) 1-2 Eier<br />
Tipp Versuchen Sie, bei den genannten Mengen zu bleiben. Wenn Sie mehr zu<br />
sich nehmen als wünschenswert, reduzieren Sie dadurch die Menge<br />
pflanzlicher Lebensmittel und Ihre <strong>Ernährung</strong> ist nicht mehr vollwertig.<br />
<strong>Vollwert</strong>ige <strong>Ernährung</strong> - Lebensmittelauswahl<br />
Lebensmittelauswahl<br />
Folgende Tabelle gibt Ihnen einen Überblick, welche Lebensmittel im Rahmen<br />
der vollwertigen <strong>Ernährung</strong> geeignet und welche weniger geeignet sind.<br />
48
Brot und Backwaren<br />
Getreideprodukte<br />
Gemüse und Obst<br />
Kartoffeln<br />
Hülsenfrüchte<br />
Fette/Öle<br />
Milch/-produkte<br />
Fleisch/Fisch/Eier<br />
Getränke<br />
Gewürze/Kräuter/Sal<br />
z<br />
Süßungsmittel<br />
<br />
geeignete Lebensmittel<br />
Vollkornbrot, Vollkorntoast,<br />
Vollkornbrötchen, Vollkornzwieback,<br />
Vollkorngebäck, -kuchen, Pfannkuchen<br />
aus Vollkornmehl, Backwaren aus<br />
Vollkornmehl<br />
Vollkorn-Getreideflocken, Vollkornreis,<br />
Vollkornteigwaren, alle Getreidesorten<br />
wie Hirse, Grünkern, Gerste, Dinkel,<br />
Hafer, Quinoa und Getreidegerichte (z.B.<br />
Bratlinge), gekeimtes Getreide,<br />
Cornflakes und Frühstücksflocken aus<br />
Vollkorngetreide<br />
Frischgemüse, Frischobst, alle Sorten,<br />
naturreine Obst- und Gemüsesäfte,<br />
milchsaures Gemüse wie Sauerkraut,<br />
Tiefkühlprodukte<br />
Pellkartoffeln, Salzkartoffeln,<br />
selbstzubereiteter Kartoffelbrei aus<br />
frischen Kartoffeln<br />
Gerichte aus Hülsenfrüchten (Bohnen,<br />
Erbsen, Linsen, Kichererbsen), gekeimte<br />
Hülsenfrüchte<br />
ungehärtete Pflanzenmargarine, Butter,<br />
kaltgepresste naturreine Pflanzenöle<br />
(Sonnenblumenöl, Olivenöl, Distelöl,<br />
Rapsöl, Keimöle), Butterschmalz, Nüsse<br />
in Maßen<br />
Frischmilch, H-Milch, Joghurt, Sahne,<br />
Sauerrahm, Quark, Kefir, Dickmilch,<br />
Käse<br />
mageres Frischfleisch, Seefisch,<br />
Krabben, Eier, magere Wurstsorten<br />
Trinkwasser, Mineralwasser, Kräuterund<br />
Früchtetees, Fruchtsäfte,<br />
Gemüsesäfte, Getreidekaffee, Kaffee,<br />
schwarzer Tee, Bier, Wein (in Maßen)<br />
jodiertes u. fluoriertes Speisesalz und<br />
Kräutersalz, Sojasauce, Gemüsewürze,<br />
frische und getrocknete Kräuter und<br />
Gewürze<br />
Vollrohrzucker, kalt geschleuderter<br />
Honig, Apfel-, Birnendicksaft, nicht<br />
geschwefeltes Trockenobst (eingeweicht<br />
oder roh), Ahornsirup, Zucker und<br />
Fruchtzuckern in kleinen Mengen<br />
weniger geeignete<br />
Lebensmittel<br />
Weißbrot, helle Brötchen,<br />
normales Toastbrot,<br />
Kuchen und Gebäck aus<br />
Weißmehl, Mischbrot,<br />
Graubrot, Pfannkuchen<br />
aus Weißmehl<br />
Teigwaren aus hellem<br />
Mehl, geschälter (weißer)<br />
Reis, Cornflakes und<br />
Nicht-Vollkorn-<br />
Frühstücksflocken<br />
Gemüse- und<br />
Obstkonserven,<br />
Tiefkühlfertiggerichte,<br />
Fruchtsaftgetränke bzw.<br />
Fruchtnektare<br />
Pommes frites, Kroketten,<br />
Chips, Instant-<br />
Kartoffelbrei, Klöße aus<br />
Fertigmischung<br />
Hülsenfrüchte in<br />
Konserven<br />
gehärtete<br />
Pflanzenmargarine,<br />
gehärtetes Kokosfett,<br />
Plattenfette, Schmalz<br />
fertige Milchprodukte mit<br />
Fruchtzubereitungen,<br />
Sterilmilch, Kondensmilch,<br />
Schmelzkäse, Käse mit<br />
Zusatzstoffen<br />
Fleischkonserven,<br />
geräucherte und gepökelte<br />
Fleischwaren, Innereien,<br />
fette Fleisch- und<br />
Wurstsorten,<br />
Fischkonserven<br />
Limonade, Cola-Getränke,<br />
Fruchtsaftgetränke,<br />
Fruchtnektare,<br />
Sportlergetränke, Instant-<br />
Kakaogetränke, fertige<br />
Getränkemischungen wie<br />
Eistee, harte Alkoholika<br />
Würzsaucen mit<br />
Geschmackverstärkern<br />
(Glutamat)<br />
Zucker in größeren<br />
Mengen, Süßwaren,<br />
Süßigkeiten<br />
49
<strong>Vollwert</strong>ige <strong>Ernährung</strong> - Praktische Tipps<br />
Einstieg in die vollwertige <strong>Ernährung</strong><br />
Wer die liebgewordenen Gewohnheiten verlässt, braucht eine Weile, bis die<br />
neuen Gewohnheiten in Fleisch und Blut übergegangen sind. So ist es auch bei<br />
der Umstellung auf eine vollwertige <strong>Ernährung</strong>.<br />
Auch kann es zu Beginn zu "Unverträglichkeiten", z.B. Blähungen kommen,<br />
was auf den hohen Ballaststoffgehalt der vollwertigen <strong>Ernährung</strong><br />
zurückzuführen ist. Nach einer Gewöhnungsphase verschwinden diese jedoch<br />
in der Regel wieder.<br />
Sinnvoll ist, die <strong>Ernährung</strong> Schritt für Schritt auf eine vollwertige <strong>Ernährung</strong><br />
umzustellen. Das fällt leichter und vermeidet eventuelle Unverträglichkeiten.<br />
Praktische <strong>Ernährung</strong>stipps<br />
▪ Nicht nur dunkles Brot mit ganzen Körnern ist Vollkornbrot. Auch hellere<br />
Brotsorten, die aus dem feingemahlenen ganzen Korn gebacken wurden,<br />
sind Vollkornbrote. Sie sind leichter bekömmlich.<br />
▪ Getreideflocken und Müsli sind in feiner Form besser verträglich, besonders,<br />
wenn sie gekocht sind.<br />
▪ Gegarte Getreidesorten wie Hirse, Grünkern, Dinkel, Gerste oder Bulgur als<br />
Beilage sind leckere Alternativen zu Kartoffeln, Reis oder Nudeln.<br />
▪ Gemüse wird besser vertragen, wenn es in wenig Gemüsebrühe zart<br />
gedünstet wird.<br />
▪ Rohkost ist bekömmlicher, wenn sie fein geraspelt ist.<br />
▪ Rohes, püriertes Gemüse verfeinert Saucen und Suppen und liefert eine<br />
Extraportion Vitalstoffe.<br />
▪ Essen Sie auch zum Brot immer etwas Frisches wie z.B. Tomaten,<br />
Radieschen, Paprika, Karotten oder Gurkenscheiben.<br />
▪ 2 Liter Flüssigkeit pro Tag sind eine ganze Menge! Damit es leichter fällt:<br />
jede Stunde ein Glas trinken.<br />
▪ Nützen Sie die Obst- und Gemüseangebote der Saison, so wird Ihre<br />
Speisekarte abwechslungsreicher!<br />
▪ Auch Tiefkühlgemüse und -obst (nicht zubereitet, sondern nur blanchiert)<br />
enthalten viele Nährstoffe. Sie bieten eine Alternative zu Frischware,<br />
wenn die Zeit einmal knapp ist.<br />
Wichtig: Geschrotetes und eingeweichtes Getreide, z.B. für Müsli, sollte<br />
unbedingt in den Kühlschrank gestellt werden. Bei Zimmertemperatur bilden<br />
sich gesundheitsschädliche Keime.<br />
50
<strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> - Theorie<br />
<strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> - was heißt das?<br />
Definition<br />
Bei der <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> handelt es sich um ein ganzheitliches<br />
<strong>Ernährung</strong>skonzept, das in seinen Grundzügen auf Erkenntnissen und<br />
Erfahrungen von Professor Kollath ("Die Ordnung unserer Nahrung") basiert.<br />
Nach der sogenannten "Gießener Konzeption" wurden diese altbewährten<br />
Erfahrungen durch neuere ernährungswissenschaftliche Forschungsergebnisse<br />
ergänzt.<br />
Entstanden ist folgende wissenschaftliche Definition der <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong><br />
(Gießener Formel nach Leitzmann, v. Kürten, Männle):<br />
" <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> ist eine <strong>Ernährung</strong>sweise, in der ernährungsphysiologisch<br />
wertvolle Lebensmittel schmackhaft und abwechslungsreich zubereitet werden.<br />
Sie besteht vornehmlich aus pflanzlichen Lebensmitteln - Vollgetreide, Gemüse<br />
und Obst, möglichst aus kontrolliertem Anbau - sowie Milch und<br />
Milchprodukten. Etwa die Hälfte der Lebensmittel wird als Frischkost verzehrt;<br />
Fleisch und Eier spielen eine untergeordnete Rolle.<br />
<strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> unterscheidet sich von üblicher Mischkost durch das<br />
Vermeiden übertriebener Be- und Verarbeitung der Lebensmittel sowie durch<br />
das Vermeiden von Zusatzstoffen."<br />
Ansprüche der <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong><br />
"Gesundheitlich wertvoll"<br />
Die Zusammenhänge zwischen <strong>Ernährung</strong> und Gesundheit sind heute<br />
allgemein bekannt. Somit wirkt sich die Auswahl der Nahrung direkt auf den<br />
Aufbau und die Erhaltung des Körpers aus. Wenn wir uns über einen längeren<br />
Zeitraum falsch ernähren, laufen wir Gefahr, krank zu werden. Bei der<br />
Umstellung auf eine gesunderhaltende <strong>Ernährung</strong> lässt sich das Risiko für<br />
ernährungsabhängige Erkrankungen deutlich reduzieren.<br />
Die <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> erhebt den Anspruch einer zeitgemäßen<br />
<strong>Ernährung</strong>sweise, die "gesundheitlich wertvoll ist", also den Körper mit allen<br />
notwendigen Nährstoffen in ausreichender Weise versorgt und so die<br />
Grundlage für Gesundheit, körperliche und geistige Leistungsfähigkeit,<br />
Wohlbefinden und die Stärkung der eigenen Abwehrkräfte bildet.<br />
Sie setzt mit ihren Empfehlungen die wissenschaftlichen Kenntnisse über eine<br />
bedarfsgerechte <strong>Ernährung</strong> in die Praxis um.<br />
Umweltverträglichkeit<br />
Neben den gesundheitlichen Aspekten bezieht die Gießener Konzeption der<br />
<strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> auch ökologische Aspekte mit ein. Jede <strong>Ernährung</strong>sweise<br />
hat unmittelbare Auswirkungen auf die Umwelt, wobei sich die Umwelt<br />
(Wasser, Luft und Boden) wiederum auf die Lebensmittelqualität und somit auf<br />
unsere Gesundheit auswirkt.<br />
<br />
51
Die <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> ist eine umweltbewusste <strong>Ernährung</strong>sweise. Die<br />
Lebensmittel sollen überwiegend aus ökologischer Produktion stammen. Ferner<br />
sollen sie umweltfreundlich verarbeitet, vermarktet und verpackt sein.<br />
Sozialverträglichkeit<br />
Ziel der <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> ist außerdem, die soziale Gerechtigkeit weltweit zu<br />
fördern. So ist die Lage der Welternährungssituation genauso von Bedeutung<br />
wie die Existenzsituation kleiner Bauern und Agrarerzeuger. Ein Anliegen der<br />
Befürworter der <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> ist u.a. die Erzielung fairer Preise für<br />
Exportprodukte (z.B. Kaffee) aus sog. Drittweltländern.<br />
Unterschied zur "vollwertigen <strong>Ernährung</strong>"<br />
Die <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> nach der Gießener Formel unterscheidet sich<br />
hauptsächlich in den oben aufgeführten Punkten 2 und 3 von der "vollwertigen<br />
<strong>Ernährung</strong>" nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für <strong>Ernährung</strong><br />
(DGE).<br />
Bei der vollwertigen <strong>Ernährung</strong> sind hauptsächlich gesundheitliche Aspekte von<br />
Bedeutung.<br />
<strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> - Theorie<br />
Grundsätze der <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong><br />
Keine karge Körnerkost<br />
<strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> ist nicht - wie viele glauben - eine "bittere Medizin" oder<br />
"karge Körnerkost". Hier geht es nicht um "Körnerpicken" oder um<br />
Kalorienzählen, sondern um eine gesunde <strong>Ernährung</strong>sweise, die dem Körper<br />
das gibt was er braucht und darüber hinaus noch soziale und ökologische<br />
Kriterien berücksichtigt.<br />
Bei der <strong>Vollwert</strong>-Kost handelt es sich um eine sehr schmackhafte Küche, die<br />
immer mehr Anhänger findet. In der Regel ist sie vielseitiger und<br />
abwechslungsreicher als die so genannte "gutbürgerliche Küche". Sie bietet<br />
eine Fülle von Möglichkeiten, alles was Feld und Garten zu bieten haben, zu<br />
leckeren und gesunden Gerichten zu verarbeiten.<br />
Grundprinzipien<br />
▪ Hauptbestandteil der <strong>Ernährung</strong> sind pflanzliche Lebensmittel (überwiegend<br />
lakto-vegetabil = vegetarisch), ergänzt durch Milch und Milchprodukte.<br />
▪ Isolierte und raffinierte Produkte (z.B. Zucker) sind zu meiden, da sie "leere"<br />
Kalorienträger sind. Sie enthalten hauptsächlich Energie und keine<br />
nennenswerten Vitamine oder Mineralstoffe.<br />
▪ Bevorzugt werden frische Lebensmittel, die kaum bzw. nicht verarbeitetet<br />
sind. Motto: "Lasset Eure Nahrung so natürlich wie möglich" (Kollath).<br />
Denn Verarbeitung zerstört Inhaltsstoffe.<br />
▪ Die <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> enthält nur geringe Mengen an tierischen Produkten<br />
(Fleisch, Fisch, Eier).<br />
52
▪ Die hauptsächlich verwendeten Nahrungsmittel sind Vollkornprodukte,<br />
Gemüse, Obst, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Milch und Milchprodukte.<br />
▪ Etwa die Hälfte der Nahrungsmenge besteht aus unerhitzter Frischkost<br />
(Rohkost, frischem Obst, Getreidebrei).<br />
▪ Die Zubereitung sollte schonend und mit wenig Fett erfolgen.<br />
▪ Nahrungsmittel mit Zusatzstoffen sollen gemieden werden.<br />
▪ Nahrungsmittel, die mit Hilfe bestimmter Technologien (Gentechnik,<br />
Lebensmittelbestrahlung, Food Design) hergestellt sind, sollen gemieden<br />
werden.<br />
▪ Die verwendeten Produkte stammen überwiegend aus anerkannt<br />
ökologischer Landwirtschaft.<br />
▪ Bevorzugt eingesetzt werden Erzeugnisse aus der Region und entsprechend<br />
der Jahreszeit.<br />
▪ Es sollen möglichst unverpackte oder umweltschonend verpackte<br />
Lebensmittel eingekauft werden.<br />
▪ Bevorzugt werden landwirtschaftliche Erzeugnisse, die unter<br />
sozialverträglichen Bedingungen erzeugt, verarbeitet und vermarktet<br />
wurden.<br />
Allgemeine Empfehlungen<br />
Reichlich Frischkost<br />
Die zugeführte Nahrung sollte sich zusammensetzen aus:<br />
▪ 50% Frischkost<br />
▪ 50% erhitzte Kost<br />
Beispiele Frischkost<br />
▪ Frischkornbrei, Nüsse, Vorzugsmilch und -milchprodukte<br />
▪ Frisches Gemüse<br />
▪ Frisches Obst<br />
Beispiele erhitzte Kost<br />
▪ Kartoffeln<br />
▪ gegartes Getreide<br />
▪ gedünstetes Gemüse<br />
▪ gekochtes Fleisch<br />
▪ erhitzte Milchprodukte<br />
Ausgewogene Energiezufuhr<br />
Die Nahrungsmenge (Energiegehalt) sollte Ihrem Bedarf angemessen sein. So<br />
werden Sie weder über- noch untergewichtig. Nähere Informationen hierzu<br />
finden Sie auf den Seiten zum Thema Übergewicht.<br />
Vielfalt<br />
Je vielfältiger die Speisen und Mahlzeiten zusammengesetzt sind, um so mehr<br />
Nährstoffe erhalten Sie, denn kein Lebensmittel liefert alle Nährstoffe in<br />
ausreichender Menge. Damit der Körper alle erforderlichen Nährstoffe erhält,<br />
müssen die Lebensmittel miteinander kombiniert werden.<br />
<br />
53
Ausreichend Flüssigkeit<br />
Täglich 1,5 bis 2 Liter Flüssigkeit sollten es sein. Welche Getränke geeignet<br />
sind, erfahren Sie in der Lebensmittelauswahl für die <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong>.<br />
Kaffee und schwarzer Tee sind Genussmittel, die eigentlich nicht in die<br />
<strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> gehören. Deshalb sollten sie, wenn überhaupt, nur in<br />
kleinen Mengen, gelegentlich und möglichst nicht zu den Hauptmahlzeiten<br />
getrunken werden. Sie enthalten Stoffe, die die Vitamin- und<br />
Mineralstoffaufnahme ins Blut verhindern.<br />
Wenig Süßes<br />
Zucker sowie Lebensmittel und Getränke, die Zucker enthalten, stehen heute<br />
bei vielen Menschen auf der Beliebtheitsskala ganz oben. Zucker hat eine ganz<br />
geringe Nährstoffdichte, enthält also kaum lebensnotwendige Nährstoffe.<br />
In der <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> wird empfohlen, die Geschmacksschwelle für süß zu<br />
senken und den Verzehr von süßen Lebensmitteln stark einzuschränken. Das<br />
geschieht am leichtesten, wenn man eine Weile auf alles Süßschmeckende<br />
verzichtet.<br />
Wer häufig und zu viel Süßes isst, lässt dafür andere Lebensmittel mit hohem<br />
Nährstoffgehalt ungeachtet, was zu Mangelerscheinungen führen kann.<br />
Außerdem bringt Zucker den Blutzuckerspiegel aus dem Gleichgewicht,<br />
wodurch der Hunger schneller wiederkommt.<br />
Übrigens sind sogenannte alternative Süßungsmittel wie Honig, brauner<br />
Zucker, Melasse, Zuckerrübensirup usw. ähnlich nährstoffarm wie der<br />
"normale" Zucker und sind daher ebenfalls nur eingeschränkt zu verwenden.<br />
Mehrere kleinere Mahlzeiten<br />
Anstelle drei großer ist es empfehlenswerter fünf kleinere (!) Mahlzeiten<br />
einzunehmen. Wichtig ist jedoch, sich bei den Hauptmahlzeiten<br />
zurückzuhalten, denn sonst kann es zu viel werden.<br />
Dadurch werden Leistungstiefs durch zu große Pausen zwischen den<br />
Mahlzeiten vermieden, und die Verdauungsorgane werden weniger belastet.<br />
Außerdem sind kleinere Mahlzeiten bekömmlicher und machen nicht so müde.<br />
Obst und Milchprodukte eignen sich besonders gut als Zwischenmahlzeit!<br />
Schmackhafte und nährstoffschonende Zubereitung<br />
Nicht nur die bewusste Auswahl der Lebensmittel ist für eine vollwertige<br />
<strong>Ernährung</strong> wichtig, sondern auch die Lagerung und Zubereitung.<br />
Viele lebensnotwendige Inhaltsstoffe sind sehr empfindlich gegenüber<br />
Sauerstoff, Licht, Hitze und Wasser. Durch eine falsche Lagerung,<br />
unsachgemäße Vorbereitung und Zubereitung werden viele Nährstoffe zerstört.<br />
Lagern Sie frische Lebensmittel wie z.B. Obst und Gemüse dunkel und kühl.<br />
Zerkleinern Sie es erst nach dem Waschen und verarbeiten Sie es sofort, ohne<br />
es lange in Wasser liegen zu lassen. Halten Sie zubereitete Speisen nicht<br />
warm, sondern kühlen Sie sie rasch ab und erwärmen Sie diese bei Bedarf<br />
wieder.<br />
54
<strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> - Praxis<br />
Kriterien für die Lebensmittelauswahl<br />
Allgemein<br />
<strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> fängt mit der richtigen Auswahl der Lebensmittel an. Vor<br />
allem sollten sie frisch sein. Aber auch die schonende Zubereitung ist wichtig,<br />
damit wertvolle Inhaltsstoffe erhalten bleiben.<br />
In der <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> werden Lebensmittel (z.B. Vollkornbrot) bzw.<br />
Lebensmittelgruppen (z.B. Milchprodukte) empfohlen und nicht einzelne<br />
Nährstoffe. Das ist zum einen sinnvoll, denn wir essen ja keine einzelnen<br />
Nahrungsbestandteile (wie z.B. Eiweiß) und zum anderen einfach und<br />
praktikabel, ohne Kalorien- bzw. Nährstoffberechnung.<br />
Die von der Deutschen Gesellschaft für <strong>Ernährung</strong> (DGE) herausgegebenen<br />
Empfehlungen für die Nährstoffzufuhr (sie enthält die empfohlenen Mengen an<br />
Nährstoffen, Vitaminen, Mineralstoffen, Ballaststoffen, Kalorien für die<br />
einzelnen Verbrauchergruppen) werden bei der Praktizierung der <strong>Vollwert</strong>-<br />
<strong>Ernährung</strong> erfüllt.<br />
Ferner gibt es keine Verbote, sondern Empfehlungen für die<br />
Lebensmittelauswahl, die Verantwortung liegt bei jedem selbst, welche<br />
Nahrungsmittel er bevorzugt verzehrt bzw. meidet.<br />
Wann ist ein Lebensmittel wertvoll?<br />
Um beurteilen zu können, ob ein Lebensmittel als "wertvoll" und somit für die<br />
<strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> empfehlenswert einzustufen ist, sind verschiedene<br />
Kriterien maßgebend, die wesentlichsten sind im Folgenden aufgeführt.<br />
Kriterium "Verarbeitungsgrad"<br />
Entscheidendes Kriterium bei der Lebensmittelauswahl ist die<br />
ernährungsphysiologische Qualität (Inhaltsstoffe) bzw. der Verarbeitungsgrad.<br />
So hängt der Nährstoffgehalt eines Nahrungsmittels, v.a. der Gehalt an<br />
Vitaminen und Spurenelementen, vom Verarbeitungsgrad ab. Je stärker ein<br />
Nahrungsmittel be- oder verarbeitet wurde, umso weniger Nährstoffe enthält<br />
es, da bei der Bearbeitung viele wertvolle Inhaltsstoffe verloren gehen.<br />
Beispiel Getreidebrei kontra Toastbrot (aus hellem Mehl):<br />
Beim Getreidebrei wird das ganze Korn geschrotet, das Schrot eine Weile in<br />
Flüssigkeit quellen lassen und im Anschluss, meist angereichert mit weiteren<br />
Zutaten, verzehrt.<br />
Fazit: Die Inhaltstoffe des Korns bleiben weitgehend erhalten.<br />
Das Toastbrot wird aus ausgemahlenem Mehl (Typ 405) gebacken. Hierzu wird<br />
das Korn geschält und fein gemahlen. Das Mehl wird dann so lange gesiebt, bis<br />
keine Kleieanteile mehr enthalten sind. Anschließend wird es gebleicht.<br />
Fazit: Durch das Schälen des Korns wird die wertvolle Schale des Korns, in der<br />
viele Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe sitzen, entfernt. Weitere<br />
Verluste entstehen durch das Bleichen des Mehls sowie durch den Backprozess.<br />
<br />
55
Kriterium "Nährstoffdichte"<br />
Ein weiteres Kriterium für die Beurteilung eines Nahrungsmittels ist die<br />
Nährstoffdichte. Sie gibt das Verhältnis zwischen Energiegehalt und<br />
Nährstoffgehalt (z.B. eines Mineralstoffes) an. Je höher der Nährstoffgehalt in<br />
einem Lebensmittel, bezogen auf den Brennwert (Kilokalorie) ist, um so größer<br />
ist die Nährstoffdichte und damit der gesundheitliche Wert.<br />
Kriterium "Ökologie und Soziales"<br />
Außerdem werden, wie bereits in den Grundsätzen der <strong>Vollwert</strong>- <strong>Ernährung</strong><br />
dargelegt, ökologische und soziale Aspekte bei der Beurteilung eines<br />
Lebensmittels berücksichtigt. Ein Salat, der im Winter im Treibhaus<br />
herangezogen wurde, ist z.B. nicht als empfehlenswertes Lebensmittel<br />
einzustufen, da für seine Entstehung einerseits große Energiemengen<br />
erforderlich sind, andererseits der Salat unerwünscht stark mit Nitrat belastet<br />
ist.<br />
Wertstufen<br />
Seit Professor Kollath existiert die Einteilung der Lebensmittel in Wertstufen,<br />
dargestellt in einer Tabelle. Die Wertstufeneinteilung wurde seitdem mehrfach<br />
modifiziert und den heutigen Gegebenheiten angepasst.<br />
Die Kriterien für die Einteilung sind wie oben aufgeführt:<br />
▪ Gesundheitsverträglichkeit bzw. ernährungsphysiologische Aspekte (Vitamin-<br />
, Mineralstoffgehalt etc.)<br />
▪ Umweltverträglichkeit<br />
▪ Sozialverträglichkeit<br />
Ein kurzer und unvollständiger Auszug der Tabelle gibt Ihnen einen Einblick in<br />
die Wertstufen-Einteilung.<br />
Wertstufen<br />
Verarbeitungsgra<br />
d<br />
Mengenempfehlun<br />
g<br />
Getreide<br />
Gemüse<br />
1 / 2 sehr<br />
empfehlenswert<br />
nicht/gering (1) bzw.<br />
mäßig (2) verarbeitete LM<br />
etwa die Hälfte der<br />
Nahrungsmenge<br />
gekeimtes Getreide<br />
Vollkornschrot<br />
frisch gequetschte<br />
Flocken<br />
Vollkorngerichte<br />
Vollkornprodukte<br />
(Nudeln, Backwaren)<br />
Frischgemüse<br />
Frischobst<br />
milchsaure Gemüse<br />
erhitztes Gemüse<br />
erhitztes Obst<br />
Tiefkühlgemüse<br />
Tiefkühlobst<br />
3 weniger<br />
empfehlenswert<br />
stark verarbeitete LM<br />
(v.a. konserviert)<br />
nur selten verzehren<br />
Nicht-<br />
Vollkornprodukte<br />
(z.B. Weißbrot,<br />
Graubrot), helle<br />
Nudeln,<br />
geschälter Reis<br />
Gemüsekonserven<br />
Obstkonserven<br />
4 nicht<br />
empfehlenswe<br />
rt<br />
übertrieben<br />
verarbeitete LM und<br />
Präparate<br />
möglichst meiden<br />
Getreidestärke<br />
(z.B. Maisstärke)<br />
Ballaststoffpräparat<br />
e (z.B. Kleie)<br />
Vitaminpräparate<br />
Mineralstoffpräpara<br />
te<br />
Tiefkühlfertiggericht<br />
e<br />
56
<strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> - Praxis<br />
Lebensmittelauswahl in der Praxis<br />
Anhand der folgenden Tabellen ist ersichtlich, welche Lebensmittel in der<br />
<strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong> geeignet und welche ungeeignet sind.<br />
Getreide und Getreideprodukte<br />
geeignet<br />
Brot und Backwaren aus<br />
Vollkornmehl<br />
Naturreis<br />
gekeimtes Getreide<br />
Müsli aus Getreideflocken<br />
Vollkorngerichte (z.B.<br />
Getreidebratlinge)<br />
ungeeignet<br />
Brot und Backwaren aus Weißmehl, Graubrot, Mischbrot<br />
geschälter Reis, weißer Reis<br />
Frühstücksflocken, Cornflakes (aus Weißmehl und mit<br />
Zuckerzusatz)<br />
Fertigmüsli mit Zucker, Schokoladenstückchen etc.<br />
Fertiggerichte<br />
Gemüse und Obst<br />
geeignet<br />
Frischgemüse als Rohkost<br />
Salate<br />
gedünstetes Gemüse<br />
milchsaures Gemüse<br />
Frischobst<br />
gekochte Kartoffeln, möglichst<br />
als Pellkartoffeln<br />
Tiefkühlgemüse*, Tiefkühlobst*<br />
* nur mäßig oder selten verwenden<br />
ungeeignet<br />
Gemüsekonserven<br />
Obstkonserven<br />
Tiefkühlfertiggerichte<br />
Mineralstoffpräparate<br />
Vitaminpräparate<br />
Fertigmischungen (z.B. Knödelmischungen), Kartoffeln im<br />
Glas, Pommes frites, Chips<br />
Hülsenfrüchte<br />
geeignet<br />
gekeimte Hülsenfrüchte<br />
gegarte Hülsenfrüchte<br />
ungeeignet<br />
Sojaprodukte (Tofu, Sojaprotein, Fertigmischungen etc.)<br />
Nüsse, Fette, Öle<br />
<br />
geeignet<br />
Nüsse*, Mandeln*<br />
Ölsaaten (Sonnenblumenkerne, Sesam, Kürbiskerne)<br />
Oliven<br />
native, kaltgepresste Öle<br />
ungehärtete Pflanzenmargarine, überwiegend aus<br />
kaltgepressten Ölen hergestellt, ungehärtetes<br />
Kokosfett<br />
Butter<br />
* nur mäßig oder selten verwenden<br />
gesalzene Nüsse<br />
ungeeignet<br />
extrahierte und raffinierte Öle<br />
gehärtete Pflanzenmargarine, gehärtetes<br />
Kokosfett, Palmkernfett, Butterschmalz*<br />
57
Milch und Milchprodukte<br />
geeignet<br />
Vorzugsmilch, pasteurisierte<br />
Vollmilch<br />
Milchprodukte ohne Zutaten:<br />
Quark, Naturjoghurt, Kefir,<br />
Dickmilch, Buttermilch<br />
Käse ohne Zutaten, bevorzugt<br />
aus Rohmilch<br />
ungeeignet<br />
H-Milch, Sterilmilch, Kondensmilch, Milchpulver, Milchimitate,<br />
Milchzucker<br />
Milchprodukte mit Zutaten:<br />
Quarkzubereitungen, Joghurt, Dickmilch, Buttermilch, Molke<br />
mit Zucker und F rüchten etc.<br />
Schmelzkäse, Käsezubereitungen, Käseimitate<br />
Fleisch, Fisch, Eier<br />
geeignet<br />
Fleisch (max. 2x/Woche)<br />
Fisch (max. 2x/Woche)<br />
Eier (max. 2/Woche)<br />
ungeeignet<br />
Fleischwaren, Fleischkonserven, Innereien, Wurst, Wurstwaren<br />
Fischwaren, Fischkonserven<br />
Eipulver<br />
Getränke<br />
geeignet<br />
Quellwasser, Trinkwasser*<br />
natürliches Mineralwasser<br />
Kräuter- und Früchtetee<br />
naturreine Fruchtsäfte (verdünnt)<br />
naturreine Gemüsesäfte (verdünnt)<br />
Getreidekaffee<br />
ungeeignet<br />
Tafelwasser<br />
Instantgetränke, Sportlergetränke<br />
Fruchtsaftgetränke, Fruchtnektare<br />
unverdünnte Obst- und Gemüsesäfte, Gemüsegetränke<br />
(Bohnenkaffee*, schwarzer Tee*)<br />
Bier, Wein, Spirituosen<br />
Instant-Kakao, Kakao*<br />
* nur gelegentlich und in kleinen Mengen, Produkte aus fairem Handel und ökologischem Anbau<br />
verwenden<br />
Gewürze, Kräuter, Salz<br />
geeignet<br />
frische und getrocknete Kräuter<br />
jodiertes Meer- und Speisesalz<br />
jodiertes Kräutersalz<br />
Miso<br />
Senf<br />
ungeeignet<br />
Aromastoffe (natürliche, naturidentische, künstliche)<br />
Geschmacksverstärker (Glutamat)<br />
nichtjodiertes Meer- und Kräutersalz, Kochsalz<br />
Süßungsmittel<br />
geeignet (in Maßen)<br />
Honig (nicht<br />
wärmegeschädigt)<br />
Apfel- und Birnendicksaft<br />
Vollrohrzucker<br />
Ahornsirup<br />
Zuckerrübensirup<br />
Trockenobst (ungeschwefelt,<br />
eingeweicht)<br />
frisches, süßes Obst<br />
ungeeignet<br />
Isolierter Zucker (z.B. Haushaltszucker, Traubenzucker,<br />
Fruchtzucker, Milchzucker)<br />
künstliche Süßstoffe<br />
Süßwaren (Bonbons, Lakritz etc.)<br />
Zuckeraustauschstoffe<br />
geschwefeltes Trockenobst<br />
kandiertes Trockenobst<br />
58
Einstieg in die <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong><br />
Aller Anfang ist schwer<br />
Wer die liebgewordenen Gewohnheiten verlässt, braucht eine Weile, bis die<br />
neuen Einstellungen in Fleisch und Blut übergegangen sind. So ist es auch bei<br />
der Umstellung auf die <strong>Vollwert</strong>-<strong>Ernährung</strong>. Durch den hohen Ballaststoffgehalt<br />
kann es zu Beginn zu unangenehmen Begleiterscheinungen (z.B. Blähungen)<br />
kommen. Nach einer Gewöhnungsphase verschwinden diese jedoch in der<br />
Regel wieder. Sinnvoll ist, die <strong>Ernährung</strong> Schritt für Schritt umzustellen, das<br />
fällt leichter und vermeidet eventuelle Unverträglichkeiten. Bei anfänglichen<br />
Unsicherheiten, welche Lebensmittel empfehlenswert sind und welche nicht, ist<br />
es oft hilfreich, wenn man ein geeignetes Buch zur Hand hat, in dem sich diese<br />
Infos nachlesen lassen.<br />
Praktische Tipps<br />
Getreide<br />
Verzehrsempfehlungen<br />
▪ Frischkornbrei oder Müsli aus geschrotetem Getreide oder Getreideflocken<br />
▪ Ganze Körner gegart als Beilage zu Gemüse, Fisch usw. oder als Füllung für<br />
Kohlblätter, Paprikaschoten oder Tomaten<br />
▪ Getreide (v.a. Grünkern und Gerste) ergibt zusammen mit Gemüse<br />
schmackhafte Suppen<br />
▪ Gekeimte Körner geben Salaten und belegten Broten eine neue Note und<br />
viele Vitamine und Mineralstoffe<br />
Einkauftipps<br />
▪ Kaufen Sie nur gereinigtes Getreide aus kontrolliert ökologischem Anbau,<br />
möglichst frisch<br />
▪ Kaufen Sie möglichst nur Vollkornmehl oder mahlen Sie Ihr Mehl kurz vor der<br />
Verarbeitung selbst<br />
▪ Kaufen Sie Mengen, die Sie in kurzer Zeit verbrauchen<br />
▪ Mischen Sie Ihr Müsli selbst<br />
▪ Einkaufsquellen: Bioläden, Reformhäuser, Mühlen<br />
Gemüse/Obst<br />
Verzehrsempfehlungen<br />
▪ Essen Sie täglich Rohkost bzw. einen Salat.<br />
▪ Auch aus gegartem Gemüse lassen sich köstliche Salate herstellen.<br />
▪ Schneiden oder raspeln Sie den Salat bzw. das Gemüse sofort in die<br />
Marinade.<br />
▪ Dünsten Sie Gemüse nur kurz, in wenig Wasser und verwenden Sie das<br />
Garwasser für Saucen oder Suppen.<br />
▪ Eine Suppe aus vielen verschiedenen Gemüsesorten, evt. ergänzt mit<br />
Getreide, Kartoffeln oder Hülsenfrüchten, schmeckt zu jeder Jahreszeit.<br />
▪ Aus Gemüse lassen sich viele leckere Gerichte zaubern, z.B. Aufläufe,<br />
gefülltes Gemüse, Gemüse im Wok, Gemüsestrudel, Gemüserouladen,<br />
Gemüse-Getreidepuffer, Gemüsepizza, Gemüse-Reis oder -Getreide-<br />
Pfanne.<br />
<br />
59
▪ Als Beilage schmeckt Gemüse am besten, wenn es kurz gedünstet mit etwas<br />
Butter und Kräutern verfeinert und mit wenig gehackten Nüssen,<br />
Pinienkernen oder Pistazien bestreut serviert wird.<br />
▪ Obst schmeckt immer und eignet sich v.a. als Zwischenmahlzeit<br />
▪ Aus Obst lassen sich leckere Obstsalate zaubern, die jedem schmecken<br />
Einkauftipps<br />
▪ Kaufen Sie Obst und Gemüse immer frisch und möglichst aus kontrolliert<br />
ökologischem Anbau.<br />
▪ Bevorzugen Sie Erzeugnisse aus regionaler Herkunft und entsprechend der<br />
Jahreszeit.<br />
▪ Bevorzugen Sie Freilandware.<br />
▪ Kaufen Sie Obst und Gemüse lose, nicht in Folie oder Beuteln abgepackt.<br />
▪ Lagern Sie Obst und Gemüse dunkel und kühl.<br />
▪ Einkaufsquellen: Märkte, Bioläden, ggf. Lebensmittelläden oder direkt beim<br />
Erzeuger<br />
Hülsenfrüchte<br />
Verzehrsempfehlungen<br />
▪ Zu Suppen und Eintöpfen sind sie seit eh und je ein sättigender Genuss.<br />
▪ Die moderne Küche hat die traditionelle Verwendung um viele schmackhafte<br />
Rezepte ergänzt, z.B. gegarte Hülsenfrüchte auf bunten Blatt- oder<br />
Gemüsesalaten.<br />
▪ Gegarte Bohnen und Linsen lassen sich gut kalt, z.B. mit einer Marinade aus<br />
Olivenöl, Essig und Knoblauch anrichten.<br />
▪ Aus gegarten Hülsenfrüchten lassen sich, zusammen mit anderen Zutaten,<br />
schmackhafte vegetarische Brotaufstriche herstellen.<br />
▪ Die asiatische, indische oder südamerikanische Küche wartet mit vielerlei<br />
Rezeptideen.<br />
▪ Außer Bohnen und den bekannten braunen Linsen gibt es viele weitere<br />
Hülsenfrüchte, z.B. Kidneybohnen, rote und schwarze Linsen sowie<br />
Kichererbsen.<br />
▪ Geben Sie erst nach dem Garen Salz, Essig oder Gewürze hinzu, denn sonst<br />
bleiben Hülsenfrüchte hart.<br />
Einkauftipps<br />
▪ Kaufen Sie Hülsenfrüchte möglichst aus kontrolliert ökologischem Anbau.<br />
▪ Lagern Sie Hülsenfrüchte nicht zu lange.<br />
▪ Einkaufsquellen: Bioläden, Reformhäuser<br />
Nüsse/Öle<br />
Verzehrsempfehlungen<br />
▪ Gehen Sie mit Fetten und Ölen sparsam um, denn zu viel Fett macht fett!<br />
▪ Geben Sie pflanzlichen Fetten und Ölen mit mehrfach- und einfach<br />
ungesättigten Fettsäuren den Vorzug.<br />
▪ Nüsse, Nussmus, Ölsaaten (z.B. Sesam, Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne)<br />
sind wertvolle Nahrungsmittel und ergänzen z.B. Salate, Brote oder<br />
Müsli. Aber: In Maßen verwenden!<br />
▪ An Gemüse und Salat gehört immer etwas Fett, damit die fettlöslichen<br />
Vitamine aufgenommen werden können.<br />
60
Einkauftipps<br />
▪ Kaufen Sie nur native, kaltgepresste und nicht raffinierte Öle.<br />
▪ Lagern Sie Öle dunkel und nicht zu warm.<br />
▪ Kaufen Sie Butter aus heimischen Landen.<br />
▪ Kaufen Sie ungehärtete Pflanzenmargarine (sowie ungehärtetes Kokosfett).<br />
▪ Einkaufsquellen: Reformhäuser, Bioläden, Lebensmittelläden<br />
Milch und Milchprodukte<br />
Verzehrsempfehlungen<br />
▪ Gelöffelt, getrunken, aufs Brot gestrichen - mit Milch und Milchprodukten<br />
lässt sich viel machen.<br />
▪ Die biologische Wertigkeit von pflanzlichen Lebensmitteln lässt sich steigern,<br />
wenn sie zusammen mit einem Milchprodukt verzehrt werden. Das ist<br />
besonders für Vegetarier sehr wichtig, da sie durch den Verzicht von<br />
Fleisch (und evt. Fisch) in der Regel weniger Eiweiß aufnehmen.<br />
▪ Mit Käse lässt sich mehr machen als nur aufs Brot legen. Aufläufe,<br />
Nudelgerichte, Gemüse - mit Käse lässt sich vieles überbacken.<br />
▪ Auch zu den meisten Salaten passt und schmeckt Käse.<br />
▪ Besonders wertvoll und bekömmlich sind gesäuerte Milchprodukte.<br />
Einkauftipps<br />
▪ Nutzen Sie beim Einkauf von Milchprodukten Pfandsysteme.<br />
▪ Kaufen Sie Milch und Milchprodukte aus heimischen Landen und aus näherer<br />
Umgebung (kurze Transportwege).<br />
▪ Einkaufsquellen: Bioläden, Reformhäuser, Lebensmittelläden<br />
Fleisch, Fisch und Eier<br />
Verzehrsempfehlungen<br />
▪ Bis zu zwei Fleischmahlzeiten pro Woche.<br />
▪ Bevorzugen Sie bei der Zubereitung von Fleisch und Fisch fettarme<br />
Garmethoden wie Dünsten, Grillen, Kochen oder Garen in der Folie.<br />
▪ Fisch schmeckt besonders gut, wenn er auf einem Gemüsebett mitgedünstet<br />
wurde.<br />
Einkauftipps<br />
▪ Beziehen Sie Fleisch möglichst vom Bio-Metzger oder direkt vom Bauernhof.<br />
▪ Kaufen sie Geflügel und Eier aus Freilandhaltung.<br />
Neuartige Lebensmittel - Allgemeine Informationen<br />
Einleitung<br />
In heutiger Zeit werden Verbraucher zunehmend mit neuen, internationalen<br />
Begriffen wie z.B. Novel Food, Functional Food, Designer Food etc.<br />
konfrontiert.<br />
Das sind u. a. Lebensmittel, die aufgrund bestimmter Effekte, z.B.<br />
Gesundheitsförderung, gelobt und besonders empfohlen werden. Schon<br />
deshalb ist ein Überblick über die Bedeutung dieser Begriffe von Vorteil, um<br />
persönlich eine Abschätzung und eine Bewertung hinsichtlich dieser<br />
Lebensmittel treffen zu können.<br />
<br />
61
Designer Food<br />
Dabei handelt es sich um eine 1989 geprägte Bezeichnung für Lebensmittel,<br />
die auf bestimmte Bedürfnisse abgestimmt sind, so z.B. Elektrolytgetränke für<br />
Sportler.<br />
Als Synonym wird auch der gängigere Begriff "Functional Food" verwendet.<br />
Functional Food<br />
Diese Lebensmittel sollen neben ihrem Nähr- und Geschmackswert einen<br />
mittel- oder langfristigen gesundheitsfördernden Effekt besitzen, d. h. eine<br />
nachweislich positive Funktion hinsichtlich der Gesundheit, der physischen<br />
Leistungsfähigkeit oder des Wohlbefindens ausüben. Zusätzlich sollen sie das<br />
Risiko für bestimmte Erkrankungen senken und (zumindest in einigen Fällen)<br />
bereits bestehende Erkrankungen therapieren.<br />
Beispiele für Functional Food sind:<br />
▪ Probiotika, die in Form von Milchprodukten angeboten werden<br />
▪ bestimmte Ballaststoffe<br />
▪ Lebensmittel mit einem höheren Gehalt an Antioxidantien (A-C-E-Getränke)<br />
oder Omega-3-Fettsäuren<br />
▪ Nahrungsmittel mit zusätzlichen Sekundären Pflanzenstoffen<br />
▪ Produkte aus der Convenience-Food-Reihe (z.B. tiefgefrorene<br />
Gemüseprodukte)<br />
Als potentielle Functional Food-Substanzen gelten bestimmte bioaktive Stoffe<br />
und zahlreiche Produkte tierischer Lebensmittel, deren Wirkungen momentan<br />
aber noch erforscht werden.<br />
Für die Bezeichnung "Functional Food" existiert in Deutschland, der EU und in<br />
den USA momentan noch keine rechtliche Grundlage. Das ist auch der Grund,<br />
weshalb noch keine genaue Unterscheidung zwischen funktionellen und<br />
traditionellen Lebensmitteln gemacht werden kann und die Definition je nach<br />
Herkunftsland variiert. So kann Functional Food z.B. in den USA auch<br />
synthetische Substanzen enthalten.<br />
Nutraceuticals<br />
Zur Bezeichnung der wertgebenden Inhaltsstoffe, die in Functional Food<br />
vorkommen und physiologisch wirksam sind, wird der Begriff Nutraceuticals<br />
(biologisch aktive Verbindungen) verwendet.<br />
Dabei handelt es sich um Nahrungsmittelbestandteile, die von medizinischem<br />
und gesundheitlichem Nutzen sind, d. h. deren Verwendung prophylaktisch<br />
bzw. therapeutisch sein kann.<br />
Als Beispiel können z.B. Antioxidantien, Ballaststoffe und Sekundäre<br />
Pflanzenstoffe genannt werden, denen u. a. Wirkungen wie die Regulierung des<br />
Cholesterin- und Blutzuckerspiegels, Minderung des Krebsrisikos etc.<br />
zugesprochen werden.<br />
62
Pro-, Pre- und Synbiotika<br />
Mittlerweile gibt es eine Reihe von unterschiedlichen Lebensmitteln, die unter<br />
dem Begriff "Functional Food" angeboten werden. Dazu gehören beispielsweise<br />
Pro-, Pre- und Synbiotika, die im folgenden näher erläutert werden.<br />
Probiotika<br />
Besonders beliebt sind probiotische Lebensmittel (probiotisch = für das Leben).<br />
Sie enthalten lebende, gesundheitsfördernde Mikroorganismen, die das<br />
mikrobielle Gleichgewicht im Darm positiv beeinflussen können und senken<br />
somit das Risikos für Infektionskrankheiten. Daneben wird ihnen auch eine<br />
cholesterinsenkende, krebsschützende und immunstärkende Wirkung<br />
zugeschrieben.<br />
Vollständig bewiesen sind diese Wirkungen allerdings noch nicht; es gibt<br />
jedoch einige Hinweise, die für die positiven Eigenschaften von fermentierten,<br />
wärmeunbehandelten Milchprodukten sprechen. Als bewiesen gilt der günstige<br />
Einfluss von Probiotika auf Durchfallerkrankungen durch Rotaviren-<br />
Infektionen sowie auf Durchfälle, die auf Antibiotika-Therapien<br />
zurückzuführen sind.<br />
Zu den eingesetzten Bakterienkulturen in probiotischen Produkten wie z.B.<br />
Joghurt gehören Milchsäurebakterien (z.B. L. casei) und Bifidobakterien. Durch<br />
ihre erhöhte Wiederstandskraft gegenüber Säuren, Enzymen und<br />
Gallensalzen können sie die Magenpassage überstehen und sich dann im<br />
Dickdarm ansiedeln.<br />
Damit sie dort ihre günstige Wirkung entfalten können, muss allerdings ein<br />
täglicher, dauerhafter und ausreichender Verzehr vorausgesetzt werden,<br />
da sonst eine Ansiedlung nicht garantiert werden kann. Bei Absetzen der<br />
Lebensmittel erreicht das Wachstum der ursprünglichen Mikroorganismen<br />
wieder den Ausgangszustand.<br />
Prebiotika<br />
Als Prebiotka werden nichtverdauliche Lebensmittelbestandteile, wie z.B.<br />
Oligofructose, bezeichnet, die das Wachstum probiotischer Bakterien und damit<br />
deren Aktivität im Darm fördern und dadurch die Gesundheit des Menschen<br />
verbessern können.<br />
Synbiotika<br />
Lebensmittel, die eine Kombination aus pro- und prebiotischen Bestandteilen<br />
enthalten, werden auch als Synbiotika bezeichnet.<br />
Novel Food<br />
Unter Novel Food versteht man "Lebensmittel bzw. Lebensmittelbestandteile,<br />
die bisher vom Mensch in nicht nennenswerten Umfang konsumiert wurden."<br />
Dazu zählen Produkte mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen bzw. mit<br />
Bestandteilen, die eine veränderte Molekülstruktur aufzeigen und Lebensmittel,<br />
die mit bislang unüblichen Produktionsverfahren hergestellt wurden.<br />
<br />
63
Im Gegensatz zu Functional Food besteht für diese Lebensmittel eine rechtliche<br />
Grundlage innerhalb der EU, die auf der Novel-Food-Verordnung (EU-<br />
Verordnung über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten)<br />
basiert.<br />
Sekundäre Pflanzenstoffe - Stoffgruppen<br />
Definition<br />
Unter Sekundären Pflanzenstoffen versteht man eine Gruppe von zahlreichen,<br />
chemisch sehr unterschiedlichen Stoffen, die ausschließlich in Pflanzen<br />
vorkommen.<br />
Sie werden im Gegensatz zu Nährstoffen wie Kohlenhydraten, Proteinen,<br />
Fetten und Ballaststoffen, die im primären Stoffwechsel der Pflanze gebildet<br />
werden, im Zuge des sekundären Stoffwechsels hergestellt. Damit erfüllen sie<br />
eine Vielzahl unterschiedlichster Funktionen in der Pflanze und dienen u.a. als<br />
Abwehrstoffe gegen Schädlinge und Krankheiten, als Wachstumsregulatoren<br />
und als Farbstoffe. Zudem wird ihnen eine pharmakologische Wirkung<br />
zugeschrieben. Sie können gesundheitsfördernde, aber auch -schädliche<br />
Effekte haben.<br />
Obwohl ihre Anzahl auf 60.000 bis 100.000 geschätzt wird, sind sie nur in<br />
geringer Menge und nur in bestimmten Pflanzen vorhanden. Mit einer<br />
gemischten Kost nehmen wir täglich ca. 1,5g von ihnen auf.<br />
Die Sekundären Pflanzenstoffe lassen sich in neun Substanzklassen unterteilen<br />
und werden im folgenden kurz erläutert. Es gibt jedoch eine Reihe weiterer<br />
Verbindungen, die sich nicht in diesem Schema einordnen lassen.<br />
Carotinoide<br />
Dabei handelt es sich um weit verbreitete rote und gelbe Farbstoffe in<br />
Pflanzen. Der überwiegende Anteil von ihnen ist als Vorstufe (Provitamin) des<br />
Vitamin A bekannt, jedoch kann aus der Vielzahl der verschiedenen Carotinoide<br />
nur ein geringer Anteil vom Menschen aufgenommen und verstoffwechselt<br />
werden.<br />
Beim Menschen wird der überwiegende Teil in Fettgewebe (80-85%), Leber (8-<br />
12%) und in der Muskulatur gespeichert.<br />
Carotinoide lassen sich nach ihrer chemischen Struktur einteilen in:<br />
1. Sauerstoffhaltige Carotinoide (Xanthophylle):<br />
▪ ß-Cryptoxanthin<br />
▪ Zeaxanthin<br />
▪ Lutein<br />
Sie kommen überwiegend in grünblättrigen Gemüse vor.<br />
2. Sauerstofffreie Carotinoide:<br />
▪ Alpha-Carotin<br />
64
▪ ß-Carotin (bekanntestes Carotinoid, kommt in fast allen orangefarbenen<br />
Obst- und Gemüsesorten vor)<br />
▪ Lycopin (es ist in bedeutenden Mengen in Tomaten vorhanden und ist<br />
verantwortlich für deren rote Färbung)<br />
Beide Gruppen unterscheiden sich durch ihre Hitzestabilität. ß-Carotine und<br />
Lycopine sind relativ hitzestabil (nur 8-10% der vorhandenen Struktur wird<br />
verändert), während Xanthophylle bei hohen Temperaturen zerstört werden<br />
(60-100%).<br />
Phytosterine<br />
Diese Gruppe der Pflanzenstoffe ähnelt in ihrer chemischen Struktur den<br />
tierischen Sterinen, z.B. dem Cholesterin. Zu den häufigsten Vertreter zählen<br />
Campesterin, Stigmasterin und v.a. ß-Sitosterin. Sie kommen hauptsächlich in<br />
fettreichen Lebensmitteln vor wie z.B. in Sonnenblumenkernen (534mg/100g),<br />
Sesamöl (714mg/100g) und in nativem Sonnenblumenöl. Die tägliche Zufuhr<br />
liegt bei ungefähr 150-400mg pro Person. Allerdings werden weniger als 5 %<br />
vom menschlichen Körper aufgenommen. Dementsprechend wird der Rest mit<br />
dem Kot ausgeschieden.<br />
Phytosterinen wird eine cholesterinsenkende Wirkung zugeschrieben. Dieser<br />
Effekt ist vermutlich auf die verminderte Resorption von Cholesterin im Darm<br />
bei gleichzeitiger Zufuhr von Phytosterinen zurückzuführen. Sie werden<br />
deshalb oft bei der Therapie erhöhter Cholesterinwerte eingesetzt. Neuerdings<br />
finden Phytosterine auch bei der Margarineherstellung Verwendung.<br />
Saponine<br />
Saponine sind dadurch gekennzeichnet, dass sie in wässrigen Lösungen zu<br />
starker Schaumbildung neigen - daraus resultiert auch ihr Name (Sapon =<br />
Seife). Ein weiteres Charakteristikum ist ihr stark bitterer Geschmack.<br />
Besonders reich an diesen Sekundären Pflanzenstoffen sind Hülsenfrüchte,<br />
allen voran Kichererbsen mit einem Gehalt von 50mg/kg und Sojabohnen<br />
(39mg/kg), die allein fünf verschiedene Saponine enthalten.<br />
Die tägliche Aufnahme liegt in Großbritannien (für Deutschland liegen z.Zt.<br />
keine Angaben vor) bei einer normalen Mischkost in einem Bereich von ca.<br />
10mg pro Tag. Bei Vegetariern, die zu einer deutlich höheren Aufnahme von<br />
Hülsenfrüchten neigen, liegt die Zufuhr bei ungefähr 110-240mg/Person und<br />
Tag entsprechend höher.<br />
In der Industrie finden Saponine als Lebensmittelzusatzstoff, z.B. als<br />
Schaumbildner bei der Bierherstellung, Verwendung. In Deutschland ist ihr<br />
Einsatz als Zusatzstoff jedoch verboten.<br />
Glucosinolate<br />
Sie kommen hauptsächlich in Pflanzen der Kreuzblütler-Familie (Kruziferen)<br />
vor, z.B. in Gartenkresse (121mg/100mg), Kohlrabi (110mg/100g), Brokkoli<br />
(50-60mg/100g) und Rettich (10-15mg/100g). Sie tragen dort zu dem<br />
typischen Geschmack von Meerrettich, Senf, Kohl und anderen Gemüsesorten<br />
<br />
65
ei.<br />
Wenn man von einer täglichen Aufnahme von ca. 30g Kruziferengemüse pro<br />
Tag und Person ausgeht, so ist mit einer Aufnahme von ca. 40-45mg zu<br />
rechnen. Auch hier liegt die Aufnahme mit einer vegetarischen Kost um ein<br />
Vielfaches höher (ca. 110mg/Tag/Person).<br />
Glucosinolate sind hitzelabil und gehen während des Garens zu einem Großteil<br />
verloren. Der Verlust liegt je nach Garverfahren bei 35-60 %. Des weiteren<br />
können sie durch fermentative Prozesse wie z.B. Milchsäuregärung (bei der<br />
Sauerkrautherstellung) abgebaut werden.<br />
Polyphenole<br />
Obwohl diese Stoffgruppe relativ uneinheitlich ist, kennzeichnen sie sich durch<br />
ein gemeinsames strukturelles Merkmal (einen Polyphenolring).<br />
Zu den bekanntesten Untergruppen gehören hier die<br />
▪ Cumarine<br />
▪ Lignane<br />
▪ Flavonoide und<br />
▪ Phenolsäuren<br />
Die Gruppe der Polyphenole kommt vor allem im Schalen- und Randbereich<br />
der Pflanzen vor. Das liegt u.a. daran, dass sie in ihrer Funktion als<br />
Antioxidans zum Schutz des darunter liegenden Gewebes dienen sollen. Die<br />
Hauptvertreter sind die Kaffeesäure, Ellagsäure und die Ferulasäure.<br />
Bestimmte Gemüse- und Getreidearten enthalten hohe Konzentrationen dieser<br />
Säuren. Dazu zählen z.B. Grünkohl (ca. 1000-1500 mg/kg Frischgewicht) und<br />
Weizen (500 mg/ kg Frischgewicht).<br />
Kaffeesäure ist, wie der Name schon verrät, in bedeutenden Mengen im Kaffee<br />
enthalten. So enthält eine Tasse Kaffee ca. 7 mg Kaffeesäure.<br />
Ebenfalls weit verbreitet sind Flavonoide, von denen bisher ca. 4000-5000<br />
unterschiedliche Verbindungen bekannt sind. Zu dieser Gruppe werden<br />
gezählt:<br />
▪ Flavonone (gelb-orange Färbung)<br />
▪ Flavonole (gelbe Färbung)<br />
▪ Anthozyane (rote, blaue und violette Färbung, z.B. bei Kirschen und<br />
Pflaumen)<br />
Der bekannteste Vertretern ist das Quercetin, das vor allem in Zwiebeln (347<br />
mg/kg) und Grünkohl (110 mg/kg) enthalten ist. Die Aufnahme von<br />
Flavonoiden wird auf ca. 23 mg pro Person geschätzt.<br />
Weitere Polyphenole sind z.B. Isoflavonoide und Lignane. Chemisch gesehen<br />
gehören sie zwar zur Gruppe der Polyphenole, jedoch werden sie aufgrund<br />
ihrer Eigenschaften zu den Phytoöstrogenen gezählt.<br />
Protease-Inhibitoren<br />
Dabei handelt es sich um Substanzen, die proteinspaltende Enzyme hemmen<br />
und die ihrerseits aus Eiweißbestandteilen zusammengesetzt sind. Sie entfalten<br />
ihre Wirkung, indem sie an ein entsprechendes Enzym binden und verhindern,<br />
dass diese mit dem Substrat reagieren.<br />
Protease-Inhibitoren werden nicht nur mit der Nahrung aufgenommen,<br />
66
sondern können auch vom Körper selbst gebildet werden, um z.B. entstandene<br />
Entzündungen zu kontrollieren. Viele Pflanzen enthalten einige oder mehrere<br />
solcher Verbindungen. Ein Beispiel ist der Trypsin-Inhibitor, der mit einer<br />
durchschnittlichen täglichen Kost in einem Mengenverhältnis von ca. 295mg<br />
enthalten ist. Eine vegetarische <strong>Ernährung</strong>sweise mit einem entsprechend<br />
hohem Anteil an Hülsenfrüchten und Getreideprodukten erhöht diesen Anteil.<br />
Jedoch hat man festgestellt, dass nur ca. 10% der zugeführten Menge im<br />
Darm des Menschen aufgenommen wird. Zudem kann ihr Anteil in der Nahrung<br />
durch Hitze verringert (im Weizen bis zu 80%) werden.<br />
Monoterpene<br />
Diese Stoffgruppe kommt insbesondere in verschiedenen Obstarten (z.B.<br />
Orangen, Aprikosen, Weintrauben) vor und kann von Pflanzen und einigen<br />
Mikroorganismen hergestellt werden.<br />
Sie haben die Funktion von Aromastoffen und sind z.B. in Form von Menthol in<br />
der Pfefferminze oder als Limonen (zu 90%) im Zitrusöl enthalten.<br />
Aufgrund dieser Eigenschaften werden sie häufig von der Industrie zur<br />
Aromatisierung von Lebensmitteln eingesetzt.<br />
Phytoöstrogene<br />
Die Struktur der Phytoöstrogene ähnelt der der vom Körper gebildeten<br />
Östrogene (weibliche Sexualhormone).<br />
Das Vorkommen sogenannter Isoflavonoide (vgl. oben) ist auf wenige<br />
tropische Hülsenfrüchte berenzt. Dazu gehört z.B. die Sojabohne, die einen<br />
hohen Anteil des Hauptvertreters Genistein enthält (ca. 729mg/kg<br />
Frischgewicht).<br />
Lignane sind dagegen weit verbreitete Sekundäre Pflanzenstoffe. Als<br />
Ausgangssubstanz des Zellwandbestandteil Lignin sind sie in großen Mengen in<br />
den Randschichten von Getreide, weniger von Gemüse, vorhanden. Hohe<br />
Konzentrationen dieser Stoffgruppe sind z.B. in Leinsamen lokalisiert<br />
(15,5mg/kg).<br />
Sulfide<br />
Zu der wohl bekanntesten Stoffgruppe gehören die Sulfide. Der wichtigste<br />
Vertreter ist das Allicin, die als Hauptwirksubstanz in Knoblauch enthalten ist<br />
und dort für den typischen Geruch verantwortlich ist. Sie muss erst durch<br />
bestimmte Vorgänge aus Vorstufen umgebaut werden und kommt dort in einer<br />
Konzentration von bis zu 4g/kg Frischgewicht vor.<br />
Schon in vorchristlicher Zeit wurde auf die heilsamen Wirkungen des<br />
Knoblauchs bei der Behandlung von Herzbeschwerden, Kopfschmerzen und<br />
Geschwülsten in Heilrezepturen aufmerksam gemacht.<br />
<br />
67
Sekundäre Pflanzenstoffe - Positive Wirkungen<br />
Einleitung<br />
Der Forschungsschwerpunkt auf dem Gebiet der sekundären Pflanzenstoffe hat<br />
sich in den letzten 20 Jahren verlagert. Dadurch ist auch die Bedeutung dieser<br />
Substanzen gestiegen. Es erfolgte eine Neubewertung der gesundheitlichen<br />
Bedeutung von sekundären Pflanzenstoffen und somit auch die Einführung der<br />
Bezeichnungen als protektive und gesundheitsfördernde Substanzen.<br />
Dies ist ein Grund für die momentan fortschreitende Entwicklung von<br />
Produkten, deren Vermarktung sich nicht nur auf den Aspekt der<br />
Bedarfsdeckung, sondern vielmehr hinsichtlich ihrer gesundheitsfördernden<br />
Wirkungen (durch Anwesenheit solcher bioaktiver Stoffe) konzentriert. Als<br />
Beispiel ist hier das Konzept des sog. Functional Food zu nennen, das jedoch<br />
bisher nur in Japan einer gesetzlichen Grundlage unterliegt.<br />
Wirkungen<br />
Dass Pflanzen über gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe verfügen, ist aber schon<br />
schon lange bekannt. Sie spielen deshalb traditionell nicht nur in der<br />
<strong>Ernährung</strong>, sondern auch in der Therapie von Krankheiten eine Rolle.<br />
Auch heute gibt es noch Naturvölker, bei denen bestimmte Pflanzen einen<br />
Heilcharakter haben und die deshalb bewusst als Medizin eingesetzt werden.<br />
Die prophylaktischen und therapeutischen Wirkungen der Pflanze sind auf eine<br />
Vielfalt von Sekundären Pflanzenstoffen zurückzuführen; gesundheitsfördernde<br />
Wirkungen können z.B. sein:<br />
▪ anticancerogen (krebshemmend)<br />
▪ antimikrobiell<br />
▪ antioxidativ<br />
▪ antithrombotisch (einer Thrombose entgegenwirkend, Blut-verflüssigend,<br />
Blutgerinnungs-hemmend)<br />
▪ immunmodulierend (das Immunsystem beeinflussend)<br />
▪ entzündungshemmend<br />
▪ Blutdruck-beeinflussend<br />
▪ Cholesterinspiegel-senkend<br />
▪ Blutglucose-beeinflussend<br />
▪ verdauungsfördernd<br />
Den vielfältigen sekundären Pflanzenstoffen werden gruppenspezifisch<br />
unterschiedliche Wirkungen zugesprochen.<br />
68
Hinweise für folgende Wirkungen<br />
A B C D E F G H I J<br />
Carotinoide x x x x<br />
Phytosterine x x<br />
Saponine x x x x<br />
Glucosinolate x x x<br />
Polyphenole x x x x x x x x<br />
Protease-Inhibitoren x x<br />
Monoterpene x x<br />
Phytoöstrogene x x<br />
Sulfide x x x x x x x x x<br />
▪ A = anticancerogen<br />
▪ B = antimikrobiell<br />
▪ C = antioxidativ<br />
▪ D = antithrombotisch<br />
▪ E = immunmodulierend<br />
▪ F = entzündungshemmend<br />
▪ G = Blutdruck-beeinflussend<br />
▪ H = Cholesterin-senkend<br />
▪ I = Blutzucker-beeinflussend<br />
▪ J = verdauungsfördernd<br />
Quelle: mod. nach Watzl B, Leitzmann C., 1999<br />
Angesichts der derzeitigen Situation in den Industrieländern, in denen<br />
ernährungsabhängige Krankheiten weit verbreitet sind, erscheint es sinnvoll,<br />
der Erforschung des Wirkungsspektrums solcher Substanzen erhöhte<br />
Aufmerksamkeit zu schenken, da sie einen Beitrag zur Verbesserung der<br />
Gesundheitssituation sowie zur Prävention von Krankheiten leisten können.<br />
Trotz der Vielzahl von positiven Wirkungen sollte auch bedacht werden, dass<br />
eine gewünschte Wirkung nur unter Berücksichtigung einer Reihe von<br />
Maßnahmen (z.B. Erhöhung der Gemüse- und Obstaufnahme) und bei<br />
kontinuierlicher Aufnahme dieser Substanzen zu erwarten ist. Es muss auch<br />
erwähnt werden, dass es sich bei den genannten Wirkungen vor allem um<br />
Rückschlüsse aus tierexperimenteller und epidemiologischer Studien handelt<br />
und weiterhin noch ein großer Forschungsbedarf besteht.<br />
Sekundäre Pflanzenstoffe - Potientiell negative<br />
Wirkungen<br />
Einleitung<br />
Trotz der momentan anhaltenden Diskussionen über die vielseitigen positiven<br />
Wirkungen der sekundären Pflanzenstoffe sollte beachtet werden, dass es sich<br />
hierbei um eine Substanzklasse handelt, die sowohl positive als auch negative<br />
Wirkungen hervorrufen können.<br />
Noch bis vor einigen Jahren wurden sekundäre Pflanzenstoffe als antinutritive<br />
<br />
69
Nahrungsinhaltsstoffe bezeichnet. So war man bestrebt, diese Inhaltsstoffe<br />
nicht auszunutzen, sondern ihren Gehalt in Lebensmitteln auf ein Minimum zu<br />
reduzieren. Dementsprechend wurden die in Pflanzen enthaltenden bioaktiven<br />
Substanzen fast ausschließlich auf ihre gesundheitsschädlichen und nur in<br />
geringem Maße auf ihre positiven Wirkungen untersucht.<br />
Die für den Menschen bzw. tierischen Organismus gesundheitsschädlichen<br />
(toxischen) sekundären Pflanzenstoffe dienen der Pflanze in erster Linie zum<br />
Schutz vor Tierfraß.<br />
Im Laufe der Zeit hat der Mensch mit Hilfe seines Geruchs- und<br />
Geschmackssinns nicht nur gelernt diese Substanzen zu erkennen (z.B. durch<br />
einen bitteren Geschmack) und zu meiden, sondern sich auch durch<br />
körpereigene Systeme davor zu schützen. Hierzu zählen Entgiftungsenzyme,<br />
die, in Abhängigkeit von der Konzentration der giftigen Substanz, deren<br />
toxische Eigenschaften neutralisieren können und damit den Körper vor einer<br />
eventuellen Vergiftung schützen.<br />
Auch die Nutzung bestimmter Verarbeitungsverfahren, beispielsweise das<br />
Erhitzen von Lebensmitteln, kann helfen, den Gehalt an toxischen Substanzen<br />
in Nahrungsmitteln zu senken bzw. zu eliminieren und sie damit genießbar zu<br />
machen.<br />
Generell kann gesagt werden, dass die Mehrzahl der natürlichen<br />
Nahrungsmittelinhaltstoffe (mit Ausnahme von z.B. Solanin) unter<br />
üblichen Verzehrsgewohnheiten keine gesundheitsschädliche Wirkung<br />
ausüben und daher als unschädlich bezeichnet werden können.<br />
Im folgenden erhalten Sie einen Überblick über einige für den Menschen<br />
gesundheitsschädliche Substanzen.<br />
Blausäure<br />
Blausäure (Cyanwasserstoff) ist ein starkes Gift. Der Toleranzbereich dieser<br />
Substanz liegt in einem Umfang von 1-60 mg/kg Körpergewicht, abhängig von<br />
der betroffenen Person. Daher kann schon eine Dosis von 1 mg/kg<br />
Körpergewicht beim Menschen tödlich wirken.<br />
Die toxische Wirkung der Blausäure äußert sich dadurch, dass es ein wichtiges<br />
Enzym der Atmungskette hemmt und dadurch den Sauerstofftransport im<br />
Körper verhindert. Die Folge ist ein rasches Absterben der Gehirnzellen<br />
aufgrund des entstandenes Sauerstoffmangels.<br />
Es gibt weit über 1000 Pflanzen, die diese Substanz produzieren, zu den<br />
bekanntesten zählen wohl Bittermandeln mit einem Gehalt von ca. 2,5g/kg.<br />
Weitere blausäurehaltige Pflanzen sind z.B. die unreife Bambussprosse (bis<br />
8g/kg), Leinsamen, Fruchtkerne aus Zitrusfrüchten sowie Steinobst (Äpfel).<br />
Sogar unsere heimische Gartenbohne enthält einen gewissen Anteil an dieser<br />
Substanz. Durch Erhitzungsvorgänge wie z.B. Kochen kann die toxische<br />
Wirkung der Blausäure aufgehoben werden. Trotzdem werden immer wieder<br />
Vergiftungen gemeldet, die durch ungenügend verarbeitete bzw. ungekochte<br />
Speisen (z.B. von Bambussprossen) hervorgerufen wurden.<br />
Hierzulande ist vor allem die Bittermandel und das aus ihr hergestellte<br />
Bittermandelöl mit Vorsicht zu genießen, da schon 5-10 dieser Mandeln bzw.<br />
10 Tropfen Bittermandelöl bei Kindern eine tödliche Wirkung zeigen.<br />
70
Oxalsäure<br />
Dabei handelt es sich um eine Substanz, die in der Lage ist mit Calcium eine<br />
Bindung einzugehen und den wasserunlöslichen Komplex Calciumoxalat zu<br />
bilden. Die Aufnahme des Calcium durch den Körper wird somit verhindert.<br />
Besonders reich an Oxalsäure sind Spinat, Sellerie, Rote Rüben und Rhabarber.<br />
Bei Personen, die zur Ablagerung von Nierensteinen auf Basis von<br />
Calciumoxalat neigen, wirkt sich diese Substanz besonders schädlich aus.<br />
Solanin<br />
Die grünen Scheinfrüchte der Kartoffeln, aber auch unreife oder durch<br />
Belichtung grün gefärbte Kartoffeln enthalten das Nervengift Solanin, das in<br />
höheren Konzentrationen Magenbeschwerden, Erbrechen, Nierenreizungen<br />
sowie Brennen im Hals verursachen kann. Die tödliche Dosis wird auf 400 mg<br />
geschätzt.<br />
Diese Substanz tritt beim Kochen weitgehend in das Kochwasser über. Es<br />
reicht aus, wenn man die grünen Stellen großzügig beseitigt. Auf die<br />
Weiterverwendung der Garflüssigkeit sollte man jedoch verzichten.<br />
Es sollte daher bereits beim Einkauf die Qualität der Kartoffeln überprüft und<br />
bei der Lagerung Lichteinwirkung vermieden werden, da sonst die Bildung von<br />
Solanin gefördert wird.<br />
Toxische Stoffe in essbaren Pilzen<br />
Die Speiselorchel enthält das giftige Gyromitrin. Durch Kochen kann diese<br />
Substanz aus dem Speisepilz entfernt werden, da es sich bei<br />
Hitzeeinwirkungen zersetzt. Der Genuss dieses Pilzinhaltsstoffes kann neben<br />
Magen- und Darmbeschwerden auch zu Leber- und Nierenschädigungen und<br />
evtl. sogar zum Tode führen. Zudem hat Gyromitrin eine krebserregende<br />
Wirkung.<br />
Agaritin, welches in frischen Champions in Mengen von bis zu 440 ppm<br />
enthalten ist, steht ebenfalls in Verdacht, krebserregend zu sein. Durch<br />
Einwirkung von Hitze wird es jedoch zersetzt und ist damit nicht mehr<br />
wirksam.<br />
Toxische Honig-Inhaltsstoffe<br />
Rhododendren und Azaleen besitzen in ihrer Blüte die giftige Substanz<br />
Grayanotoxin, das nach Einnahme zu Lähmungen und einer Steigerung der<br />
Herzfrequenz führt. Da es von Bienen eingesammelt wird, kann es auf diese<br />
Weise in den Honig gelangen.<br />
In Mitteleuropa wird jedoch kein reiner Honig aus dieser Pflanze gewonnen, so<br />
dass hier eine Gefahr durch eine Vergiftung ausgeschlossen werden kann.<br />
Jedoch sind in der Türkei Vergiftungen, die aufgrund des Genusses von<br />
sogenanntem "pontischem Honig" zurückzuführen sind, registriert worden.<br />
Auch aus der Geschichte ist bekannt, dass die Soldaten des römischen Konsuls<br />
Pompejus 67 v. Chr. nach dem Genuss dieses Honigs kampfunfähig waren und<br />
besiegt wurden.<br />
<br />
71
Ätherische Öle<br />
Da ätherische Öle, die z.B. in Gewürzen enthalten sind, intensive aromatische<br />
Eigenschaften besitzen, werden sie häufig als Geschmacksverstärker<br />
Lebensmitteln zugesetzt.<br />
Die Muskatnuss, die in dieser Form auch Verwendung findet, verfügt über zwei<br />
Verbindungen, Myristicin und Elemicin, die bei einem übermäßigen Verzehr zu<br />
optischen Halluzinationen, Steigerung der Herzfrequenz und<br />
Blutdruckschwankungen führen können.<br />
Essverhalten - Hunger<br />
Allgemein<br />
Aussagen zu Hunger und Durst im Rahmen der Psychologie umfassen die<br />
verschiedenen Verhaltensweisen zu Beginn und zum Ende der Nahrungs- und<br />
Flüssigkeitsaufnahme. Hunger zu verstehen bedeutet, Regeln und Prinzipien<br />
aufzustellen, die Vorhersagen darüber erlauben, wann ein Organismus mit der<br />
Nahrungsaufnahme beginnen und aufhören wird. Um solche allgemeinen<br />
Regeln zu formulieren, wurden Anfang und Ende der Nahrungsaufnahme im<br />
Laufe der Jahre mehrfach untersucht.<br />
Hypothesen zur Regulierung des Hungers<br />
In der psychologischen Hungerforschung wurde zunächst die Bedeutung von<br />
Mund und Magen bei der Regulation der Nahrungsaufnahme experimentell<br />
untersucht. Später wurde deutlich, dass neben der Nahrungsmenge auch die<br />
Qualität der Nahrung wichtig ist. Ferner zeigte sich, dass Stoffwechselvorgänge<br />
sowie die Hirnaktivität wichtige Faktoren bei der Auslösung von Hunger und<br />
Durst sind.<br />
Die drei folgenden Hypothesen, die zum Thema Auslösen von Hunger<br />
aufgestellt wurden, sind als komplementär anzusehen. Keine von ihnen kann<br />
Hunger für sich alleine erklären.<br />
Regulierung durch Magen<br />
Hunger entsteht aufgrund von Kontraktionen des leeren Magens. Diese<br />
Hypothese hat an Bedeutung verloren. Verschiedene Untersuchungen zeigten,<br />
dass es zu keiner Veränderung im Essverhalten kommt, auch wenn der Magen<br />
entfernt wurde. Außerdem zeigten sie, dass Magenkontraktionen die Aktivität<br />
des Hunger- und Sättigungszentrum nicht beeinflussen.<br />
72
Regulierung über den Zellstoffwechsel<br />
Demnach sind Veränderungen in den Zellen des gesamten Organismus<br />
verantwortlich für die Entstehung des Hungergefühls. Eine wichtige Funktion<br />
wird der im Blut vorhandenen Glukosemenge zugeschrieben. Der<br />
Kohlenhydratstoffwechsel gilt als verantwortlich für Hunger- und<br />
Sattheitsempfindungen. Ein niedriger Blutzuckerspiegel führt zur<br />
Nahrungsaufnahme. Weiter spielen die Fettspeicherung, die<br />
Aminosäurenzusammensetzung der Nahrung sowie hormonale Faktoren eine<br />
wichtige Rolle. Auch Körpertemperatur und Wärmeenergieverlust im Körper<br />
wirken sich auf das Essverhalten aus. Quantitativ wird bei Kälte mehr gegessen<br />
als bei Hitze, qualitativ wird bei Hitze weniger kalorienreich, flüssiger bzw.<br />
saftiger und mineralhaltiger bzw. gewürzter gegessen.<br />
Regulierung durch Gehirnregionen<br />
Eine bestimmte Hirnregion, der Hypothalamus, ist für die Nahrungs- und<br />
Flüssigkeitsregulierung von großer Bedeutung. Der laterale Hypothalamus stellt<br />
"Hunger" fest, der ventromediale "Sättigung". Dabei scheint das<br />
Hungerzentrum permanent zu arbeiten, sein Einfluss wird jedoch bei einer<br />
Aktivierung des Sättigungszentrum ausgeschaltet. Ebenso sind das limbisches<br />
System und die Hirnrinde an der Regulation der Nahrungsaufnahme beteiligt.<br />
Modelle zur Ess- / Sättigungsregulation<br />
Es wurden verschiedene Modelle entwickelt, die den Ablauf der Sättigung und<br />
die Bedeutung der verschiedenen Faktoren auf das Essverhalten darstellen.<br />
Sattheitskaskade<br />
Der Sättigungsvorgang kann durch die sogenannte Sattheitskaskade erklärt<br />
werden. Um den verzögernden sättigenden Effekt von aufgenommener<br />
Nahrung beim Hungerstillen zu erläutern, wird die Sättigung in vier<br />
aufeinander folgende Phasen unterteilt.<br />
▪ Sensorische Effekte durch die lustvolle Wirkung von Geruch, Geschmack,<br />
Temperatur und Konsistenz der Nahrung. Eine positive Ausprägung<br />
verschiedener sensorischer Qualitäten kann zu einer höheren<br />
Nahrungsaufnahme führen.<br />
▪ Kognitiver Überdruss durch die Bewertung der Nahrung als Sattmacher und<br />
die Erwartung des sattmachenden Effektes der Speisen.<br />
▪ Sattheit nach dem Verzehr von Nahrung durch Völlegefühl und Magendruck<br />
▪ Empfindung nach Verdauung, d.h. Stoffwechselhaushalt und Blutsystem<br />
signalisieren "Sattheit", und das entsprechende Hirnzentrum reagiert.<br />
Dreikomponenten-Modell<br />
Das von Pudel und Westenhöfer entwickelte Dreikomponentenmodell<br />
umschreibt die Bedeutung von inneren und äußeren Reizen sowie der<br />
kognitiven Bewertung bei der Essregulation.<br />
<br />
73
Die Bedeutung innerer Signale (z.B. Hunger) ist im Säuglingsalter sehr<br />
einflussreich, dann entwickelt sich die Bedeutung der äußeren Bedingungen<br />
(Nahrungsangebot und Umgebung) und mit zunehmendem Lebensalter<br />
wachsen die kognitiven Einstellungen, die das Essverhalten bestimmen.<br />
Esstypen<br />
Unter Esstypen werden persönliche Esstrends, die meist im Laufe des<br />
Sozialisierungsprozesses entwickelt worden sind, verstanden. Sie<br />
charakterisieren Richtungen in der Alltagsgestaltung. Jeder Typ hat eine<br />
vorherrschende Motivation, die bei der Auswahl entscheidend ist. Andere<br />
Aspekte treten in den Hintergrund.<br />
Genussmensch<br />
Ist in seinen Essensvorlieben kurzzeitig emotional bestimmt. Sinnlicher Genuss<br />
steht im Vordergrund.<br />
Gourmets / Feinschmecker<br />
Ihnen sind frische und qualitativ hochwertige Zutaten wichtig. Ferner:<br />
exzellente Kochkunst, ästhetisches Ambiente, Kochen gerne<br />
Fast-Food-Liebhaber<br />
Noch geringeres Gesundheitsbewusstsein als die Feinschmecker Fertignahrung<br />
ist das ideale Essen. Essen unbekümmert, um Hunger zu stillen<br />
Gesundheitsapostel<br />
Suchen rational und bewusst die Nahrung aus 3 Versionen:<br />
▪ Vegetarier<br />
▪ Naturköstler<br />
Diätbewusste<br />
74
Essverhalten - Durst<br />
Allgemein<br />
Es werden verschiedene Typen an Trinkverhalten unterschieden, die sich in die<br />
zwei Hauptkategorien<br />
▪ homöostatisches Trinken<br />
▪ anichthomöostatisches Trinken<br />
einteilen lassen.<br />
Homöostatisches Trinken<br />
Beim homöostatischen Trinken wird der Wasserhaushalt des Körpers nach<br />
Flüssigkeitsentzug oder –verlust wieder hergestellt. Flüssigkeit wird<br />
aufgenommen, um die Konzentration der gelösten Stoffe im Blutplasma sowie<br />
das Gesamtvolumen an Blutplasma aufrechtzuerhalten.<br />
Man unterscheidet zwei Formen:<br />
▪ Trinken nach extrazellulärem Flüssigkeitsverlust, also nach dem<br />
Wasserverlust außerhalb der Zelle<br />
▪ Trinken nach intrazellulärem Flüssigkeitsverlust, also nach dem<br />
Wasserverlust innerhalb der Zelle<br />
Es gibt verschiedene Ursachen, die den Sollwert des Flüssigkeitsgehalt in<br />
einem der beiden Räume stören. Durch Trinken kann das Optimum wieder<br />
hergestellt werden. Da beide Flüssigkeitsräume in Interaktion stehen, wirkt<br />
sich eine Flüssigkeitsaufnahme auf beide Räume aus. Die Menge der<br />
extrazellulären Flüssigkeit erhöht sich, wodurch die Ionenkonzentration sinkt.<br />
Durch die nun eintretende Osmose diffundiert das Wasser von der Außenseite<br />
zur Innenseite, bis die Ionenkonzentration wieder ausgeglichen ist.<br />
Theorien<br />
Ein Wasserentzug verursacht physiologische Veränderungen wie z.B. die<br />
Absenkung des Blutdrucks und die Steigerung der Natriumkonzentration im<br />
Blut. Auftretende Veränderungen im extrazellulären Flüssigkeitsraum werden<br />
durch Zellen in der Niere erfasst, woraufhin diese das Hormon Renin<br />
absondert. Kommt Renin mit Blut in Kontakt, wird das Hormon Angiotensin<br />
gebildet. Experimentell wurde gezeigt, dass die erhöhte Konzentration von<br />
Angiotensin im Blut bei Wassermangel zu vermehrtem Trinken anregt.<br />
Diese Theorie kann jedoch nicht das nichthomöostatische Trinken erklären.<br />
Nichthomöostatisches Trinken<br />
Die nichthomöostatischen Trinktypen sind weitgehend durch Lernen<br />
beeinflusst. Um einen Mangel an Flüssigkeit vorzubeugen, lernen Organismen,<br />
immer dann zu trinken, wenn Wasser verfügbar ist.<br />
<br />
75
Antizipatorisches Trinken<br />
Durch Trinken zu den Mahlzeiten beugen wir einen späteren Bedarf an Wasser<br />
vor und nutzen momentan verfügbares Wasser, um diesem Defizit<br />
zuvorzukommen. Der unbewusst dahinter stehende Gedanke ist, dass<br />
Flüssigkeitsaufnahme wichtig ist, da für die Verdauung Wasser gebraucht wird.<br />
Hysterese<br />
Darunter wird in der Wissenschaft das Zurückbleiben einer Wirkung hinter den<br />
Veränderungen der verursachenden Einflussgröße verstanden. Bezogen auf das<br />
Trinken bedeutet dies, dass weiter getrunken wird, obwohl kein Wassermangel<br />
mehr besteht.<br />
Essverhalten - Präferenzen und Aversionen<br />
Allgemein<br />
Keine Vorlieben oder Abneigungen sind ausschließlich durch die Gene oder<br />
durch die Umwelt bestimmt. Es gilt jedoch, dass es schwieriger ist, genetisch<br />
bedingte Präferenzen zu verändern, als lernbedingte. Beispiele für genetisch<br />
bedingte Nahrungsmittelpräferenzen sind die Vorliebe für Süßes und Salziges.<br />
Auch die gesteigerte Vorliebe für intensiv schmeckende Lebensmittel mit<br />
zunehmendem Alter ist genetisch determiniert. Ursache dafür ist u.a. die<br />
physiologisch bedingte Abnahme der Geschmacksempfindlichkeit.<br />
Nahrungsmittelpräferenzen sind durch ernährungsbezogene Erfahrung sowie<br />
soziale Konsequenzen von Nahrungsaufnahme veränderbar. Ebenso kommen<br />
der Kultur und der Religion in diesem Zusammenhang eine große Bedeutung<br />
zu.<br />
Auch Nahrungsmittelaversionen können unterschiedliche Ursachen haben.<br />
Manchmal werden aus Präferenzen, aufgrund bestimmter Ereignisse,<br />
Aversionen.<br />
Präferenzen - Genetische Faktoren<br />
Vorliebe für Süßes<br />
Ein Experiment zeigte, dass Neugeborene süße Flüssigkeiten dem reinen<br />
Wasser vorzogen. Die Bevorzugung war um so stärker, je höher die Glucose -<br />
Konzentration war. Unterschiede zwischen den Geschlechtern konnten nicht<br />
belegt werden.<br />
Ein früher Kontakt ist aber keine Vorbedingung für eine Präferenz. Forscher<br />
zeigten, dass Kulturen, die ursprünglich ohne süße Lebensmittel lebten, die<br />
Vorliebe übernahmen, wenn sie mit Süßem in Kontakt traten.<br />
Die Präferenz von Süßem nimmt mit dem Alter ab. Dies kann aber auf<br />
lernbedingte Reaktionen beruhen. So könnte der Auslöser z.B. die verstärkte<br />
Sorge über Gewichtszunahme und / oder ernährungsbewussteres Essen sein.<br />
76
Vorliebe für Salz<br />
Auch die Präferenz für Salz ist überwiegend genetisch bedingt, kann in ihrer<br />
Erscheinungsweise aber durch Umwelterfahrung verändert werden.<br />
Im Gegensatz zum Süßen wird Salz nicht von Geburt an bevorzugt, da<br />
Säuglinge erst ab dem vierten Monat Salz schmecken können. Ab diesem<br />
Zeitpunkt ziehen sie salzige Lösungen dem reinen Wasser vor. Sie wissen was<br />
salzig schmecken sollte und lehnen solche Speisen ab, die dies nicht im<br />
gewohnten Maß sind.<br />
Obwohl der Appetit vom physiologischen Bedarf abhängig ist, ist ein starker<br />
physiologischer Bedarf keine notwendige Vorbedingung für den Verzehr großer<br />
Mengen von Salz. Folglich führt die Vorliebe für Salziges dazu, dass die<br />
aufgenommene Salzmenge den Körperbedarf oft bei weitem übersteigt. Indem<br />
mehrere Wochen nur Speisen mit geringem Salzgehalt gegessen werden, ist es<br />
aber möglich, die bedarfsunabhängige Salzpräferenz erfahrungsabhängig zu<br />
verringern.<br />
Präferenzen - Umweltbeiträge<br />
Abgesehen von den genetisch bedingten Präferenzen ist das, was gemocht<br />
wird, Ergebnis eines sozialen Lernprozesses, wobei dem Beobachtungslernen<br />
eine wesentliche Funktion zugeschrieben wird. Der als angenehm bezeichnete<br />
sensorische Eindruck wird nicht kognitiv bewertet, sondern resultiert aus einer<br />
Gewöhnung eines zunehmend vertrauteren Geschmackseindrucks.<br />
Kinder übernehmen die Vorlieben von Personen, mit denen sie zusammen<br />
essen. Außerdem entwickeln sie erhöhte Präferenzen für Nahrungsmittel, die<br />
ihnen als Belohnung gegeben werden oder die durch Zuwendung von Seiten<br />
Erwachsener begleitet sind.<br />
Auch die Kultur, in der ein Mensch aufwächst, beeinflusst seine Präferenzen. Er<br />
lernt durch sie, wann welche Speise wie gegessen wird (Temperatur,<br />
Zubereitungsform etc.). Zu den kulturellen Einflüssen gehören auch die<br />
Auswirkungen der sozialen Klassenzugehörigkeit. Der Mensch neigt dazu,<br />
häufiger solche Nahrungsmittel zu essen, die von Angehörigen der sozialen<br />
Schicht, der er gerne angehören würde, bevorzugt werden.<br />
Auch indirekte Kontakte, z.B. TV – Werbung, können Präferenzen verändern.<br />
Experimente zeigten, dass Werbung für Lebensmittel mit geringem<br />
<strong>Ernährung</strong>swert deren Vorliebe bei Kindern steigern ließ.<br />
Im Zusammenhang mit Nahrungsmittelpräferenzen ist immer wieder vom Mere<br />
- Exposure - Effekt und von der spezifisch - sensorischen Sättigung die Rede.<br />
Während der Mere - Exposure - Effekt eine Etablierung einer bestimmten<br />
Geschmackspräferenz durch Wiederholung beschreibt, besagt die spezifisch -<br />
sensorische Sättigung, dass eine Wiederholung gleichartiger sensorischer<br />
Eindrücke zu deren Abschwächung führt. Da sich die spezifisch - sensorische<br />
Sättigung sehr schnell entwickelt, lange stabil bleibt bevor sie wieder absinkt,<br />
wird davon ausgegangen, dass sie von Empfindungen beim Essen kommt und<br />
nicht von Auswirkungen der Nahrung.<br />
Der Mere – exposure – Effekt und die spezifische sensorische Sättigung greifen<br />
ineinander: Eine Speise wird nur zur Lieblingsspeise, wenn sie nicht zu häufig<br />
gegessen wird. Die Vorliebe für ein Lebensmittel wird also langfristig durch den<br />
Mere - Exposure - Effekt gefestigt, aber kurzfristig durch die spezifische –<br />
sensorische Sättigung gemindert.<br />
<br />
77
Aversionen<br />
Es werden vier Nahrungsmittel – Typen, die Aversionen auslösen können,<br />
unterschieden.<br />
▪ unangenehm schmeckende Nahrungsmittel (würden die meisten ohne<br />
Vorbehalte essen, wenn der Eigengeschmack überdeckt oder verspätet<br />
festgestellt werden würde)<br />
▪ ungeeignete Nahrungsmittel (Stoffe, die als nicht essbar betrachtet werden)<br />
▪ gefährliche Nahrungsmittel (solche, die körperlichen Schaden verursachen<br />
könnten, wenn sie gegessen würden)<br />
▪ ekelerregende Nahrungsmittel (Stoffe, die i.d.R. niemand aufnehmen<br />
möchte)<br />
Während bei den ersten drei Punkten die Einstufung aufgrund des direkten<br />
Kontaktes erfolgt, werden Nahrungsmittel aufgrund direkten oder indirekten<br />
Erlebens von Reaktionen anderer als ekelerregend bezeichnet. Ferner können<br />
Lebensmittel als ekelig klassifiziert werden, weil sie mit etwas ekelerregendem<br />
im Kontakt gekommen sind (Kontiguitätsprinzip) oder weil sie in ihrem<br />
Aussehen etwas ekelerregendem ähnlich sind (Similaritätsprinzip).<br />
Durch bestimmte Ereignisse, wie z.B. plötzliche Übelkeit oder Erkrankung,<br />
können sich Präferenzen zu Aversionen wandeln. Hierbei gilt, dass sich<br />
Aversionen leichter gegenüber weniger bevorzugten Lebensmitteln entwickeln<br />
und sich auch auf Speisen, die dem mit der Erkrankung / Übelkeit verknüpften<br />
Nahrungsmittel ähnlich sind, übertragen.<br />
Essverhalten - Sinne<br />
Allgemein<br />
Bei der Nahrungsaufnahme werden die verschiedenen sensorische Systeme<br />
angesprochen. Während beim Essen und Trinken vor allem der Geschmacksund<br />
Geruchssinn großen Einfluss nehmen, ist beim Kauf der Lebensmittel in<br />
erster Linie das, was visuell aufgenommen wird, von Bedeutung.<br />
Aussehen<br />
Für die Nahrungsauswahl ist vor allem das Aussehen der Lebensmittel<br />
entscheidend. Durch das Aussehen werden Geschmack, Verträglichkeit,<br />
Bekömmlichkeit und Frische eingeschätzt.<br />
Die Bedeutung der Farben wird z.B. an dem Versuch mit Gummibärchen<br />
deutlich. Die Mehrzahl der Probanden ordnen den verschiedenen Farben<br />
bestimmte Geschmacksrichtungen zu, z.B. gelb und orange gleich<br />
Zitronengeschmack. Aufgrund dieser subjektiven Zuordnung werden<br />
bestimmte Farben dann bevorzugt. Wurden den Probanden jedoch die Augen<br />
verbunden, konnten die Farben nicht am Geschmack erkannt werden. Es zeigt<br />
sich also, dass lediglich die Farben aufgrund persönlicher Assoziation bevorzugt<br />
werden und nicht die Geschmacksnuancen.<br />
78
Andere Versuche zeigten, dass die Präferenz bestimmter Lebensmittel stark<br />
abfiel, wenn man ihnen die typische Farbe entzog und sie anders einfärbte.<br />
Ein Indiz für die Wichtigkeit der Farben sind auch die Bemühungen der<br />
Lebensmittelindustrie, appetitliche Farbeindrücke zu schaffen.<br />
Textur<br />
Auch die Textur der Lebensmittel hat großen Einfluss auf die<br />
Nahrungsmittelauswahl.<br />
Die Wahrnehmung erfolgt durch die Veränderung der Konsistenz. Durch<br />
Beißen, Lutschen, Kauen, also der sinnlichen Erfassung, wird die Textur<br />
zerstört.<br />
Empfindungen im Mund können in geometrische und mechanische Punkte<br />
unterteilt werden, wobei sich<br />
▪ geometrisch auf die äußerlich räumliche Form und<br />
▪ mechanisch auf die notwendige Kraft bei der Zerkleinerung der Speise<br />
beziehen.<br />
Auch außerhalb des Mundes wird die Konsistenz der Lebensmittel erfasst. Sie<br />
wird durch Aussehen, Druck und Geräusche überprüft.<br />
Im allgemeinen werden feste, knusprige, knackige, aber auch zarte, cremige<br />
und saftige Speisen gern gemocht. Welche Gruppe nun bevorzugt wird, ist<br />
auch von der Stimmungslage abhängig. Bei hart und weich ist entscheidend,<br />
um welches Produkt es sich handelt. Manchmal ist die Beschreibung positiv,<br />
manchmal negativ gemeint. Grundsätzlich negativ zu bewerten sind<br />
Umschreibungen wie schleimig, schmierig, nass, klumpig und zäh.<br />
Symbolgehalt von Lebensmitteln<br />
Der Symbolgehalt von Lebensmitteln ist noch nicht abschließend untersucht<br />
worden. Eine Vielzahl von Autoren haben die unterschiedlichen Symbole<br />
klassifiziert. Fasst man diese verschiedenen Klassifikationen zusammen,<br />
ergeben sich vier Symboldimensionen:<br />
Sicherheit<br />
Lebensmittel werden gegessen um wieder in ein emotionales Gleichgewicht zu<br />
gelangen. Sie dienen zur Abwehr von Angstzuständen.<br />
Lust<br />
Lebensmittel sollen einen Lustgewinn herbeiführen. Sie werden aufgrund ihres<br />
Aussehens, Geschmacks und Geruchs gewählt.<br />
Geltung<br />
Die gewählten Lebensmittel sollen die eigene gesellschaftliche Position<br />
unterstreichen. Sie werden als Attribute der eigenen Persönlichkeit aufgefasst.<br />
<br />
79
Zugehörigkeit<br />
Lebensmittel dienen der sozialen Identifikation. Sie sollen Gruppenkonformität<br />
und Interessensgleichheit verdeutlichen.<br />
Essverhalten - Setpoint-Theorie<br />
Allgemein<br />
Der Setpoint bezeichnet ein biologisch ideales Körpergewicht. Übergewichtige<br />
haben einen höheren Setpoint als Normalgewichtige. Aufgrund des gängigen<br />
Schlankheitsideals versuchen viele, ihr Gewicht unterhalb ihres Setpoints<br />
zuhalten. Das bedeutet, dass nach dieser Theorie Menschen gesellschaftlich als<br />
übergewichtig angesehen werden, aber nach biologischen Kriterien können sie<br />
untergewichtig und unterversorgt sein.<br />
Homöostase<br />
Die Grundlage der Setpoint – Theorie ist die Homöostase. Homöostase<br />
bezeichnet einen Zustand des Körpers (steady state), der nicht ohne weiteres<br />
verändert werden kann, da er durch physiologische und psychologische<br />
Mechanismen stabilisiert wird.<br />
Wäre dem nicht so, müssten sich kleinste Schwankungen in der Energiezufuhr,<br />
z.B. 50 kcal am Tag zu viel / zu wenig, in einer Zunahme bzw. Abnahme des<br />
Körpergewichts äußern.<br />
Das Körpergewicht ist also nicht beliebig manipulierbar. Die Homöostase, also<br />
die Aufrechterhaltung eines konstanten, optimalen Milieus, beschreibt nicht<br />
einen genau festgelegten Punkt, sondern einen spezifischen Wertebereich, in<br />
dem Stabilität besteht. Erst wenn diese Grenzen überschritten werden, müssen<br />
Ausgleichungsprozesse eingeleitet werden, damit die Homöostase nicht<br />
bedroht wird.<br />
Wirkmechanismus<br />
Durch den Setpoint wird nicht das Körpergewicht direkt reguliert, sondern die<br />
Energiezufuhr und der Verbrauch.<br />
Durch Einschränkung der Nahrungszufuhr kommt es zu einer Reduzierung des<br />
Energieverbrauchs, die wesentlich höher ist, als die Abnahme an<br />
Körpergewicht vermuten lässt. Durch die erwähnten Gegenregulationen<br />
reagiert der Körper bei Verminderung der Energiezufuhr nicht unmittelbar mit<br />
Gewichtsverlust, sondern er reduziert zunächst den Stoffwechsel. Dies erklärt,<br />
warum es auch bei wiederholten Diäten schwierig ist, vom eigentlichen<br />
Gewicht herunter zu kommen. Auch für den Jojo – Effekt und die Entwicklung<br />
gestörten Essverhaltens kann die Setpoint – Theorie einen Erklärungsansatz<br />
bieten.<br />
Die folgende Tabelle gibt eine zusammenfassende Darstellung.<br />
80
Psychologische Ebene<br />
(Verhalten und Erleben)<br />
Ungezügeltes, spontanes Essverhalten<br />
(Non-Dieter)<br />
Gezügeltes Essverhalten (Diät, FDH<br />
etc.)<br />
Zunehmend Schwierigkeiten im<br />
Essverhalten: Außenreizabhängigkeit,<br />
Stressessen, Heißhunger verzögerte<br />
Sättigung etc.<br />
Physiologische Ebene<br />
(Energiestoffwechsel)<br />
Ausgeglichene Energiebilanz:<br />
Energieaufnahme und<br />
Energiebedarf stimmen<br />
überein<br />
Negative Energiebilanz:<br />
Aufnahme geringer als<br />
Verbrauch<br />
Ausgeglichene Energiebilanz<br />
auf reduziertem Niveau durch<br />
Anpassung des Verbrauchs an<br />
Zufuhr<br />
Somatische<br />
Ebene<br />
(Körpergewicht)<br />
Körpergewicht stabil:<br />
Setpoint - Gewicht<br />
Initiale<br />
Gewichtsabnahme<br />
unter das Setpoint -<br />
Gewicht<br />
Stabilisierung des<br />
Gewichts unterhalb des<br />
Setpoints im neuen<br />
Steady State<br />
Abbruch des Diätverhaltens, Rückkehr<br />
zum spontanen Essverhalten<br />
Positive Energiebilanz:<br />
Aufnahme übersteigt den<br />
reduzierten Verbrauch<br />
Quelle: Pudel / Westenhöfer: <strong>Ernährung</strong>spsychologie. 1998. S. 103<br />
Gewichtszunahme bis<br />
zum Setpoint Gewicht<br />
oder drüber hinaus<br />
Kritik<br />
Nach der Setpoint – Theorie ist das Körpergewicht also weitgehend biologisch<br />
festgelegt. Es besteht die Vermutung, dass sich Adipöse häufig im<br />
Hungerzustand befinden, weil sie aufgrund des sozialen Drucks versuchen,<br />
unterhalb ihres Setpoints, der im adipösen Bereich liegen kann, zu bleiben.<br />
Jedoch vernachlässigt diese Theorie physiologische Tatsachen. Durch<br />
Veränderungen des Gewichts und der Körperzusammensetzung ändert sich<br />
auch der Energieverbrauch. Dieser wird überwiegend vom Anteil der fettfreien<br />
Körpermasse bestimmt. Wird zuviel Energie zugeführt, kommt es zur<br />
Gewichtszunahme, wobei 1 kg Zunahme sich auf 750 g Fett (6750 kcal) und<br />
auf 250 g fettfreie Masse (250 kcal) verteilen.<br />
Dementsprechend werden für eine Gewichtszunahme von 1 kg zusätzliche<br />
7000 kcal benötigt. Die Veränderung der Körperzusammensetzung führt nun<br />
wiederum zu einem veränderten Energieverbrauch, so dass sich Zufuhr und<br />
Verbrauch langsam annähern.<br />
Essverhalten - gezügeltes Essverhalten<br />
Allgemein<br />
Beim gezügelten Essverhalten geht es darum, die Nahrungsaufnahme<br />
einzuschränken, damit das gegenwärtige Gewicht gehalten, bzw. damit an<br />
Gewicht abgenommen werden kann. Es ist ein Verhaltensmuster, bei dem die<br />
Nahrungsaufnahme durch kognitive Kontrolle und nicht durch Hunger oder<br />
<br />
81
Appetitsignale reguliert wird. Gezügeltes Essen kann sich in lebenslangem<br />
Diäthalten, aber auch in wiederholten Phasen kurzzeitiger Diäten äußern.<br />
Bei gezügeltem Essverhalten werden Kohlenhydrate und Eiweiß vermehrt<br />
zugeführt, der Fett- und Zuckerkonsum hingegen wird eingeschränkt.<br />
Untersuchungen zeigten, dass gezügelte Esser, im Gegensatz zu ungezügelten<br />
Essern, bei negativer Stimmung dazu neigen, mehr zu essen als bei positiver<br />
oder neutraler Stimmung.<br />
Gezügelte Esser sind jedoch keine homogene Gruppe. Nicht alle weisen<br />
Essanfälle oder andere Störbarkeiten im Essverhalten auf. Gezügeltes Essen ist<br />
weit verbreitet, schon bei Kindern gibt es Anzeichen von gezügeltem<br />
Essverhalten.<br />
Hypothesen<br />
▪ Gezügelte Esser essen mehr, wenn die selbstauferlegte<br />
Nahrungsbeschränkung unterbrochen wird, und<br />
▪ eine erhöhte Externalität ist die Folge des gezügelten Essens.<br />
Externalität bedeutet, dass Personen in ihrem Essverhalten stark von äußeren<br />
Reizen beeinflusst werden. Die Betroffenen können anscheinend nur schwer<br />
widerstehen, wenn sie sichtbaren Essreizen ausgesetzt werden. Innere Reize<br />
hingegen nehmen sie kaum war. Der Verlust des Appetits im Lauf einer<br />
Mahlzeit ist zeitlich stark verzögert und Stress kann zu erhöhter<br />
Nahrungsaufnahme führen.<br />
Strategien und Gefahren<br />
Gezügelte Esser sind sowohl unter den Adipösen als auch unter den<br />
Normalgewichtigen zu finden.<br />
In der Adipositas-Therapie ist das gezügelte Essen ein wünschenswertes Ziel,<br />
da die kognitive Kontrolle in viele Fällen für den Erfolg einer Gewichtsreduktion<br />
entscheidend ist. Untersuchungen zeigten, dass übergewichtige Probanden mit<br />
stark ausgeprägter kognitiver Kontrolle ihr Gewicht besonders erfolgreich<br />
reduzierten.<br />
Auch die gezügelten Esser unter den Normalgewichtigen liegen i.d.R. unterhalb<br />
ihres Setpoints. Sie befinden sich in einem Zustand des Energiemangels, um<br />
so ihr gesellschaftlich ideales Körpergewicht zu halten.<br />
Kontrollstrategien<br />
Um nicht an Gewicht zuzunehmen, wenden gezügelte Esser verschiedene<br />
Strategien an, z.B.:<br />
▪ Kalorienzählen<br />
▪ Vermeidung bestimmter Lebensmittel<br />
▪ Bevorzugung kalorienarmer Lebensmittel<br />
▪ Kleine Portionen<br />
▪ Auslassen von ganzen Mahlzeiten bzw. Mahlzeitenkomponenten (wie Beilage,<br />
Dessert)<br />
82
Gefahren<br />
Gezügeltes Essen birgt einige Gefahren. Je stärker dieses Verhalten ausgeprägt<br />
ist, desto größere Schwierigkeiten, wie z.B. vermehrte Heißhungeranfälle,<br />
Süßhunger, können auftreten.<br />
Außerdem scheint gezügeltes Essverhalten mit der Entwicklung von Essanfällen<br />
bei Anorexie und Bulimie in Verbindung gebracht werden zu können.<br />
Preload - Experiment<br />
Mittels eines Preload Versuchs sollte die Hypothese, dass gezügelte Esser mehr<br />
essen, wenn sie ihre selbst gesteckte Diätgrenze überschritten haben,<br />
überprüft werden.<br />
Die Probanden wurden in drei Gruppen eingeteilt. Nach der Verabreichung<br />
eines Preloads durften sie soviel Eiscreme essen, wie sie wollten. Ein Preload<br />
ist eine "Vorab – Portion", in diesem Fall Milchshakes.<br />
Die erste Gruppe bekam einen Milchshake, die zweite zwei Shakes und die<br />
dritte bekam keinen Preload. Des weiteren wurde mittels eines Fragebogens<br />
ermittelt, wie stark das gezügelte Essen ausgeprägt ist.<br />
Um sicher zu stellen, dass die Probanden gesättigt sind, wurde das Experiment<br />
nach der Essenszeit durchgeführt. Die Ergebnisse bestätigten die Hypothese.<br />
Weniger stark gezügelte Esser haben um so weniger Eiscreme gegessen, je<br />
mehr Milchshakes sie vorher aufgenommen hatten. Anders die stark<br />
gezügelten Esser: Da ihre Diätgrenze bereits durch den / die Milchshake(s)<br />
überschritten war, konsumierten sie mehr Eiscreme. Die kognitive Kontrolle<br />
wurde also zeitweise unterbunden, so dass das gezügelte Essverhalten<br />
aufgegeben wurde.<br />
Boundary - Modell<br />
Die Nahrungsaufnahme wird durch zwei Grenzen – auf der einen Seite Hunger,<br />
auf der anderen Seite Sättigung - abgesteckt. Diese physiologischen Grenzen<br />
wirken aversiv. Je tiefer der Mensch in den Hungerbereich kommt, desto<br />
größer wird der Druck Nahrung aufzunehmen. Andersherum gilt, dass ein<br />
Druck einsetzt, die Aufnahme wieder zu beenden, wenn die Sättigungsgrenze<br />
weit überschritten wurde. Aufgrund von Lernerfahrungen müssen die Grenzen<br />
aber nicht erst erreicht werden, um zu essen bzw. wieder damit aufzuhören.<br />
Durch regelmäßige, angemessene Nahrungsaufnahme versucht der Mensch die<br />
Grenzzonen zu vermeiden.<br />
Bei gezügelten Essern gibt es eine dritte, selbstauferlegte, kognitive Grenze.<br />
Dabei handelt es sich um die Diätgrenze, die zwischen Hunger und Sättigung<br />
angesiedelt ist. Sie bestimmt, wie viel unter normalen Umständen gegessen<br />
werden darf. Wird diese Diätgrenze durch bestimmte Umstände enthemmt,<br />
wird bis zur Sattheitsgrenze weitergegessen. Allerdings sind bei den<br />
gezügelten Essern die beiden physiologischen Grenzen verschoben. Sie haben<br />
eine niedrigere Hungergrenze und gleichzeitig eine höhere Sättigungsgrenze.<br />
Das bedeutet, dass sie einerseits länger Nahrung verweigern können, bevor<br />
der aversive Druck wirksam wird, andererseits erlaubt die höhere<br />
Sättigungsgrenze eine höhere Nahrungsaufnahme.<br />
<br />
83
Essverhalten - <strong>Ernährung</strong>serziehung<br />
Allgemein<br />
In der <strong>Ernährung</strong>spsychologie wird die Aussage "wir essen, was uns schmeckt"<br />
abgewandelt. Es wird davon ausgegangen, dass das, was wir häufig essen, uns<br />
auch irgendwann schmeckt, weil es vertraut und bekannt ist.<br />
Kinder entwickeln ihre Essgewohnheiten überwiegend durch Modell – Lernen.<br />
In den ersten Jahren wird ihr Essverhalten vor allem durch die Eltern, später<br />
im Kindergarten durch Erzieher und Gleichaltrige geprägt. Angeborene<br />
Nahrungsmittelpräferenzen, wie z.B. die Vorliebe für Süßes, können durch<br />
Erfahrung verändert und durch neue Geschmacksvorlieben ersetzt werden.<br />
Neben den "Vorbildern" beeinflussen auch die Esskultur des Heimatlandes und<br />
die Werbung die Essvorlieben des Kindes.<br />
Aspekte der <strong>Ernährung</strong>serziehung<br />
Eltern / Erzieher als Vorbild<br />
Nach und nach bevorzugen Kinder die selben Nahrungsmittel wie Personen,<br />
mit denen sie gemeinsam essen. Daher sollte eine gesunde <strong>Ernährung</strong><br />
vorgelebt werden. Damit Kinder eine gesunde Einstellung zum Essen<br />
entwickeln, sollten negative Aussagen bezüglich des Essens vermieden<br />
werden.<br />
Rigide Vorschriften vermeiden Ver- und Gebote können die Orientierung des<br />
Essverhaltens im Überfluss erschweren und unter Umständen Essstörungen<br />
fördern. Wenn Kinder fettreiche, süße und vitaminarme Lebensmittel<br />
bevorzugen, sollte versucht werden, diese mit gewünschten Lebensmitteln zu<br />
kombinieren. Nach und nach sollten die Anteile in Richtung eines<br />
ernährungsphysiologisch ausgewogenen Verhältnis abgeändert werden. Durch<br />
ein frühzeitiges Heranführen an unbekannte Speisen kann eine<br />
abwechslungsreiche, ausgewogene Kost unterstützt werden.<br />
Essen nie als Belohnung oder Trost<br />
Kinder sollten nie durch Essen belohnt oder getröstet werden, da dadurch eine<br />
vernünftige Einstellung zum Essen untergraben wird. Kinder entwickeln<br />
erhöhte Präferenzen für Nahrungsmittel, die ihnen als Belohnung gegeben<br />
werden oder die durch Zuwendung von Aufmerksamkeit von Seiten<br />
Erwachsener begleitet sind.<br />
Hunger und Sättigungsgefühl fördern<br />
Menschen verfügen von Geburt an über ein gutes Hunger - Sättigungs -<br />
Regulationssystem, welches das Körpergewicht langfristig stabilisiert. Eltern<br />
sollten die Kinder ihre Portionen selbst bestimmen lassen, da der Zwang den<br />
Teller leer zu essen, dieses sensible System zerstören kann.<br />
84
Gemeinsame Mahlzeiten<br />
Kinder sollten nicht alleine essen und auch nicht durch TV oder Musik<br />
abgelenkt werden. Die Mahlzeit sollte die Möglichkeit für Gespräche bieten und<br />
durch bestimmte Rituale eingerahmt sein. Durch diese Rituale wird das Essen<br />
für die Kinder zu einem gleichförmigen, vertrauten Bestandteil in ihrem<br />
Tagesablauf.<br />
Essverhalten - Erhebungsmethoden<br />
Allgemein<br />
<strong>Ernährung</strong>serhebungsmethoden werden durchgeführt, um den<br />
<strong>Ernährung</strong>sstatus von Individuen, bestimmter Teilgruppen oder auch ganzer<br />
Nationen zu erfassen. Mit ihnen können <strong>Ernährung</strong>strends, <strong>Ernährung</strong>sfehler,<br />
Nahrungsmittelverbrauch etc. ermittelt werden.<br />
Die Methoden werden in indirekte und direkte Verfahren unterteilt, wobei die<br />
direkten Verfahren nochmals in Methoden, die den zurückliegenden und die<br />
den gegenwärtigen Verzehr betreffen, untergliedert werden. Die Entscheidung<br />
für eine bestimmte Erhebungsmethode ist u.a. vom Untersuchungsaspekt, -<br />
einheit, -bedingungen und -ziel abhängig.<br />
Indirekte Erhebungsmethoden<br />
Die indirekten Methoden stützen sich auf Daten, die zu anderen Zwecken<br />
erhoben wurden. In ihrer Abhängigkeit von der Verlässlichkeit der benutzten<br />
Statistiken ist aber auch der wesentliche Nachteil dieser<br />
<strong>Ernährung</strong>serhebungsmethoden zu sehen.<br />
<strong>Ernährung</strong>s-ökonomische Rahmendaten<br />
Die Rahmendaten sind für die Vorbereitung von Erhebungen<br />
(Stichprobengewinnung etc.), aber auch für die Interpretation von Ergebnissen<br />
entsprechender Studien von Bedeutung. Die verwendeten Daten stammen in<br />
erster Linie aus Statistiken amtlicher Regierungs- und Planstellen. Die<br />
wichtigsten Quellen sind demographische Daten wie Einwohnerzahlen, Altersund<br />
Geschlechtsverteilung. Weitere aussagekräftige Quellen, die herangezogen<br />
werden können, sind Gesundheitsstatistiken, geographische sowie<br />
soziokulturelle Daten.<br />
Nahrungsbilanzen<br />
Nahrungsbilanzen drücken die für den menschlichen Verzehr verfügbaren<br />
Nahrungsmittelmengen pro Kopf der Bevölkerung aus. Die Bestimmung erfolgt<br />
für einen bestimmten Zeitraum. Dazu werden verschiedene Daten<br />
zusammengetragen. Anhand der nachfolgenden Berechnungsformel wird die<br />
Nahrungsmittelbilanz ermittelt. Der Pro-Kopf-Verbrauch ergibt sich nach<br />
<br />
85
Division der Nettoversorgung durch die Bevölkerungszahl.<br />
NV = (IP + I +/- V - S – P – SV – F – E) / B<br />
NV = Nahrungsverbrauch pro Kopf IP = inländische<br />
Nahrungsmittelproduktion I = Importe V = Vorratssaldo S = Saatgut P =<br />
Umwandlung in andere Produkte SV = Schwund u. Verderb F = Futtermittel E<br />
= Export B = Bevölkerungszahl<br />
Nahrungsbilanzen bieten den Vorteil, dass sie ein Gesamtbild der<br />
Nahrungsversorgung und Lebensmittelproduktion eines Landes liefern. Des<br />
weiteren ermöglichen sie Aussagen über allgemeine Nahrungsgewohnheiten<br />
einer Bevölkerung und lassen internationale Vergleiche zu. Dagegen sind<br />
Unterschiede innerhalb der Bevölkerungsgruppen nicht ersichtlich.<br />
Direkte Erhebungsmethoden - Zurückliegend<br />
Bei den Methoden, die den zurückliegenden Verzehr messen, werden das<br />
Einkauf- und Essverhalten durch die Befragung nicht beeinflusst. Der Kosten-,<br />
Zeit- und Personalaufwand ist in der Regel geringer als bei den Methoden des<br />
gegenwärtigen Verzehrs. Dadurch, dass der befragte Zeitraum schon eine<br />
gewisse Zeit zurückliegt, werden die tatsächlichen Verzehrsmengen jedoch<br />
häufig falsch wiedergegeben. Außerdem ist ein konstantes Essverhalten der<br />
Probanden wichtig, da untypische oder unregelmäßiges Verhalten am erfassten<br />
Tag das Untersuchungsergebnis verfälschen würden.<br />
24–Stunden-Befragung<br />
Bei der 24-Stunden-Befragung wird zunächst ein Interview geführt, in dem der<br />
Nahrungsverzehr einer Person nach Art und Menge für einen vor der Erhebung<br />
gelegenen Zeitraum so genau wie möglich erfragt wird. In den folgenden<br />
Schritten werden die Mengenschätzungen in Gewichtseinheiten umgerechnet<br />
und die Inhaltsstoffe mittels Nährwerttabellen kalkuliert.<br />
Auf diese Methode wird zurückgegriffen, wenn Aussagen über die<br />
durchschnittliche Nährstoffaufnahme von Personen einer Teilgruppe gemacht<br />
werden sollen. Außerdem bietet sich diese Methode an, wenn der<br />
Zusammenhang zwischen Verzehrshäufigkeiten bestimmter Nahrungsmittel<br />
und Auftreten von Krankheiten erklärt werden soll.<br />
<strong>Ernährung</strong>sgeschichte<br />
Mittels der <strong>Ernährung</strong>sgeschichte werden charakteristische <strong>Ernährung</strong>smuster<br />
und <strong>Ernährung</strong>sgewohnheiten eines Individuums für einen zurückliegenden<br />
Zeitraum (bis zu 1 Jahr) erfasst. Zunächst werden die Essgewohnheiten des<br />
Probanden erhoben und protokolliert. Saisonale Unterschiede werden<br />
berücksichtigt. Anschließend werden die Daten durch einen "cross check"<br />
(Gegenkontrolle) überprüft und die ermittelten Daten u.a. durch Berechnungen<br />
mit Nährwerttabellen ausgewertet.<br />
Fragebogenmethode<br />
Bei der Fragebogenmethode werden Mahlzeitenfrequenz, Häufigkeit des<br />
Verzehrs bestimmter Lebensmittel etc. abgefragt. Allgemeine Angaben zur<br />
Person und zu ernährungsrelevanten Aspekten werden berücksichtigt. Die<br />
86
Methode wird z.B. angewandt, um Verzehrshäufigkeiten bestimmter<br />
Lebensmittel bei Schülern zu ermitteln oder um Änderungen von<br />
<strong>Ernährung</strong>sgewohnheiten zu erfassen. Der standardisierte Fragebogen kann<br />
per Post oder per Hand verteilt bzw. durch einen Interviewer abgefragt<br />
werden.<br />
Einkaufsliste<br />
Die für die <strong>Ernährung</strong> einer Familie zuständige Person wird über den<br />
Lebensmittelverbrauch eines zurückliegenden Zeitraums befragt, wobei die<br />
Lebensmittelmengen geschätzt werden. Die Methode der Einkaufsliste bewährt<br />
sich in Gegenden, in denen i.d.R. nur einmal wöchentlich eingekauft wird. Das<br />
Erhebungspersonal verfügt über Aufstellungen aller gebräuchlichen<br />
Lebensmittel sowie Inventar- und Preislisten lokaler Lebensmittelläden. Die<br />
Person referiert aus dem Gedächtnis über Verzehr, Kosten, Besuch, Abfall etc.<br />
Zur Kontrolle werden Menüpläne und Rezepte herangezogen.<br />
Archäologische Methode<br />
Diese Methode erfasst den Abfall eines Haushalts, um daraus Rückschlüsse auf<br />
verzehrte Mengen zu ziehen. Verpackungsmaterial, Kassenzettel und<br />
Speisereste werden gesammelt.<br />
Direkte Erhebungsmethoden - Gegenwärtig<br />
Bei den Methoden des gegenwärtigen Verzehrs wird das Essverhalten genauer<br />
erfasst, da weniger vergessen wird. Die meisten sind recht aufwendig und<br />
stellen einen hohen Aufwand für die Probanden dar. Außerdem neigen einige<br />
Teilnehmer dazu, ihr Essverhalten während der Erhebungszeit zu verändern.<br />
Wiegemethode<br />
Die Wiegemethode eignet sich zur Bestimmung der Nährstoffzufuhr einzelner<br />
Personengruppen, zur Messung der Energiezufuhr sowie zur Ermittlung der<br />
Zusammenhänge zwischen <strong>Ernährung</strong> und Krankheit. Nach ausführlicher<br />
Einweisung des Erhebungspersonals werden alle Lebensmittel, Portionen sowie<br />
Gesamtmengen mit einer geeichten Waage gewogen, mit Qualitäts- Energieund<br />
Fettangabe erfasst und protokolliert. Der Außer-Haus-Verzehr wird durch<br />
Ausfüllen spezieller Formulare erfasst. Um die Genauigkeit sicher zustellen,<br />
werden die Probanden überwacht. Die Auswertung erfolgt mittels<br />
Nährwerttabellen oder durch chemische Analyse.<br />
Inventarmethode<br />
Bei der Inventarmethode werden alle persönlichen Daten der Mahlzeit-<br />
Teilnehmer erfasst. Alle gekauften und selbst erzeugten Lebensmittel werden<br />
aufgezeichnet. Am Ende der Erhebung werden die vorhandenen Vorräte erneut<br />
registriert, um daraus die verbrauchten Lebensmittelmengen zu ermitteln. Es<br />
werden Tagebücher, Formulare etc. zur Verfügung gestellt. Regelmäßige<br />
Kontrollen und die Unterstützung durch Erhebungspersonal sollen die<br />
Genauigkeit der Ergebnisse sichern.<br />
<br />
87
<strong>Ernährung</strong>sprotokoll<br />
Die Lebensmittel werden nicht gewogen, sondern mittels haushaltsüblicher<br />
Maße geschätzt. Um genaue Angaben zu erhalten, bekommen die<br />
Versuchspersonen Listen und Modelle als Maßstäbe. Außerdem werden sie<br />
durch Personal eingewiesen.<br />
Der Verzehr wird von den Probanden protokolliert. Bei der Auswertung werden<br />
verzehrte Mengen mittels Normtabellen in Gewichtsmengen übertragen, um<br />
anschließend mit Nährwerttabellen oder entsprechender Software die<br />
Nährstoffaufnahme zu bestimmen.<br />
Buchhaltungsmethode<br />
Bei der Buchhaltungsmethode wird der Nahrungsverbrauch durch Aufzeichnung<br />
eingekaufter, selbst erzeugter oder sonst erworbener Lebensmittel ermittelt.<br />
Einkaufsgewichte sollen möglichst notiert werden. Auf getrennte Erfassung der<br />
Vorräte wird verzichtet. Die Herkunft der Lebensmittel, die tägliche<br />
Teilnehmerzahl bei den Mahlzeiten und der Außer-Haus-Verzehr werden<br />
protokolliert. Auf die Buchhaltungsmethode wird zurückgegriffen, um die Höhe<br />
der finanziellen Aufwendung bei gleichzeitiger Erhebung der Nahrungseinkäufe<br />
von Familien oder Haushalten zu erfassen.<br />
Referenzwerte - Allgemeines<br />
Notwendigkeit<br />
Die Referenzwerte dienen der Planung einer bedarfsgerechten <strong>Ernährung</strong><br />
(Aufstellen von Kostplänen) sowie der Nahrungsmittelversorgung für<br />
verschiedene Bevölkerungsgruppen. Weitere Funktionen sind:<br />
▪ Beurteilung der Qualität von Lebensmitteln<br />
▪ Orientierungshilfe bei der Beurteilung der Nährstoffversorgung<br />
▪ Grundlage für die Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln<br />
▪ <strong>Ernährung</strong>saufklärung, Erziehung und Beratung<br />
▪ Basis für die praktische Umsetzung einer gesunden <strong>Ernährung</strong> für jeden<br />
einzelnen<br />
▪ Planung von Diäten und Entwicklung von Diätbüchern<br />
▪ Leitlinie bei der Entwicklung neuer Produkte (Diätprodukte, Supplemente<br />
usw.)<br />
Geschichte<br />
Der deutsche Physiologe Carl v. Voit (1831-1908) ermittelte erste<br />
Empfehlungen für den Nährstoffbedarf von Menschen, das sogenannte<br />
VOITsche Kostmaß.<br />
1943 gab es mit den RDA´s (Recommended Dietary Allowances) des National<br />
Researc Councils (Washington, DC) die ersten modernen Empfehlungen für die<br />
Nährstoffzufuhr. Sie wurden als Grundlage für die Truppenverpflegung im 2.<br />
88
Weltkrieg erstellt.<br />
1950 gab es die erste Veröffentlichung der FAO (Food and Agriculture<br />
Organization), deren Hauptaufgabe die <strong>Ernährung</strong> in den Entwicklungsländern<br />
ist. Deshalb handelt die erste Veröffentlichung auch vom Energiebedarf.<br />
1955 veröffentlichte die Deutschland bzw. die DGE (Deutsche Gesellschaft für<br />
<strong>Ernährung</strong>) als erstes Land nach den USA die "Wünschenswerte Höhe der<br />
Nahrungszufuhr". Sie wurde mehrmals überarbeitet und erweitert.<br />
Seit dem Jahr 2000 gibt es die DACH – "Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr<br />
(1. Auflage)". Dies sind gemeinschaftliche Empfehlungen der<br />
Fachorganisationen von Deutschland, Österreich und der Schweiz.<br />
Bedeutung des Begriffs "Referenzwert"<br />
Definition<br />
"Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr" wurde als Oberbegriff gewählt, um<br />
Missverständnisse zu vermeiden. Früher wurde der Begriff "Empfehlungen"<br />
verwendet. Die Referenzwerte werden unterteilt in<br />
▪ Empfehlungen,<br />
▪ Schätzwerte und<br />
▪ Richtwerte.<br />
Ziele<br />
Der Begriff "Empfehlungen" wird jetzt ausschließlich für die empfohlene Zufuhr<br />
eines bestimmten Nährstoffs verwendet. Die Werte beziehen sich auf die<br />
Menge an Nährstoffen, die beim Verzehr noch in den Lebensmitteln vorhanden<br />
sind. Verluste durch Zubereitung (Kochen, Säubern), kurze Lagerung usw. sind<br />
bereits berücksichtigt.<br />
Nur für Gesunde<br />
Die Referenzwerte gelten ausschließlich für Gesunde. Keine Gültigkeit besitzen<br />
sie für:<br />
▪ die Versorgung von Kranken und Rekonvaleszenten<br />
▪ sie sind nicht ausreichend (außer Jod), um entleerte Speicher aufzufüllen<br />
▪ bei Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten<br />
▪ Personen, die durch Genussgifte (Alkohol) oder Medikamenteneinnahme<br />
belastet sind<br />
Einflussfaktoren<br />
Energie und Nährstoffbedarf sind bei jedem Menschen von Tag zu Tag<br />
verschieden und von verschiedenen Faktoren abhängig.<br />
Der Energie und Nährstoffbedarf ergibt sich aus:<br />
▪ Resorption aus dem Darm<br />
▪ der Verteilung im Organismus<br />
▪ dem Ab- und Umbau im Organismus (Stoffwechsel)<br />
▪ der Ausscheidung<br />
<br />
89
Sie hängen außerdem von vielen endogenen (inneren) und exogenen<br />
(äußeren) Einflüssen ab.<br />
Endogene Einflüsse<br />
▪ Alter<br />
▪ Geschlecht<br />
▪ Wachstum<br />
▪ Schwangerschaft, Stillen<br />
▪ körperliche Leistungen<br />
▪ Thermogenese (Bildung von Körperwärme nach der Nahrungsaufnahme)<br />
Exogene Einflüsse<br />
▪ Versorgungszustand<br />
▪ Umfang, Bestandteile und Begleitumstände der Mahlzeiten<br />
▪ Klima<br />
▪ erblich bedingte Schwankungen<br />
Dies sind nur Beispiele. Es gibt noch viele andere Einflüsse. Die Einteilung in<br />
innere und äußere Einflüsse ist auch nicht immer eindeutig.<br />
Wegen der vielen unterschiedlichen Einflüsse ist es sinnvoll, den Energie- und<br />
Nährstoffbedarf nur als Durchschnittswert für definierte und kleine<br />
Bevölkerungsgruppen zu bestimmen. Die Anzahl der Gruppen reicht<br />
international von 17 bis 58 Bevölkerungsgruppen.<br />
Referenzwerte - weitere Definitionen<br />
"Bedarf" (FAO/WHO)<br />
"Als Nährstoffbedarf wird die kleinste von außen zugeführte Menge betrachtet,<br />
die erforderlich ist, um Mangelerscheinungen zu vermeiden, die durch klinische<br />
Merkmale und Symptome und/oder durch Messwerte biochemischer oder<br />
physiologischer Funktionen überprüfbar sind".<br />
"Durchschnittsbedarf"<br />
Der "Durchschnittsbedarf" einer Gruppe an Nahrungsenergie und<br />
lebensnotwendigen Nährstoffen ist die Menge, mit der 50% der Personen<br />
ausreichend versorgt werden, sofern es sich um eine Normalverteilung handelt<br />
(Gauß). Bei der Energiezufuhr wurde der durchschnittlicher Bedarf als<br />
Richtwert gewählt, da in Deutschland eher die Gefahr der Überversorgung<br />
besteht.<br />
90
Die Durchschnittswerte werden ermittelt durch:<br />
▪ Verfolgung der Resorption, der Retention und des Stoffwechselumsatzes<br />
▪ epidemiologische oder gezielte Untersuchungen der Auswirkungen<br />
vonNährstoffzufuhr bei Mangelerscheinungen<br />
▪ langfristige Beobachtungen von Verzehrsgewohnheiten von größeren<br />
Bevölkerungsgruppen<br />
▪ Erfahrungen bei der künstlichen <strong>Ernährung</strong><br />
▪ Rückschlüsse aus Tierversuchen<br />
"Grundbedarf" / "normativer Speichebedarf"<br />
Man unterscheidet auch zwischen Grundbedarf und einem normativen<br />
Speicherbedarf. Der Grundbedarf soll jede Art klinisch nachweisbarer<br />
Funktionsbeeinträchtigungen verhindern, der normative Speicherbedarf soll<br />
Körperreserven gewährleisten, die ohne nachfolgende Funktionsstörungen<br />
schnell in Anspruch genommen werden können.<br />
Referenzwerte - Gliederung der Referenzwerte<br />
Empfehlungen<br />
Empfehlungen decken den Grundbedarf sowie den Speicherbedarf einer<br />
definierten Gruppe der gesunden Bevölkerung zu 98% ab. Er wird ermittelt,<br />
indem der Durchschnittsbedarf um die zweifache Standardabweichung<br />
erweitert wird.<br />
Mit Ausnahme von Protein ist der Nährstoffbedarf im Allgemeinen nicht<br />
statistisch normal verteilt. Deshalb wird anstelle der zweifachen<br />
Standardabweichung ein Zuschlag von 20-30% addiert. Dieser beruht auf<br />
einem angenommenen Variationskoeffizienten von 10-15%.<br />
Empfehlungen werden ausschließlich für die Zufuhr der Nährstoffe verwendet,<br />
deren Bedarf relativ gut bekannt ist. Die empfohlenen Mengen sollen allen<br />
physiologischen individuellen Schwankungen gerecht werden und einen<br />
ausreichenden Vorrat an Nährstoffen im Körper sicherstellen.<br />
Schätzwerte<br />
Schätzwerte werden dann angegeben, wenn der Bedarf an einem<br />
lebensnotwendigen Nährstoff noch nicht genau genug bekannt ist, d.h.<br />
experimentell nicht hinreichend abgesichert ist. Dies hat teils methodische<br />
Gründe, da die Schwankungen zu groß waren oder nicht genügend geeignete<br />
Ergebnisse von Untersuchungen vorliegen. Wenn möglich wurde ein<br />
Zahlenwert angegeben, ansonsten ein Bereich. Sie gewährleisten jedoch eine<br />
angemessene und gesundheitlich unbedenkliche Zufuhr.<br />
<br />
91
Richtwerte<br />
Richtwerte sind Orientierungshilfen. Sie geben Hinweise für eine angemessene<br />
Zufuhr, die aus gesundheitlicher Sicht angemessen erscheinen, auch wenn sie<br />
z.T. nicht essentielle Nährstoffe betreffen. Mit ihrer Hilfe soll die Zufuhr<br />
innerhalb bestimmter Grenzen geregelt werden.<br />
Übersicht - Einteilung der Nährstoffe<br />
Protein<br />
Essentielle FS<br />
Vitamin A<br />
Vitamin D<br />
Thiamin<br />
Riboflavin<br />
Niacin<br />
Vitamin B 6<br />
Folsäure<br />
Vitamin B 12<br />
Vitamin C<br />
Calcium<br />
Phosphor<br />
Magnesium<br />
Eisen<br />
Jod<br />
Zink<br />
Empfehlungen Schätzwerte Richtwerte<br />
ß-Carotin<br />
Vitamin E<br />
Vitamin K<br />
Pantothensäure<br />
Biotin<br />
Natrium<br />
Chlorid<br />
Kalium<br />
Selen<br />
Kupfer<br />
Mangan<br />
Chrom<br />
Molybdän<br />
Energie<br />
Fett<br />
Cholesterin<br />
Kohlenhydrate<br />
Ballaststoffe<br />
Alkohol<br />
Wasser<br />
Fluorid<br />
Gebrauch der Referenzwerte<br />
▪ Man muss der unterschiedlichen Bewertung energieliefernder und essentieller<br />
Nährstoffe und der unterschiedlichen Aussagekraft von Empfehlungen,<br />
Schätz- und Richtwerten Beachtung schenken.<br />
▪ Da sie sich an dem Bedarf einer definierten Gruppe orientieren, sind sie nicht<br />
zur exakten Beurteilung des Versorgungszustandes einer einzelnen<br />
Person beeignet.<br />
▪ Sie sind eine Orientierung für die <strong>Ernährung</strong>sberatung. Eine Unterschreitung<br />
der Zufuhr eines Nährstoffs heißt nicht, dass eine Unterversorgung<br />
vorliegen muss, es erhöht nur die Wahrscheinlichkeit.<br />
▪ Es reicht aus, wenn die Referenzwerte über einen gewissen Zeitraum erreicht<br />
werden.<br />
▪ Man sollte aber beachten, dass bei bestimmten Nährstoffen eine hohe<br />
Dosierung die Absorptionsrate senkt und die empfohlene Zufuhr<br />
möglichst gleichmäßig verteilt werden soll.<br />
92
Referenzwerte - Dietary Reference<br />
Intakes(DRIs)<br />
Allgemein<br />
In Nordamerika gibt es die Dietary Reference Intakes (DRIs). Sie wurden 1997<br />
vom Food and Nutrition Board des "Institute of Medicine" in Zusammenarbeit<br />
mit der staatlichen kanadischen Gesundheitsorganisation "Health Canada"<br />
sowie zahlreichen amerikanischen und kanadischen Wissenschaftlern<br />
erarbeitet. Sie sollen die "Recommended Dietary Allowances" (RDA's) von<br />
1989 sowie die "Canadian Recommended Nutrient Intakes" (RNI's) von 1990<br />
ersetzen und so für ganz Nordamerika Gültigkeit haben.<br />
Entstehung<br />
▪ Für die DRIs wurden die Nährstoffe in sieben Gruppen nach<br />
Sachzusammenhängen gegliedert und von verschiedenen<br />
Expertengruppen über mehrere Jahre erarbeitet. Während der<br />
Endscheidungsphase fanden öffentliche Anhörungen mit Experten aus<br />
aller Welt statt.<br />
▪ Der Ablauf ist streng standardisiert und wird von einer übergeordneten<br />
Instanz kontrolliert.<br />
▪ Die Finanzierung erfolgte zu 70% aus öffentlichen und zu 30% aus privaten<br />
Mitteln, um eine unabhängige Entscheidungsfindung zu sichern.<br />
▪ Es wurden erstmals Stoffe in die Empfehlung aufgenommen, die zwar nicht<br />
essentiell sind, aber die wahrscheinlich einen günstigen Einfluss auf die<br />
Gesundheit haben (z.B. Cholin).<br />
▪ Neben bekannten physiologischen Faktoren (Alter, Geschlecht etc.) werden<br />
auch Einflüsse des Lebensstils (z.B. Rauschen, Alkohol) und<br />
Umweltbedingungen (UV-Strahlung, Umgebungstemperaturen) sowie<br />
Unterschiede in der individuellen genetischen Variabilität berücksichtigt.<br />
Die vier Kerngrößen der DRI<br />
Estimated Average Requirement (EAR)<br />
Dabei handelt es sich um die tägliche Zufuhrmenge eines<br />
Nahrungsbestandteils, die ausreicht, um den Bedarf von 50% der gesunden<br />
Personen einer definierten Bevölkerungsgruppe zu decken. Sie sind geeignet,<br />
um Kostplanungen für größere Bevölkerungsgruppen vorzunehmen.<br />
Recommended Dietary Allowance (RDA)<br />
Darunter versteht man die tägliche Zufuhrmenge eines Nahrungsbestandteils,<br />
die ausreicht, um den Bedarf von 98% der gesunden Personen einer<br />
definierten Bevölkerungsgruppe zu decken.<br />
RDA = EAR + zweifache Standardabweichung (EAR)<br />
Die RDA entsprechen den DACH-Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr!<br />
<br />
93
Adequate Intake (AI)<br />
Dies ist die experimentell ermittelte tägliche Zufuhrmenge eines<br />
Nahrungsbestandteils, die ausreicht, um den Bedarf von einer Versuchsgruppe<br />
zu decken. Dieser Wert wird verwendet, wenn eine RDA nicht bestimmt<br />
werden kann und entspricht den Schätzwerten der DACH!<br />
Tolerable Upper Level (TUL)<br />
Der TUL ist die höchste tägliche Zufuhrmenge eines Nahrungsbestandteils, die<br />
keinen gesundheitlich nachteiligen Einfluss auf die Gesamtbevölkerung hat.<br />
Dies ist wegen der zunehmenden Supplementierung und Anreicherung von<br />
Lebensmitteln notwendig geworden. Diese Werte stehen aber noch auf recht<br />
wackligen Beinen, da noch nicht genügend Daten vorliegen.<br />
Bei den DACH-Werten werden Kenngrößen wie die EAR und die TUL<br />
nicht angegeben.<br />
<strong>Ernährung</strong> im Alter - Allgemeine Infos<br />
Vitalität in der 2. Lebenshälfte<br />
100 Jahre alt werden - wer möchte das nicht? Als Voraussetzung dafür nennen<br />
die meisten Menschen jedoch eine körperliche und geistige<br />
Leistungsfähigkeit.<br />
Wohlbefinden und Vitalität sind wesentliche Voraussetzungen für die<br />
persönliche Lebensqualität bis ins hohe Alter. Das Altern selbst ist nicht zu<br />
verhindern, doch vermag eine gesundheitsbewusste Lebensführung die<br />
Alterungsvorgänge hinauszuzögern.<br />
Zu einer gesundheitsbewussten Lebensführung trägt die <strong>Ernährung</strong> in ganz<br />
entscheidendem Maße bei.<br />
Essen und Trinken haben im Alter eine besondere Bedeutung!<br />
Wer richtig isst, hat auch im Alter mehr Spaß am Leben, weil er gesünder,<br />
leistungsfähiger und damit fröhlicher bleibt!<br />
Altern ist ein natürlicher Prozess<br />
Altern ist ein natürlicher Vorgang, der nicht zwangsläufig von Krankheiten<br />
begleitet sein muss. Viele Krankheiten haben nichts mit dem Alter zu tun, wie<br />
viele Menschen glauben, sondern entstehen durch jahrelange Verstöße gegen<br />
eine gesunde und natürliche Lebensordnung.<br />
Nicht zu leugnen ist jedoch, dass sich, wenn der Organismus altert, einige<br />
Veränderungen am Körper einstellen und es dadurch zu einer Minderung der<br />
Leistungsfähigkeit kommen kann.<br />
Hinzu kommt, dass mit zunehmendem Alter häufig eine Art "Unlust" am Essen<br />
auftritt, da der Appetit nachlässt. Hierdurch kann es unter anderem zu einer<br />
Unterversorgung des Körpers mit notwendigen Nährstoffen kommen.<br />
Das ist jedoch gerade bei Senioren fatal, denn ältere Menschen benötigen eine<br />
Kost, die den Körper mit allem Notwendigen in ausreichender Menge versorgt.<br />
Ist dies nicht der Fall, besteht die Gefahr krank zu werden bzw. die<br />
Leistungsfähigkeit zu verlieren.<br />
94
Veränderungen im Organismus<br />
Im Alter kann es zu Funktionseinschränkungen von Organen kommen, die<br />
Einfluss auf die <strong>Ernährung</strong> nehmen können und daher bei der Auswahl der<br />
Lebensmittel berücksichtigt werden sollten. Einige Veränderungen bzw.<br />
Minderleistungen sind im Folgenden aufgeführt.<br />
▪ Die Anpassung an veränderte Situationen dauert länger.<br />
▪ Die Sauerstoffversorgung der Zellen lässt nach.<br />
▪ Die Zellen der Bauchspeicheldrüse sind häufig geschwächt. Dadurch erfolgt<br />
eine schlechtere Regulation des Blutzuckers, was zu einem Diabetes<br />
mellitus führen kann.<br />
▪ Die Funktionen von Leber und Niere lassen nach.<br />
▪ Die Knochendichte und die Skelettmuskulatur verändern sich. Dies kann zu<br />
einer Osteoporose führen.<br />
▪ Nährstoffe, vor allem Vitamine werden nicht mehr so gut resorbiert.<br />
▪ Der Energiebedarf ist geringer als in jungen Jahren. Wird dies nicht<br />
berücksichtigt, so kann es zu Übergewicht führen.<br />
▪ Probleme bei der Fortbewegung (Immobilität) bereiten Schwierigkeiten beim<br />
Einkauf und der Zubereitung der Mahlzeiten.<br />
▪ Die Verdauungstätigkeit lässt nach. Häufig besteht eine Verstopfung.<br />
▪ Es besteht eine Tendenz zur Erhöhung der Fett-, Cholesterin- und<br />
Harnsäuregehalte im Blut.<br />
▪ Kauschwierigkeiten, da die "dritten Zähne" häufig nicht so funktionstüchtig<br />
sind wie die zweiten.<br />
▪ Häufig behindern Schluckstörungen, Entzündungen der Speiseröhre oder des<br />
Magens die Nahrungsaufnahme.<br />
▪ Durst, Hunger und Appetit lassen nach.<br />
<strong>Ernährung</strong>sstatus von Senioren<br />
Nicht nur die altersbedingten Veränderungen des Körpers bestimmen den<br />
<strong>Ernährung</strong>szustand von betagten Menschen. Auch soziale und psychosoziale<br />
Faktoren wie die Lebenssituation, das Einkommen, das soziale Umfeld, die<br />
Wohnsituation und vieles mehr, nehmen Einfluss auf den <strong>Ernährung</strong>sstatus.<br />
Viele ältere Menschen ernähren sich leider nicht optimal.<br />
Hinzu kommt, dass auch einige Medikamente, die besonders von älteren<br />
Menschen eingenommen werden, eine Fehlernährung unterstützen können.<br />
Hier sind an erster Stelle die "Rheumamittel" zu nennen, die u.a. zu<br />
chronischen Entzündungen des Magen-Darmtraktes führen können. Eine<br />
weitere wichtige Gruppe sind die Entwässerungstabletten (Diuretika), die<br />
wegen Herzschwäche oder Bluthochdruck eingenommen werden. Sie können<br />
zu schwerem lebensbedrohlichen Flüssigkeitsmangel und Elektrolytstörungen<br />
führen. So ist es nicht verwunderlich, dass Fehlernährung (Malnutrition) bei<br />
ärztlichen Untersuchungen die häufigste Diagnose bei betagten Menschen ist.<br />
Die folgenden Auswirkungen einer Fehlernährung werden dabei besonders<br />
häufig festgestellt:<br />
▪ Über- oder Untergewicht.<br />
▪ Ein Mangel an Eiweiß, Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen (v.a.<br />
Vitamine C, D, B1, B2, B6, B12; Calcium, Eisen und Zink)<br />
<br />
95
▪ Flüssigkeitsmangel (besonders in den Sommermonaten)<br />
▪ Mangel an Ballaststoffen<br />
Anforderungen an eine altersgerechte <strong>Ernährung</strong><br />
Je nachdem wie stark diese Mangelzustände ausgeprägt sind, können sie sogar<br />
lebensbedrohlich werden. Damit es nicht so weit kommt, lesen Sie die Seiten<br />
Empfehlungen für eine altersgerechte <strong>Ernährung</strong>.<br />
Senioren brauchen keine Schonkost<br />
Ältere gesunde Menschen brauchen keine Schonkost. Wichtig ist vielmehr die<br />
Beachtung der individuellen Verträglichkeit. Diese ist bei jedem älteren<br />
Menschen anders. Aus diesem Grund können keine allgemeingültigen<br />
Empfehlungen gegeben werden.<br />
Bestehen jedoch gesundheitliche Einschränkungen, die das Einhalten einer<br />
speziellen <strong>Ernährung</strong>sweise (Diät) z.B. bei Diabetes mellitus notwendig<br />
machen, so sollte dies bei der Verpflegung berücksichtigt werden.<br />
Die folgenden Seiten enthalten Empfehlungen für gesunde ältere Menschen,<br />
die eine "normale" <strong>Ernährung</strong> vertragen.<br />
Nicht nur der Geschmack ist wichtig<br />
Um möglichst lange gesund und leistungsfähig zu sein und zu bleiben, sollte<br />
eine altersgerechte <strong>Ernährung</strong> eine Reihe von Funktionen erfüllen.<br />
Eine altersgerechte <strong>Ernährung</strong> sollte:<br />
▪ verträglich sein<br />
▪ gut schmecken<br />
▪ eingeschränkte Funktionen berücksichtigen<br />
▪ Verdauungsvorgänge fördern<br />
▪ Organfunktionen unterstützen<br />
▪ auf den geringeren Energiebedarf abgestimmt sein<br />
▪ alle für den Körper notwendigen Nährstoffe in ausreichender Menge<br />
enthalten<br />
▪ die Widerstandskräfte stärken<br />
▪ die körperliche und geistige Leistungskraft stärken<br />
▪ von höchstmöglicher Qualität sein: "Qualität statt Quantität"<br />
Das liest sich vielleicht im ersten Moment sehr theoretisch, aber eine gesunde<br />
<strong>Ernährung</strong> im Alter ist in der Praxis keinesfalls kompliziert und muss auch nicht<br />
aufwendig sein. Auf den folgenden Seiten finden Sie Tipps und Empfehlungen<br />
für die richtige <strong>Ernährung</strong> in der zweiten Lebenshälfte.<br />
<strong>Ernährung</strong> im Alter - <strong>Ernährung</strong>stipps<br />
Körpergewicht<br />
Der Energiebedarf sinkt<br />
Der Energiebedarf eines Menschen ist, neben anderen Faktoren,<br />
altersabhängig. Der Energie- bzw. Kalorienbedarf nimmt mit laufendem Alter<br />
stetig ab.<br />
96
Der Kalorienbedarf verändert sich wie folgt:<br />
Altersgruppe<br />
bis 33 Jahre 100%<br />
33-55 Jahre - 10%<br />
55-75 Jahre - 15%<br />
ab 75 Jahre - 10%<br />
Kalorienbedarf<br />
Beispiel:<br />
Frau X., Büroangestellte, Alter 30 Jahre hat einen Energiebedarf pro Tag von<br />
2200 kcal. Wenn Frau X. älter wird, verändert sich ihr Energiebedarf bei<br />
gleicher körperlicher Betätigung wie folgt:<br />
33-55 Jahre - 2200 kcal - 10% = 1980 kcal Bedarf<br />
55-75 Jahre, 1980 kcal - 15% = 1680 kcal Bedarf<br />
ab 75 Jahre, 1680 kcal - 10% = 1500 kcal Bedarf<br />
Der Energiebedarf von Frau X. hat im Laufe der Jahre um ca. 700 kcal<br />
abgenommen. Passt sie die Kalorienaufnahme nicht dem jeweiligen Bedarf an,<br />
so wird sie an Körpergewicht zunehmen, während sie an Gewicht abnimmt,<br />
wenn die Zufuhr unter ihrem Bedarf liegt.<br />
Anzustreben ist das Normalgewicht<br />
Auch im Alter sollte ein normales Körpergewicht angestrebt bzw. das<br />
Normalgewicht gehalten oder erreicht werden. Ein normales Körpergewicht<br />
entlastet den Stoffwechsel und schont die Gelenke. Auch Herz und Kreislauf<br />
profitieren davon. Nicht zu verachten sind das Mehr an Vitalität und die<br />
Lebensfreude.<br />
Nähere Informationen zum Thema Energiebedarf und Körpergewicht finden Sie<br />
auf unseren Seiten Allgemeine <strong>Ernährung</strong>sinfos, Empfehlungen und Tipps zum<br />
Thema Gewichtsreduktion finden Sie im Kapitel Übergewicht.<br />
Nährstoffbedarf im Alter<br />
Hauptnährstoffe<br />
Für ältere Menschen gelten die gleichen Empfehlungen, wie für jüngere<br />
Menschen:<br />
Ausreichend Kohlenhydrate und Eiweiß, möglichst sparsam mit Fett.<br />
Ausführliche Informationen hierzu finden Sie auf unseren Seiten "Allgemeine<br />
<strong>Ernährung</strong>sinformationen".<br />
Hochwertiges Eiweiß<br />
Ältere Menschen benötigen täglich besonders hochwertiges Eiweiß, in<br />
ausreichender Menge. Laut DGE sollten es 0,9 - 1,1g Eiweiß pro Kilogramm<br />
Normalgewicht sein, das sind ca. 50-70g Eiweiß pro Tag.<br />
Gute Eiweißquellen sind:<br />
▪ Mageres Fleisch und magerer Fisch<br />
▪ Milch und Milchprodukte, z. B. fettarme Milch, Joghurt, Kefir, Dickmilch,<br />
Molke, Quark, Hüttenkäse, magere Käsesorten<br />
▪ Eier<br />
▪ Sojaprodukte, wie Tofu<br />
▪ Hülsenfrüchte<br />
<br />
97
▪ Kartoffeln (in Kombination mit Eiern)<br />
Da Fleisch und Wurst nicht täglich auf dem Speiseplan stehen sollten, kann<br />
man gut verwertbares Eiweiß durch eine Kombination von pflanzlichen und<br />
tierischen Eiweißträgern erhalten.<br />
Folgende Kombinationen schmecken gut, sind leicht bekömmlich und liefern<br />
besonders hochwertiges Eiweiß.<br />
Lebensmittelkombination<br />
Kartoffeln + Milchprodukte<br />
Kartoffeln + Ei<br />
Getreide + Milchprodukte<br />
Hülsenfrüchte + Milchprodukte<br />
Beispiel<br />
Pellkartoffeln mit Kräuterquark<br />
Kartoffelpüree (selbst zubereitet)<br />
Kartoffelauflauf mit Gemüse und Käse überbacken<br />
Kartoffeln mit Rührei und Spinat<br />
Kartoffelauflauf<br />
Bauernomelett<br />
Müsli<br />
Haferflockenbrei<br />
Milchreis<br />
Käsebrot<br />
Hirseauflauf<br />
Linsensuppe mit Joghurt oder Quarkspeise als Dessert<br />
Bohneneintopf, Hüttenkäse mit Obst als Dessert<br />
Achten Sie bei eiweißreichen Lebensmitteln wie Milchprodukten und Fleisch<br />
immer auf den Fettgehalt und bevorzugen Sie fettarme Produkte!<br />
Fett ist nicht gleich Fett<br />
Viele ältere Menschen vertragen Fett und fette Nahrungsmitteln nicht mehr.<br />
Die Gesamtfettzufuhr sollte nicht über 80 g am Tag hinausgehen.<br />
Hier einige Tipps zum Umgang mit Fetten:<br />
▪ Verwenden Sie vorwiegend kaltgepresste Pflanzenöle (Olivenöl,<br />
Sonnenblumenöl, Distelöl), um damit Salate anzurichten, Gemüse zu<br />
dünsten und Quarkspeisen zuzubereiten.<br />
▪ Wählen Sie Butter oder nicht gehärtete Pflanzenmargarine als Streichfett<br />
oder zum Zubereiten von Speisen.<br />
▪ Verzehren Sie seltener scharf gebratene Speisen wie Fleisch, da diese schwer<br />
verdaulich sind.<br />
▪ Achten Sie auf verstecktes Fett in Speisen und Gebäck.<br />
Nähere Informationen zum Thema Fett finden Sie auf unseren Seiten<br />
"Fettstoffwechselstörungen" sowie "<strong>Vollwert</strong>ige <strong>Ernährung</strong>".<br />
Kohlenhydrate<br />
Kohlenhydrate sind in allen pflanzlichen Lebensmitteln enthalten, v.a. in<br />
Getreide und Getreideprodukten, Kartoffeln, Gemüse und Obst. Aber auch in<br />
Form von Zucker in Süßigkeiten, Getränken, Kuchen und Gebäck.<br />
Besonders wertvoll sind Vollkornprodukte, da sie reich an Ballaststoffen,<br />
Vitaminen und Mineralstoffen sind. Bevorzugen Sie daher, sofern Sie diese gut<br />
vertragen, immer Brot und Nudeln aus Vollkornmehl sowie Vollkornreis. Es gibt<br />
auf dem Markt mittlerweile feinkrumige, gut bekömmliche Vollkornbrote aus<br />
feingemahlenem Mehl. Fragen Sie bei Ihrem Bäcker oder im Reformhaus bzw.<br />
Bioladen danach!<br />
Frühstücksmahlzeiten oder auch Abendessen aus Vollkornflocken mit Milch<br />
98
oder Joghurt sowie Früchten sind ideal, da sie leicht bekömmlich sind und alle<br />
wertvollen Inhaltsstoffe enthalten.<br />
Sollten Sie sehr empfindlich auf Vollkornprodukte reagieren, so wählen Sie<br />
besonders leicht verträgliche Speisen wie Vollkornbreie, Hirsespeisen sowie<br />
Flachbrote aus Vollkornmehl (z.B. Knäckebrot). Auch Grahambrot ist ein gut<br />
bekömmliches Vollkornbrot, welches selbst von empfindlichen Menschen meist<br />
problemlos vertragen wird.<br />
Mit Zucker (auch Honig) und zuckerhaltigen Nahrungsmitteln, Speisen und<br />
Getränken sollten Sie sparsam umgehen bzw. diese nur selten verzehren.<br />
Wenn Sie Appetit auf Kuchen verspüren, bevorzugen Sie Hefekuchen, Quarkoder<br />
Obstkuchen.<br />
Auch süße Früchte, wie z.B. Bananen und Trockenfrüchte eignen sich sehr<br />
gut, den Appetit auf Süßes zu stillen. Aber auch hier gilt: In Maßen!<br />
Vitamine und Co.<br />
Vitamine und Mineralstoffe sind lebensnotwendig und an zahlreichen<br />
Körperfunktionen beteiligt. Ein Mangel äußert sich u.a. in einer erhöhten<br />
Infektanfälligkeit, in Müdigkeit und Antriebslosigkeit.<br />
Vitamine und Mineralstoffe sind in allen vollwertigen Lebensmitteln enthalten,<br />
vor allem in Obst und Gemüse sowie in Vollkornprodukten.<br />
Folgende Tabelle gibt einen Überblick über Vitamine bzw. Mineralstoffe, die bei<br />
älteren Menschen häufig zu kurz kommen. Sie gibt Empfehlungen, über welche<br />
Nahrungsmittel sie zugeführt werden können.<br />
Vitamine/<br />
Mineralstof<br />
fe<br />
B 1<br />
B 2<br />
B 6<br />
B 12<br />
C<br />
Vorkommen<br />
Haferflocken, Schweinefleisch,<br />
Hefeflocken, Vollkornbrot, Hülsenfrüchte<br />
Kartoffeln, Vollkornprodukte,<br />
grünes Gemüse, Milch- u. Milchprodukte,<br />
Hefeflocken<br />
Vollkornbrot, Walnüsse, Gemüse,<br />
Fisch, Kartoffeln<br />
Kalbsleber, Makrele, Hering, Lachs,<br />
Rindfleisch, Camembert<br />
in allen Obst- und Gemüsesorten,<br />
besonders Zitrusfrüchte, schwarze<br />
Johannisbeeren, Kiwi Kartoffeln, Petersilie,<br />
Paprika<br />
Verzehrsempfehlung<br />
pro Tag<br />
4-5 Scheiben Vollkornbrot oder 3<br />
mittelgroße Kartoffeln oder 75g<br />
Reis/Nudeln (Rohgewicht)<br />
wie unter Vitamin B 1 aufgeführt<br />
und 200g Gemüse<br />
wie unter B 1 und B 2<br />
150g Obst und 200g Gemüse,<br />
Salate<br />
D<br />
Milch, Käse, Fisch<br />
1/4 l Milch und 2 dünne<br />
Scheiben Käse<br />
Calcium Milch- und Milchprodukte, Brokkoli, Sesam<br />
1/4 l Milch oder Joghurt und 2<br />
dünne Scheiben Käse<br />
Kalium<br />
Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse, v.a.<br />
Bananen, Kartoffeln, Trockenfrüchte<br />
200g Gemüse und 150g Obst<br />
Jod<br />
Seefisch, Milch- und Milchprodukte, Jodsalz<br />
Jodsalz verwenden, 1-2 mal<br />
wöchentlich Seefisch essen<br />
Eisen<br />
4 Sch. Vollkornbrot, 2 Sch.<br />
Vollkornprodukte, Fleisch, Gemüse,<br />
gekochten Schinken oder<br />
Hülsenfrüchte<br />
Putenbrust<br />
Quelle: Barmer Ersatzkasse: "Bewusst essen und gesund älter älter werden"<br />
<br />
99
Flüssigkeitszufuhr<br />
Viele Senioren trinken zu wenig<br />
Ausreichend Flüssigkeit ist lebensnotwendig. Das gilt besonders für ältere<br />
Menschen! Täglich 1,5 bis 2 Liter Flüssigkeit sollten sein. Häufig verspüren<br />
alte Menschen kaum Durst und trinken dementsprechend zu wenig. Das<br />
Durstgefühl kann jedoch trainiert werden!<br />
Stellen Sie sich zwei Flaschen Mineralwasser auf den Küchentisch, so dass Sie<br />
immer daran erinnert werden. Trinken Sie die Flaschen über den Tag verteilt.<br />
Nach einer Weile haben Sie sich daran gewöhnt.<br />
Geeignete Getränke sind vor allem:<br />
▪ stilles Mineralwasser<br />
▪ Kräuter- und Früchtetees<br />
▪ verdünnte Fruchtsäfte<br />
▪ Molke<br />
Ein Wort zum Thema Milch: Milch ist kein Getränk, sondern ein hochwertiges<br />
Nahrungsmittel. Milch liefert viele wertvolle Nährstoffe und Mineralstoffe, wie<br />
vor allem Calcium, eignet sich jedoch nicht, den Flüssigkeitsbedarf zu decken.<br />
Schwarzer Tee und Kaffee sollten nur in kleinen Mengen genossen werden. Das<br />
Gleiche gilt für Alkohol. Gelegentlich ein Glas trockener Wein oder ein Bier sind<br />
erlaubt und fördern das Wohlbefinden. Bei Einschlafproblemen kann ein kleines<br />
Glas Bier (0,2l), kurz vor dem Zubettgehen, Abhilfe schaffen.<br />
<strong>Ernährung</strong> im Alter - Praktische Tipps<br />
Empfehlungen für eine altersgerechte <strong>Ernährung</strong><br />
Die folgende Übersicht fasst die wichtigsten Empfehlungen für eine<br />
altersangepasste <strong>Ernährung</strong> zusammen.<br />
▪ Schränken Sie den Fettverzehr stark ein und bevorzugen Sie pflanzliche Fette<br />
und Öle.<br />
▪ Vollkorn bietet mehr. Essen Sie ausreichend Vollkornprodukte z.B. Reis,<br />
Teigwaren, Hirse und Brotwaren.<br />
▪ Täglich sollten Gemüse und Salat auf dem Speiseplan stehen.<br />
▪ Milch und Milchprodukte schmecken gut und gehören täglich ins Programm.<br />
▪ Zweimal Seefisch, 2-3 mal Fleisch und den Rest der Woche vegetarisch.<br />
▪ 2 Stücke Obst sollten es täglich sein.<br />
▪ Trinken nicht vergessen! 1,5 bis 2 Liter pro Tag benötigt Ihr Körper.<br />
▪ Streben Sie Ihr Normalgewicht an.<br />
Tipps für die Praxis<br />
Nicht nur was und wieviel Sie essen ist von Bedeutung, sondern auch wann,<br />
wie oft und wie. Beachten Sie hierzu folgende Empfehlungen:<br />
▪ Essen Sie regelmäßig und verteilen Sie die Nahrungsmenge auf 5 bis 6 kleine<br />
Mahlzeiten. Das ist bekömmlicher und erhält die Leistungsfähigkeit.<br />
▪ Kontrollieren Sie 1x pro Woche Ihr Gewicht.<br />
▪ Achten Sie auf ausreichend Bewegung. Regelmäßige körperliche<br />
100
Betätigung (2-3x/Woche) hält jung, beweglich und fit. Besonders gut<br />
eignen sich Ausdauersportarten wie Schwimmen, Walking, Radfahren<br />
und Wandern. Gymnastik sorgt für Beweglichkeit.<br />
▪ Nehmen Sie sich ausreichend Zeit zum Essen - Essen Sie bewusst und kauen<br />
Sie gründlich, denn: Gut gekaut ist halb verdaut!<br />
▪ Richten Sie sich das Essen appetitlich an!<br />
▪ Etwas Warmes braucht der Mensch, vor allem der ältere. Eine warme Suppe<br />
oder eine Tasse warmer Tee tun gut.<br />
▪ Auch wenn Sie alleine den Haushalt führen - für die Gesundheit und das<br />
Wohlbefinden lohnt es sich, auch für eine Person zu kochen.<br />
▪ Kochen Sie auf Vorrat und frieren Sie einen Teil ein. Gut eignen sich hierzu<br />
Reis, Nudeln und Gemüse.<br />
Tiefkühlgemüse enthält nahezu so viel Inhaltsstoffe wie Frischware und spart<br />
viel Zeit.<br />
<strong>Ernährung</strong> im Alter - Allgemeine Infos<br />
Vitalität in der 2. Lebenshälfte<br />
100 Jahre alt werden - wer möchte das nicht? Als Voraussetzung dafür nennen<br />
die meisten Menschen jedoch eine körperliche und geistige<br />
Leistungsfähigkeit.<br />
Wohlbefinden und Vitalität sind wesentliche Voraussetzungen für die<br />
persönliche Lebensqualität bis ins hohe Alter. Das Altern selbst ist nicht zu<br />
verhindern, doch vermag eine gesundheitsbewusste Lebensführung die<br />
Alterungsvorgänge hinauszuzögern.<br />
Zu einer gesundheitsbewussten Lebensführung trägt die <strong>Ernährung</strong> in ganz<br />
entscheidendem Maße bei.<br />
Essen und Trinken haben im Alter eine besondere Bedeutung!<br />
Wer richtig isst, hat auch im Alter mehr Spaß am Leben, weil er gesünder,<br />
leistungsfähiger und damit fröhlicher bleibt!<br />
Altern ist ein natürlicher Prozess<br />
Altern ist ein natürlicher Vorgang, der nicht zwangsläufig von Krankheiten<br />
begleitet sein muss. Viele Krankheiten haben nichts mit dem Alter zu tun, wie<br />
viele Menschen glauben, sondern entstehen durch jahrelange Verstöße gegen<br />
eine gesunde und natürliche Lebensordnung.<br />
Nicht zu leugnen ist jedoch, dass sich, wenn der Organismus altert, einige<br />
Veränderungen am Körper einstellen und es dadurch zu einer Minderung der<br />
Leistungsfähigkeit kommen kann.<br />
Hinzu kommt, dass mit zunehmendem Alter häufig eine Art "Unlust" am Essen<br />
auftritt, da der Appetit nachlässt. Hierdurch kann es unter anderem zu einer<br />
Unterversorgung des Körpers mit notwendigen Nährstoffen kommen.<br />
Das ist jedoch gerade bei Senioren fatal, denn ältere Menschen benötigen eine<br />
Kost, die den Körper mit allem Notwendigen in ausreichender Menge versorgt.<br />
Ist dies nicht der Fall, besteht die Gefahr krank zu werden bzw. die<br />
<br />
101
Leistungsfähigkeit zu verlieren.<br />
Veränderungen im Organismus<br />
Im Alter kann es zu Funktionseinschränkungen von Organen kommen, die<br />
Einfluss auf die <strong>Ernährung</strong> nehmen können und daher bei der Auswahl der<br />
Lebensmittel berücksichtigt werden sollten. Einige Veränderungen bzw.<br />
Minderleistungen sind im Folgenden aufgeführt.<br />
▪ Die Anpassung an veränderte Situationen dauert länger.<br />
▪ Die Sauerstoffversorgung der Zellen lässt nach.<br />
▪ Die Zellen der Bauchspeicheldrüse sind häufig geschwächt. Dadurch erfolgt<br />
eine schlechtere Regulation des Blutzuckers, was zu einem Diabetes<br />
mellitus führen kann.<br />
▪ Die Funktionen von Leber und Niere lassen nach.<br />
▪ Die Knochendichte und die Skelettmuskulatur verändern sich. Dies kann zu<br />
einer Osteoporose führen.<br />
▪ Nährstoffe, vor allem Vitamine werden nicht mehr so gut resorbiert.<br />
▪ Der Energiebedarf ist geringer als in jungen Jahren. Wird dies nicht<br />
berücksichtigt, so kann es zu Übergewicht führen.<br />
▪ Probleme bei der Fortbewegung (Immobilität) bereiten Schwierigkeiten beim<br />
Einkauf und der Zubereitung der Mahlzeiten.<br />
▪ Die Verdauungstätigkeit lässt nach. Häufig besteht eine Verstopfung.<br />
▪ Es besteht eine Tendenz zur Erhöhung der Fett-, Cholesterin- und<br />
Harnsäuregehalte im Blut.<br />
▪ Kauschwierigkeiten, da die "dritten Zähne" häufig nicht so funktionstüchtig<br />
sind wie die zweiten.<br />
▪ Häufig behindern Schluckstörungen, Entzündungen der Speiseröhre oder des<br />
Magens die Nahrungsaufnahme.<br />
▪ Durst, Hunger und Appetit lassen nach.<br />
<strong>Ernährung</strong>sstatus von Senioren<br />
Nicht nur die altersbedingten Veränderungen des Körpers bestimmen den<br />
<strong>Ernährung</strong>szustand von betagten Menschen. Auch soziale und psychosoziale<br />
Faktoren wie die Lebenssituation, das Einkommen, das soziale Umfeld, die<br />
Wohnsituation und vieles mehr, nehmen Einfluss auf den <strong>Ernährung</strong>sstatus.<br />
Viele ältere Menschen ernähren sich leider nicht optimal.<br />
Hinzu kommt, dass auch einige Medikamente, die besonders von älteren<br />
Menschen eingenommen werden, eine Fehlernährung unterstützen können.<br />
Hier sind an erster Stelle die "Rheumamittel" zu nennen, die u.a. zu<br />
chronischen Entzündungen des Magen-Darmtraktes führen können. Eine<br />
weitere wichtige Gruppe sind die Entwässerungstabletten (Diuretika), die<br />
wegen Herzschwäche oder Bluthochdruck eingenommen werden. Sie können<br />
zu schwerem lebensbedrohlichen Flüssigkeitsmangel und Elektrolytstörungen<br />
führen. So ist es nicht verwunderlich, dass Fehlernährung (Malnutrition) bei<br />
ärztlichen Untersuchungen die häufigste Diagnose bei betagten Menschen ist.<br />
102
Die folgenden Auswirkungen einer Fehlernährung werden dabei besonders<br />
häufig festgestellt:<br />
▪ Über- oder Untergewicht.<br />
▪ Ein Mangel an Eiweiß, Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen (v.a.<br />
Vitamine C, D, B1, B2, B6, B12; Calcium, Eisen und Zink)<br />
▪ Flüssigkeitsmangel (besonders in den Sommermonaten)<br />
▪ Mangel an Ballaststoffen<br />
Anforderungen an eine altersgerechte <strong>Ernährung</strong><br />
Je nachdem wie stark diese Mangelzustände ausgeprägt sind, können sie sogar<br />
lebensbedrohlich werden. Damit es nicht so weit kommt, lesen Sie die Seiten<br />
Empfehlungen für eine altersgerechte <strong>Ernährung</strong>.<br />
Senioren brauchen keine Schonkost<br />
Ältere gesunde Menschen brauchen keine Schonkost. Wichtig ist vielmehr die<br />
Beachtung der individuellen Verträglichkeit. Diese ist bei jedem älteren<br />
Menschen anders. Aus diesem Grund können keine allgemeingültigen<br />
Empfehlungen gegeben werden.<br />
Bestehen jedoch gesundheitliche Einschränkungen, die das Einhalten einer<br />
speziellen <strong>Ernährung</strong>sweise (Diät) z.B. bei Diabetes mellitus notwendig<br />
machen, so sollte dies bei der Verpflegung berücksichtigt werden.<br />
Die folgenden Seiten enthalten Empfehlungen für gesunde ältere Menschen,<br />
die eine "normale" <strong>Ernährung</strong> vertragen.<br />
Nicht nur der Geschmack ist wichtig<br />
Um möglichst lange gesund und leistungsfähig zu sein und zu bleiben, sollte<br />
eine altersgerechte <strong>Ernährung</strong> eine Reihe von Funktionen erfüllen.<br />
Eine altersgerechte <strong>Ernährung</strong> sollte:<br />
▪ verträglich sein<br />
▪ gut schmecken<br />
▪ eingeschränkte Funktionen berücksichtigen<br />
▪ Verdauungsvorgänge fördern<br />
▪ Organfunktionen unterstützen<br />
▪ auf den geringeren Energiebedarf abgestimmt sein<br />
▪ alle für den Körper notwendigen Nährstoffe in ausreichender Menge<br />
enthalten<br />
▪ die Widerstandskräfte stärken<br />
▪ die körperliche und geistige Leistungskraft stärken<br />
▪ von höchstmöglicher Qualität sein: "Qualität statt Quantität"<br />
Das liest sich vielleicht im ersten Moment sehr theoretisch, aber eine gesunde<br />
<strong>Ernährung</strong> im Alter ist in der Praxis keinesfalls kompliziert und muss auch nicht<br />
aufwendig sein. Auf den folgenden Seiten finden Sie Tipps und Empfehlungen<br />
für die richtige <strong>Ernährung</strong> in der zweiten Lebenshälfte.<br />
<strong>Ernährung</strong> im Alter - <strong>Ernährung</strong>stipps<br />
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103
Körpergewicht<br />
Seite 2 von 4 < ><br />
Der Energiebedarf sinkt<br />
Der Energiebedarf eines Menschen ist, neben anderen Faktoren,<br />
altersabhängig. Der Energie- bzw. Kalorienbedarf nimmt mit laufendem Alter<br />
stetig ab.<br />
Der Kalorienbedarf verändert sich wie folgt:<br />
Altersgruppe<br />
bis 33 Jahre 100%<br />
33-55 Jahre - 10%<br />
55-75 Jahre - 15%<br />
ab 75 Jahre - 10%<br />
Kalorienbedarf<br />
Beispiel:<br />
Frau X., Büroangestellte, Alter 30 Jahre hat einen Energiebedarf pro Tag von<br />
2200 kcal. Wenn Frau X. älter wird, verändert sich ihr Energiebedarf bei<br />
gleicher körperlicher Betätigung wie folgt:<br />
33-55 Jahre - 2200 kcal - 10% = 1980 kcal Bedarf<br />
55-75 Jahre, 1980 kcal - 15% = 1680 kcal Bedarf<br />
ab 75 Jahre, 1680 kcal - 10% = 1500 kcal Bedarf<br />
Der Energiebedarf von Frau X. hat im Laufe der Jahre um ca. 700 kcal<br />
abgenommen. Passt sie die Kalorienaufnahme nicht dem jeweiligen Bedarf an,<br />
so wird sie an Körpergewicht zunehmen, während sie an Gewicht abnimmt,<br />
wenn die Zufuhr unter ihrem Bedarf liegt.<br />
Anzustreben ist das Normalgewicht<br />
Auch im Alter sollte ein normales Körpergewicht angestrebt bzw. das<br />
Normalgewicht gehalten oder erreicht werden. Ein normales Körpergewicht<br />
entlastet den Stoffwechsel und schont die Gelenke. Auch Herz und Kreislauf<br />
profitieren davon. Nicht zu verachten sind das Mehr an Vitalität und die<br />
Lebensfreude.<br />
Nähere Informationen zum Thema Energiebedarf und Körpergewicht finden Sie<br />
auf unseren Seiten Allgemeine <strong>Ernährung</strong>sinfos, Empfehlungen und Tipps zum<br />
Thema Gewichtsreduktion finden Sie im Kapitel Übergewicht.<br />
Nährstoffbedarf im Alter<br />
Hauptnährstoffe<br />
Für ältere Menschen gelten die gleichen Empfehlungen, wie für jüngere<br />
Menschen:<br />
Ausreichend Kohlenhydrate und Eiweiß, möglichst sparsam mit Fett.<br />
Ausführliche Informationen hierzu finden Sie auf unseren Seiten "Allgemeine<br />
<strong>Ernährung</strong>sinformationen".<br />
104
Hochwertiges Eiweiß<br />
Ältere Menschen benötigen täglich besonders hochwertiges Eiweiß, in<br />
ausreichender Menge. Laut DGE sollten es 0,9 - 1,1g Eiweiß pro Kilogramm<br />
Normalgewicht sein, das sind ca. 50-70g Eiweiß pro Tag.<br />
Gute Eiweißquellen sind:<br />
▪ Mageres Fleisch und magerer Fisch<br />
▪ Milch und Milchprodukte, z. B. fettarme Milch, Joghurt, Kefir, Dickmilch,<br />
Molke, Quark, Hüttenkäse, magere Käsesorten<br />
▪ Eier<br />
▪ Sojaprodukte, wie Tofu<br />
▪ Hülsenfrüchte<br />
▪ Kartoffeln (in Kombination mit Eiern)<br />
Da Fleisch und Wurst nicht täglich auf dem Speiseplan stehen sollten, kann<br />
man gut verwertbares Eiweiß durch eine Kombination von pflanzlichen und<br />
tierischen Eiweißträgern erhalten.<br />
Folgende Kombinationen schmecken gut, sind leicht bekömmlich und liefern<br />
besonders hochwertiges Eiweiß.<br />
Lebensmittelkombination<br />
Kartoffeln + Milchprodukte<br />
Kartoffeln + Ei<br />
Getreide + Milchprodukte<br />
Hülsenfrüchte + Milchprodukte<br />
Beispiel<br />
Pellkartoffeln mit Kräuterquark<br />
Kartoffelpüree (selbst zubereitet)<br />
Kartoffelauflauf mit Gemüse und Käse überbacken<br />
Kartoffeln mit Rührei und Spinat<br />
Kartoffelauflauf<br />
Bauernomelett<br />
Müsli<br />
Haferflockenbrei<br />
Milchreis<br />
Käsebrot<br />
Hirseauflauf<br />
Linsensuppe mit Joghurt oder Quarkspeise als Dessert<br />
Bohneneintopf, Hüttenkäse mit Obst als Dessert<br />
Achten Sie bei eiweißreichen Lebensmitteln wie Milchprodukten und Fleisch<br />
immer auf den Fettgehalt und bevorzugen Sie fettarme Produkte!<br />
Fett ist nicht gleich Fett<br />
Viele ältere Menschen vertragen Fett und fette Nahrungsmitteln nicht mehr.<br />
Die Gesamtfettzufuhr sollte nicht über 80 g am Tag hinausgehen.<br />
Hier einige Tipps zum Umgang mit Fetten:<br />
▪ Verwenden Sie vorwiegend kaltgepresste Pflanzenöle (Olivenöl,<br />
Sonnenblumenöl, Distelöl), um damit Salate anzurichten, Gemüse zu<br />
dünsten und Quarkspeisen zuzubereiten.<br />
▪ Wählen Sie Butter oder nicht gehärtete Pflanzenmargarine als Streichfett<br />
oder zum Zubereiten von Speisen.<br />
▪ Verzehren Sie seltener scharf gebratene Speisen wie Fleisch, da diese schwer<br />
verdaulich sind.<br />
▪ Achten Sie auf verstecktes Fett in Speisen und Gebäck.<br />
Nähere Informationen zum Thema Fett finden Sie auf unseren Seiten<br />
"Fettstoffwechselstörungen" sowie "<strong>Vollwert</strong>ige <strong>Ernährung</strong>".<br />
<br />
105
Kohlenhydrate<br />
Kohlenhydrate sind in allen pflanzlichen Lebensmitteln enthalten, v.a. in<br />
Getreide und Getreideprodukten, Kartoffeln, Gemüse und Obst. Aber auch in<br />
Form von Zucker in Süßigkeiten, Getränken, Kuchen und Gebäck.<br />
Besonders wertvoll sind Vollkornprodukte, da sie reich an Ballaststoffen,<br />
Vitaminen und Mineralstoffen sind. Bevorzugen Sie daher, sofern Sie diese gut<br />
vertragen, immer Brot und Nudeln aus Vollkornmehl sowie Vollkornreis. Es gibt<br />
auf dem Markt mittlerweile feinkrumige, gut bekömmliche Vollkornbrote aus<br />
feingemahlenem Mehl. Fragen Sie bei Ihrem Bäcker oder im Reformhaus bzw.<br />
Bioladen danach!<br />
Frühstücksmahlzeiten oder auch Abendessen aus Vollkornflocken mit Milch<br />
oder Joghurt sowie Früchten sind ideal, da sie leicht bekömmlich sind und alle<br />
wertvollen Inhaltsstoffe enthalten.<br />
Sollten Sie sehr empfindlich auf Vollkornprodukte reagieren, so wählen Sie<br />
besonders leicht verträgliche Speisen wie Vollkornbreie, Hirsespeisen sowie<br />
Flachbrote aus Vollkornmehl (z.B. Knäckebrot). Auch Grahambrot ist ein gut<br />
bekömmliches Vollkornbrot, welches selbst von empfindlichen Menschen meist<br />
problemlos vertragen wird.<br />
Mit Zucker (auch Honig) und zuckerhaltigen Nahrungsmitteln, Speisen und<br />
Getränken sollten Sie sparsam umgehen bzw. diese nur selten verzehren.<br />
Wenn Sie Appetit auf Kuchen verspüren, bevorzugen Sie Hefekuchen, Quarkoder<br />
Obstkuchen.<br />
Auch süße Früchte, wie z.B. Bananen und Trockenfrüchte eignen sich sehr<br />
gut, den Appetit auf Süßes zu stillen. Aber auch hier gilt: In Maßen!<br />
Vitamine und Co.<br />
Vitamine und Mineralstoffe sind lebensnotwendig und an zahlreichen<br />
Körperfunktionen beteiligt. Ein Mangel äußert sich u.a. in einer erhöhten<br />
Infektanfälligkeit, in Müdigkeit und Antriebslosigkeit.<br />
Vitamine und Mineralstoffe sind in allen vollwertigen Lebensmitteln enthalten,<br />
vor allem in Obst und Gemüse sowie in Vollkornprodukten.<br />
Folgende Tabelle gibt einen Überblick über Vitamine bzw. Mineralstoffe, die bei<br />
älteren Menschen häufig zu kurz kommen. Sie gibt Empfehlungen, über welche<br />
Nahrungsmittel sie zugeführt werden können.<br />
106
Vitamine/<br />
Mineralstof<br />
fe<br />
B 1<br />
B 2<br />
B 6<br />
B 12<br />
C<br />
Vorkommen<br />
Haferflocken, Schweinefleisch,<br />
Hefeflocken, Vollkornbrot, Hülsenfrüchte<br />
Kartoffeln, Vollkornprodukte,<br />
grünes Gemüse, Milch- u. Milchprodukte,<br />
Hefeflocken<br />
Vollkornbrot, Walnüsse, Gemüse,<br />
Fisch, Kartoffeln<br />
Kalbsleber, Makrele, Hering, Lachs,<br />
Rindfleisch, Camembert<br />
in allen Obst- und Gemüsesorten,<br />
besonders Zitrusfrüchte, schwarze<br />
Johannisbeeren, Kiwi Kartoffeln, Petersilie,<br />
Paprika<br />
Verzehrsempfehlung<br />
pro Tag<br />
4-5 Scheiben Vollkornbrot oder 3<br />
mittelgroße Kartoffeln oder 75g<br />
Reis/Nudeln (Rohgewicht)<br />
wie unter Vitamin B 1 aufgeführt<br />
und 200g Gemüse<br />
wie unter B 1 und B 2<br />
150g Obst und 200g Gemüse,<br />
Salate<br />
D<br />
Milch, Käse, Fisch<br />
1/4 l Milch und 2 dünne<br />
Scheiben Käse<br />
Calcium Milch- und Milchprodukte, Brokkoli, Sesam<br />
1/4 l Milch oder Joghurt und 2<br />
dünne Scheiben Käse<br />
Kalium<br />
Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse, v.a.<br />
Bananen, Kartoffeln, Trockenfrüchte<br />
200g Gemüse und 150g Obst<br />
Jod<br />
Seefisch, Milch- und Milchprodukte, Jodsalz<br />
Jodsalz verwenden, 1-2 mal<br />
wöchentlich Seefisch essen<br />
Eisen<br />
4 Sch. Vollkornbrot, 2 Sch.<br />
Vollkornprodukte, Fleisch, Gemüse,<br />
gekochten Schinken oder<br />
Hülsenfrüchte<br />
Putenbrust<br />
Quelle: Barmer Ersatzkasse: "Bewusst essen und gesund älter älter werden"<br />
Flüssigkeitszufuhr<br />
Viele Senioren trinken zu wenig<br />
Ausreichend Flüssigkeit ist lebensnotwendig. Das gilt besonders für ältere<br />
Menschen! Täglich 1,5 bis 2 Liter Flüssigkeit sollten sein. Häufig verspüren<br />
alte Menschen kaum Durst und trinken dementsprechend zu wenig. Das<br />
Durstgefühl kann jedoch trainiert werden!<br />
Stellen Sie sich zwei Flaschen Mineralwasser auf den Küchentisch, so dass Sie<br />
immer daran erinnert werden. Trinken Sie die Flaschen über den Tag verteilt.<br />
Nach einer Weile haben Sie sich daran gewöhnt.<br />
Geeignete Getränke sind vor allem:<br />
▪ stilles Mineralwasser<br />
▪ Kräuter- und Früchtetees<br />
▪ verdünnte Fruchtsäfte<br />
▪ Molke<br />
Ein Wort zum Thema Milch: Milch ist kein Getränk, sondern ein hochwertiges<br />
Nahrungsmittel. Milch liefert viele wertvolle Nährstoffe und Mineralstoffe, wie<br />
vor allem Calcium, eignet sich jedoch nicht, den Flüssigkeitsbedarf zu decken.<br />
Schwarzer Tee und Kaffee sollten nur in kleinen Mengen genossen werden. Das<br />
Gleiche gilt für Alkohol. Gelegentlich ein Glas trockener Wein oder ein Bier sind<br />
<br />
107
erlaubt und fördern das Wohlbefinden. Bei Einschlafproblemen kann ein kleines<br />
Glas Bier (0,2l), kurz vor dem Zubettgehen, Abhilfe schaffen.<br />
<strong>Ernährung</strong> im Alter - <strong>Ernährung</strong>stipps<br />
Nahrungsergänzung<br />
Was ist dies sinnvoll?<br />
Basis einer guten Versorgung mit allen notwendigen Nährstoffen sollte eine<br />
ausgewogene <strong>Ernährung</strong> sein. In Zeiten, in denen eine gesunde <strong>Ernährung</strong><br />
nicht oder nur bedingt möglich ist, sind Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll,<br />
wie z.B.:<br />
▪ Vitamin- und Mineralstoffpräparate<br />
▪ Hefeprodukte wie Hefeflocken, Hefetabletten<br />
▪ Eiweißkonzentrate<br />
▪ Verdauungsfördernde Präparate wie Leinsamen, Kleie, Milchzucker<br />
▪ Natürliche Vitamin- und Mineralstoffprodukte, z.B. Acerola-Taler,<br />
Sanddornsirup, Hagebuttenmus, Holundersaft<br />
Die folgende Tabelle gibt Aufschluss, welche Mängel entstehen können, wenn<br />
Nahrungsmittelgruppen vernachlässigt werden und zeigt empfehlenswerte<br />
Produkte zu deren Beseitigung auf.<br />
<strong>Ernährung</strong>sgewohnhe<br />
it<br />
wenig Obst<br />
wenig Gemüse<br />
wenig Milch und<br />
Milchprodukte<br />
wenig Vollkornprodukte<br />
Möglicher<br />
Mangel<br />
Vitamin C<br />
Carotin, Vitamin<br />
C, Folsäure,<br />
Ballaststoffe<br />
Calcium, Vitamin<br />
B2<br />
Vitamin B1, B2,<br />
B6, Magnesium,<br />
Ballaststoffe<br />
Ergänzungs-Produkte<br />
Acerola-Produkte, Ascorbinsäure,<br />
Sanddornsirup, Hagebuttensaft oder -mus<br />
wie oben, Präparate mit Kombination A,C, E,<br />
Vitamin B-Komplex, Karottenmus oder -saft<br />
Calcium-Präparate, Hefeflocken,<br />
Weizenkeime, Weizenkeimextrakte, Vitamin-<br />
B-Komplex<br />
Vitamin-B-Komplex, Weizenkeime,<br />
Hefeflocken, Hefeextrakte,<br />
Magnesiumpräparate, Leinsamen, Kleie<br />
wenig Fisch Jod jodiertes Salz, Algentabletten, Jodtabletten<br />
Calcium, Eisen, Hefeprodukte, Präparate mit Vitamin B12,<br />
kein Fleisch, keine Wurst,<br />
Zink, Vitamin Eisenpräparate kombiniert mit<br />
wenig Milchprodukte<br />
B12, Eiweiß Spurenelementen, Eiweißpräparate<br />
falls Sie rauchen<br />
falls Sie häufig oder<br />
regelmäßig Alkohol<br />
trinken<br />
Vitamine C, E,<br />
Selen<br />
B-Vitamine,<br />
Calcium, Carotin,<br />
Magnesium,<br />
Vitamin C<br />
wenn Sie selten spazieren<br />
Vitamin D<br />
gehen<br />
Quelle: Neuform-Ratgeber für ältere Menschen<br />
Vitamin C-Präparate (siehe oben),<br />
Weizenkeime, Weizenkeimextrakte,<br />
Kombipräparate mit Vitamin C, Carotin und<br />
Selen<br />
Präparate mit Vitamin B-Komplex,<br />
Magnesiumpräparate, Calciumpräparate,<br />
Vitamin C-Präparate (siehe oben)<br />
Kombi-Präparate Vitamin D und Calcium<br />
108
Wenn das Essen Probleme bereitet...<br />
Probleme mit den dritten Zähnen<br />
Der Zustand des Gebisses bestimmt die Kaufähigkeit. Diese ist ein wichtiges<br />
Kriterium bei der <strong>Ernährung</strong>, besonders dann, wenn sie eingeschränkt ist.<br />
Schlecht oder ungenügend gekaute Nahrung ist schwer verdaulich und belastet<br />
die Verdauungsorgane.<br />
Im Folgenden finden Sie Tipps, wie Sie sich vollwertig ernähren können, auch<br />
wenn die "Dritten" Probleme bereiten:<br />
▪ Müsli aus feinen Getreideflocken, angereichert mit Weizenkeimen, Joghurt<br />
und gedünstetem Obst oder Obstmus.<br />
▪ Getreidebreie mit Obst oder, wenn Sie es lieber herzhaft mögen, mit<br />
gedünstetem, evt. püriertem Gemüse.<br />
▪ Äpfel und anderes Obst fein geraspelt - zusammen mit Joghurt oder Quark<br />
eine leckere Zwischenmahlzeit oder ein Dessert.<br />
▪ Gemüse wie Karotten, Sellerie, Blumenkohl fein raspeln und mit etwas Öl<br />
und Zitrone angemacht als kleine Rohkost.<br />
▪ Gemüse gedünstet und püriert.<br />
▪ Aus sämtlichen Gemüsesorten zusammen mit Kartoffeln oder Getreide (z.B.<br />
Grünkern) eine Suppe kochen. Wenn sie gar ist, diese pürieren.<br />
▪ Hackfleischgerichte sind leicht zu kauen.<br />
▪ Gedünsteter Fisch mit Kartoffelbrei und Karottenmus - eine leicht<br />
verdauliche und gesunde Mahlzeit.<br />
▪ Gemüse- und Obstsäfte spenden reichlich Vitamine und Mineralstoffe.<br />
▪ Obst- oder Gemüsesaft vermixt mit agermilch oder Buttermilch - ein<br />
leckerer, gesunder und bekömmlicher Mix.<br />
"Leichte" Kost<br />
Häufig verabreicht man älteren Menschen eine sogenannte "Schonkost", die<br />
jedoch leider in den wenigsten Fällen vollwertig ist und alle Nährstoffe in<br />
ausreichender Menge enthält.<br />
Die leichte Vollkost, wie diese <strong>Ernährung</strong>sform heute genannt wird, soll zur<br />
Entlastung einzelner Verdauungsorgane oder des gesamten Organismus<br />
beitragen, also reizarm sein. Viele ältere Menschen sind selbst in gesunden<br />
Tagen auf eine solche leichte Kost angewiesen.<br />
Auch die leichte Vollkost sollte vollwertig zusammengesetzt sein und den<br />
Körper mit allem Notwendigen versorgen. Dass dies möglich ist,<br />
veranschaulicht folgende Übersicht.<br />
<br />
109
Lebensmittelauswahl bei leichter Vollkost<br />
Lebensmittelgrupp empfehlenswerte<br />
en<br />
Lebensmittel<br />
Brot und Backwaren<br />
Kartoffeln<br />
abgelagerte Produkte, Brot<br />
aus feingemahlenem vollen<br />
Korn, fettarme Backwaren<br />
(Kekse)<br />
Salzkartoffeln, Pellkartoffeln,<br />
Kartoffelbrei (fettarm<br />
zubereitet)<br />
weniger empfehlenswerte<br />
Lebensmittel<br />
frisches Brot, grobe Brotsorten,<br />
frisches Hefegebäck, fettreiche<br />
Backwaren<br />
Reis, Teigwaren fettarme Zubereitung fette Zubereitung<br />
Gemüse und Salat<br />
Obst<br />
Fleisch<br />
Wurtwaren<br />
Fisch<br />
Eier<br />
Milch und<br />
Milchprodukte<br />
Getränke<br />
fettarm zubereitete junge,<br />
zarte Gemüsesorten, z.B.<br />
Karotten, Blumenkohl,<br />
Kohlrabi, Blattsalate, Brokkoli<br />
rohes, reifes Obst, Kompott,<br />
Obstsäfte, Obstkonserven<br />
(möglichst ohne Zucker)<br />
mageres, zartes Fleisch,<br />
gekocht, gegrillt oder in Folie<br />
zubereitet<br />
magere Sorten (z.B.<br />
Geflügelwurst, gekochter<br />
Schinken, deutsches Corned<br />
Beef, Roastbeef)<br />
magere Seefische, Forelle,<br />
gekocht, gedünstet oder<br />
gegrillt<br />
weichgekochte Eier, Eierstich,<br />
Rühreier, Pfannkuchen (mit<br />
wenig Fett zubereitet)<br />
alle fettarmen Sorten wie<br />
fettarme Milch (1,5%),<br />
Buttermilch, Molke, Kefir,<br />
Dickmilch, Quark, fettarme<br />
Käsesorten<br />
Malzkaffee, verdünnte<br />
Gemüse- und Obstsäfte,<br />
Kräutertees, Früchtetee, stilles<br />
Wasser<br />
fette Zubereitungen wie z.B.<br />
Pommes frites, Bratkartoffeln, Rösti<br />
etc.<br />
schwerverdauliche, blähende<br />
Gemüsesorten wie z.B. Gurken,<br />
Kohl, Zwiebeln, Paprika,<br />
Hülsenfrüchte, fettreiche<br />
Zubereitungsformen<br />
unreifes, saures Obst, zuckerreiche<br />
Obstkonserven,<br />
Fruchtsaftgetränke, evt. Steinobst<br />
fettreiche, stark gewürzte Stücke,<br />
gebraten oder geräuchert<br />
fettreiche Wurstsorten<br />
(z.B. Salami,Leberwurst,<br />
Mettwurst, Bratwürste),<br />
geräucherte Wurstwaren<br />
fettreiche Fischsorten,<br />
Räucherfisch, Fisch in Konserven<br />
hartgekochte Eier, stark gezuckerte<br />
und fettreiche Eispeisen<br />
fettreiche Milchprodukte, fettreiche<br />
und stark gewürzte Käsesorten,<br />
Sahne<br />
Bohnenkaffee, Alkohol, Limonaden,<br />
Colagetränke, kohlensäurehaltige<br />
Mineralwasser<br />
Quelle: C. Schlieper, Grundfragen der <strong>Ernährung</strong><br />
Im Einzelfall muss bei der Nahrungsmittelauswahl die individuelle<br />
Verträglichkeit beachtet werden!<br />
110
<strong>Ernährung</strong> im Alter - Praktische Tipps<br />
Empfehlungen für eine altersgerechte <strong>Ernährung</strong><br />
Die folgende Übersicht fasst die wichtigsten Empfehlungen für eine<br />
altersangepasste <strong>Ernährung</strong> zusammen.<br />
▪ Schränken Sie den Fettverzehr stark ein und bevorzugen Sie pflanzliche Fette<br />
und Öle.<br />
▪ Vollkorn bietet mehr. Essen Sie ausreichend Vollkornprodukte z.B. Reis,<br />
Teigwaren, Hirse und Brotwaren.<br />
▪ Täglich sollten Gemüse und Salat auf dem Speiseplan stehen.<br />
▪ Milch und Milchprodukte schmecken gut und gehören täglich ins Programm.<br />
▪ Zweimal Seefisch, 2-3 mal Fleisch und den Rest der Woche vegetarisch.<br />
▪ 2 Stücke Obst sollten es täglich sein.<br />
▪ Trinken nicht vergessen! 1,5 bis 2 Liter pro Tag benötigt Ihr Körper.<br />
▪ Streben Sie Ihr Normalgewicht an.<br />
Tipps für die Praxis<br />
Nicht nur was und wieviel Sie essen ist von Bedeutung, sondern auch wann,<br />
wie oft und wie. Beachten Sie hierzu folgende Empfehlungen:<br />
▪ Essen Sie regelmäßig und verteilen Sie die Nahrungsmenge auf 5 bis 6 kleine<br />
Mahlzeiten. Das ist bekömmlicher und erhält die Leistungsfähigkeit.<br />
▪ Kontrollieren Sie 1x pro Woche Ihr Gewicht.<br />
▪ Achten Sie auf ausreichend Bewegung. Regelmäßige körperliche<br />
Betätigung (2-3x/Woche) hält jung, beweglich und fit. Besonders gut<br />
eignen sich Ausdauersportarten wie Schwimmen, Walking, Radfahren<br />
und Wandern. Gymnastik sorgt für Beweglichkeit.<br />
▪ Nehmen Sie sich ausreichend Zeit zum Essen - Essen Sie bewusst und kauen<br />
Sie gründlich, denn: Gut gekaut ist halb verdaut!<br />
▪ Richten Sie sich das Essen appetitlich an!<br />
▪ Etwas Warmes braucht der Mensch, vor allem der ältere. Eine warme Suppe<br />
oder eine Tasse warmer Tee tun gut.<br />
▪ Auch wenn Sie alleine den Haushalt führen - für die Gesundheit und das<br />
Wohlbefinden lohnt es sich, auch für eine Person zu kochen.<br />
▪ Kochen Sie auf Vorrat und frieren Sie einen Teil ein. Gut eignen sich hierzu<br />
Reis, Nudeln und Gemüse.<br />
Tiefkühlgemüse enthält nahezu so viel Inhaltsstoffe wie Frischware und spart<br />
viel Zeit.<br />
<br />
111
Kinderernährung - Stillen / Allergien /<br />
Säuglinge<br />
Milchproduktion<br />
Einfluss der Hormone<br />
Die Voraussetzungen für die Milchproduktion werden bereits während der<br />
Schwangerschaft geschaffen. Die Drüsenläppchen des Brustgewebes<br />
vergrößern sich unter dem Einfluss der Hormone Progesteron<br />
(Gelbkörperhormon) und Prolaktin (Milchbildungshormon). Insbesondere das<br />
Milchbildungshormon spielt für das Stillen eine wichtige Rolle. Vom Moment der<br />
Geburt wird nämlich die Milchproduktion ganz entscheidend durch das Saugen<br />
des Kindes geregelt. Je größer der Saugreiz an der Brust, desto mehr Prolaktin<br />
wird gebildet und desto größer ist die Milchproduktion.<br />
Für den Vorgang des Stillens ist dann noch ein weiteres Hormon erforderlich,<br />
nämlich das Oxytocin. Dieses führt dazu, dass die Milch von ihren<br />
Drüsenläppchen in die Ausführungsgänge gepresst wird. Aus ihnen wird sie<br />
beim Saugen aufgenommen.<br />
Es gibt jedoch auch Einflüsse, die den Stillvorgang negativ beeinflussen:<br />
Verärgerung, Unsicherheit, mangelndes Selbstvertrauen, aber auch Stress<br />
hemmen die Oxytocinwirkung auf die Brustdrüse.<br />
Milchmenge<br />
Häufig dauert es ein bis fünf Tage, bis die Milchproduktion in Schwung kommt.<br />
Zunächst werden nur geringe Mengen produziert (10 ml/Mahlzeit). Am 2. bis<br />
5. Tag erfolgt dann der Milcheinschuss und die Produktion steigt auf etwa 40<br />
ml/Mahlzeit an. Am Ende der Stillzeit ergibt sich eine durchschnittliche<br />
Milchmenge von 750ml pro Tag. Sie lässt sich durch folgende Formel<br />
errechnen:<br />
Milchmenge in ml = (Lebenstage - 1) x Anzahl der Mahlzeiten x 10<br />
Die Zusammensetzung der Frauenmilch ändert sich im Laufe der Zeit und ist<br />
so an die jeweiligen Bedürfnisse des Säuglings angepasst.<br />
Kolostrum<br />
Hierunter versteht man die eiweißreiche Milch, die in den ersten Tagen<br />
produziert wird. Sie ist außerdem reich an sogenannten Immunglobulinen. Das<br />
sind körpereigene Proteine, die die Kinder widerstandsfähiger gegenüber<br />
Infektionskrankheiten machen.<br />
Transitorische Milch (Übergangsmilch)<br />
Die Übergangsmilch wird zwischen dem 6. und 10. Tag nach der Geburt<br />
gebildet. Sie enthält weniger Eiweiß, dafür mehr Kohlenhydrate und Fett.<br />
Reife Milch<br />
Die reife Milch ist besonders reich an essentiellen Fettsäuren (Linolsäure). Sie<br />
enthält weniger Eiweiß, jedoch mehr Fett als Kuhmilch.<br />
112
Rückstände<br />
Allgemein<br />
Vor allem Gegner des Stillens argumentieren häufig, dass der Schadstoffgehalt<br />
der Muttermilch negative Konsequenzen für das Heranwachsende hat. Im<br />
Folgenden wird darauf eingegangen, um welche Schadstoffe es sich handelt<br />
und ob daraus eine Gefahr für den Säugling resultiert.<br />
Die wichtigsten Vertreter<br />
Dazu zählen vor allem chlorierte Kohlenwasserstoffe, wie z.B.:<br />
▪ DDT (Dichloriddiphenyltrichlorethan)<br />
▪ HCH (Hexachlorcyclohexan)<br />
▪ HCB (Hexachlorbenzol)<br />
▪ PCB (polychlorierte Biphenyle)<br />
Anreicherung im Fettgewebe<br />
Die Anreicherung bestimmter Substanzen erfolgt meist im Fettgewebe der Frau<br />
und wird während des Stillens teilweise über die Milch ausgeschieden. Diese<br />
Rückstände übersteigen die Höchstmengen in der Kuhmilch. Deshalb wird<br />
stillenden Müttern empfohlen, möglichst wenig Gewicht in der Stillzeit<br />
abzunehmen, damit die im Fettgewebe gespeicherten fettlöslichen Rückstände<br />
nicht in die Muttermilch übertreten können.<br />
Schadstoffgehalt gesunken<br />
Dennoch wird angenommen, dass die Vorteile des Stillens, insbesondere im<br />
ersten Lebenshalbjahr, ein mögliches Risiko durch derartige Rückstände<br />
aufwiegen, da die Schadstoffkonzentrationen seit Mitte der 80er Jahre stetig<br />
sinken. Sollte die Frau im Laufe ihres Lebens besonderen Belastungen<br />
ausgesetzt gewesen sein - etwa durch häufige Arbeit mit Düngemitteln und<br />
Pflanzenschutzmitteln auf dem Bauernhof - kann über das zuständige<br />
Gesundheitsamt eine Milchprobe auf Schadstoffe analysiert werden. Je nach<br />
der Höhe der gemessenen Rückstände ist es dann sinnvoll, die Stillzeit zu<br />
begrenzen. Weitere Informationen erhalten sie bei Ihrem Gesundheitsamt.<br />
Diese Lebensmittel sollten Sie meiden<br />
▪ Leber, Niere, Wild, v.a. von älteren Tieren (Anlagerung von Schadstoffen!)<br />
▪ ungereinigte, pflanzliche Lebensmittel<br />
▪ langlebige Raubfische wie Thunfische, Haie (Anreicherung von Rückständen<br />
in der Nahrungskette)<br />
▪ übermäßig geräucherte und gegrillte Produkte<br />
▪ Rohmilch und -produkte<br />
<br />
113
Allergien<br />
In den ersten Lebensmonaten ist die Darmschleimhaut für Eiweiß durchlässiger<br />
als im Erwachsenenalter. Da beim Stillen nur arteigenes Protein resorbiert<br />
wird, kann es bei der <strong>Ernährung</strong> mit Muttermilch nicht zu Allergien kommen.<br />
In der Kuhmilch ist ein besonders potentes Allergen (Beta-Lactoglobulin)<br />
enthalten, durch das eine Kuhmilcheiweißallergie ausgelöst werden kann.<br />
Allergiegefährdete Säuglinge sollten daher möglichst lange, mindestens 1/2<br />
Jahr gestillt werden.<br />
Kinderernährung - Vorteile / Nachteile des<br />
Stillens<br />
Vorteile des Stillens<br />
▪ Muttermilch ist durch ihre optimale Zusammensetzung die beste Nahrung für<br />
den Säugling (auch bei Frühgeburten).<br />
▪ Hohe Bioverfügbarkeit der Nährstoffe<br />
▪ Minimale Stoffwechselbelastung<br />
▪ Gute Verdaulichkeit<br />
▪ Keine Nahrungsmittelunverträglichkeiten bzw. -allergien wie bei<br />
Körperfremden Proteinen<br />
▪ Schutz vor Infektionen des Magen-Darm-Traktes (durch Antikörper)<br />
▪ Schutz vor Überernährung (gestillte Kinder leiden weniger häufig an<br />
Übergewicht)<br />
▪ Bessere Entwicklung des Unterkiefers<br />
▪ Durch die Ausschüttung des Hormons Oxytocin, das beim Stillen die<br />
Milchsekretion einleitet, wird die Uterusmuskulatur angeregt, was zu<br />
einer schnelleren Rückbildung der Gebärmutter führt.<br />
▪ Arbeits- und Zeitersparnis<br />
▪ Muttermilch hat immer die richtige Temperatur<br />
▪ Bessere Hygiene<br />
Nachteile des Stillens<br />
▪ Verfügbarkeit der Mutter (auch nachts)<br />
▪ Während der Stillzeit: kein Nikotin, kein Alkohol (geht zu ca. 5% in die Milch<br />
über), wenig Koffein<br />
▪ Rückstände in der Milch<br />
▪ Mutter muss auf eine bedarfsgerechte <strong>Ernährung</strong> achten, um die<br />
Nährstoffverluste durch das Stillen auszugleichen<br />
114
Kontraindikationen<br />
Einschränkungen der Mutter<br />
▪ Behandlung mit bestimmten Antibiotika (Ausnahme: Penicilline; Antibiotika<br />
grundsätzlich nur nach Absprache mit dem Arzt)<br />
▪ Übertragbare Infektionen wie z.B. AIDS, Hepatitis B und Windpocken<br />
▪ Schwere Brustentzündung (vorübergehend)<br />
Einschränkungen des Kindes<br />
▪ Phenylketonurie des Kindes (Unverträglichkeit gegen den Eiweißbaustein<br />
Phenylalanin)*<br />
▪ Galaktoseintoleranz<br />
▪ Deformation des Kiefers* (Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte)<br />
▪ Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 2000 g fehlt in der Regel die<br />
Kraft und das Koordinationsvermögen, um an der Brust zu saugen.<br />
Dennoch lohnt es sich, einen Stillversuch mit entsprechender fachlicher<br />
Anleitung zu unternehmen.<br />
▪ Missbildungen* im Bereich der Speiseröhre (broncho-ösophageale Fistel)<br />
▪ schwerer Herzfehler*<br />
Entscheidend ist der Schweregrad der Erkrankung. Besprechen Sie im<br />
Einzelfall mit einer qualifizierten Fachkraft (z.B. Arzt, Hebamme,<br />
Stillberaterin), ob Sie Ihr Kind trotzdem stillen können.<br />
Kinderernährung - Stillen und Beikost<br />
Durchführung des Stillens<br />
Vorbereitung<br />
Die werdende Mutter sollte vom Arzt, der Hebamme oder der<br />
Krankenschwester über die Vorteile und die Durchführung des Stillens<br />
aufgeklärt werden. Etwa zehn Tage vor dem erwarteten Geburtstermin<br />
empfiehlt es sich, die Brüste durch Wechselbäder, Frottieren oder<br />
Bürstenmassagen auf das Stillen vorzubereiten.<br />
Die Milchbildung setzt nach der Geburt ein, d.h. das Stillen kann bereits in den<br />
ersten Stunden beginnen. Am besten wird anfangs nicht zu festen Zeiten,<br />
sondern nur nach Bedarf des Kindes gestillt (self-demand-system).<br />
Voraussetzung hierfür ist die gemeinsame Unterbringung von Mutter und Kind<br />
(rooming-in) in der Klinik.<br />
Durchführung<br />
In den ersten Lebenstagen verlangt das Neugeborene oft sehr unregelmäßig<br />
nach der Brust. Meistens wird 5-6 x /Tag und auch ein- bis zweimal pro Nacht<br />
gestillt. Allerdings gibt es von Kind zu Kind große Unterschiede, so dass sich<br />
die Mutter keinesfalls nach einem starren Schema richten sollte.<br />
Nach einer 6 bis 8wöchigen Eingewöhnungsphase stellt sich meist ein fester<br />
<br />
115
Stillrhythmus ein (6.00, 10.00, 14.00, 18.00, 22.00 Uhr), der der Mutter eine<br />
Nachtruhe von acht Stunden ermöglicht.<br />
Das Stillen sollte immer in entspannter Atmosphäre stattfinden, denn Stress<br />
und Hektik beeinträchtigen nicht nur die Milchbildung, sondern übertragen sich<br />
auch auf das Kind und stören eine ruhige Nahrungsaufnahme. Es kann sowohl<br />
im Sitzen als auch im Liegen durchgeführt werden. Zu beachten ist, dass die<br />
Nasenatmung durch die anliegende Brust nicht eingeschränkt ist. Eine Mahlzeit<br />
sollte nicht länger als 15-20 Minuten dauern. Danach sollte die beim Stillen<br />
verschluckte Luft entweichen können ("Bäuerchen").<br />
Genauere Informationen erhalten Sie über die Arbeitsgemeinschaft freier<br />
Stillgruppen e.V. Karlsruhe oder die La Leche Liga München e.V.<br />
Beikost<br />
Allgemein<br />
Der <strong>Ernährung</strong>splan sollte relativ einfach sein und aus wenigen Lebensmitteln<br />
bestehen. Zum einen wird dadurch die Mutter entlastet, zum anderen reduziert<br />
sich das Allergierisiko des Kindes.<br />
Ab dem 5. Monat kann bei der Zufütterung von Beikost zunächst eine<br />
Brustmahlzeit durch eine Breimahlzeit ersetzt werden. Die Mutter kann dabei<br />
selbst entscheiden, ob sie die Speisen selbst zubereitet oder auf industrielle<br />
Säuglingsnahrung zurückgreift. Auf Grün- oder Blattgemüse sollte aufgrund<br />
des hohen Nitratgehaltes zunächst verzichtet werden (Gefahr der Blausucht).<br />
Die Zufütterung von Beikost sollte spätestens zum 7. Monat beginnen, da ab<br />
dem 6. Monat die Muttermilch aus ernährungsphysiologischen Gründen nicht<br />
mehr ausreicht.<br />
Mit dem Durchbrechen der Schneidezähne (ca. 11.-12. Monat) können kleinere<br />
Mengen fester Kost, z.B. kleine Brotstücke, zugeführt werden.<br />
5.-8.Monat<br />
Ersatz einer Muttermilchmahlzeit durch einen Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei<br />
(ohne zusalzen!) mit Fettzusatz.<br />
Beispiel: Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei<br />
selbst hergestellt<br />
industrielle Produkte<br />
90-100 g Gemüse (z.B. Karotten)<br />
40-60 g Kartoffeln<br />
30-45 g Obstsaft<br />
Baby-/Junior-Menü im Gläschen<br />
8-10 g Rapsöl<br />
20-30 g Fleisch (mager)<br />
Quelle: <strong>Ernährung</strong>splan für das 1. Lebensjahr, Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE)<br />
6. Monat<br />
Ersatz einer weiteren Brustmahlzeit durch Milchbrei mit Getreide, dem Obstsaft<br />
beigefügt wird, der durch seinen Vitamin C-Gehalt die Resorption von Eisen<br />
verbessert. Die Rezeptur für die Gemüsemahlzeit ändert sich nur wenig<br />
(eventuell andere Gemüsesorten etc.).<br />
116
Beispiel: Vollmilch-Getreide-Brei<br />
selbst hergestellt<br />
industrielle Produkte<br />
200 g Vollmilch oder Säuglingsmilch<br />
20 g Getreideflocken<br />
Milchfertigbrei, Abendbrei im Gläschen<br />
20 g Obstsaft, -püree<br />
oder als Trockenprodukt<br />
(z.B. Orangensaft)<br />
Quelle: <strong>Ernährung</strong>splan für das 1. Lebensjahr, Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE)<br />
Aufgrund des hohen Allergierisikos durch Kuhmilch ist es sinnvoll, auf diese<br />
möglichst im ersten Lebensjahr zu verzichten und auf adaptierte (neue<br />
Kennzeichnung mit Silbe "Pre") bzw. teiladaptierte (neue Kennzeichnung mit<br />
Ziffer 1) Säuglingsnahrung zurückzugreifen. Die Zusammensetzung der<br />
adaptierten Säuglingsnahrung entspricht der Zusammensetzung der<br />
Muttermilch. Die Zusammensetzung der teiladaptierten Säuglingsnahrung<br />
enthält neben Lactose auch noch ander Kohlenhydrate, die in der Muttermilch<br />
nicht enthalten sind, wie z.B Stärke, Maltose, Saccharose.<br />
7.-9. Monat<br />
Ersatz einer weiteren Muttermilchmahlzeit durch einen milchfreien Getreide-<br />
Obst-Brei mit Fettzusatz.<br />
Beispiel: Getreide-Obst-Brei<br />
selbst hergestellt<br />
industrielle Produkte<br />
20 g Getreideflocken<br />
90 g Wasser<br />
Getreide-Obst-Brei im Gläschen<br />
100 g Obstpüree oder -saft<br />
5 g Rapsöl<br />
Quelle: <strong>Ernährung</strong>splan für das 1. Lebensjahr, Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE)<br />
10.-12. Monat<br />
Die 4 gleichwertigen Säuglingsmahlzeiten gehen über in 3 Hauptmahlzeiten<br />
und 2 Zwischenmahlzeiten, um eine Annäherung an eine normale Kost zu<br />
erreichen.<br />
Kinderernährung - Vergleich von Mutter- und<br />
Kuhmilch<br />
Unterschiede zwischen Mutter- und Kuhmilch<br />
Energie<br />
Der Energiegehalt von Frauen- und Kuhmilch unterscheidet sich nicht.<br />
<br />
117
Eiweiß<br />
Kuhmilch enthält dreimal soviel Eiweiß wie Frauenmilch. Die Niere des<br />
Säuglings ist nicht in der Lage, überschüssiges Eiweiß auszuscheiden. Wird<br />
Kuhmilch unverdünnt zugeführt, kann es zu Beeinträchtigungen der<br />
Nierenfunktion führen.<br />
Kuhmilch enthält einen höheren Anteil an Casein, das schlechter verdaulich ist.<br />
Das besser verdauliche Lactalbumin kommt hauptsächlich in der Muttermilch<br />
vor.<br />
Muttermilch ist besonders in den ersten Tagen nach der Geburt reich an<br />
Immunglobulinen. Diese überstehen den Magen-Darm-Trakt und entfalten im<br />
Darm ihre Schutzfunktion gegenüber pathogenen (krankheitserregenden)<br />
Keimen.<br />
Kohlenhydrate<br />
Frauenmilch enthält neben Lactose (Milchzucker) mindestens 25 weitere<br />
Kohlenhydrate, daher ist der Gehalt an Kohlenhydraten deutlich höher als bei<br />
Kuhmilch. Hier ist vor allem der sogenannte Bifidus-Faktor zu nennen. Dies ist<br />
ein stickstoffhaltiges Kohlenhydrat, das bestimmten Darmbakterien<br />
(Lactobacillus bifidus) als Nährstoff dient. Die Bakterien bilden daraus<br />
Milchsäure, was zu einem Abfall des pH-Wertes im Darm führt und dadurch das<br />
Wachstum pathogener Mikroorganismen hemmt.<br />
Fett<br />
Während der Anteil kurzkettiger Fettsäuren bei Kuhmilch überwiegt, besitzt die<br />
Frauenmilch einen hohen Anteil an essentiellen Fettsäuren (Linolsäure).<br />
Weiterhin enthält sie ein fettspaltendes Enzym (Lipase), mit dessen Hilfe die<br />
Fettverdauung bereits im Magen beginnt.<br />
Mineralstoffe<br />
Der Mineralstoffgehalt der Kuhmilch liegt viel höher als bei Frauenmilch.<br />
Säuglinge können überschüssige Mineralstoffe nicht ausscheiden, was zu einer<br />
Anhäufung im Körper führt. Der besonders hohe Calciumgehalt der Kuhmilch<br />
kann zur Bildung unlöslicher Kalkseifen mit freier Palmitinsäure führen. Dies<br />
begünstigt die Entstehung von Fettstühlen und hemmt die Calciumresorption.<br />
Vitamine<br />
Sowohl Kuhmilch als auch Muttermilch sind relativ arm an Vitamin D, weshalb<br />
eine zusätzliche Gabe von 400-500 IE/Tag dieses Vitamins zur Prophylaxe der<br />
Vitamin D-Mangelkrankheit Rachitis empfohlen wird.<br />
Der Gehalt an wasserlöslichen Vitaminen ist stark vom <strong>Ernährung</strong>sstatus der<br />
Mutter abhängig. Deshalb kommt einer vitaminreichen Kost während der<br />
Stillzeit eine besondere Bedeutung zu. Frauenmilch enthält zusätzlich die<br />
Vitamine A, E, C, wobei letzteres die Resorption des Eisens fördert. <br />
118
Kinderernährung - <strong>Ernährung</strong> der Mutter<br />
<strong>Ernährung</strong> der Mutter<br />
Allgemein<br />
Wie in der Schwangerschaft ist auch beim Stillen (Laktation) der Organismus<br />
der Mutter darauf bedacht, dem Säugling alle notwendigen Nährstoffe zur<br />
Verfügung zu stellen. Deshalb kann es während der Laktation zu<br />
Nährstoffverarmungen der Mutter kommen, da bei einem Defizit die<br />
körpereigenen Speicher der Stillenden angegriffen werden. Um dies zu<br />
verhindern, muss die Nährstoffzufuhr dem erhöhten Bedarf der Mutter<br />
angepasst werden.<br />
Energiebedarf<br />
Der Mehrbedarf an Energie beträgt während des Stillens im Durchschnitt 635<br />
kcal pro Tag. Obwohl viele Frauen die Zeit der Laktation zur Gewichtsreduktion<br />
nutzen, sollte dieser erhöhte Energiebedarf auch gedeckt werden, da sonst die<br />
im Fettgewebe gespeicherten Rückstände frei werden und in die Muttermilch<br />
übertreten. Unter- und Übergewicht der stillenden Mutter verringern die<br />
Milchproduktion und vermindern den Energiegehalt der Milch.<br />
Eiweiß<br />
Um ein Gramm Muttermilcheiweiß zu produzieren, benötigt die Stillende zwei<br />
Gramm Nahrungseiweiß. Aus diesem Grund ist auf eine ausreichende<br />
Proteinzufuhr zu achten. Durch die Kombination von pflanzlichen und tierischen<br />
Proteinen erreicht man eine hohe biologische Wertigkeit, d.h. in einer<br />
ausgewogenen Mischkost ist eine bedarfsgerechte Eiweißversorgung<br />
gewährleistet.<br />
Fett<br />
Der Anteil des Nahrungsfettes hat keinen Einfluss auf den Fettgehalt der<br />
Muttermilch. Deshalb sind Fettzulagen nicht erforderlich. Hier entspricht der<br />
Bedarf dem einer Nichtstillenden, d.h. der Fettanteil sollte 30% der<br />
Gesamtenergiezufuhr nicht übersteigen. Empfehlenswert ist ein hoher Anteil<br />
von mehrfach ungesättigten Fettsäuren, da die Fettsäurezusammensetzung<br />
der Nahrung die der Muttermilch beeinflussen kann. Besonders wertvoll sind<br />
die beiden Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und<br />
Docosahexaensäure (DHA), da sie die geistige Entwicklung des Kindes positiv<br />
beeinflussen können. Diese Fettsäuren sind hauptsächlich in Seefischen<br />
enthalten. Deshalb sollte die werdende Mutter ein bis zwei Fischmahlzeiten in<br />
ihren Speiseplan mit aufnehmen. Ist dies nicht möglich, kann der Einsatz von<br />
Fischölkapseln sinnvoll sein.<br />
Calcium<br />
Der Bedarf an Calcium während des Stillens liegt nach den D-A-CH-<br />
Referenzwerten bei etwa 1000 mg am Tag (< 19 Jahre=1200 mg/Tag). Um<br />
diese Menge zu erreichen, ist der Verzehr von Milch und Milchprodukten<br />
<br />
119
unumgänglich. Bei einer veganen <strong>Ernährung</strong> (keine tierische Produkte) ist die<br />
entsprechende Calciummenge durch Tabletten zu ersetzen. Liegt eine<br />
Milchzuckerunverträglichkeit (Laktoseintoleranz) vor, kann die Betroffene auch<br />
auf fermentierte Milchprodukte zurückgreifen, die in der Regel gut vertragen<br />
werden. Die darin enthaltenen Milchsäurebakterien (Lactobazillen) sind in der<br />
Lage, den Milchzucker (Lactose) nach dem Verzehr im Magen-Darm-Trakt in<br />
seine Bestandteile (Galactose, Glucose) zu zerlegen.<br />
Jod<br />
Die Jodversorgung der Mutter bestimmt die Jodkonzentration in der<br />
Muttermilch und somit die Versorgung des Neugeborenen. Die Jodversorgung<br />
von Neugeborenen ist sehr wichtig, da ein Mangel zu Entwicklungsstörungen<br />
führen kann. Die in der Schwangerschaft empfohlene zusätzliche Aufnahme<br />
von 200 µg Jodid sollte auch während des Stillens beibehalten werden, da der<br />
tägliche Bedarf von 260 µg sonst kaum erreicht wird. Die nötige<br />
Supplementierung sollte unbedingt mit dem Arzt abgesprochen werden.<br />
Vitamine<br />
Eine abwechslungsreiche Kost mit einem hohen Anteil an frischem Obst und<br />
Gemüse reicht aus, um den Vitaminbedarf zu decken. Multivitaminpräparate<br />
sind in der Regel nicht notwendig. In der folgenden Tabelle sehen Sie eine<br />
Übersicht über die Vitamine sowie Nahrungsmittel, die besonders reich an<br />
diesen Nährstoffen sind.<br />
Vitamin<br />
Vitamin A (Vorläufer:<br />
beta-Carotin)<br />
Vitamin D<br />
Vitamin E<br />
Vitamin K<br />
Vitamin B 1<br />
Vitamin B 2<br />
Vitamin B 6<br />
Vitamin B 12<br />
Vitamin C<br />
Niacin<br />
Pantothensäure<br />
Folsäure<br />
Biotin<br />
gute Vitaminquellen<br />
Vitamin A in: Leber, Lebertran beta-Carotin in: Karotten,<br />
gelb-orangene Gemüsesorten<br />
Margarine, Pilze, Fisch (Aal, Hering, Heilbutt, Lachs)<br />
grünes Blattgemüse, pflanzliche Öle (Sonnenblumenöl,<br />
Maiskeimöl,<br />
Walnussöl)<br />
grünes Blattgemüse, Eigelb, Huhn, Butter<br />
Weizenkeime, Hülsenfrüchte, Schweinefleisch<br />
Milch, Eier, Fisch (Heilbutt, Hering), Pilze<br />
Bananen, Bohnen, Linsen, Sojabohnen, Leber, Hafer<br />
Leber, Nieren, Eier, Käse, Fisch (v.a. Hering, Rotbarsch)<br />
nahezu alle Obst- und Gemüsesorten; besonders:<br />
Zitrusfrüchte, Kiwi, Paprika, Sanddorn<br />
Fleisch, Fisch, Nüsse, Hülsenfrüchte<br />
Hefe, Hülsenfrüchte, Erdnüsse, Eigelb, Leber,<br />
Wassermelone<br />
Hefe, Rinderleber, Rosenkohl, Grünkohl, Weizenkeime,<br />
Eigelb, Sojabohnen<br />
Leber, Eigelb, Erdnuss, Sojabohnen, Naturreis,<br />
Weizenkleie<br />
120
Nährstoffbedarf<br />
Nährstoff<br />
normaler<br />
Tagesbeda<br />
rf<br />
Tagesbedarf<br />
während des Stillens<br />
Vitamin A<br />
(Retinol-Äquivalent)<br />
0,8 mg 1,5 mg<br />
Vitamin D 5 µg 5 µg<br />
Vitamin E<br />
(Tocopherol-Äquivalent)<br />
12 mg 17 mg<br />
Vitamin B 1 1 mg 1,4 mg<br />
Vitamin B 2 1,2 mg 1,6 mg<br />
Vitamin B 6 1,2 mg 1,9 mg<br />
Vitamin B 12 3 µg 4,0 µg<br />
Vitamin C 100 mg 150 mg<br />
Niacin 13 mg 17 mg<br />
Folsäure (Gesamtfolat-Äquivalent) 0,4 mg 0,6 mg<br />
Calcium 1000 mg 1000 mg (1200 mg bei Frauen < 19J.)<br />
Magnesium 300 mg 390 mg<br />
Eisen 15 mg 20 mg<br />
Jod 200 µg 260 µg<br />
Quelle: D-A-CH: Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr und Beratungsstandards 2009<br />
<strong>Ernährung</strong> von Säuglingen und Kindern<br />
Hauptnährstoffe<br />
Nährstoffbedarf<br />
Nach der Abnabelung ist der Säugling auf eine äußere Zufuhr von Nährstoffen<br />
angewiesen. Die physiologischen Grundlagen hierfür sind der<br />
Warzensuchreflex, der Saugreflex und der Schluckreflex des Neugeborenen.<br />
Durch die Besiedelung des Darmes mit Mikroorganismen aus der Umwelt kann<br />
es anfangs zu leichten Verdauungsstörungen kommen, die sich jedoch schnell<br />
bessern. Die in der Muttermilch enthaltenen Bifidus-Bakterien hemmen das<br />
Wachstum krankheitserregender Keime, indem sie über die Bildung von Milchund<br />
Essigsäure den pH-Wert des Darmes senken.<br />
Energiebedarf<br />
Eine bedarfsgerechte Energiezufuhr lässt sich am einfachsten beim Stillen<br />
erreichen. Die Menge der zugeführten Muttermilch ist in der Regel an die<br />
Bedürfnisse des Säuglings angepasst. Dies ist der Grund, warum gestillte<br />
Kinder weniger häufig an Übergewicht leiden als nichtgestillte.<br />
Die Energiezufuhr ist stetig steigend und nähert sich dem Bedarf des<br />
Erwachsenen allmählich an (siehe Tabelle). Die benötigte Energiemenge,<br />
bezogen auf das Körpergewicht, nimmt mit zunehmendem Alter ab.<br />
<br />
121
122 <br />
Empfohlene Energiezufuhr nach den D-A-CH-Referenzwerten<br />
2000 für die Nährstoffzufuhr<br />
Altersgruppe<br />
Energie in Kcal.<br />
männlich<br />
weiblich<br />
0-4 Monate 500 450<br />
4-12 Monate 700 700<br />
1-4 Jahre 1100 1000<br />
4-7 Jahre 1500 1400<br />
7-10 Jahre 1900 1700<br />
10-13 Jahre 2300 2000<br />
13-15 Jahre 2700 2200<br />
15-19 Jahre 3100 2500<br />
Eiweiß<br />
Auf eine bedarfsgerechte <strong>Ernährung</strong> im Hinblick auf die tägliche Eiweißzufuhr<br />
ist ebenfalls zu achten, da sowohl zuwenig (beeinträchtigte Entwicklung) als<br />
auch zuviel schädlich für das Heranwachsende ist.<br />
Empfohlene Eiweißzufuhr nach den D-A-CH-Referenzwerten<br />
2000 für die Nährstoffzufuhr<br />
Altersgruppe g Eiweiß pro Tag g Eiweiß pro Tag<br />
männlich<br />
weiblich<br />
0-1 Monate 12 12<br />
1-2 Monate 10 10<br />
2-4 Monate 10 10<br />
4-6 Monate 10 10<br />
6-12 Monate 10 10<br />
1-4 Jahre 14 13<br />
4-7 Jahre 18 17<br />
7-10 Jahre 24 24<br />
10-13 Jahre 34 35<br />
13-15 Jahre 46 45<br />
15-19 Jahre 60 46<br />
Fett<br />
Fett ist ein wichtiger Energielieferant und enthält mit 9 kcal./g über doppelt<br />
soviel Energie wie Kohlenhydrate und Eiweiß. 50% dieser Energie bezieht das<br />
Neugeborene aus dem Fettgehalt der Muttermilch.<br />
Neben der Menge des zugeführten Fettes spielen auch die Art der Fettsäuren<br />
eine wichtige Rolle. Die Muttermilch zeichnet sich durch einen hohen Gehalt an<br />
mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Linolsäure, Linolensäure) sowie der<br />
einfach ungesättigten Ölsäure aus. Weiterhin sind die beiden Omega-3-<br />
Fettsäuren Arachidonsäure und Docosahexaensäure enthalten. Diese beiden<br />
Fettsäuren werden v.a. im letzten Schwangerschaftsdrittel im Gehirn,<br />
Zentralnervensystem und der Retina des Auges gespeichert, was<br />
wahrscheinlich zu einer Verbesserung der kognitiven, intellektuellen und<br />
visuellen Leistungen des Kindes führt. Der Erwachsene ist in der Lage, aus<br />
Linolsäure und Linolensäure die beiden Omega-3-Fettsäuren aufzubauen. Im<br />
frühen Kindesalter ist das hierfür notwenige Enzymsystem noch nicht<br />
ausreichend aktiv. Deshalb ist das Neugeborene auch nach der Geburt auf die
ständige Zufuhr von Arachidonsäure und Docosahexaensäure angewiesen.<br />
Durch die Muttermilch ist eine bedarfsgerechte Zufuhr gewährleistet. Um die<br />
positiven Wirkungen dieser Fettsäuren auch für nichtgestillte Säuglinge<br />
zugänglich zu machen, werden sie teilweise den industriellen Babynahrungen<br />
zugesetzt. Diese Zusätze sollten sich an dem Fettsäuregehalt der Muttermilch<br />
orientieren. Weiterhin ist ein zusätzlicher Vitamin E-Zusatz angebracht, um die<br />
Oxidation der Fettsäuren zu vermeiden.<br />
Empfohlene Fettzufuhr nach den D-A-CH-Referenzwerten<br />
2000 für die Nährstoffzufuhr<br />
Altersgruppe g Fett pro Tag g Fett pro Tag<br />
männlich<br />
weiblich<br />
0-4 Monate 26,4 23,8<br />
4-12 Monate 31,1 31,1<br />
1-4 Jahre 42,8 38,9<br />
4-7 Jahre 54,2 50,6<br />
7-10 Jahre 68,6 61,4<br />
10-13 Jahre 83,1 72,2<br />
13-15 Jahre 97,5 79,4<br />
15-19 Jahre 103,3 83,3<br />
Kohlenhydrate<br />
Das Hauptkohlenhydrat der Frauen- und Kuhmilch ist die Lactose<br />
(Milchzucker). Sie dient hauptsächlich der Energiegewinnung. Da das<br />
milchzuckerspaltende Enzym (Lactase) noch nicht vollständig funktionsfähig<br />
ist, gelangt ein Teil des Milchzuckers in untere Darmabschnitte und kann dort<br />
von den Darmbakterien zu Essig- und Milchsäure abgebaut werden.<br />
Die Kohlenhydrate sollten vorwiegend in komplexer Form verzehrt werden,<br />
also in Form von Vollkornprodukten, Kartoffeln, Obst, Gemüse etc. Der Anteil<br />
der unverdaulichen Ballaststoffe erhöht sich nach der Umstellung auf Breikost.<br />
Im Zuge der Anpassung an die <strong>Ernährung</strong> des Erwachsenen sollte die<br />
Ballaststoffzufuhr im Jugendalter bei 30 g pro Tag liegen.<br />
Empfohlene Kohlenhydratzufuhr nach den D-A-CH-<br />
Referenzwerten 2000 für die Nährstoffzufuhr<br />
Altersgruppe g Kohlenhydrate pro Tag g Kohlenhydrate pro Tag<br />
männlich<br />
weiblich<br />
0-4 Monate 56,3 50,6<br />
4-12 Monate 78,8 78,8<br />
1-4 Jahre 129,3 117,5<br />
4-7 Jahre 196,9 183,8<br />
7-10 Jahre 249,4 223,1<br />
10-13 Jahre 301,9 262,5<br />
13-15 Jahre 354,4 288,8<br />
15-19 Jahre 426,3 343,8<br />
<br />
123
Vitamine<br />
Allgemein<br />
Vitamine sind lebenswichtige Bestandteile unserer Nahrung. Sie besitzen im<br />
menschlichen Organismus die unterschiedlichsten Funktionen. Grundsätzlich<br />
unterscheidet man zwischen wasserlöslichen und fettlöslichen Vitaminen. Beim<br />
Stillen ist die Versorgung des Säuglings mit Vitaminen (Ausnahme: Vitamin D<br />
und K) gewährleistet, da der mütterliche Organismus darauf ausgerichtet ist,<br />
den Nachwuchs ausreichend mit Nährstoffen zu versorgen. Daher kann es aber<br />
bei einer unausgewogenen <strong>Ernährung</strong> der Mutter u.U. zu einem<br />
Nährstoffverarmung der Mutter kommen.<br />
Auch die <strong>Ernährung</strong> mit Säuglingsnahrung stellt keine Probleme bezüglich der<br />
Vitaminversorgung dar. Ausnahme ist hier ebenfalls das Vitamin D. Im<br />
Folgenden wird auf die beiden kritischen Vitamine näher eingegangen.<br />
Vitamin D<br />
Dieses Vitamin ist für die Resorption von Calcium und Phosphat sowie die<br />
Einlagerung der beiden Mineralstoffe in die Knochensubstanz verantwortlich. In<br />
der Haut kann Vitamin D unter Sonneneinstrahlung bzw. ultraviolettem Licht<br />
aus Cholesterin (7-Dehydrocholesterol) gebildet werden. Bei einem<br />
Vitaminmangel bzw. unzureichender Sonneneinstrahlung kann es zu<br />
Verformungen des Skeletts (Rachitis) kommen.<br />
Aufgrund des erhöhten Vitamin D-Bedarfs im ersten Lebensjahr und des<br />
niedrigen Gehaltes der Muttermilch bzw. der Säuglingsnahrung, wird eine<br />
zusätzliche Gabe von 10 µg (400 I.E.) Vitamin D empfohlen. Nach heutigem<br />
Wissen reicht auch eine Aufnahme von 2,5-5 µg.<br />
Vitamin K<br />
Vitamin K ist maßgeblich an der Blutgerinnung beteiligt. Deshalb kann es bei<br />
einem Vitaminmangel zu inneren Blutungen kommen. Dies kann verschiedene<br />
Bereiche umfassen, wie z.B. das Gehirn, die Haut und den Darm. Besonders<br />
gefährdet sind Neugeborene, deren Mütter während der Schwangerschaft<br />
Medikamente gegen Epilepsie bzw. Mittel zur Blutverdünnung eingenommen<br />
haben.<br />
Der niedrige Vitamin K-Gehalt der Muttermilch trägt auch zum Entstehen der<br />
Blutungen bei. Deshalb wird eine orale Gabe von 2 mg Vitamin K direkt nach<br />
der Geburt empfohlen sowie je einmal in den ersten beiden Lebensmonaten.<br />
Die Gabe erfolgt im Rahmen der gesetzlich empfohlenen U1 bis U3.<br />
124
Kinderernährung - <strong>Ernährung</strong> von Säuglingen<br />
und Kindern<br />
Mineralstoffe<br />
Natrium<br />
Natrium beeinflusst die Zellmembranfunktion und spielt bei der<br />
Muskelreizbarkeit und -kontraktion eine wichtige Rolle. Es ist weiterhin an der<br />
Resorption von Glucose (Traubenzucker) aus dem Dünndarm beteiligt.<br />
Eine übermäßige Zufuhr dieses Mineralstoffs kann zu Wassereinlagerungen<br />
(Ödeme), Bluthochdruck, Erbrechen u.ä. führen. Eine zu hohe<br />
Natriumkonzentration im Körper kann jedoch auch durch Fieber (Verdunstung)<br />
und Diabetes insipidus hervorgerufen werden. Bei dieser Art des Diabetes<br />
kommt es infolge einer verstärkten Wasserausscheidung über die Nieren zu<br />
einer Konzentrationserhöhung des Natriums im menschlichen Körper. Beim<br />
Stillen bzw. der Verwendung von industriellen Säuglingsnahrungen ist eine<br />
bedarfsgerechte Zufuhr gewährleistet, da der Natriumgehalt den Bedürfnissen<br />
des Säuglings angepasst ist.<br />
Zu einer Unterversorgung kann es durch z.B. anhaltendes Erbrechen oder<br />
starken Durchfällen kommen.<br />
Kalium<br />
Kalium ist im Gegensatz zum Natrium im Inneren der Zellen lokalisiert und<br />
sorgt so für die Elektroneutralität. Weiterhin ist Kalium bei der Aktivierung<br />
verschiedener Enzyme beteiligt. Störungen bei der Kaliumversorgung treten<br />
vor allem bei Übersäuerungen des Blutes sowie Nieren- und<br />
Nebennierenfunktionsstörungen mit der Folge von neuromuskulären<br />
Symptomen und Herzrhythmusstörungen auf.<br />
Calcium und Phosphat<br />
Die Funktionen der beiden Mineralstoffe werden im Kapitel <strong>Ernährung</strong> von<br />
Kindern und Jugendlichen besprochen. Der Tagesbedarf für Säuglinge liegt bei<br />
220mg (0-4 Monate) bzw. 400mg (4-12 Monate), bei Kindern zwischen 600<br />
und 1200mg (je nach Alter). Die Phosphatzufuhr sollte bei Säuglingen<br />
120/300mg/Tag (0-4, 4-12 Monate) betragen, während Kinder zwischen 500<br />
und 1250mg/Tag aufnehmen sollten.<br />
Spurenelemente<br />
Fluor<br />
Fluor schützt vor der Entstehung von Karies und Osteoporose. Die Zufuhr von<br />
Fluor ist in den ersten 15 Lebensjahren besonders effektiv, da nur in dieser<br />
Zeit das Spurenelement in den Zahnschmelz aufgenommen wird und so die<br />
Widerstandskraft der Zähne erhöht. Eine Überdosierung kann jedoch auch<br />
negative Konsequenzen haben. So kann eine zu hohe Zufuhr von Fluor zu einer<br />
verstärkten Bruchanfälligkeit der Zähne führen (Dentalfluorose).<br />
<br />
125
Eisen und Jod<br />
Diese beiden Spurenelemente werden ebenfalls näher im Kapitel <strong>Ernährung</strong><br />
von Kindern und Jugendlichen besprochen.<br />
Kinderernährung - Säuglingsnahrung /<br />
Kuhmilch<br />
<strong>Ernährung</strong> mit Kuhmilch<br />
Allgemein<br />
Kuhmilch muss aufgrund ihres hohen Protein- und Mineralstoffgehaltes<br />
verdünnt werden. Dadurch sinkt jedoch der Energie- und Vitamingehalt. Dies<br />
erfordert eine zusätzliche Anreicherung mit speziellen Präparaten.<br />
Zubereitung<br />
▪ Verwendung von ultrahocherhitzter Vollmilch (pasteurisierte Milch muss<br />
vorher abgekocht werden, Sterilmilch ist zu vitaminarm)<br />
▪ Trinkflasche und Sauger müssen abgekocht werden<br />
▪ in den ersten Wochen wird Halbmilch verwendet, d.h. Milch und abgekochtes<br />
Wasser im Verhältnis 50:50 unter Zugabe von: - 5% Zucker (Saccharose<br />
oder Lactose) - 2% Trockenschleim (Flocken aus verschiedenen<br />
Getreidearten; sinnvoll wäre ein Verzicht auf Weizen wegen<br />
Zöliakiegefahr)<br />
Der Schleim bewirkt eine Ausflockung des Caseins und macht es somit leichter<br />
verdaulich!<br />
Industrielle Säuglingsnahrung<br />
Moderne, industriell hergestellte Säuglingsnahrung ist an die Bedürfnisse des<br />
Säuglings optimal angepasst, d.h. der Eiweißanteil wird reduziert und Casein<br />
durch das besser verdauliche Lactalbumin ersetzt. Der einzige Nachteil<br />
gegenüber der Muttermilch ist das Fehlen der Immunglobuline.<br />
Die Säuglingsmilch zeichnet sich durch eine hohe Haltbarkeit aus. Man<br />
unterscheidet zwischen adaptierter Säuglingsmilch (optimal an Muttermilch<br />
angepasst) und teiladaptierter Säuglingsmilch.<br />
Ausgangsstoffe sind entsalztes Molkenproteinpulver, Lactose, Milchfett sowie<br />
pflanzliche Öle und synthetisch hergestellte Vitamine. Das verwendete<br />
Trinkwasser muss mikrobiologisch einwandfrei sein und darf maximal 50mg<br />
Nitrat/l enthalten. Eine erhöhte Nitrataufnahme kann bei Säuglingen aufgrund<br />
eines Enzymmangels zur Blausucht (Methämoglobinämie) führen. Nicht jedes<br />
Leitungswasser erfüllt diese Kriterien. Gegebenenfalls muss auf Mineralwasser<br />
mit der Zusatzbezeichnung "Zur Herstellung von Säuglingsnahrung geeignet"<br />
zurückgegriffen werden. Informationen über die Qualität Ihres Leitungswassers<br />
erhalten Sie bei den jeweiligen Wasserwerken.<br />
126
Durchführung der Flaschenernährung<br />
Auch hier richtet sich die Mahlzeitenhäufigkeit nach dem Bedarf des Kindes<br />
(self-demand-system). In der Regel pendelt sich der Appetit des Säuglings auf<br />
ca. 5 Mahlzeiten ein. Die erste Mahlzeit erfolgt wie beim Stillen etwa 12h nach<br />
der Geburt.<br />
Die Trinkmenge errechnet sich bis zum 10. Lebenstag aus folgender Formel:<br />
(Lebenstage-1) x 70g<br />
In den ersten 6 Wochen wird adaptierte Säuglingsnahrung verwendet,<br />
anschließend sollte auf teiladaptierte Säuglingsnahrung umgestellt werden,<br />
damit der Säugling durch angemessene Trinkmengen seinen Bedarf decken<br />
kann.<br />
Bei der Verwendung von Kuhmilchzubereitungen sind ab der 6. Woche Obstund<br />
Gemüsesäfte zuzusetzen. Besonders geeignet ist Karottensaft, bei<br />
Orangensaft treten teilweise Hautrötungen auf.<br />
Kinderernährung - <strong>Ernährung</strong> von Kindern und<br />
Jugendlichen<br />
<strong>Ernährung</strong> von Kindern und Jugendlichen<br />
Allgemein<br />
Nach der Umstellung auf feste Nahrung sollte die <strong>Ernährung</strong> des Kleinkindes an<br />
die eines Erwachsenen angepasst werden. Dies bedeutet eine tägliche<br />
Einnahme von drei Hauptmahlzeiten sowie zwei bis drei kleinere<br />
Zwischenmahlzeiten. Grundlage für die Entwicklung des Kindes ist eine<br />
gesunde, abwechslungsreiche Vollkost, die sich im wesentlichen aus<br />
Vollkornprodukten, Kartoffeln, frischem Obst und Gemüse, Milch und<br />
Milchprodukten, Fisch, Fleisch und pflanzlichen Ölen zusammensetzen sollte.<br />
Beachtet man diese einfachen Regeln einer vollwertigen <strong>Ernährung</strong>, lässt sich<br />
der Tagesbedarf an allen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen ohne<br />
den Zusatz von Tabletten erreichen. Bei einigen Nährstoffen ist der Bedarf im<br />
Kindes- und Jugendalter leicht erhöht. Sie werden im Folgenden näher<br />
erläutert.<br />
Proteinbedarf<br />
Da Proteine für den Aufbau von Körpersubstanz benötigt werden, haben<br />
Heranwachsende ein erhöhten Bedarf. Mit der Nahrung sollte täglich<br />
ausreichend Eiweiß zugeführt werden. Besonders sinnvoll ist der Verzehr von<br />
hochwertigem Eiweiß. Grundsätzlich gilt, dass tierisches Protein wertvoller ist<br />
als pflanzliches. Eine noch höhere biologische Wertigkeit erhält man, indem<br />
man tierische mit pflanzlichen Lebensmitteln gemeinsam verzehrt. Diese<br />
ergänzen sich optimal in ihrer Aminosäurenzusammensetzung. Eine gesunde<br />
Mischkost ist also die Grundlage für das Wachstum des Kindes.<br />
<br />
127
Calcium und Phosphat<br />
Calcium und Phosphat sind maßgeblich am Aufbau des Knochenskeletts<br />
beteiligt. Die Einlagerung dieser beiden Mineralstoffe in die Knochensubstanz<br />
findet vor allem im Kindes- und Jugendalter statt, wodurch der tägliche Bedarf<br />
in dieser Zeit erhöht ist. Eine ausreichende Zufuhr führt zu einer hohen<br />
Knochendichte, die als Schutz vor Osteoporose angesehen wird.<br />
Der Tagesbedarf an Calcium und Phosphat beträgt (nach D-A-CH) bei Kindern<br />
über 10 Jahren etwa 1100 mg Calcium bzw. 1250 mg Phosphat und lässt sich<br />
am leichtesten über Milch und Milchprodukte decken. Deshalb wird Kindern und<br />
Jugendlichen eine tägliche Aufnahme von 0,5 l Milch empfohlen.<br />
Eisen<br />
Durch das starke Wachstum in der Pubertät erhöht sich der Eisenbedarf der<br />
Jungen auf 12 mg/Tag, bei Mädchen steigt der Bedarf mit einsetzender<br />
Menstruation weiter auf 15 mg/Tag, da ein Teil des Eisens an den roten<br />
Blutfarbstoff Hämoglobin gebunden ist und durch die Blutungen mit<br />
ausgeschieden werden.<br />
Jod<br />
Der Jodbedarf eines Jugendlichen beträgt wie beim Erwachsenen 200 µg am<br />
Tag. Diese Menge lässt sich nur durch den Verzehr von Seefisch bzw. die<br />
Verwendung von jodiertem Speisesalz erreichen. Eine ausreichende Jodzufuhr<br />
stellt die Grundlage für die körperliche und geistige Entwicklung dar.<br />
Praktische <strong>Ernährung</strong>stipps<br />
Pausenbrot<br />
Die Zwischenmahlzeit sollte ebenfalls aus vollwertigen Nahrungsmitteln<br />
bestehen, um Leistungstiefs während der Schule vorzubeugen. Die<br />
Konzentrationsfähigkeit lässt sich am besten durch kohlenhydratreiche<br />
Lebensmittel wie z.B. Brot erhöhen. Vollkornbrot besitzt den Vorteil, dass es<br />
den Blutzucker sehr langsam, aber dafür kontinuierlich anhebt. So wird das<br />
Gehirn ausreichend mit energieliefernder Glucose (Zucker) versorgt. Es sollten<br />
also Mischbrote oder Vollkornbrote bevorzugt werden, die mit mageren Käseoder<br />
Wurstsorten belegt sind. Tomaten- oder Gurkenscheiben sind nicht nur<br />
gesund, sie werten auch optisch das Pausenbrot auf. Geeignet sind ebenfalls<br />
alle Obst- und Gemüsesorten wie Bananen, Äpfel oder Karotten. Als<br />
Pausengetränk sind insbesondere Milch oder Milchprodukte (Buttermilch, Kefir)<br />
zu empfehlen, um den Calciumbedarf des Heranwachsenden zu decken.<br />
Getränke<br />
Kinder und Jugendliche sollten auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr<br />
achten. Täglich sollten mindestens 1,5l Flüssigkeit mit der Nahrung zugeführt<br />
werden. Dabei empfiehlt es sich, auf kalorien- und zuckerarme Getränke<br />
zurückzugreifen. Besonders eignen sich Mineralwasser, Fruchtsäfte,<br />
Saftschorlen und Tee (möglichst ohne Zucker). Zuckerhaltige Getränke fördern<br />
nicht nur die Entstehung von Karies, sondern begünstigen auch die Entstehung<br />
von Übergewicht.<br />
128
<strong>Ernährung</strong>sbedingte Erkrankungen im Kindesund<br />
Jugendalter<br />
Karies<br />
Unter Karies versteht man eine Erkrankung der Zähne, die auf eine<br />
Entmineralisierung des Zahnschmelzes zurückzuführen ist. Zucker und<br />
zuckerhaltige Speisen werden im Mund durch Bakterien zu organischen Säuren<br />
abgebaut, die den Zahnschmelz schädigen.<br />
Bereits bei Kindern werden kariöse Veränderungen der Zähne festgestellt. Dies<br />
ist auf den regelmäßigen Verzehr von zuckerhaltigen Limonaden bzw. gesüßten<br />
Tees zurückzuführen. Neben einer sorgfältigen Mundhygiene kommt einer<br />
gesunden <strong>Ernährung</strong> (arm an Einfachzuckern) eine wichtige Bedeutung zur<br />
Prophylaxe von Karies zu.<br />
Übergewicht<br />
30% der deutschen Kinder und Jugendlichen sind übergewichtig. Die Ursache<br />
hierfür liegt in der übermäßigen Energie- und Fettzufuhr. Auch der Verzehr von<br />
fettreichen Süßigkeiten (z.B. Schokolade) trägt zur Entstehung des<br />
Übergewichtes bei.<br />
Ein Verbot von bestimmten Nahrungsmitteln ist hier nicht angebracht, denn es<br />
bewirkt häufig das Gegenteil. Es ist wesentlich sinnvoller, den<br />
Heranwachsenden sinnvolle Alternativen für eine gesunde und schmackhafte<br />
Kost aufzuzeigen. Hier eignen sich z.B. spezielle Rezepte für Kinder. Auch die<br />
optische Aufwertung des Essens bewirkt manchmal Wunder, denn "das Auge<br />
isst mit". Ein entscheidender Aspekt ist auch die Vorbildfunktion der<br />
Erwachsenen. Denn neben den Genen werden vor allem die Eßgewohnheiten<br />
der Eltern vererbt.<br />
Zu bedenken ist ebenfalls, dass die Fettzellen, die im Kindes- und Jugendalter<br />
aufgebaut werden, im weiteren Leben erhalten bleiben. Erwachsene können<br />
diese Fettzellen nur noch verkleinern, d.h. übergewichtige Kinder besitzen ein<br />
Leben lang die Tendenz zum Übergewicht und haben zusätzlich ein erhöhtes<br />
Risiko, an einer ernährungsbedingten Erkrankung (z.B. Herz-Kreislauf-<br />
Erkrankung) zu erkranken.<br />
Schwangerschaft - Allgemeine Infos<br />
Physiologische Veränderungen<br />
Die Gewichtszunahme in der Schwangerschaft beträgt in der Regel zwischen 9<br />
und 15kg. Sie setzt sich zusammen aus der Zunahme des Körperwassers, dem<br />
Gewicht des Föten, des Fruchtwassers, der Plazenta und des vergrößerten<br />
Uterus. Weiterhin werden zusätzliche Fettdepots von ein bis zwei Kilo angelegt,<br />
die als Energiespeicher dienen und während der Stillzeit mobilisiert werden.<br />
Die gesteigerte Sekretion des Hormons Progesteron<br />
(Schwangerschaftsschutzhormon) kann eine vorübergehende Verstopfung<br />
auslösen, da dieses Hormon die Darmperistaltik herabsetzt. Ebenso verringert<br />
es die Muskelspannung des sogenannten Ösophagusshinkters, der den<br />
<br />
129
Rückfluss des Mageninhaltes in die Speiseröhre verhindert. Deshalb kann es im<br />
letzten Schwangerschaftsdrittel zu Sodbrennen kommen. Auch Übelkeit und<br />
Völlegefühl sind auf die gesteigerte Progesteronsekretion zurückzuführen.<br />
Kohlenhydratstoffwechsel<br />
Vor allem im ersten Schwangerschaftsdrittel ist die Insulinproduktion<br />
erhöht. Da Insulin eine Hormon ist, das den Blutzucker senkt, kann es zu<br />
Unterzuckerungserscheinungen kommen. Deshalb sollte auf eine ausreichende<br />
Zufuhr von Kohlenhydraten geachtet werden. Sinnvoll ist es ebenfalls, die<br />
Portionen auf mehrere Mahlzeiten aufzuteilen, so dass ein konstanter<br />
Blutzuckerspiegel gewährleistet und Verdauungsstörungen vermieden werden.<br />
Die Kohlenhydrate sollten hauptsächlich in komplexer Form zugeführt werden<br />
(z.B. Vollkornbrot, Kartoffeln, Gemüse, Vollkornnudeln, Vollkornreis).<br />
Eiweißstoffwechsel<br />
Der Eiweißbestand der Schwangeren bleibt wie das Aminosäurespektrum<br />
unverändert. Im Vergleich dazu ist der Aminosäurengehalt im Blut des Föten<br />
erhöht, da die Plazenta alle wichtigen Aminosäuren aktiv zum Fetus<br />
transportiert.<br />
Fettstoffwechsel<br />
In der Schwangerschaft sind nahezu alle Fettfraktionen (z.B. Cholesterin,<br />
Triglyceride) um 50 % erhöht, d.h. das Blutbild einer Schwangeren entspricht<br />
dem einer hochgradigen Fettstoffwechselstörung. Der höhere Energiebedarf<br />
sollte nicht durch eine höhere Fettzufuhr gedeckt werden. Dies könnte<br />
wiederum zu Völlegefühl und Übelkeit führen.<br />
Schwangerschaft - <strong>Ernährung</strong><br />
Allgemein<br />
Eine bedarfsgerechte <strong>Ernährung</strong> ist die Voraussetzung für einen<br />
ungestörten Schwangerschaftsverlauf. Der Organismus der schwangeren Frau<br />
ist so ausgerichtet, dass die Versorgung des Föten in jeder Phase gewährleistet<br />
wird.<br />
Deshalb sollte darauf geachtet werden, dass der intensive Nährstofftransport<br />
zum Föten den weiblichen Organismus nicht an Nährstoffen verarmen lässt.<br />
Die <strong>Ernährung</strong> ist also dem veränderten Nährstoffbedarf anzupassen.<br />
Energiebedarf<br />
Der Energiebedarf einer schwangeren Frau ist ab dem 4. Monat im<br />
Durchschnitt um etwa 255 kcal pro Tag erhöht. Dieser Mehrbedarf ist auf das<br />
Wachstum des Föten und der Plazenta zurückzuführen. Im Vergleich zum<br />
130
erhöhten Nährstoffbedarf ist der Mehrbedarf an Energie gering. Deshalb sollten<br />
Lebensmittel mit einer hohen Nährstoffdichte (hoher Nährstoffgehalt und<br />
niedriger Energiegehalt) bevorzugt werden. Hierfür eignen sich frisches Obst<br />
und Gemüse, magere Milch und Milchprodukte sowie Vollkornprodukte. Die<br />
Empfehlungen gelten sowohl für Einzel- als auch für<br />
Mehrlingsschwangerschaften.<br />
Hauptnährstoffe<br />
Kohlenhydrate<br />
Die Verteilung der Hauptnährstoffe Kohlenhydrate, Eiweiß und Fett entspricht<br />
den Empfehlungen von Nichtschwangeren.<br />
Der Anteil der Kohlenhydrate sollte 55% der Gesamtenergiezufuhr betragen,<br />
was ca. 260-300g pro Tag entspricht. Dabei sollten langkettige Kohlenhydrate<br />
bevorzugt werden, die den Blutzuckerspiegel langsam und kontinuierlich<br />
ansteigen lassen. Besonders geeignet sind Vollkornprodukte, die zusätzlich<br />
einen hohen Ballaststoffgehalt aufweisen, was eine schwangerschaftsbedingte<br />
Verstopfung lindert bzw. verhindert. Wichtig dabei ist zusätzlich eine<br />
reichliche Flüssigkeitszufuhr (mind. 2 Liter), da durch die Quellung der<br />
Ballaststoffe ein höheres Stuhlvolumen erreicht wird und somit die Verdauung<br />
beschleunigt wird.<br />
Der Anteil an Süßigkeiten sollte 10% der gesamten Kohlenhydratzufuhr nicht<br />
überschreiten (dies entspricht etwa 40g Zucker bzw. weniger als 0,5l Limonade<br />
oder Fruchtsaftgetränk).<br />
Eiweiß<br />
Da Eiweiß für den Aufbau von Körpersubstanz benötigt wird, ist der<br />
Eiweißbedarf in der Schwangerschaft erhöht. Um ein ausreichendes<br />
Wachstum des Föten zu gewährleisten, empfiehlt sich ab dem 4. Monat eine<br />
Proteinzufuhr von 1,3g Eiweiß pro kg Körpergewicht. Dies entspricht bei einer<br />
60kg schweren Frau etwa 78g Eiweiß.<br />
Obwohl tierisches Eiweiß hochwertiger ist als pflanzliches, sollte mit tierischem<br />
Protein sparsam umgegangen werden, da es gleichzeitig meist einen hohen<br />
Fettgehalt aufweist. Durch die Kombination von tierischem mit pflanzlichem<br />
Eiweiß lässt sich die biologische Wertigkeit des Proteins erhöhen.<br />
Fett<br />
Der Fettbedarf ist in der Schwangerschaft nicht erhöht, die Zufuhr sollte<br />
weiterhin bei 30-35% Fett am Tag bleiben. Allerdings sollte auf eine<br />
ausreichende Zufuhr von Linolsäure geachtet werden. Diese Fettsäure ist<br />
hauptsächlich in pflanzlichen Ölen enthalten (Sonnenblumenöl, Maiskeimöl).<br />
Die Reduktion tierischer Fette zugunsten von pflanzlichen Fetten (Olivenöl,<br />
Rapsöl) wirkt sich zudem günstig auf die erhöhten Blutfette aus.<br />
Um eine erhöhte Fettzufuhr bei insgesamt erhöhter Energiezufuhr zu<br />
vermeiden, sollte auf magere Milch- und Käsesorten sowie auf mageres Fleisch<br />
zurückgegriffen werden.<br />
<br />
131
Vitamine<br />
Folsäure<br />
Folsäure besitzt eine besondere Bedeutung bei der Prävention von<br />
Neuralrohrdefekten (z.B. offener Rücken, Entwicklungsstörungen des<br />
Gehirns). Der Bedarf erhöht sich von 400µg auf 600µg. Durch eine zusätzliche<br />
Folsäuregabe kann das Risiko dieser Krankheit um 60-75% reduziert werden.<br />
Da der Verschluss des Neuralrohres bereits in der 6.-8. Woche abgeschlossen<br />
ist und da die Schwangerschaft meist erst zu dieser Zeit festgestellt wird,<br />
empfiehlt es sich, bereits vor der Empfängnis die Folsäurezufuhr zu erhöhen.<br />
Besonders reich an Folsäure sind Grünkohl, Rosenkohl, Spargel und Eigelb.<br />
Wenn bereits ein Kind mit einem Neuralrohrdefekt geboren wurde und weiterer<br />
Kinderwunsch besteht, sollten zusätzlich 4mg Folsäure pro Tag in<br />
Tablettenform eingenommen werden. Eine reine Suppelemntierung ersetzt<br />
nicht die natürliche Aufnahme mit der Nahrung.<br />
Vitamin B-Komplex<br />
Der Bedarf an Vitaminen der B-Gruppe ist im Allgemeinen leicht erhöht.<br />
Aufgrund der erhöhten Eiweißzufuhr ist der Bedarf an Vitamin B6 um 58%<br />
erhöht. Reich an diesen Vitaminen sind insbesondere Vollkornprodukte, Milch,<br />
Bierhefe, Fisch, Fleisch und einige Gemüsesorten. Zu beachten ist jeweils eine<br />
schonende Zubereitung der Speisen, um Vitaminverluste zu minimieren.<br />
Vitamin A<br />
Obwohl der Bedarf leicht erhöht ist, kann eine zu hohe Aufnahme dieses<br />
Vitamins zu Missbildungen des Säuglings führen. Deshalb ist von übermäßigem<br />
Verzehr von Leber und dem Einsatz von Vitaminpräparaten abzuraten vorallem<br />
im 1.Schwangerschaftsdrittel. Zu bedenken ist ebenfalls der Schadstoffgehalt<br />
der Leber, wobei dieser bei älteren Tieren ausgeprägter ist als bei Jungtieren.<br />
Dennoch stellt dieses Nahrungsmittel ein hochwertiges Lebensmittel dar, das in<br />
Maßen genossen (ein- bis zweimal im Monat) für die <strong>Ernährung</strong> der<br />
Schwangeren geeignet ist.<br />
Beim Verzehr von Provitamin A (Beta-Carotin) besteht nicht die Gefahr einer<br />
Überdosierung. Dieses kommt in allen gelb-orangen Gemüse und besonders in<br />
der Karotte vor.<br />
132
Nährstoffbedarf<br />
Vitamin<br />
normaler<br />
Tagesbedarf<br />
Vitamin A<br />
(Retinol-Äquivalent)<br />
0,8 mg 1,1 mg<br />
Vitamin D 5 µg 5 µg<br />
Vitamin E<br />
(Tocopherol-Äquivalent)<br />
12 mg 13 mg<br />
Vitamin B 1 1 mg 1,2 mg<br />
Vitamin B 2 1,2 mg 1,5 mg<br />
Vitamin B 6 1,2 mg 1,9 mg<br />
Vitamin B 12 3 µg 3,5 µg<br />
Vitamin C 100 mg 110 mg<br />
Niacin 13 mg 15 mg<br />
Folsäure (Gesamtfolat-Äquivalent) 0,4 mg 0,6 mg<br />
Quelle: D-A-CH: Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr<br />
Tagesbedarf<br />
i. d. Schwangerschaft<br />
Mineralstoffe und Spurenelemente<br />
Calcium<br />
Als Bestandteil der Knochensubstanz spielt Calcium eine wichtige Rolle. Steht<br />
dem Körper nicht genügend Calcium zur Verfügung, greift er auf die Reserven<br />
in den Knochen zurück. Dies fördert die Entstehung einer Osteoporose.<br />
Um den täglichen Bedarf von 1000mg (1200mg für Frauen unter 19 Jahren)<br />
decken zu können, ist eine reichliche Zufuhr von Milch und Milchprodukten<br />
unerlässlich. Bereits ein halber Liter Milch enthält 600mg Calcium und deckt<br />
somit den Tagesbedarf zu 50%. Die empfohlene Menge sollte über den Tag<br />
verteilt aufgenommen werden.<br />
Eisen<br />
Obwohl in der Schwangerschaft die Eisenresorption erhöht ist und das<br />
Menstrualblut wegfällt, entwickeln viele Frauen in der Spätschwangerschaft<br />
eine Eisenmangelanämie (Blutarmut). Häufig besteht allerdings nur eine<br />
relative Blutarmut, die aus der deutlichen Erhöhung des Blutvolumens bei nur<br />
geringer Zunahme der roten Blutkörperchen resultiert.<br />
Im letzten Schwangerschaftsdrittel fällt daher der sogenannte Hämatokritwert<br />
(Gesamtheit aller festen Stoffe im Blut) von 38-44% auf etwa 34% ab.<br />
Aufgrund dessen wird der tägliche Eisenbedarf in der Schwangerschaft mit<br />
30mg pro Tag angegeben. Eisenreich sind vor allem tierische Produkte, die<br />
zudem besser vom Körper aufgenommen werden können. Die gleichzeitige<br />
Aufnahme von Vitamin C verbessert die Bioverfügbarkeit aus pflanzlichen<br />
Lebensmitteln, wie z.B. Hirse, Roggen, Fenchel und Spinat.<br />
Jod<br />
Deutschland zählt immer noch zu den Jodmangelgebieten. Die tägliche<br />
Jodzufuhr in Deutschland beträgt nur etwa ein Drittel der empfohlenen Menge.<br />
Jodmangel führt zu einer Vergrößerung der Schilddrüse (Struma), Müdigkeit<br />
<br />
133
und anderen Symptomen. Die Verwendung von Jodsalz bringt nur eine geringe<br />
Besserung. Um den erhöhten Bedarf (230g) bei Schwangeren zu decken, ist<br />
der regelmäßige Verzehr (2x pro Woche) von Seefisch wie z.B. Kabeljau und<br />
Scholle unerlässlich. Ist dies nicht möglich, sollte eine prophylaktische<br />
Jodsubstitution von 100µg/Tag über den gesamten Zeitraum der<br />
Schwangerschaft, mit Rücksprache des Arztes, vorgenommen werden.<br />
Nährstoffbedarf<br />
Mineralstoff/<br />
Spurenelemen<br />
t<br />
normaler<br />
Tagesbedarf<br />
Bedarf in der Schwangerschaft<br />
Calcium 1000 mg 1000 mg (1200 mg bei Frauen < 19 J.)<br />
Magnesium 300 mg 310 mg<br />
Eisen 15 mg 30 mg<br />
Jod 200 µg 230 µg<br />
Quelle: D-A-CH: Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr<br />
Schwangerschaft - Komplikationen<br />
Untergewicht<br />
Anzustreben ist in jedem Fall ein normales Körpergewicht, da hier die<br />
Anzahl und das Ausmaß der Komplikationen am geringsten sind. Die<br />
Fruchtbarkeit ist bei einem BMI im oberen Normbereich am höchsten.<br />
Ein hochgradiger Gewichtsverlust (z.B. durch Magersucht) führt in vielen Fällen<br />
zu einer Amenorrhö (Ausbleiben der Monatsblutung) und damit zur Sterilität.<br />
Außerdem besteht bei Untergewicht ein erhöhtes Risiko einer sogenannten<br />
EPH-Gestose, deren typische Symptome Ödeme (Wassereinlagerungen),<br />
Eiweißausscheidung mit dem Urin und Bluthochdruck sind.<br />
Genussmittel<br />
Alkohol<br />
Die Auswirkungen von Alkoholmissbrauch während der Schwangerschaft<br />
(embryofetales Alkoholsyndrom) sind vielfältig. Im wesentlichen äußern sich<br />
beim Säugling folgende Symptome:<br />
▪ Verminderung des Kopfumfanges<br />
▪ Veränderungen der Schädelform<br />
▪ Vermindertes Geburtsgewicht<br />
▪ Schädigung des Zentralnervensystems, die sich häufig erst im (Vor-)<br />
Schulalter manifestieren<br />
Auf Alkohol sollte während der Schwangerschaft möglichst vollständig<br />
verzichtet werden, da man bis heute nicht weiß, ab welcher Menge Alkohol<br />
für den Fetus schädlich ist. Besonders gefährlich ist der Alkoholgenuss in den<br />
ersten drei Schwangerschaftsmonaten.<br />
134
Nikotin<br />
Das Rauchen in der Schwangerschaft schädigt nicht nur die Gesundheit der<br />
Mutter, sondern vor allem die des Föten. Deshalb sollte die Mutter (möglichst<br />
auch der Vater) in der Schwangerschaft auf das Rauchen verzichten.<br />
Koffein<br />
Die Wirkung von Koffein in der Schwangerschaft ist noch nicht eindeutig<br />
geklärt. Vermutet werden bislang folgende Auswirkungen von hohen Koffein-<br />
Dosen (>200mg/Tag):<br />
▪ Niedrige Geburtsgewichte<br />
▪ Wachstumsverzögerung im Uterus<br />
▪ Höhere Anzahl an Fehlgeburten<br />
Moderate Dosen (
Flüssigkeitszufuhr gilt grundsätzlich dasselbe, allerdings sollte die Trinkmenge<br />
die Mindestempfehlung von 1,5 l täglich nicht unterschreiten.<br />
<strong>Ernährung</strong>stipps bei<br />
Schwangerschaftsbeschwerden<br />
Übelkeit am Morgen<br />
Kleine Mahlzeit vor dem Aufstehen (ca. 30 min) und mehrere kleine Mahlzeiten<br />
lindern die Beschwerden.<br />
Heißhunger<br />
Durch die in der Schwangerschaft gesteigerte Insulinproduktion kommt es<br />
häufig zu einem starken Abfall des Blutzuckerspiegels und damit zu<br />
Heißhungerattacken. Diese lassen sich durch mehrere kleine Mahlzeiten<br />
vorbeugen.<br />
Wadenkrämpfe<br />
Erhöhte orale Magnesiumzufuhr (z.B. in Tablettenform)<br />
Sodbrennen<br />
Zufuhr von Mandeln, Nüssen, eventuell Milch-Magnesium-Präparaten<br />
Verstopfung<br />
Ballaststoffreiche Kost (z.B. Vollkornprodukte, Obst und Gemüse) mit<br />
ausreichender Flüssigkeitszufuhr (mindestens 2l/Tag), um die Quellung der<br />
Ballaststoffe im Darm zu ermöglichen (siehe Kapitel "Verstopfung").<br />
Sporternährung - Grundlagen<br />
Einteilung der Sportarten<br />
Bei der Vielzahl der Sportarten scheint es sinnvoll, diese zweckmäßig zu<br />
klassifizieren. Konopka unterteilt die verschiedenen Sportarten<br />
folgendermaßen:<br />
Sportart<br />
Ausdauersportarten<br />
Kraftsportarten<br />
Ausdauersportarten mit hohem<br />
Krafteinsatz<br />
Schnellkraftsportarten<br />
Spielsportarten<br />
Kampfsportarten<br />
Beispiele<br />
Marathon, Triathlon, Langstreckenlauf, Schwimmen<br />
Gewichtheben, Stoßdisziplinen, Kraftdreikampf<br />
Radfahren, Kanu, Skilanglauf<br />
Sprungdisziplinen, Kurzstreckenlauf<br />
Fußball, Tennis, Handball, Basketball<br />
Ringen, Judo, Boxen, Karate<br />
136
Muskulatur<br />
Rote und weiße Muskelfasern<br />
Die Skelettmuskulatur ist aus unterschiedlichen Muskelfasertypen, den so<br />
genannten roten und weißen Muskelfasern, zusammengesetzt. Die roten<br />
Muskelfasern haben einen geringen Durchmesser und sind reich an Myoglobin<br />
(roter Muskelfarbstoff) und Mitochondrien (aerobe Energiegewinnung!). Sie<br />
sind für die Ausdauerleistung eines Muskels verantwortlich.<br />
Die weißen Muskelfasern hingegen sind dicker, enthalten weniger Myoglobin<br />
und Mitochondrien und nutzen vorwiegend die anaerobe Glykolyse zur<br />
Energiegewinnung. Ihr Reichtum an Myofibrillen, also den kontraktilen<br />
Elementen, befähigt sie zu kurzfristiger Hochleistung.<br />
Muskelkontraktion<br />
Die Skelettmuskulatur besteht aus gebündelten Muskelfasern<br />
(Muskelzellschläuchen), die die fadenförmigen Myofibrillen enthalten. Sie sind<br />
die kontraktilen Elemente des Muskels. Die Myofibrillen bestehen aus den<br />
Muskelproteinen Actin und Myosin.<br />
Bei der Muskelkontraktion schieben sich diese beiden Muskelfilamente<br />
teleskopartig ineinander und der Muskel verkürzt sich. Für diesen Vorgang ist<br />
Energie notwendig. Diese wird im Körper im wesentlichen von zwei<br />
energiereichen Phosphatverbindungen bereitgestellt, die letztlich bei allen<br />
Formen der Energiegewinnung (siehe unten) gebildet werden. Dabei handelt es<br />
sich um das Adenosin-Tri-Phosphat (ATP) und das Kreatinphosphat (KP).<br />
Energiegewinnung<br />
Allgemein<br />
In Ruhe werden im Körper Kohlenhydrate und Fette etwa zu gleichen Teilen<br />
zur Energiegewinnung herangezogen. Hier nutzt der Muskel vor allem den<br />
Blutzucker, Fettsäuren aus dem Fettgewebe und so genannte Ketonkörper. Bei<br />
intensiver Belastung steigt der Anteil der Kohlenhydrate (Muskelglykogen) an,<br />
bei niedriger und mittlerer Intensität ist der Anteil der Fettverbrennung erhöht.<br />
ATP und KP<br />
Durch die Abspaltung eines Phosphatrestes von ATP entsteht Adenosin-Di-<br />
Phosphat (ADP) sowie die Energie, die der Körper für sportliche Aktivitäten<br />
benötigt. Die Energiebereitstellung durch ATP reicht nur wenige Sekunden aus.<br />
Mit Hilfe eines Enzyms (Kreatinkinase) wird vom energiereicheren<br />
Kreatinphosphat ein Phosphatrest abgespalten, welcher dazu dient, das ADP<br />
erneut zu ATP umzuwandeln. Die beiden Energiespeicher ATP und KP liefern,<br />
je nach Belastung, zwischen 5 und 20 Sekunden Energie. Diese Art der<br />
Energiegewinnung reicht also gerade für einen Kurzstreckenläufer (100/200m)<br />
aus. Bei länger andauernder Muskelarbeit erfolgt die Regenerierung des ATP<br />
durch den Abbau von Glucose.<br />
<br />
137
Glykolyse<br />
Glucose (Traubenzucker) wird im menschlichen Körper in Form von Glykogen<br />
in Leber und Muskulatur gespeichert. Während das Leberglykogen<br />
hauptsächlich für die Aufrechterhaltung des Blutzuckerspiegels<br />
verantwortlich ist, kann das Muskelglykogen für die Energiebereitstellung<br />
genutzt werden. Hierfür wird es in die stoffwechselaktive Form der Glucose<br />
umgewandelt (Glucose-6-Phosphat) und über mehrere Stoffwechselvorgänge<br />
(Glykolyse) zu Brenztraubensäure (Pyruvat) abgebaut. Nun unterscheidet man<br />
zwei Vorgänge:<br />
anaerobe Glykolyse<br />
Darunter versteht man den Glucoseabbau ohne Sauerstoff (=anaerob) im<br />
Zytoplasma. Bei einer Muskelanspannung von etwa 20-90sec erfolgt die ATP-<br />
Gewinnung hauptsächlich aus der anaeroben Glykolyse. Die Glucose wird zu<br />
Milchsäure (Laktat) abgebaut. Bei dieser Reaktion entsteht ein<br />
Energiegewinn von 2 Mol ATP. Die steigende Milchsäurekonzentration im Blut<br />
(Laktazidose) schränkt jedoch diesen Stoffwechselweg ein, da hierdurch<br />
bestimmte, für Muskelkontraktion wichtige Enzyme gehemmt werden. Der<br />
Muskel ermüdet.<br />
aerobe Glykolyse<br />
Jetzt setzt in den Mitochondrien die sogenannte aerobe Glykolyse ein, d.h.<br />
für die Verstoffwechselung der Glucose wird nun Sauerstoff benötigt. Der<br />
Zucker wird umgewandelt in Acetyl-CoA, welches im sogenannten<br />
Citratzyklus vollständig oxidiert wird. Diese Reaktion liefert 38 Mol ATP und<br />
ist somit sehr effektiv. Sie setzt allerdings erst nach etwa einer Minute ein und<br />
wird hauptsächlich von Mittel- und Langstreckenläufern genutzt.<br />
Lipolyse<br />
Bei niedriger Belastungsintensität werden vorwiegend Fettsäuren zur<br />
Energiegewinnung herangezogen. Die Oxidation von Fettsäuren liefert 148<br />
Mol ATP, also fast viermal soviel wie die Verbrennung von Kohlenhydraten. Da<br />
Fett ebenfalls im Citratzyklus verstoffwechselt wird, ist für diese Reaktion<br />
ebenfalls Sauerstoff notwendig.<br />
Jedoch ist für die Oxidation von Fettsäuren mehr Sauerstoff notwendig als bei<br />
Kohlenhydraten. Da die Sauerstoffaufnahme durch die Lunge begrenzt ist, ist<br />
die Fettoxidation weniger effektiv als die Kohlenhydratoxidation. Das<br />
bedeutet, dass sowohl die Sauerstoffaufnahme als auch die Größe der<br />
Glykogenspeicher für die Leistungsfähigkeit von großer Bedeutung sind.<br />
138
Zusammenfassung<br />
Energiebereitstellung (Quelle: mod. nach Breuer 1981)<br />
Sporternährung - <strong>Ernährung</strong><br />
Energiebedarf<br />
Der Energiebedarf des Sportlers setzt sich wie der des Nichtsportlers aus<br />
Grund- und Leistungsumsatz zusammen. Der Grundumsatz steigt u.a. mit<br />
dem Anteil der Muskelmasse, der Leistungsumsatz richtet sich nach der<br />
entsprechenden Belastung.<br />
Im Allgemeinen ist also der Energiebedarf des Sportlers erhöht. Dies gilt<br />
insbesondere bei Leistungs- und Hochleistungssportlern. Hier kann der<br />
Energieverbrauch kurzzeitig auf über 8000 kcal/Tag ansteigen, z.B. bei<br />
Bergetappen bei der Tour de France. Jedoch sind diesen Energiemengen<br />
physiologische Grenzen gesetzt (z.B. bei der Aufspaltung der Nährstoffe).<br />
Bei Breitensportlern ist der Energiebedarf nur unwesentlich erhöht. Als<br />
Maßstab für die Energiezufuhr kann hier das Körpergewicht dienen.<br />
Grundsätzlich gilt:<br />
Zu wenig Energie führt zur Gewichtsabnahme, zu viel Energie führt zu einer<br />
Gewichtszunahme<br />
<br />
139
Kohlenhydrate<br />
Allgemein<br />
Da die Leistungsfähigkeit mit der Größe der Glykogenspeicher<br />
zusammenhängt, ist die ausreichende Zufuhr von Kohlenhydraten<br />
Voraussetzung für sportliche Aktivitäten. Sie stellen die wichtigste<br />
Energiequelle für den Sportler dar. Nach ihrer Aufspaltung im<br />
Verdauungstrakt werden sie in den Blutkreislauf aufgenommen und von dort<br />
zu den Zielorganen (Gehirn, Muskeln) transportiert.<br />
Glykämischer Index<br />
Die Wirkung der Kohlenhydrate auf den Blutzucker wird mit dem glykämischen<br />
Index (GI) ausgedrückt. Er gibt an, wieweit ein kohlenhydratreiches<br />
Lebensmittel den Blutzucker über den Normalwert anhebt. Der Glucosebedingte<br />
Blutzuckeranstieg wurde gleich 100 gesetzt, d.h. ein GI von 50<br />
bedeutet, dass der Blutzuckeranstieg dieses Lebensmittels nur die Hälfte des<br />
Anstieges der Glucose ausmacht.<br />
Den GI kann man sich beim Auffüllen der Glykogenspeicher zunutze<br />
machen. Nach intensivem Training sind die Glykogenreserven entleert und die<br />
Umwandlung von Glucose zu Glykogen am effektivsten. Deshalb sollten nach<br />
der sportlichen Aktivität Lebensmittel mit einem hohen GI verzehrt werden,<br />
d.h. Lebensmittel, die den Blutzucker stark ansteigen lassen (z.B. Banane mit<br />
Honig). In den nächsten Stunden sollten Sie weitere<br />
Kohlenhydratmahlzeiten (insgesamt ca. 200g) zu sich nehmen, am besten<br />
aufgeteilt auf kleine Portionen à 50-100g. Diese Lebensmittel sollten einen<br />
mittleren bis hohen GI aufweisen (60-80).<br />
Am nächsten Tag sollten Sie auf Lebensmittel mit niedrigem bis mittlerem GI<br />
zurückgreifen, da starke Blutzuckerschwankungen die Umwandlung von<br />
Kohlenhydraten in Fett begünstigen (außer direkt nach dem Training!). Hier<br />
eignen sich insbesondere Vollkornbrot, Vollkornnudeln, verschiedene Obst- und<br />
Gemüsesorten sowie Hülsenfrüchte. Der GI kann innerhalb eines Lebnsmittels<br />
je nach Zubereitungsart variieren. Im Folgenden sehen Sie die glykämischen<br />
Indizes einiger Lebensmittel, welche Ihnen zur Orientierung dienen sollen.<br />
140
Nahrungsmittel<br />
Glykämischer<br />
Index<br />
Maltose (Malzzucker) 110<br />
Glucose (Traubenzucker) 100<br />
Saccharose (Haushaltszucker) 59<br />
Frühstücksflocken<br />
Cornflakes 81 +/-3<br />
Müsli (Wheetabix, Frankreich) 55 +/-10<br />
Porridge (Haferflocken gekocht in<br />
Wasser)<br />
58 +/-4<br />
Porridge mit Instant-Haferflocken 66 +/-1<br />
Brot/Teigwaren/Getreide<br />
Weißbrot (Weizen) 70<br />
Weizenvollkornbrot 71 +/-1<br />
Roggenvollkornbrot 58 +/-6<br />
Langkorn-Reis (gekocht) 56 +/-2<br />
Brauner-Reis (gekocht) 55 +/-5<br />
Spaghetti (weiß, 10-15min. gekocht) 44 +/-3<br />
Vollkornspaghetti 37 +/-5<br />
Hirse (gekocht) 71 +/-10<br />
Weizen (gekocht) 41 +/-3<br />
Obst<br />
Wassermelone 72 +/-13<br />
Ananas 59 +/-8<br />
Kiwi 53 +/-6<br />
Bananen 52 +/-4<br />
Weintrauben 46 +/-3<br />
Orangen 42 +/-3<br />
Pfirsich 42 +/-13<br />
Apfel 38 +/-2<br />
Birne 38 +/-2<br />
Gemüse<br />
Kartoffelbrei (instant) 85 +/-3<br />
Kartoffeln (gekocht) 56-101<br />
Kartoffeln (gebacken) 85 +/-12<br />
Zuckermais (gekocht) 54 +/-4<br />
Kidneybohnen 52<br />
Grüne Erbsen (TK, gekocht) 48 +/-5<br />
Karotten (roh und gekocht) 47 +/-16<br />
Grüne Linsen (gekocht) 30 +/-4<br />
Milch(-produkte)<br />
Pudding 44 +/-4<br />
Joghurtdrink (fettreduziert,<br />
Passionsfrucht)<br />
38 +/-4<br />
Kakao (aus fettarmer Milch) 34 +/-4<br />
Milch (Vollfett) 27 +/-4<br />
Quelle: Foster-Powell, K.; Holt, S. H. A.; Brand-Miller, J. C.: International table of glycemic<br />
index and glycemic load values: 2002. Am. J. Clin. Nutr. 76: 5-56 (2002)<br />
<br />
141
Proteine<br />
Allgemein<br />
Die Hauptfunktion der Proteine besteht im Aufbau von Körpersubstanz. Sie<br />
sind u.a. Baustein der beiden Muskelfilamente Actin und Myosin und<br />
transportieren Nährstoffe und Stoffwechselprodukte im Blutkreislauf. Sie<br />
dienen der Infektabwehr und sind Bestandteile von Hormonen und Enzymen.<br />
Die Proteine bestehen aus einzelnen Bausteinen, den Aminosäuren. 8 dieser<br />
Aminosäuren sind essentiell, d.h. sie können vom Körper nicht selbst gebildet<br />
werden und müssen mit der Nahrung zugeführt werden. Alle anderen<br />
Aminosäuren können im Körper aus den folgenden 8 essentiellen Aminosäuren<br />
aufgebaut werden:<br />
▪ Leucin<br />
▪ Isoleucin<br />
▪ Lysin<br />
▪ Valin<br />
▪ Tryptophan<br />
▪ Methionin<br />
▪ Threonin<br />
▪ Phenylalanin<br />
Im gesunden Organismus besteht ein Gleichgewicht zwischen Anabolismus<br />
und Katabolismus, also zwischen dem Auf- und Abbau von Körpersubstanz.<br />
Um Muskelmasse aufzubauen, muss mehr Eiweiß zugeführt werden als der<br />
Körper verbraucht.<br />
Biologische Wertigkeit<br />
Sie gibt an, wie viele Gramm Körpereiweiß durch 100g Nahrungsprotein<br />
aufgebaut werden können. Eine BW von 80 bedeutet z.B., dass mit 100g des<br />
zugeführten Eiweißes 80g Körpereiweiß aufgebaut werden können.<br />
Entscheidend hierfür ist die Aminosäurenzusammensetzung. Diese ist<br />
besonders günstig, wenn sie der des Körpereiweißes entspricht.<br />
Grundsätzlich ist tierisches Eiweiß hochwertiger als pflanzliches. Jedoch enthält<br />
es meist auch unerwünschte Begleitstoffe wie Cholesterin, Purin und Fett.<br />
Deshalb sollte auf Eiweißlieferanten zurückgegriffen werden, die wenige dieser<br />
Substanzen enthalten, wie z.B. magere Milch und Milchprodukte.<br />
Durch den gemeinsamen Verzehr von tierischen und pflanzlichen<br />
Lebensmitteln erreicht man eine besonders hohe biologische Wertigkeit, da<br />
sich diese Nahrungsmittel in ihrer Aminosäurenzusammensetzung günstig<br />
ergänzen. So lassen sich biologische Wertigkeiten von bis zu 137 erzielen<br />
(Kartoffel-Ei).<br />
142
Proteingemisch<br />
Verhältnis<br />
Biologische Wertigkeit<br />
(nach P. Semler)<br />
Bohnen und Mais 52 : 48 101<br />
Milch und Weizen 75 : 25 105<br />
Vollei und Weizen 68 : 32 118<br />
Vollei und Milch 71 : 29 122<br />
Vollei und Kartoffel 35 : 65 137<br />
Diese Tabelle macht deutlich, dass man nicht Unmengen an Fleisch essen<br />
muss, um seinen Eiweißbedarf zu decken, sondern dass auch eine vegetarische<br />
<strong>Ernährung</strong> eine ausreichende Proteinversorgung möglich macht. Um die<br />
günstigen Eiweißkombinationen zu nutzen, reicht es aus, die sich ergänzenden<br />
Lebensmittel in einem Zeitraum von 4-6 Stunden zu verzehren!<br />
Fett<br />
Obwohl ein hoher Fettanteil in der Nahrung die Entstehung sogenannter<br />
Zivilisationskrankheiten wie z.B. Arteriosklerose fördert, besitzt Nahrungsfett<br />
einige wichtige Funktionen. Fette sind wie die Kohlenhydrate<br />
Energielieferanten und sind am Aufbau der Zellmembranen beteiligt. Sie<br />
sind Träger der fettlöslichen Vitamine A, D, E, K und liefern essentielle<br />
Fettsäuren (Linolsäure).<br />
Jedoch sollten statt der in Deutschland üblichen 40% maximal 30% der<br />
Energiezufuhr aus Fett bestehen. Es ist v.a. für Sportler sinnvoll, den Fettanteil<br />
zugunsten der beiden anderen Hauptnährstoffe (Kohlenhydrate, Eiweiß) zu<br />
reduzieren. Da proteinreiche Lebensmittel häufig auch viel Fett enthalten,<br />
sollte vorwiegend auf fettarme Nahrungsmittel zurückgegriffen werden.<br />
Besonders zu beachten sind die versteckten Fette, die sich v.a. in Wurst, Käse<br />
und Schokolade befinden.<br />
Vitamine<br />
Vitamin B1 (Thiamin)<br />
Als Thiaminpyrophosphat ist dieses Vitamin Coenzym im<br />
Kohlenhydratstoffwechsel. Es katalysiert die Umwandlung der<br />
Brenztraubensäure in Acetyl-CoA (aerobe Glykolyse). Ein Vitamin B1-Mangel<br />
führt so zu einer verstärkten Milchsäurebildung (anaerobe Glykolyse), was<br />
zu einer verminderten Leistungsfähigkeit führt.<br />
Der Vitamin B1-Bedarf steigt proportional zur Kohlenhydratzufuhr, d.h. er<br />
ist beim Sportler, v.a. beim Ausdauersportler, erhöht. Vollkorn-<br />
Getreideprodukte, Haferflocken, Naturreis, Milch und Kartoffeln sind besonders<br />
Vitamin B1-reiche Lebensmittel.<br />
Vitamin B6 (Pyridoxin)<br />
Vitamin B6 ist als Pyridoxalphosphat Coenzym im Eiweißstoffwechsel, so<br />
dass der Bedarf bei erhöhter Proteinzufuhr erhöht ist. Bei Kraftsportlern ist<br />
deshalb auf eine ausreichende Zufuhr zu achten. Besonders reich an Vitamin<br />
<br />
143
B6 sind Bierhefe, Vollkorn-Getreideprodukte, Fleisch, Leber, Hülsenfrüchte,<br />
Bananen, Milch und Kartoffeln.<br />
Vitamin C (Ascorbinsäure)<br />
Vitamin C besitzt im menschlichen Organismus eine Vielzahl an Funktionen. Es<br />
ist an der Wundheilung, der Narbenbildung sowie der Ausbildung von<br />
Knorpeln und Knochen beteiligt. Es erhöht die Resistenz des menschlichen<br />
Körpers gegenüber Infektionskrankheiten und verbessert die<br />
Eisenresorption.<br />
Weiterhin ist Vitamin C in der Lage, freie Radikale zu "neutralisieren". Dabei<br />
handelt es sich um Sauerstoffradikale, die eine zellschädigende Wirkung<br />
besitzen. Die antioxidative Wirkung der Ascorbinsäure bewirkt eine<br />
geringere Anfälligkeit gegenüber bestimmten Krankheiten wie Krebs,<br />
Arteriosklerose, Katarakt, seniler Demenz u.v.m. Die Vitamine C, E und beta-<br />
Carotin besitzen einen synergistischen Effekt, d.h. sie ergänzen sich positiv in<br />
ihrer Wirkung.<br />
Nach den Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr nach D-A-CH sollte die<br />
tägliche Zufuhr 100 mg betragen. Sportler weisen einen leicht erhöhten Bedarf<br />
auf, da etwa 50mg Vitamin C pro Liter Schweiß ausgeschieden werden.<br />
Vitamin C ist in allen Obst- und Gemüsesorten reichlich enthalten.<br />
Vitamin E (Tocopherol)<br />
Vitamin E ist ebenfalls ein wichtiger Radikalfänger und schützt so mehrfach<br />
ungesättigte Fettsäuren vor der Oxidation. Auch im menschlichen Organismus<br />
ist es antioxidativ wirksam. Tocopherol ist vorwiegend in pflanzlichen Ölen<br />
enthalten. Besonders reich sind Weizenkeim-, Walnuss-, Soja-, Maiskeim- und<br />
Sonnenblumenöl.<br />
Fazit<br />
Obwohl Sportler bei einigen Vitaminen einen erhöhten Bedarf aufweisen, lässt<br />
sich dieser Mehrbedarf in der Regel durch eine ausgewogene und gesunde<br />
<strong>Ernährung</strong> decken. Bislang konnte in keiner Studie ein leistungssteigernder<br />
Effekt einzelner Vitamine nachgewiesen werden. Eine gezielte Substitution<br />
kann in Einzelfällen sinnvoll sein, wie z.B. bei hypokalorischer Kost im Rahmen<br />
einer Gewichtsreduktion bzw. beim "Gewicht machen".<br />
Mineralstoffe<br />
Natrium<br />
Das Alkalimetall ist an der Übertragung elektrischer Ladungen beteiligt und<br />
dient der Muskelreizbarkeit sowie der Muskelkontraktion. Natrium sorgt<br />
für einen normalen osmotischen Druck der Zellen, aktiviert mehrere Enzyme<br />
und ist entscheidend für die Aufnahme von Einfachzuckern (Monosacchariden)<br />
und Aminosäuren in den Blutkreislauf verantwortlich.<br />
Als Kochsalz (Natriumchlorid) wird es hauptsächlich mit der Nahrung<br />
zugeführt. Statt der empfohlenen 6g/Tag werden in der Bundesrepublik mehr<br />
als die doppelte Portion verzehrt. Dies begünstigt die Entstehung von<br />
Zivilisationskrankheiten wie z.B. Bluthochdruck.<br />
Sportler scheiden pro Liter Schweiß etwa 1200 mg Natrium aus. Wird dieser<br />
144
Verlust nicht ausgeglichen, kann es zu einer Abnahme des Blutvolumens,<br />
Muskelkrämpfen, erhöhtem Puls sowie zu niedrigem Blutdruck führen. Der<br />
Sportler sollte deshalb die von der Deutschen Gesellschaft für <strong>Ernährung</strong><br />
(DGE) empfohlenen 6g Kochsalz plus der durch das Schwitzen verlorenen<br />
Natriummenge zu sich nehmen. Eine weitere Erhöhung der Natriumchlorid-<br />
Zufuhr ist nicht sinnvoll.<br />
Kalium<br />
Kalium ist ebenfalls für die Aktivierung einiger Enzyme und den Transport<br />
elektrischer Ladungen verantwortlich. Bei einem Kaliummangel kommt es zu<br />
einem Natriumeinstrom in die Muskelzelle und dadurch zu einer Austrocknung.<br />
Dies äußert sich v.a. in Muskelschwäche bzw. Muskellähmung. Weiterhin kann<br />
dies zu Herzrhythmusstörungen, Darmverschlüssen und einer Alkalisierung des<br />
Blutes führen.<br />
Da Kalium im Schweiß enthalten ist und es für die Muskelfunktion notwendig<br />
ist, sollte der Sportler auf eine ausreichende Zufuhr achten. Kalium ist<br />
besonders in Obst und Gemüse (v.a. Bananen) enthalten.<br />
Calcium<br />
Calcium dient im wesentlichen dem Aufbau und Erhaltung der<br />
Knochensubstanz. 99% des Calciums sind in der Knochenmatrix gespeichert.<br />
Weiterhin ist es an der Erregbarkeit von Nerven und Muskeln sowie an der<br />
Blutgerinnung beteiligt.<br />
Die Beteiligung an der Muskelkontraktion und der Aktivierung wichtiger<br />
Enzyme des Kohlenhydratstoffwechsels (Glykogenolyse, Gluconeogenese)<br />
machen diesen Mineralstoff zu einem wichtigen Bestandteil der<br />
Sportlerernährung.<br />
Calciummangel führt zu einem Abbau von Knochensubstanz (Osteoporose) und<br />
zu schmerzhaften Muskelkrämpfen. Der Tagesbedarf von 1000mg lässt sich am<br />
einfachsten durch den Verzehr von Milch und Milchprodukten decken.<br />
Magnesium<br />
Magnesium ist direkt an der Energiebereitstellung beteiligt, da es die Spaltung<br />
des ATP katalysiert. Es aktiviert ferner etwa 300 Enzyme und dient der<br />
Stabilisierung von biologischen Membranen. Ein Magnesiummangel führt u.a.<br />
zu Muskelkrämpfen, Erbrechen und Durchfall.<br />
Der durch das Schwitzen auftretende Verlust muss durch die Aufnahme eines<br />
geeigneten Sportgetränkes bzw. durch magnesiumreiche Lebensmittel wie z.B.<br />
Vollkornbrot, Mineralwasser, Kartoffeln, Gemüse und Fleisch ausgeglichen<br />
werden.<br />
<br />
145
Sporternährung - Wettkampf<br />
<strong>Ernährung</strong> bei Wettkämpfen<br />
Vor dem Wettkampf<br />
Diese Zeitspanne umfasst – je nach Sportart - etwa die letzten 3 bis 7 Tage<br />
vor dem Wettkampf. Entscheidend ist hier für alle Sportarten die optimale<br />
Auffüllung der Glykogenreserven, da die Energieausbeute bei der<br />
sogenannten Glykolyse (vgl. Energiegewinnung) am effektivsten ist.<br />
Zum einen wird dadurch die Ausdauerleistung verbessert, zum anderen wird<br />
die Geschwindigkeit der Energiefreisetzung (Mobilisierung des Glykogens)<br />
durch gut gefüllte Glykogenspeicher erhöht, was vor allem bei Spiel-, Kampfund<br />
Schnellkraftsportarten von Bedeutung ist.<br />
Auch Kraftsportler profitieren von umfangreichen Glykogenreserven. Ihre<br />
Energiebereitstellung erfolgt zwar hauptsächlich durch ATP und KP, jedoch<br />
werden diese energiereichen Phosphatverbindungen durch den Abbau von<br />
Glykogen regeneriert.<br />
Aus diesen Gründen können die Glykogenspeicher bei gleichem<br />
Trainingszustand der Sportler über Sieg und Niederlage entscheiden.<br />
Am Wettkampftag<br />
Die letzte größere Mahlzeit vor der sportlichen Aktivität sollte 3-4<br />
Stunden zurückliegen und ca. 80-120g komplexe Kohlenhydrate umfassen,<br />
z.B. Müsli, Brot, Nudeln, Reis. 1-1,5 Stunden vor der sportlichen Aktivität<br />
sollten jedoch nur noch kleinere Portionsgrößen aufgenommen werden. Ein<br />
voller Magen behindert die Zwerchfellatmung, führt zu einer verstärkten<br />
Ansammlung von Blut im Verdauungstrakt und verhindert so die optimale<br />
Durchblutung der Muskeln.<br />
Mit leerem Magen sollte ebenfalls nicht gestartet werden, da die mangelnde<br />
Aufnahme von Kohlenhydraten zu einem Absinken des Blutzuckerspiegels<br />
führt, wodurch die Leistungsfähigkeit herabgesetzt wird. Ein normaler<br />
Blutzucker liegt zwischen 80 und 120 mg/dl. Früher nahmen Sportler vor dem<br />
Wettkampf große Mengen Traubenzucker (Glucose) zu sich, um ihren<br />
Blutzuckerspiegel zu erhöhen. Daraufhin werden jedoch große Mengen des<br />
Bauchspeicheldrüsenhormons Insulin ausgeschüttet, was dazu führt, dass der<br />
Blutzucker unterhalb des Normbereiches absinkt. So erreicht man also genau<br />
das Gegenteil.<br />
Günstiger ist es, die Kohlenhydrate in Form von Lebensmitteln zu sich zu<br />
nehmen, die den Blutzuckerspiegel langsam, aber kontinuierlich erhöhen<br />
(niedriger glykämischer Index!).<br />
Während des Wettkampfes<br />
Grundsätzlich gilt, dass man ernährungsbedingte Fehler, die man in der<br />
Vorbereitung gemacht hat, am Wettkampftag nicht kompensieren kann,<br />
d.h. die Vorbereitung spielt die entscheidende Rolle. Dies gilt v.a. für<br />
Ausdauersportarten, da die Nahrungsaufnahme während des Wettkampfes<br />
nicht oder nur unter Zeitverlust möglich ist. Daher muss der Sportler abwägen,<br />
ob die zusätzliche Energieaufnahme den möglichen Zeitverlust ausgleichen<br />
146
kann. Bei Sportarten, bei denen eine Pause (Spielsportarten) oder mehrere<br />
Einsätze an einem Tag vorgesehen sind (z.B. Kampfsportarten), sollte in der<br />
Zwischenzeit der Verlust von Flüssigkeit, Mineralstoffen und Kohlenhydraten<br />
ausgeglichen werden. Dies sollte in Form eines geeigneten Sportgetränkes<br />
sowie durch die Zufuhr leicht verdaulicher Kohlenhydrate (z.B. Banane)<br />
erfolgen.<br />
Nach dem Wettkampf<br />
Für die erste Mahlzeit nach dem Wettkampf gelten die gleichen Richtlinien wie<br />
für Mahlzeit nach einer harten Trainingseinheit. Hier müssen dem Körper die<br />
durch den Sport verbrauchten Nährstoffe zugeführt werden:<br />
▪ Flüssigkeit<br />
▪ Mineralstoffe<br />
▪ Kohlenhydrate<br />
▪ Eiweiß<br />
Die Mahlzeit sollte möglichst im Anschluss an die sportliche Aktivität<br />
eingenommen werden.<br />
Auffüllung der Glykogenspeicher<br />
Eine kohlenhydratreiche <strong>Ernährung</strong> vor dem Wettkampf kann zwar dazu<br />
beitragen, die Glykogenspeicher zu füllen, jedoch erreicht man dadurch<br />
keine Vergrößerung. Dafür müssen die Speicher zunächst völlig entleert<br />
werden, was durch intensives Training bei gleichzeitiger kohlenhydratarmen<br />
<strong>Ernährung</strong> erreicht wird. Dies sollte etwa eine Woche vor dem Wettkampf<br />
stattfinden. Die letzten 3-4 Tage vor dem Wettkampf ernährt man sich dann<br />
fast ausschließlich von Kohlenhydraten und reduziert die Trainingsintensität,<br />
um die Glykogenspeicherung nicht zu behindern. Dadurch erreicht man eine<br />
Vergrößerung des Glykogenbestandes (Superkompensationseffekt). Diese<br />
Methode wird jedoch nur bei extremen Ausdauersportarten wie z.B. Marathon<br />
angewandt, da sie sehr viel Disziplin erfordert.<br />
Neben einer kohlenhydratreichen <strong>Ernährung</strong>, die 60-80% der Energiezufuhr<br />
betragen sollte, ist auf eine ausreichende Zufuhr von Kalium und Wasser zu<br />
achten, da diese beiden Nährstoffe ebenfalls in der Muskelzelle gespeichert<br />
werden. Obst und Trockenobst sind besonders kaliumreiche Lebensmittel.<br />
Sportgetränke<br />
Schweißverlust<br />
Wer Sport betreibt, kommt automatisch ins Schwitzen. Dies ist ein natürlicher<br />
Mechanismus zum Schutz vor Überhitzung. Durch die Verdunstung des<br />
Schweißes wird der Körper abgekühlt. Neben Wasser verliert der Mensch aber<br />
auch wichtige Mineralstoffe, die ebenfalls während bzw. nach der sportlichen<br />
Aktivität ersetzt werden müssen.<br />
<br />
147
Mineralstoff<br />
Menge in mg pro Liter Schweiß<br />
(nach Konopka 1980)<br />
Natrium 1200<br />
Chlorid 1000<br />
Kalium 300<br />
Calcium 160<br />
Magnesium 36<br />
Dafür eignet sich besonders eine Mischung aus Mineralwasser und<br />
Fruchtsäften (z.B. Apfelsaftschorle). Das Mineralwasser liefert hauptsächlich<br />
Natrium, Chlorid und Calcium, während Fruchtsäfte sich durch einen hohen<br />
Kalium- und Magnesiumgehalt auszeichnen.<br />
Durch den Kohlenhydratanteil können die Kohlenhydratreserven regeneriert<br />
werden. Bei purem Fruchtsaft ist dieser jedoch zu hoch, so dass das Getränk<br />
langsamer vom Körper aufgenommen wird. Es liegt dann ein hypertones<br />
Getränk vor. Das bedeutet, die Flüssigkeit enthält mehr gelöste Teilchen als<br />
das Blutplasma. Sie besitzt also eine höhere Osmolarität.<br />
Eigenschaften eines Sportgetränkes<br />
Als isoton bezeichnet man eine<br />
Flüssigkeit, die die gleiche Osmolarität<br />
wie Blutplasma hat!<br />
--> schnelle Resorption<br />
Als hyperton bezeichnet man eine<br />
Flüssigkeit, die eine höhere<br />
Osmolarität als Blutplasma hat<br />
--> langsame Resorption<br />
Als hypoton bezeichnet man eine<br />
Flüssigkeit, die eine niedrigere<br />
Osmolarität als Blutplasma hat<br />
--> sehr schnelle Resorption<br />
Getränk<br />
Blutplasma<br />
Ein Sportgetränk sollte also immer isoton bis leicht hypoton sein (ca. 5%<br />
Kohlenhydrate), damit ausreichend Nährstoffe vorhanden sind, diese jedoch<br />
auch schnell genug resorbiert werden können.<br />
Neben der günstigen Zusammensetzung besitzt eine normale Apfelschorle<br />
weitere Vorteile. Sie ist wesentlich kostengünstiger als professionelle<br />
Sportgetränke und schneidet im Geschmacks-Vergleich häufig besser ab.<br />
Flüssigkeitsspeicher<br />
Da 1g Glykogen 2,7 g Wasser bindet, können gut gefüllte Glykogenspeicher<br />
teilweise den Wasserverlust ausgleichen, da bei der Glykogenolyse<br />
(Umwandlung von Glykogen in Glucose-6-Phosphat) dieses Wasser erneut zur<br />
Verfügung steht. Für Sportler wird empfohlen, während der körperlichen<br />
Betätigung alle 15-20 Minuten 100-200 ml Flüssigkeit zu sich zu nehmen, da<br />
ein Flüssigkeitsdefizit die Leistungsfähigkeit stark einschränkt sowie weitere<br />
148
Symptome hervorrufen kann. Die Temperatur des Getränkes sollte 25°C nicht<br />
unterschreiten, da sich sonst die Verweildauer im Magen verlängert.<br />
Symptome bei Wasserverlust in % des Körpergewichtes<br />
(nach Moesch)<br />
1-5% 6-10% 11-20%<br />
Durst Schwindel Delirium<br />
Appetitlosigkeit Kopfschmerzen Krämpfe<br />
Erhöhte Herzfrequenz Trockener Mund Sehschwierigkeiten<br />
Übelkeit Sprechschwierigkeiten Schluckbeschwerden<br />
Gewicht machen<br />
Was ist das?<br />
Bei bestimmten Kampfsportarten wie z.B. Ringen und Boxen werden die<br />
Athleten in Gewichtsklassen eingeteilt. Viele Sportler versuchen nun die nächst<br />
niedrigere Gewichtsklasse zu erreichen und erhoffen sich hierdurch einen<br />
Vorteil. Meist geschieht dies recht kurzfristig, so dass sie in kurzer Zeit sehr<br />
viel "Gewicht machen" müssen. Dadurch und durch die Tatsache, dass die<br />
Athleten in der Regel bereits einen geringen Körperfettanteil aufweisen, kann<br />
der Gewichtsverlust nur durch den Verlust von Muskelmasse und<br />
Körperwasser erreicht werden.<br />
Folgen<br />
Neben dem Flüssigkeitsverlust kommt es zu einer verstärkten Ausscheidung<br />
von Mineralstoffen, v.a. von Kalium und Magnesium. All diese Faktoren<br />
können zu folgenden Symptomen führen:<br />
▪ "Eindickung" des Blutes<br />
▪ Blutdruckabfall<br />
▪ Verminderte Muskeldurchblutung<br />
▪ Herzrhythmusstörungen<br />
Insgesamt geht der starke Gewichtsverlust mit einem eklatanten<br />
Leistungsverlust einher, der eigentlich nicht im Sinne der Sportler sein kann.<br />
Risiken<br />
Häufig wird ein Tag vor dem Wettkampf versucht, die letzten 2 bis 3kg durch<br />
starkes Schwitzen zu verlieren. Wie gefährlich das sein kann, zeigt ein Beispiel<br />
aus Amerika. Eine junger Ringer starb, nachdem er versucht hatte, die<br />
restlichen 6kg an einem Tag "abzukochen". Er fuhr bekleidet mit einem<br />
Taucheranzug auf einem Fahrradergometer in einem auf 35°C aufgeheizten<br />
Raum. Er starb an Herz- und Nierenversagen. Zwei weitere junge Männer<br />
starben innerhalb weniger Wochen unter ähnlichen Umständen.<br />
Wenn es sich nicht vermeiden lässt...<br />
Bei der Vorbereitung auf einen Wettkampf ist es daher sinnvoll, sich<br />
rechtzeitig auf die entsprechende Gewichtsklasse vorzubereiten. Ist dies nicht<br />
möglich, muss direkt nach dem Abwiegen für eine ausgeglichene<br />
Flüssigkeitsbilanz gesorgt werden, indem eine ausreichende Menge eines<br />
<br />
149
geeigneten Sportgetränkes getrunken wird. Es sollten zunächst leicht<br />
verdauliche Kohlenhydrate zugeführt werden, um die notwendige Energie<br />
für den Wettkampf zur erlangen. Weiterhin sollten komplexe Kohlenhydrate<br />
verzehrt werden, die die Leistungsfähigkeit über einen längeren Zeitraum<br />
aufrechterhalten können.<br />
Eine übertriebene Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme kann jedoch ebenfalls<br />
die Leistungsfähigkeit herabsetzen, da der überfüllte Bauch die<br />
Zwerchfellatmung einschränkt und vermehrt Blut für die Verdauung in den<br />
Magen-Darm-Trakt transportiert wird, was zu einer Minderdurchblutung der<br />
Muskulatur führt.<br />
Letztlich muss der Sportler selbst entscheiden, ob er ausgezehrt und schlapp<br />
eine Gewichtsklasse niedriger antritt oder ob er topfit in der höheren<br />
Gewichtsklasse kämpft.<br />
Sporternährung - Sportarten<br />
Ausdauersport<br />
Je nach der Höhe der Belastung werden bei Ausdauersportarten die Glykogenund<br />
Fettreserven aufgebraucht. Bei geringer Intensität erfolgt die<br />
Mobilisierung der Fettdepots (Lipolyse) während bei Belastungsspitzen auf die<br />
Glykogenreserven zurückgegriffen wird. Die Fähigkeit zur Fettverbrennung<br />
kann man sich antrainieren. Gute Ausdauersportler sind in der Lage, frühzeitig<br />
die Lipolyse zu nutzen, um so die Glykogenspeicher zu schonen, was bei<br />
Zwischen- und Endspurts von entscheidender Bedeutung sein kann. Die<br />
Auffüllung dieser Glykogenspeicher spielt dabei eine derart wichtige Rolle,<br />
dass diesem Thema ein eigenes Kapitel gewidmet wurde.<br />
Glykogenreserven bieten einen weiteren Vorteil. Ein Gramm Glykogen bindet<br />
2,7g Wasser und 19,5mg Kalium, d.h. bei der Glykogenolyse werden diese<br />
Nährstoffe frei und stehen dem Körper zur Verfügung. Jedoch ist darauf zu<br />
achten, dass bei der Glykogensynthese ausreichend Flüssigkeit und Kalium mit<br />
der Nahrung zugeführt werden.<br />
Die Nährstoffrelation bei Ausdauersportarten sollte deshalb wie folgt aussehen:<br />
▪ 60 % Kohlenhydrate<br />
▪ 12-16% Eiweiß<br />
▪ 24-26% Fett<br />
Bei extremen Ausdauerleistungen kann der Kohlenhydratanteil auf bis zu 80%<br />
gesteigert werden. Dies kann z.B. nach intensivem Training oder in der<br />
kohlenhydratreichen Phase im Rahmen der Superkompensation der Fall sein.<br />
Es sollte vorwiegend auf fettarme Eiweißquellen zurückgegriffen werden, da<br />
sonst der Fettanteil der Nahrung zu stark ansteigt.<br />
Kraftsport<br />
Unter diese Kategorie fallen Sportarten wie Gewichtheben, Kraft-Dreikampf<br />
sowie Wurf- und Stoßdisziplinen. Hier geht es im wesentlichen um die<br />
Entwicklung einer maximalen Kraft. Voraussetzung hierfür ist ein hoher<br />
150
Muskelanteil, der durch das notwendige Krafttraining und der damit<br />
verbundenen erhöhten Eiweißzufuhr erreicht wird. Diese erhöht sich beim<br />
Kraftsportler auf 1,5-2g Eiweiß pro kg Körpergewicht. Das entspricht etwa 15-<br />
24% der täglichen Energieaufnahme. Bei der hohen Proteinzufuhr ist darauf zu<br />
achten, dass genügend Flüssigkeit getrunken wird, da nur so das<br />
Stoffwechselendprodukt des Eiweißabbaus (Harnstoff) ausgeschieden werden<br />
kann. 100g Eiweiß benötigen ein Mindestharnvolumen von 700ml Flüssigkeit.<br />
Eine übertriebe Eiweißzufuhr kann (v.a. bei mangelnder Flüssigkeitszufuhr) zu<br />
Nierenschäden führen.<br />
Da proteinreiche Lebensmittel meist auch einen hohen Fettanteil aufweisen,<br />
sollte der Kraftsportler fettarme Eiweißquellen vorziehen. Wie und wo sich Fett<br />
einsparen lässt, zeigt die folgende Tabelle (mod. nach Hamm, 1994).<br />
Die Eiweißmahlzeiten sollten auf mehrere kleine Mahlzeiten (5-7) aufgeteilt<br />
werden, da der Körper pro Mahlzeit nur etwa 30-40g Eiweiß aufnehmen kann.<br />
Wird davon mehr zugeführt, gelangt das Eiweiß unverdaut in tiefere<br />
Darmabschnitte und wird dort von Dickdarmbakterien zu verschiedenen Gasen<br />
(z.B. Skatol, Indol) abgebaut, was zu Blähungen und Durchfällen führen<br />
kann.<br />
Besonders günstig ist es, wenn die Eiweißmahlzeit kurz vor oder direkt<br />
<br />
151
nach dem Krafttraining eingenommen wird, da hier der Muskelaufbau am<br />
effektivsten ist. Die Einnahme vor dem Training hat jedoch zwei Nachteile.<br />
Zum einen sollte man nicht mit vollem Bauch trainieren, zum anderen kann ein<br />
Teil des Eiweißes zur Energiegewinnung herangezogen werden. Jedoch ist die<br />
Energieausbeute aus Proteinen im Vergleich zu Kohlenhydraten und Fetten<br />
weniger ergiebig.<br />
Auch wenn an die Ausdauerleistung nur geringe Anforderungen gestellt<br />
werden, ist eine ausreichende Kohlenhydratzufuhr für den Kraftsportler<br />
von Bedeutung, da die energiereichen Phosphatverbindungen durch den Abbau<br />
von Glykogen (Glykogenolyse) regeneriert werden. Deshalb sollten mindestens<br />
50% der Nahrungsenergie in Form von Kohlenhydraten verzehrt werden.<br />
Für den Fettanteil verbleiben dann nur noch etwa 25%. Dies ist sehr wenig,<br />
jedoch durch konsequente, fettarme <strong>Ernährung</strong> zu erreichen. Der Anteil der<br />
tierischen Fette sollte zugunsten von hochwertigen Pflanzenölen wie z.B.<br />
Olivenöl, Maiskeimöl oder Sonnenblumenöl eingeschränkt werden.<br />
Ausdauersport mit hohem Kraftaufwand<br />
Diese Sportartengruppe verbindet Ausdauer- und Kraftsport. Dabei werden<br />
zwei verschiedene Muskelfasern gleichzeitig benötigt. Die roten sind<br />
hauptsächlich für die Ausdauerleistung zuständig, während die weißen<br />
Muskelfasern für die Kraftentwicklung zuständig sind. Je nach Sportart muss<br />
der entsprechende Kompromiss zwischen diesen beiden Muskelsystemen<br />
gefunden werden.<br />
Ebenso stellt die <strong>Ernährung</strong> eine Mischung aus Ausdauer- und Kraftsport<br />
dar, d.h. der hohe Kohlenhydratanteil der Ausdauersporternährung wird etwas<br />
zugunsten des Proteinanteils reduziert. Für die Nährstoffrelation ergibt dies<br />
folgendes:<br />
▪ 55% Kohlenhydrate<br />
▪ 12-18% Eiweiß<br />
▪ 27-33% Fett<br />
Kampfsportarten<br />
Die Kampfsportarten zeichnen sich durch die vielseitigen Anforderungen an<br />
Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Kondition und Koordinationsvermögen aus. Die<br />
Energiebereitstellung erfolgt im wesentlichen aus der Glykolyse, d.h. die<br />
Glykogenspeicher spielen hier eine wichtige Rolle. Eine ausreichende<br />
Proteinzufuhr dient dem Muskel- und Kraftzuwachs sowie der<br />
Konzentrationsfähigkeit. Die optimale Nährstoffrelation entspricht der der<br />
Ausdauersportarten mit hohem Krafteinsatz.<br />
▪ 55% Kohlenhydrate<br />
▪ 12-18% Eiweiß<br />
▪ 27-33% Fett<br />
Bei Turnieren absolvieren die Athleten meist mehrere Kämpfe, so dass es<br />
sinnvoll ist, zwischen den Belastungen kleine, kohlenhydratreiche Lebensmittel<br />
und geeignete Sportgetränke zu sich zu nehmen.<br />
Da diese Sportarten in Gewichtsklassen eingeteilt sind, ergibt sich für viele das<br />
Problem des "Gewicht machens".<br />
152
Spielsportarten<br />
Diese Sportarten sind ebenfalls durch unregelmäßige Belastungsspitzen<br />
gekennzeichnet (z.B. Zwischenspurts beim Fußball). Im Vordergrund steht die<br />
Ausdauerleistung, woraus einer erhöhter Kohlenhydratbedarf resultiert. Die<br />
Anforderungen entsprechen etwa den Anforderungen von Ausdauersportarten<br />
mit hohem Krafteinsatz. Dies äußert sich in den <strong>Ernährung</strong>sempfehlungen. Die<br />
Nährstoffrelation sollte folgendermaßen aussehen:<br />
▪ 55% Kohlenhydrate<br />
▪ 12-18% Eiweiß<br />
▪ 27-33% Fett<br />
Charakteristisch für Spielsportarten sind zwei oder mehrere Pausen. Daraus<br />
ergibt sich die Möglichkeit der Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme<br />
während des Wettkampfes. Davon sollte in jedem Fall Gebrauch gemacht<br />
werden, da der Sportler so seine Energiespeicher auffüllen und das<br />
Flüssigkeitsdefizit ausgleichen kann. Besonders geeignet sind leicht verdauliche<br />
kleine Kohlenhydratmahlzeiten (z.B. Banane) sowie die Sportgetränke, die in<br />
einem extra Kapitel besprochen werden. Für sehr kurze Pausen eignen sich<br />
auch Kohlenhydrat-Mineralstoffgetränke.<br />
Schnellkraftsportarten<br />
Schnellkraft bedeutet, in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Energie<br />
aufzubringen. Die Sportarten stellen wie die beiden vorangegangen<br />
Sportartengruppen eine Mischung aus Ausdauer- und Kraftsport dar, die je<br />
nach Sportart sehr unterschiedlich sein kann.<br />
Für die <strong>Ernährung</strong> gelten daher die gleichen Richtlinien wie für Kampf- und<br />
Spielsportarten.<br />
Sporternährung - Nahrungsergänzungsmittel<br />
Kreatin<br />
Kreatin wird fast ausschließlich in Leber, Niere und Bauschspeicheldrüse aus<br />
den Aminosäuren Arginin, Glycin und Methionin gebildet. Die Speicherung<br />
erfolgt zu etwa 95% in der Muskulatur. Bei einem erwachsenen Mann von<br />
70kg wird der Gesamtkörperbestand an Kreatin auf 120g geschätzt.<br />
Kreatin stellt in Form des Kreatinphosphats (siehe Energiegewinnung) neben<br />
Adenosintriphosphat (ATP) die wichtigste Energiequelle des menschlichen<br />
Körpers dar. Deshalb versuchen manche Athleten durch die orale Zufuhr von<br />
Kreatinmonohydrat (Vorstufe), welches vermutlich quantitativ und schnell<br />
absorbiert wird, ihre Leistungsfähigkeit zu erhöhen.<br />
Der Mensch benötigt täglich ca. 2g Kreatin, wobei 1g vom Körper gebildet<br />
(endogene Synthese) und etwa 1g mit der Nahrung zugeführt wird. Tierische<br />
Lebensmittel enthalten mehr Kreatin als pflanzliche. Besonders reich sind<br />
Fisch (2-10g/kg) und Fleisch (5g/kg). Aber auch die hier enthalten Mengen<br />
<br />
153
esitzen keinen leistungssteigernden Effekt. Dieser wurde nur bei Dosierungen<br />
von 20g Kreatin über die ersten 5 Tage erreicht. Der als "Aufladen"<br />
bezeichneten Phase folgt eine sogenannte Erhaltungsdosis von täglich 2g<br />
Kreatin.<br />
Bei Sportarten, die durch kurze und/oder intervallartige Belastungsspitzen<br />
gekennzeichnet sind und ausreichend große Ruhephasen zwischen den<br />
Belastungen aufweisen, wurde ein leistungssteigernder Effekt beobachtet.<br />
Keine Wirkung zeigte sich bei Ausdauersportarten, da hier die<br />
Energiebereitstellung durch Zucker- und Fettverbrennung erfolgt.<br />
Die Einnahme von Kreatin hat neben einem Kraft- und Muskelzuwachs eine<br />
Zunahme des Körpergewichts zur Folge, was durch verstärkte<br />
Wassereinlagerungen noch begünstigt wird. Bei Sportarten, die in<br />
Gewichtsklassen eingeteilt sind, ist dieser Aspekt mit einzukalkulieren. In<br />
Amerika starben im Jahr 1999 drei Ringer, nachdem sie versucht hatten, die<br />
durch Kreatin verursachte Gewichtszunahme durch starken Schweißverlust<br />
("abkochen") zu kompensieren.<br />
Obwohl kurzfristig keine Nebenwirkungen unter Kreatin-Supplementierung,<br />
beobachtet wurden, gibt es bislang keine kontrollierten Langzeitstudien, die<br />
eine völlige Unbedenklichkeit garantieren. Direkt nach der Einnahme kann es<br />
zu Durchfall kommen.<br />
L-Carnitin<br />
L-Carnitin ist ein nicht-essentieller Nährstoff, da es im Körper aus den<br />
Aminosäuren Lysin und Methionin aufgebaut werden kann. Die körpereigene<br />
Synthese von Kreatinin beträgt 16mg/Tag. Insgesamt werden 16-20g im<br />
Körper gespeichert. Mangelzustände treten also nur unter Hämodialyse oder<br />
bei Stoffwechselstörungen auf, die mit einer unzureichenden Synthese<br />
verbunden sind. Desweitern kann eine längerfristige Supplementierung eine<br />
Unterdrückung der körpereigenen Synthese zur Folge haben.<br />
Die Hauptfunktion des L-Carnitins besteht darin, langkettige Fettsäuren in<br />
die Mitochondrien ("Kraftwerke der Zellen") zu transportieren, wo diese<br />
oxidiert ("verbrannt") werden. Deshalb werben die entsprechenden Firmen<br />
damit, dass L-Carnitin leistungssteigernd wirkt und die Fettverbrennung<br />
beschleunigt.<br />
L-Carnitin wird jedoch bei dem Transport nicht verbraucht, sondern kann<br />
immer wieder verwendet werden. Auch bleiben die Enzyme des Stoffwechsels<br />
in den gleichen Mengen vorhanden und somit erhöht sich die Fettverbrennung<br />
nicht. Die Einnahme von L-Carnitin als Nahrungsergänzungsmittel besitzt also<br />
keinen zusätzlichen Effekt. In bislang keiner seriösen Studie konnte ein<br />
positiver Effekt von L-Carnitin bezüglich Ausdauerleistung und Fettverbrennung<br />
nachgewiesen werden.<br />
154
Weitere potentiell ergogene Substanzen<br />
Def.: Ergogene Substanzen<br />
Darunter versteht man Nahrungsbestandteile bzw. Nahrungsmittel, die einen<br />
leistungssteigernden Effekt besitzen sollen. Sie werden von Sportlern<br />
eingesetzt, um Kraft- und Ausdauerleistungen zu verbessern. Allerdings liegen<br />
für die wenigsten Wirkstoffe gesicherte wissenschaftliche Ergebnisse vor.<br />
Viele Stoffe - wenig Wirkung<br />
Substanz postulierte Wirkung Beurteilung<br />
Taurin<br />
Koffein<br />
HMB (Hydroxy-<br />
Methyl-Butyrat)<br />
CLA (konjugierte<br />
Linolsäure)<br />
Chrom<br />
Phosphatsalze<br />
Alkalisalze<br />
(Bicarbonat,<br />
Citrat)<br />
Chitosan<br />
Bienenerzeugnis<br />
se<br />
Gelatine<br />
Inosin<br />
Coenzym Q 10<br />
Steigerung der Körperlichen<br />
Leistungs- und<br />
Konzentrationsfähigkeit<br />
verbesserte<br />
Ausdauerfähigkeit im<br />
Ausdauersport<br />
Stimulation von<br />
Muskelaufbau und<br />
Fettverbrennung<br />
anaboler Effekt<br />
Verstärkung der<br />
Insulinwirkung als Bestandteil<br />
des Glucose-Toleranz-Faktors<br />
(GTF)<br />
Leistungssteigerung, da<br />
Bestandteil von ATP und KP<br />
Leistungssteigerung durch<br />
Neutralisation der Milchsäure<br />
im Blut<br />
Verminderung der<br />
Fettaufnahme durch<br />
Hemmung des fettspaltendes<br />
Enzyms (Lipase)<br />
hochkonzentrierte Mischung<br />
aus Vitaminen,<br />
Mineralstoffen,<br />
Kohlenhydraten und<br />
Aminosäuren<br />
Schutz des Bindegewebes, da<br />
ähnliche<br />
Aminosäurenzusammensetzu<br />
ng<br />
Leistungsverbesserung, da<br />
Cofaktor bei Glykogenolyse<br />
und als Inosinmonophosphat<br />
Vorstufe des ATP<br />
Verbesserter oxidativer<br />
Abbau der Hauptnährstoffe<br />
als Bestandteil der<br />
Atmungskette<br />
keine gesicherten Erkenntnisse,<br />
kann möglicherweise gravierende<br />
Nebenwirkungen haben<br />
die Menge an benötigtem Koffein<br />
ist von Studie zu Studie<br />
unterschiedlich; ein<br />
Gewohnheitseffekt wurde<br />
beobachtet; ab 12mg/l Harn ist<br />
Koffein Doping<br />
wissenschaftlich nicht belegt<br />
Ergebnisse beim Menschen nicht<br />
eindeutig belegt<br />
widersprüchliche Ergebnisse<br />
widersprüchliche Ergebnisse<br />
widersprüchliche Ergebnisse,<br />
Magen-Darm-Beschwerden unter<br />
Bicarbonat beobachtet<br />
kann gesunde <strong>Ernährung</strong> nicht<br />
ersetzen, Nebenwirkungen:<br />
Blähungen, Fettstühle, Durchfall<br />
keine Leistungssteigerung, der<br />
Bedarf kann durch gesunde<br />
<strong>Ernährung</strong> gedeckt werden<br />
wissenschaftlich nicht belegt<br />
wissenschaftlich nicht belegt<br />
wissenschaftlich nicht belegt<br />
<br />
155
Anabolika<br />
Sie gehören zwar nicht zu den Nahrungsergänzungsmittel, werden jedoch<br />
häufig von Sportlern missbraucht. Sie dienen im wesentlichen dem Aufbau von<br />
Körpersubstanz, wodurch ein Muskelzuwachs und eine Kraftsteigerung<br />
erreicht wird. Allerdings besitzen Anabolika eine Reihe von schwerwiegenden<br />
Nebenwirkungen.<br />
Durch die Hemmung zweier Hormone (LH und FSH) der Hypophyse<br />
(Hirnanhangsdrüse) kommt es zu einer Abnahme der Hodengröße und einer<br />
verminderten Spermienproduktion im Hoden. Bei Frauen führt die<br />
Einnahme anaboler Steroide zu einer "Vermännlichung". Dies kann<br />
Haarausfall, Bartwuchs und eine verstärkte Körperbehaarung bei Frauen<br />
auslösen. Männer entwickeln häufig weibliche Brüste (Gynäkomastie) und bei<br />
Jugendlichen ist mit einer Unterbrechung des Wachstums zu rechnen.<br />
Weiterhin besitzen Anabolika folgende Nebenwirkungen:<br />
▪ Leberschäden bis hin zum Leberkarzinom<br />
▪ Blutdruckerhöhung<br />
▪ Wassereinlagerungen (Ödeme)<br />
▪ Herzvergrößerung (Linksherzhypertrophie) bis zum Herzversagen<br />
▪ Erhöhung des "schlechten" LDL-Cholesterins, Senkung des "guten" HDL-<br />
Cholesterins<br />
▪ Veränderungen bei der Blutgerinnung<br />
▪ Prostatakrebs<br />
▪ Hohes Suchtpotential<br />
▪ Psychische Nebenwirkungen: Psychosen, Schizophrenie, Aggressivität,<br />
Depressionen usw.<br />
Sporternährung - Tagespläne<br />
Ausdauersport und Ausdauersport mit hohem<br />
Kraftaufwand (nach Hamm/Warning)<br />
Nährwerte<br />
▪ 480g Kohlenhydrate<br />
▪ 100g Eiweiß<br />
▪ 115g Fett<br />
▪ 3200-3500 Kcal<br />
156
Beispiel für die Deckung des Tagesbedarfs<br />
ca. 220g Vollkornbrot (6-7 Scheiben)<br />
ca. 300-400g Kartoffeln (4-5 mittelgroße)<br />
500g Gemüse und 150g Gemüsesaft<br />
300g frisches Obst und 350g Obstsaft und 100g Trockenobst<br />
ca. 500g Milch oder Sauermilch und 150g Quark (20%)<br />
ca. 250g fettarmes Fleisch, Geflügel oder Fisch<br />
30-50g Streichfett und ca. 20g Zubereitungsfett<br />
ca. 50g Honig oder Marmelade<br />
ca. 30g Nüsse<br />
Quelle: "Wie essen und trinken im Breiten- und Leistungssport?", Bad Homburg<br />
Kraft-, Kampf-, Spiel- und Schnellkraftsportarten<br />
(nach Hamm/Warning)<br />
Nährwerte<br />
▪ 450g Kohlenhydrate<br />
▪ 155g Eiweiß<br />
▪ 135g Fett<br />
▪ 3500-3700 Kcal<br />
Beispiel für die Deckung des Tagesbedarfs<br />
ca. 220g Vollkornbrot (6-7 Scheiben)<br />
ca. 300-400g Kartoffeln (4-5 mittelgroße)<br />
500g Gemüse und 150g Gemüsesaft<br />
300g frisches Obst und 250g Obstsaft und 50g Trockenobst<br />
ca. 1l Milch oder Sauermilch und 250g Quark (20%)<br />
ca. 350g fettarmes Fleisch, Geflügel oder Fisch<br />
30-50g Streichfett und ca. 20g Zubereitungsfett<br />
ca. 30g Honig oder Marmelade<br />
ca. 50g Nüsse<br />
<br />
157